OGH 4Ob126/92

OGH4Ob126/9223.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald R*****, vertreten durch Dr.Lukas Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Franz K*****, vertreten durch Dr.Rudolf Wieser und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren: 250.000 S; Revisionsrekursinteresse: 125.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 24.September 1992, GZ 2 R 231/92-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 24.Juli 1992, GZ 8 Cg 1077/92v-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 3.8.1987 erteilte die Tiroler Landesregierung dem Kläger die Bewilligung zum Betrieb der "Schischule Arlberg, Leiter:

Harald Rofner" mit dem Standort in St.Anton am Arlberg. Die Schischule des Klägers hatte damals bereits seit Jahrzehnten bestanden; sie war die einzige Schischule in St.Anton am Arlberg und wurde abwechselnd als "Skischule St.Anton", "Skischule St.Anton am Arlberg", "Skischule Arlberg-St.Anton" und "Skischule Arlberg" bezeichnet. Auch der Kläger verwendet seither diese Bezeichnungen für die von ihm betriebene Schischule. Zumindest seit März 1989 verwendet er folgenden Briefkopf auf der Geschäftspost seiner Schischule:

Mit Bescheid vom 25.11.1988 erteilte die Tiroler Landesregierung auch dem Beklagten die Bewilligung zum Betrieb einer "Schischule in St.Anton am Arlberg" mit dem Standort in St.Anton am Arlberg. Seit der Wintersaison 1991/92 führt der Beklagte unter Beisetzung seines Namens für seine Schischule die Bezeichnung "Tiroler Skischule St.Anton am Arlberg"; seither verwendet er auch folgende Unternehmenssignets:

Mit der Behauptung, daß seine Schischule "seit mehr als 70 Jahren unter der Bezeichnung 'Skischule St.Anton' in Verkehrskreisen bestens bekannt und geschätzt" sei, weshalb die gleichnamige Unternehmensbezeichnung des Beklagten die Gefahr von Verwechslungen begründe und auch schon zu Verwechslungen geführt habe, sowie daß der Beklagte mit dem Slogan "Klasse statt Masse" der Schischule des Klägers tatsachen- und sittenwidrig einen Massenbetrieb unterstelle, beantragt der Kläger zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung

1. die Verwendung des Namens "Skischule St.Anton" im geschäftlichen Verkehr sowie die Verwendung "der Bezeichnung 'Skischule St.Anton' zur Bezeichnung seiner Schischule als Teil des Namens", und

2. die Verwendung des Zusatzes "Klasse statt Masse" im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung seiner Schischule zu untersagen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab.

Das Rekurstgericht erließ die zu Z 2. des Sicherungsantrages begehrte einstweilige Verfügung, bestätigte jedoch die Abweisung zu Z 1. des Sicherungsantrages; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes "für jeden der geltend gemachten Ansprüche" 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Der abändernde Teil der Rekursentscheidung (die erlassene einstweilige Verfügung) ist in Rechtskraft erwachsen; nur gegen den bestätigenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Klägers.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

§ 402 EO in der Fassung des Art II Z 4 der 3.Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien BGBl 1992/756 ist zufolge deren Art VII Abs 3 erst auf Rekursentscheidungen anzuwenden, deren Datum nach dem 31.Dezember 1992 liegt. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung des Rekursgerichtes bereits am 24.September 1992 ergangen ist, findet § 528 Abs 2 Z 2 ZPO auf sie noch uneingeschränkt Anwendung. Danach ist aber der Revisionsrekurs - abgesehen von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - dann jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist. Der Gesetzgeber wollte damit in Abkehr von der vor der WGN 1989 geltenden Bestimmung des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO idF der ZVN 1983 - wonach Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig waren, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden war (§ 502 Abs 3 ZPO) - zur Rechtslage vor der ZVN 1983 zurückkehren, weil er es als unbefriedigend empfand, daß seit dem Jahr 1983 bei teilweise bestätigenden und teilweise abändernden Entscheidungen (nur) der abändernde Teil anfechtbar war, der bestätigende aber nicht, und zwar selbst dann nicht, wenn die beiden Entscheidungen - was immer wieder vorgekommen sei - inhaltlich miteinander verknüpft waren; es werde daher auf die Rechtslage vor der ZVN 1983 und auf deren damalige Auslegung durch das Judikat 56 zurückgegangen, wonach nur zur Gänze bestätigende Entscheidungen unanfechtbar sind (991 BlgNR 17.GP zu Z 39.3.).

Nach Lehre (Fasching IV 454) und Rechtsprechung vor der ZVN 1983 (SZ 45/11; ÖBl 1975, 89 mwN; ÖBl 1976, 20 und 36 uva) konnte aber ein Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem der Beschluß des Erstgerichtes teilweise bestätigt worden war, nur dann zur Gänze angefochten werden, wenn der bestätigende und der abändernde Teil der Rekursentscheidung in einem so engen, unlösbaren sachlichen Zusammenhang standen, daß sie nicht auseinandergerissen werden konnten, so daß auch die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen war; hatte dagegen das Rekursgericht über mehrere Gegenstände oder Ansprüche entschieden, die nicht in innerem Zusammenhang standen, sondern durchaus jeder für sich ein eigenes rechtliches Schicksal haben konnten, dann stand einer Teilung der Entscheidung der zweiten Instanz im Sinne einer abgesonderten Beurteilung ihrer Anfechtbarkeit beim Obersten Gerichtshof kein Hindernis entgegen.

Nach der nunmehrigen Rechtslage kann kein Zweifel daran bestehen, daß ein Beschluß (oder ein Urteil), der (das) über mehrere Ansprüche abspricht, für die Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit jedenfalls nur dann als Einheit behandelt werden kann, wenn die einzelnen Ansprüche nach § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen sind; nur dann sind sie - soweit es sich nicht um reine Geldansprüche handelt - einheitlich zu bewerten (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1830) und mit einem einheitlichen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu versehen (Petrasch, Die Zivilverfahrensnovelle 1983 in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, ÖJZ 1985, 257 ff und 291 ff [295], derselbe, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der WGN 1989, ÖJZ 1989, 743 ff [747]); andernfalls ist für jeden einzelnen Anspruch ein besonderer Ausspruch erforderlich. Nach denselben Grundsätzen ist in der Regel auch die Frage zu beurteilen, ob ein Beschluß des Erstgerichtes "zur Gänze bestätigt" worden ist:

Bestätigt das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichtes über einen Anspruch, während es die Entscheidung über einen anderen, damit nicht zusammenhängenden Anspruch abändert, dann ist der Ausspruch des Rekursgerichtes hinsichtlich des ersten Anspruches zur Gänze bestätigend, hinsichtlich des zweiten aber abändernd; der erste Teil der Entscheidung ist dann gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unanfechtbar; die Anfechtung des zweiten Teils der Entscheidung unterliegt hingegen dieser Beschränkung nicht (4 Ob 86/91).

Im vorliegenden Fall steht der von der Bestätigung durch das Rekursgericht betroffene Teil der Entscheidung des Erstgerichtes mit dem von der Abänderung betroffenen Teil in keinem Zusammenhang:

Während Z 1 des Sicherungsantrages die Verletzung von Namens- und Unternehmenskennzeichenrechten betrifft, erfaßt Z 2 des Sicherungsantrages die - wenngleich im selben Unternehmenssignet enthaltene - Herabsetzung der Schischule des Klägers durch den Slogan "Klasse statt Masse". Diese Ansprüche beruhen nicht nur auf unterschiedlichen Sachverhalten; sie ergeben sich auch aus verschiedenen Rechtsvorschrirten und stehen daher weder in einem rechtlichen noch in einem tatsächlichen Zusammenhang.

Der absolut unzulässige Revisionsrekurs des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Zurückweisung des Rechtsmittels umfaßt auch dessen Kostenbestimmungsantrag. Da jedoch der Beklagte auf den Zurückweisungsgrund der absoluten Unzulässigkeit nicht hingewiesen hat, muß er die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung gemäß § 402 Abs 4, § 78 EO und §§ 40, 50 und 52 Abs 1 ZPO selbst tragen.

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