OGH 6Ob1602/91

OGH6Ob1602/9125.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mathilde P*****, vertreten durch Dr.Kuno Ther, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Alois M*****, vertreten durch Dr.Wilfried Piesch, Rechtsanwalt in Villach, wegen 374.422 S samt Nebenforderungen, hilfsweise Erbschaftsabtretung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 11.April 1991, AZ 5 R 269/90 (ON 49), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Das Urteilshauptbegehren ist aus zwei selbständigen Ansprüchen zusammengesetzt, dem auf Zahlung eines Betrages von 337.595 S und dem auf Zahlung des (eingeschränkten) Betrages von 36.827 S.

Das erste Teilbegehren leitete die Klägerin aus Arbeitsleistungen ab, die sie dem Erblasser in einer diesem erkennbaren Erwartung durch Jahre hindurch geleistet habe, daß er ihrer Tochter letztwillig seinen gastgewerblichen und landwirtschaftlichen Betrieb als solchen oder als Teil seines Nachlasses zuwenden werde, welche Erwartung sich aber nicht erfüllt habe.

Im zweiten Rechtsgang stützte die Klägerin dieses Begehren hilfsweise auf die Auseinandersetzung der mit dem Tod des Erblassers aufgelösten, seinerzeit schlüssig begründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zur gemeinsamen Führung des gastgewerblichen und landwirtschaftlichen Betriebes auf dem dem Erblasser im Erbweg vom gemeinsamen Vater zugefallenen Familiengut.

Die Vorinstanzen wiesen dieses Teilbegehren übereinstimmend aus der Erwägung ab, daß der Klägerin der Beweis nicht geglückt wäre, der Erblasser hätte erkannt oder es wäre ihm auch nur erkennbar gewesen, daß die Klägerin als seine jahrelang am Hof versorgte Schwester Arbeitsleistungen in der von ihm geweckten Erwartung auf eine letztwillige Bedenkung ihrer Tochter erbringe, daß aber anderseits der Klägerin auch der Beweis nicht gelungen sei, der Erblasser wäre sich bewußt gewesen, den auf seinem Hof geführten gastgewerblichen und landwirtschaftlichen Betrieb nicht in der ausschließlich eigenen Verantwortung und zu eigenem Nutzen, sondern in einer gemeinsamen Zielsetzung mit der Klägerin im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zu führen.

Die Revisionsausführungen zu diesen unter unterschiedlichen Rechtsgründen und dabei mit einander teilweise ausschließenden subjektiven Voraussetzungen der Arbeitsleistung begründeten Teil des Hauptbegehrens zeigen keine nach § 502 Abs 1 ZPO zu qualifizierende unrichtige Lösung einer materiell- oder verfahrensrechtlichen Frage auf.

Die in der Berufung erfolglos gerügten angeblichen Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens unterliegen nach dem aus dem Anfechtungsausschluß des § 519 ZPO zu ziehenden Größenschluß von der Unanfechtbarkeit der Verneinung des Vorliegens eines mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensmangels auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung über das Nichtvorliegen eines weniger schwerwiegenden Verfahrensmangels keiner weiteren Nachprüfung durch das Revisionsgericht.

Die Verneinung einer zwischen der Klägerin und ihrem in der Folge verstorbenen Bruder schlüssig eingegangenen Gesellschaft bürgerlichen Rechtes beruht auf einer Einzelfallbeurteilung, die mit keinem in der Rechtsprechung entwickelten Leitsatz zu stillschweigend begründeten Gesellschaften bürgerlichen Rechtes in Widerspruch gerät. Der von den Vorinstanzen angenommene Umstand, daß der Erblasser als Motiv der Arbeitsleistungen der Klägerin die wechselseitige Hilfe und Beistandsleistung im Familienkreis annehmen durfte, schließt gemäß § 863 Abs 1 ABGB die Annahme einer stillschweigend eingegangenen Gesellschaft bürgerlichen Rechtes aus.

Das zweite Teilbegehren leitete die Klägerin aus Aufwendungen für das in die Verlassenschaft gefallene von ihr nach dem Erbfall betreute Unternehmen ab. Die Vorinstanzen werteten diese Forderungen als unselbständige Rechnungsposten in der von der Klägerin geschuldeten, aber bisher nicht erbrachten Abrechnung über ihre Verwaltung. Dazu unterblieb nicht nur jede konkrete Ausführung in der Revision. In Ansehung dieses Teilanspruches, der mit dem anderen Teil des Hauptbegehrens in keinem rechtlichen oder nach § 55 JN erheblichen tatsächlichen Zusammenhang steht, wäre auch nach der Höhe des Begehrens von 36.827 S eine Revision absolut unzulässig.

Die Anfechtung der Bestätigung der Abweisung des Hauptbegehrens ist aus diesen Erwägungen unzulässig.

Erst dies aktualisiert die auf erbrechtliche Ansprüche gegründeten Eventualbegehren.

Die Klägerin hatte ihrem Zahlungsbegehren in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12.November 1984 das hilfsweise gestellte Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an jeweils einem Achtel-Anteil der dem Beklagten im Erbweg nach dem gemeinsamen Bruder zugefallenen Liegenschaften nachgeordnet. Der Beklagte hatte Verjährung im Hinblick darauf eingewendet, daß ihm der Nachlaß aufgrund des von einem Neffen des Erblassers aus dem Titel des Testamentes vom 11.März 1977 zunächst beanspruchten Rechtes, auf das dieser aber im Erbrechtsstreit dann vergleichsweise zugunsten des Beklagten verzichtet habe, eingeantwortet worden sei, wobei das Testament (am 31.März 1980) kundgemacht, die Erbserklärung des Neffen aufgrund dieses Testamentes gleichzeitig mit jener der Klägerin zu einem Achtel des Nachlasses aufgrund des Gesetzes mit dem abhandlungsgerichtlichen Beschluß vom 31. März 1980 angenommen und den gesetzlichen Erben, also auch der Klägerin, gegenüber dem Testamentserben die Klägerrolle zugeteilt worden sei, worauf die Klägerin aber die Klagefrist fruchtlos habe verstreichen lassen und gegen den Neffen keine Erbrechtsklage erhoben habe.

Dieses Eventualbegehren wurde im ersten Rechtsgang als unschlüssig abgewiesen.

Im zweiten Rechtsgang stellte die Klägerin dann im Sinne ihres am 4. August 1987 eingelangten Schriftsatzes ein 1.Eventualbegehren im Sinne einer Erbschaftsklage auf Herausgabe eines Achtels der Erbschaft, im besonderen auf Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an je einem Achtel-Anteil an den eingeantworteten Liegenschaften.

Die Vorinstanzen erachteten den mit der Erbschaftsklage verfolgten Anspruch der Klägerin als verjährt, weil ein auf das gesetzliche Erbrecht der Klägerin gestützter Anspruch nur unter der Voraussetzung zum Tragen kommen könnte, daß die Wirksamkeit des der Einantwortung an den Beklagten zugrundegelegten Testamentes erfolgreich bestritten würde, die Klägerin aber die dreijährige Frist des § 1487 ABGB zu einer solchen "Umstoßung des letzten Willens" versäumt habe.

Darin erblickt die Revisionswerberin in mehrfacher Hinsicht eine unrichtige Lösung einer nach § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten Frage des materiellen Rechtes:

Rechtliche Beurteilung

Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB sei nach Ansicht der Klägerin deshalb unanwendbar, weil nach der vom Abhandlungsgericht nicht zurückgewiesenen Erbserklärung sich nicht der Beklagte, sondern der gemeinsame Neffe der Streitteile und des Erblassers auf das nun umstrittene Testament berufen habe und die Einantwortung an den Beklagten auf einem im Erbrechtsstreit mehrerer gesetzlicher Erben (ohne die Klägerin) abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich beruhe, mit dem der eingesetzte Neffe zugunsten des Beklagten auf sein Erbrecht verzichtet habe. Die Tatsache aber, daß der Beklagte seinen der Einantwortung zugrundegelegten erbrechtlichen Berufungsgrund von der testamentarischen Erbseinsetzung seines Rechtsgebers, seines Neffen, in der nun auch von der Klägerin bekämpften letzwilligen Verfügung herleitet, vermag daran nichts zu ändern, daß die Klägerin, um ihren auf das Gesetz gestützten erbrechtlichen Berufungsgrund zur Geltung zu bringen, die Wirkungen der testamentarischen Berufung des Neffen zu beseitigen hat. Hiefür stand ihr aber nur die dreijährige Frist des § 1487 ABGB offen. Der im Testament eingesetzte Neffe hat dem Beklagten ein von der Klägerin anfechtbares Erbrecht abgetreten, das mit Ablauf der Verjährungsfrist für die Anfechtung unanfechtbar geworden ist. Die Erbrechtsabtretung bedeutet im Gegensatz zu den Revisionsausführungen in Ansehung der Verjährungszeit keine besondere Problemstellung.

In diesem Zusammenhang ist ausschließlich die Ableitung der erbrechtlichen Nachfolgestellung des Beklagten von dem zu seinen Gunsten erklärten Verzicht des eingesetzten Neffen erheblich; ohne Belang ist es jedoch, ob dieser Verzicht als entgeltlicher oder unentgeltlicher (Erbschaftskauf/Erbschaftsschenkung) zu werten wäre.

Als Beginn der Dreijahresfrist des § 1487 ABGB sei nach Auffassung der Revisionswerberin, soweit diese Frist überhaupt zur Anwendung komme, erst der Eintritt der Rechtskraft der Einantwortung des Nachlasses an den Beklagten anzunehmen. Das läge im gegebenen Fall deshalb auf der Hand, weil nicht nur der Neffe, sondern auch ihre eigene Tochter Erbserklärungen aufgrund testamentarischer Berufung abgegeben habe.

Um ihren auf dem Gesetz beruhenden Erbanspruch durchzusetzen, hatte die Klägerin jeden testamentarischen Erbrechtsanspruch, gegebenenfalls auch einen solchen ihrer eigenen Tochter, zu bekämpfen. Hier ist nur der Erbanspruch des Beklagten, wie er der Erbserklärung, der Einantwortung und dem Prozeßstandpunkt des Beklagten entspricht, von Bedeutung. Erbansprüche ihrer Tochter konnten für die Klägerin nur ein unbeachtliches Motiv für die Unterlassung einer rechtzeitigen Klagsführung gegen den Beklagten gewesen sein, auf den Lauf der Verjährungsfrist nach § 1487 ABGB aber keinerlei Einfluß nehmen. Die Klägerin hatte sich im Abhandlungsverfahren aufgrund des Gesetzes zu einem Achtel zur Erbin erklärt. Diese Erbserklärung wurde ebensowenig zurückgewiesen wie jene aufgrund des Testamentes zum ganzen Nachlaß abgegebene Erbserklärung ihres Neffen. Den gesetzlichen Erben, also auch der Klägerin wurde im Sinn des § 125 AußStrG die Klägerrolle zugeteilt. Die Klägerin hat sich jedoch am Erbrechtsstreit nicht beteiligt. Mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Verteilung der Klägerrolle war der Klägerin die Bestreitung der Wirksamkeit des Testamentes möglich und zumutbar. Die berufungsgerichtliche Ansicht über den Verjährungsbeginn steht mit dem allgemeinen Rechtsprechungsgrundsatz, daß die Verjährung mit dem Zeitpunkt beginne, in dem eine aussichtsreiche Klagsführung möglich sei, in voller Übereinstimmung und war im besonderen durch die vom erkennenden Senat in den Entscheidungen SZ 53/10 und SZ 62/92 zum Ausdruck gebrachten Ansichten gedeckt, die der Oberste Gerichtshof auch in der Folge aufrechterhalten hat (JBl 1991, 656 mit zust. Glosse von Martin Binder).

Daß die Erbschaftsklage erst nach Einantwortung an den Beklagten erhoben werden könne, ändert nichts daran, daß ein gesetzlich berufener Erbansprecher gegenüber einem testamentarisch berufenen Erbansprecher schon während der Abhandlung durch die Erbrechtsklage eine bindende Entscheidung über die Wirksamkeit des Testamentes herbeizuführen imstande ist (und für ihn deshalb keinesfalls mit der Einantwortung eine neue Verjährungsfrist zu laufen beginnt, falls zu diesem Zeitpunkt bereits eine in gang gesetzt war, wie hier durch die Entscheidung nach § 125 AußStrG).

Die mit der Entscheidung nach § 125 AußStrG in gang gesetzte dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB wurde weder durch die Weitergabe des Rechtes aus der testamentarischen Berufung des Neffen an den Beklagten noch durch die Erbserklärungen der Tochter der Klägerin in ihrem Lauf beeinflußt. Im Gegensatz zum Kondiktionsanspruch, der auf der getäuschten Erwartung einer erbrechtlichen Bedenkung der Tochter der Klägerin aufgebaut war, ist für den auf die gesetzliche Berufung gegründeten Erbanspruch der Klägerin keinerlei rechtlich erhebliche Abhängigkeit vom Erfolg oder Mißerfolg der Erbrechtsklagen der Tochter gegeben gewesen.

Zum Einwand der Revisionswerberin, daß der testamentarisch berufene Neffe keinesfalls ein tauglicher Übernehmer im Sinne des § 7 Z 3 KtnEHG 1903 gewesen wäre, ist abgesehen von der Regelung nach § 5 KtnEHG 1903 lediglich darauf hinzuweisen, daß es im anhängigen Rechtsstreit ausschließlich darauf ankommt, ob die Bedingung, die der testamentarisch berufene Neffe seinem zugunsten des Beklagten erklärten Erbverzicht beisetzte, ist oder nicht. Sie ist eingetreten.

Ebenso wie die Verneinung der Kondiktionsansprüche beruht auch die Annahme der Verjährung der erbrechtlichen Ansprüche der Klägerin, worunter auch das zweite Eventualbegehren mit dem Teilbetrag von 250.000 S fällt, auf keiner unrichtigen Lösung einer nach § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten Rechtsfrage. Der restliche Teil des zweiten Eventualbegehrens ist der Sache nach ein Teil des kleineren Teils des Hauptbegehrens.

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