Spruch:
1. Dem außerordentlichen Rekurs der verpflichteten Parteien gegen Punkt 1 des Beschlusses ON 145 wird Folge gegeben; dieser Teil der Entscheidung wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine Entscheidung über den Rekurs (ON 125) der verpflichteten Parteien gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 4.5.1990 (ON 120) unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund der Verspätung aufgetragen.
Die Kosten des außerordentlichen Rekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.
2. Die außerordentlichen Revisionsrekurse der betreibenden Partei werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Zu 1.
Mit dem Punkt 1 des rekursgerichtlichen Beschlusses vom 17.9.1990 (ON 145) wurde der am 23.5.1990 bei Gericht überreichte Rekurs der verpflichteten Parteien gegen den erstinstanzlichen Beschluß vom 4.5.1990 (ON 120) mit dem Hinweis auf den aus dem Rückschein ersichtlichen Zutellungstag vom 8.5.1990 als verspätet zurückgewiesen und der ordentliche Rekurs für nicht zulässig erklärt.
Der dagegen erhobene außerordentliche Rekurs der verpflichteten Parteien ist jedoch berechtigt.
Die verpflichteten Parteien haben schon im Rekurs ON 125 behauptet, der erstgerichtliche Beschluß sei ihnen (erst) am 16.5.1990 zugestellt worden. Dies widersprach dem vorliegenden Rückschein mit dem Zustelldatum 8.5.1990. Im vorliegenden Rechtsmittel haben die verpflichteten Parteien nun dargetan, daß ihnen (ihrem Rechtsvertreter) am 8.5.1990 eine unvollständige Ausfertigung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 4.5.1990 zugestellt wurde, in welcher bloß die Namensstampiglie des Erstrichters und der handschriftliche Beisatz "Auf Antrag der betr. Partei wird gegen die 1.-4.verpfl. Partei je eine Geldstrafe von 80.000 S verhängt" enthalten war, nicht jedoch die den Strafvollzugsbeschluß darstellende Beschlußstampiglie mit Kostenersatzauftrag und Entscheidungsdatum. Letztere wurde den verpflichteten Parteien nach entsprechender Aufdeckung des Ausfertigungsmangels beim Erstgericht nach dem 8.5.1990 zugestellt (erteilt).
Infolge Amtswegigkeit der Zustellung sind allfällige Unrichtigkeiten in der Beurkundung der Zustellung (in Form des Rückscheines) von Amts wegen zu erheben und zu beachten. Dem Rechtsmittelwerber obliegt der Gegenbeweis gegen die Richtigkeit der sonst vollen Beweis machenden Urkunde (RZ 1977/26; EFSlg. 46.983 uva). Eine wirksame Zustellung setzt voraus, daß der Rückscheinbrief die zuzustellende Ausfertigung der Entscheidung enthält (5 Ob 592/77). Ist dies nicht der Fall, kann mangels Zustellung die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen beginnen. Die verpflichteten Parteien haben im vorliegenden Fall durch die ihrem Rechtsmittel beigelegten Urkunden den Nachweis erbracht, daß die mit Rückschein ausgewiesene Zustellungsbeurkundung eine unvollständige Entscheidungsausfertigung betraf, sodaß die am 8.5.1990 erfolgte und beurkundete Zustellung den Lauf der Rechtsmittelfrist im Sinne der obigen Darlegungen nicht in Gang setzte. Eine vollständige Ausfertigung der erstgerichtlichen Entscheidung wurde ihnen erst nach dem 8.5.1990 zugestellt. Ihr Rechtsmittel war daher nicht verspätet und wird vom Rekursgericht zu behandeln sein.
Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 78 EO, 52 ZPO.
Zu 2: In Ansehung der außerordentlichen Revisionsrekurse der betreibenden Partei liegen die Voraussetzungen des § 528 Abs.1 ZPO nicht vor, sodaß sie gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs.2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen sind (§ 528a iVm § 510 Abs.3 ZPO).
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