Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Kläger bezog von der beklagten Partei seit 1.7.1984 eine Erwerbsunfähigkeitspension und bezieht seit 1.10.1985 eine Alterspension, je samt Ausgleichszulage (AZ).
Mit Bescheid vom 8.3.1990 entschied die beklagte Partei, daß die Ausgleichszulage vom 1.12.1984 an nicht gebühre, weil das Gesamteinkommen wegen im Exekutionsweg hereingebrachter Einkünfte aus Gewerbebetrieb den Richtsatz übersteige, daß der durch Verletzung der Meldevorschriften entstandene Überbezug von 61.686,60 S zurückgefordert und die zu Unrecht bezogene Geldleistung aufgerechnet werde.
Mit der rechtzeitigen Klage begehrt der Kläger 1. die Zahlung der Ausgleichszulage vom 1.12.1984 an im gesetzlichen Ausmaß ohne Anrechnung von im Exekutionsweg hereingebrachten Zahlungen, 2. die Unterlassung der Rückforderung und Aufrechnung von 61.686,60 S und 3. die Zahlung der bereits einbehaltenen Abzugsraten. Er habe seit 1.12.1984 keine Einkünfte erzielt, weil Geldbeträge aus den laufenden Exekutionen an eine Bank zediert gewesen und zur Gänze zur Kredittilgung verwendet worden seien. Er habe auch keine Meldepflicht verletzt.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Der Kläger habe vor seiner Pensionierung Vorschüsse für zu errichtende Bauten von etwa 1,000.000 S gezahlt. Mangels Errichtung dieser Bauten habe sich der Vorschußempfänger in einem Vergleich vom 4. 6.1973 zur Zahlung von 250.000 S samt 4 % Zinsen seit 1.6.1973 bzw 9 % Zinsen ab 1.11.1975 verpflichtet. Seit November 1984 würden im Rahmen einer Pensionspfändung Pensionsabzüge des Schuldners an den Kläger ausgezahlt. Die beklagte Partei habe im November 1989 durch den Einkommensteuerbescheid für 1988 von Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb Kenntnis erhalten und die Ausgleichszulage mit 1.12.1989 vorsorglich eingestellt.
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Nach den erstinstanzlichen Feststellungen zahlte der Kläger zwischen 1966 und 1972 dem Baufirmeninhaber W***** K***** Vorschüsse für zu errichtende Bauten und veräußerte zu diesem Zweck 1966/67 auch Grundstücke an ihn. Entgegen der Vereinbarung führte W***** K***** weder die Bauten aus, noch bezahlte er den Kaufpreis für die Grundstücke, so daß er dem Kläger rund 1,000.000 S schuldete. Nach einer diesbezüglichen Klage des nunmehrigen Klägers verpflichtete sich W***** K***** am 4.5.1973 in einem Vergleich, dem Kläger bis 31.10.1975 250.000 S samt 4 % Zinsen ab 1.6.1973 bzw 9 % Verzugszinsen ab 1.11.1975 zu zahlen. Eine Exekution war erst ab dem Pensionsantritt des W***** K***** etwa 1984 erfolgreich. Auf Grund der Pensionspfändung behielt die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten von September bis Dezember 1984 14.443,40 S, 1985 34.492 S, 1986 30.260 S, 1987 37.224,70 S 1988 32.237,10 S und 1989 38.750,70 S ein. Diese Beträge wurden zur Gänze an die Bank weitergeleitet, der die Ansprüche abgetreten worden waren, um sie von der Realisierung eines Pfandrechtes an Grundstücken des Klägers abzuhalten, das der Sicherung eines von ihm für die von W***** K***** durchzuführenden Bauten bei der Raiffeisenkasse O***** aufgenommenen Kredites diente. Dieser Kredit, der 1970 etwa 900.000 S betrug, wurde 1979 in einen Kredit von 547.000 S bei der Bausparkasse und von 350.000 S bei der erwähnten Raiffeisenkasse geteilt. Zwischen 1973 und Frühjahr 1989 hatte der Kläger jährlich etwa 80.000 S bis 100.000 S an Zinsen an die Bank zu zahlen. Erst im März 1989 konnte er beide Kreditverbindlichkeiten durch einen Wohnungsverkauf zur Gänze tilgen.
Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes seien exekutiv hereingebrachte Teilbeträge eines Kondiktionsanspruches ähnlich wie Kaufpreisraten keine Einkünfte iS des § 149 GSVG, weil lediglich eine Vermögensverschiebung vorliege, nur die Verzinsung eines in Raten bezahlten Kaufpreises sei als Einkommen anzurechnen. Der Kläger habe gegen W***** K***** zunächst eine Kaufpreisforderung für den Verkauf von Grundstücken und einen Kondiktionsanspruch für die Bauvorschüsse gehabt. Weil beide Ansprüche bloße Vermögensverschiebungen wären, müsse das auch für die eingetriebenen Vergleichsraten gelten. Für die Zeit vom 1.3.1973 bis 31.10.1984 seien mindestens 270.000 S Zinsen aufgelaufen; vom Vergleichsbetrag einschließlich der Zinsen seien aber bisher nur 152.533 S hereingebracht worden, die nach § 1416 ABGB zunächst auf die Zinsen anzurechnen seien. Dies könne allerdings nicht zu einer ausgleichszulagenrechtlichen Anrechnung führen, weil ohne Tilgung des Kapitalbetrages von keinem Einkommen gesprochen werden könne. Darüberhinaus sei noch zu berücksichtigen, daß der Kläger wegen der Nichterfüllung durch W***** K***** laufend Bankkredite in Anspruch nehmen habe müssen, für die er wesentlich mehr Zinsen zu zahlen gehabt habe, als er von W***** K***** hereingebracht habe. Auf keinen Fall wäre dem Kläger eine Meldepflichtverletzung vorzuwerfen, weil kein Versicherter wissen müsse bzw könne, daß Schuldrückzahlungen dem Versicherungsträger zu melden seien.
Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger und mangelhafter Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge, hob den erstgerichtlichen Beschluß (richtig Urteil) unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Die beklagte Partei habe schon in der Klagebeantwortung eingewendet, daß es sich bei den exekutiv hereingebrachten Beträgen um Einkünfte aus einem (früheren) Gewerbebetrieb handle. Da der Kläger seit 1958 als Selbständiger mit Liegenschaften gehandelt habe, könne man nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß es sich bei der Realisierung eines Verkaufserlöses - wie bei Transaktionen aus dem Privatvermögen - bloß um eine Vermögensverschiebung handle, die die Gewährung einer Ausgleichzulage nicht berühre. Soweit ein selbständiger Realitätenhändler aus Grundstückstransaktionen Gewinne erziele, sei von Einkünften iS des § 149 Abs 3 GSVG auszugehen. Soweit ein Selbständiger anderseits für von Dritten zu erbringende Leistungen Geld vorschieße und dies dann rückfordere, weil der Dritte seiner Leistungspflicht nicht nachgekommen sei, liege tatsächlich nur eine Vermögensverschiebung vor, so daß diese Rückzahlungen keine anrechenbaren Einkünfte darstellten. Daher wäre aufzuklären gewesen, in welchem Verhältnis im Vergleichsbetrag von 250.000 S Beträge steckten, die auf eine bloße Vermögensverschiebung zurückgingen, bzw inwieweit damit Einkünfte aus dem Liegenschaftshandel lukriert worden seien. Dabei werde zu beachten sein, daß offenbar doch nicht eine Forderung von 1,000.000 S aus Vorschüssen und Liegenschaftsverkäufen mit 250.000 S verglichen worden sei, sondern zu erörtern sein, daß bloß die Klageforderung von 379.851,50 S sA Gegenstand des Vergleiches gewesen sei. Insoweit in dieser Vergleichssumme Einkünfte aus dem Liegenschaftshandel steckten, werde von anrechenbaren Einkünften aus dem früheren Gewerbebetrieb auszugehen sein. Insoweit anrechenbare Einkünfte aus dem Realitätenhandel erst jetzt lukriert würden, seien auch Zinsen daraus Einkünfte iS des Ausgleichszulagen-Rechtes. Im Umfang der Rückzahlungen gewährter Vorschüsse bzw generell beim Ausgleich von Vermögensverschiebeungen könnten Zinsen jedoch nicht generell als Einkünfte angesehen werden. Habe jemand ein Grundstück verkauft und bekomme er erst nach Jahren den Kaufpreis samt einer angemessenen Wertsicherung, so sei letztere doch kein Einkommen, sondern nur ein Ausgleich für den durch die verspätete Zahlung erlittenen Geldwertverlust. Nur darüberhinausgehende Zinsen seien als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzurechnen. Soweit nach allen diesen Erwägungen überhaupt anrechenbare Einkünfte vorliegen, seien jedoch der Einwand des Klägers und die dazu getroffenen unbekämpften Feststellungen zu beachten, nach denen die jährlich insgesamt hereingebrachten Beträge bis März 1989 nie dem Kläger selbst zukamen, weil sie immer geringer waren als die Rückzahlungen und Zinsen, die er wegen eines Kredites zu leisten hatte. Auch diesbezüglich werde zu erörtern und detailliert festzustellen sein, ob es sich um Schulden handle, die (bzw inwieweit sie) mit dem Gewerbebetrieb des Klägers zusammenhingen und nicht der Vermögensbildung dienten. Sei dies feststellbar und überstiegen die darauf entfallenden Kreditrückzahlungen die anrechenbaren Einkünfte, werde für diesen Zeitraum kein positiver Saldo und damit kein anrechenbares Einkommen feststellbar sein. Andernfalls werde die Ausgleichszulage entsprechend zu kürzen sein oder überhaupt zu entfallen haben. Erst wenn feststehe, ob überhaupt zu Unrecht Leistungen bezogen wurden, könne über eine Meldepflichtverletzung entschieden werden.
Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wird von der beklagten Partei nur insoweit mit Rekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache angefochten, als das erstgerichtliche Urteil nicht durch Abweisung des auf eine Ausgleichszulage für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.1988 und auf Abstandnahme von der Rückforderung und Aufrechnung eines Überbezuges an Ausgleichszulagen von 10.983,70 S netto gerichteten Klagebegehrens abgeändert wurde. Die beklagte Partei beantragt, den angefochtenen beschluß insoweit abzuändern.
Der Kläger erstattete keine Rekursbeantwortung.
Nach Ansicht der Rekurswerberin seien die seinerzeitigen, in der Folge in die Geschäfte eines Dritten investierten Unternehmergewinne damals nicht als Einkünfte in das Privatvermögen des Klägers geflossen, - dies vor allem im Hinblick auf das Nichtaufscheinen solcher Einkünfte in den damaligen Einkommensteuerbescheiden - so daß diese seinerzeitigen Unternehmensgewinne eben erst jetzt in Gestalt der Zahlungen des K***** in das Privatvermögen des Klägers geflossen seien bzw noch flössen. Es handle sich daher um eine verspätete Gewinnlukrierung, weshalb nicht von bloßen Vermögensverschiebungen gesprochen werden könne. Die Rekurswerberin meint auch, daß die Geldwertverdünnung als solche ausgleichszulagenrechtlich irrelevant sei und daher auch nicht im Zusammenhang mit zufließenden Zinsen Bedeutung erlangen und zu einer Verminderung der Zinsenanrechung führen könne. Zinsen seien stets als Abgeltung für den zwischenzeitigen Konsumverzicht des Geldgebers, aber nicht als Abgeltung der Geldwertverdünnung angesehen worden. Zinseneinkünfte oder irgendwelche Abgeltungen aus dem Titel der Wertsicherung fehlten auch im taxativen Ausnahmekatalog des § 149 Abs 4 GSVG. Im vorliegenden Fall stehe zweifelsfrei fest, daß der Kläger einen Betrag von 1,000.000 S einem Dritten zur Verfügung gestellt habe, um sich an dessen offenbar aussichtsreichen Geschäften zu beteiligen. Seine Intentionen seien daher auf die Erzielung eines Gewinnes gerichtet gewesen, weshalb nicht von einer bloßen Vermögensverschiebung gesprochen werden könne. Deshalb seien alle dem Kläger aus diesem Geschäft nunmehr zufließenden Geldbeträge - gleichgültig, ob diese Zahlungen im einzelnen der Kapitalabstattung dienten oder unter dem Titel "Zinsen" erfolgten - voll als Einkünfte auf die Ausgleichszulage anzurechnen. Auch bei der Frage einer Meldepflichtverletzung sei davon auszugehen, daß es bei den Zahlungen um verspätet lukrierte Einkünfte aus der früheren selbständigen Erwerbstätigkeit des Klägers, also um die Meldung bzw Nichtmeldung von Erwerbseinkünften gehe. Auch das Finanzamt habe diese Zahlungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert, was dem Kläger nicht unbekannt sein könne. Er sei daher verpflichtet gewesen, jede Änderung des Nettoeinkommens dem Versicherungsträger anzuzeigen, was er trotz ausdrücklicher Belehrung unterlassen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässige Rekurs ist nicht berechtigt.
Während die beklagte Partei in erster Instanz vorgebracht hatte, dem Kläger würden seit November 1984 im Rahmen einer Pensionspfändung Pensionsabzüge des Schuldners (W***** K*****) ausgezahlt, behauptete der Kläger, er habe seit 1.12.1984 keine Einkünfte erzielt, weil Geldbeträge aus den laufenden Exekutionen an eine Bank zediert gewesen und zur Gänze zur Kredittilgung verwendet worden seien. Dazu hat das Erstgericht unbekämpft festgestellt, daß die auf Grund der Pensionspfändung (gegen W***** K*****) von der Drittschuldnerin Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in den Jahren 1984 bis 1989 einbehaltenene Beträge zur Gänze an die Bank weitergeleitet wurden, der die Ansprüche (des Klägers) abgetreten worden waren, um sie von der Realisierung eines Pfandrechtes an Grundstücken des Klägers abzuhalten, das der Sicherung eines von ihm für die von W***** K***** durchzuführenden Bauten bei der Raiffeisenkassse O***** aufgenommenen Kredites diente.
Diese im Urteil der ersten Instanz festgestellten, durch die geltend gemachten Berufungsgründe nicht berührten Ergebnisse der erstgerichtlichen Verhandlung und Beweisführung hatten das Berufungsgericht und der Oberste Gerichtshof ihren Entscheidungen zu Grunde zu legen (§ 498 Abs 1 ZPO).
Daher ist entgegen dem Vorbringen der beklagten Partei nicht davon auszugehen, daß dem Kläger seit November 1984 im Rahmen einer Pensionspfändung Pensionsabzüge des Schuldners (W***** K*****) ausgezahlt wurden, sondern daß die im Rahmen der Pensionspfändung in den Jahren 1984 bis 1989 von der Drittschuldnerin einbehaltenen Abzüge von der Pension des W***** K***** zur Gänze an die Bank weitergeleitet wurden, der die Ansprüche (des Klägers gegen W***** K*****) abgetreten worden waren.
Das auf Leistung gerichtete Forderungsrecht bildet für den Gläubiger einen Vermögenswert, über den er verfügen kann. Vor allem steht es ihm grundsätzlich frei, die Forderung einem anderen zu übertragen, so daß das gegen den Schuldner gerichtete subjektive Recht auf Leistung nunmehr dem anderen zusteht: Der Schuldner erhält einen neuen Gläubiger (Zession, Gläubigerwechsel, Forderungabtretung; § 1392 ABGB; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I9 290).
Da die vollstreckbaren Ansprüche des Klägers gegen den Schuldner W***** K***** aus dem Vergleich vom 4.5.1973 der Bank abgetreten worden waren, standen diese Ansprüche nicht mehr dem Kläger als Altgläubiger (Zedenten), sondern der Bank als Neugläubigerin (Zessionar) zu, weshalb die im Rahmen der Forderungs(Pensions)exekution gegen den abgetretenen Schuldner (Zessus) von der Drittschuldnerin einbehaltenen Pensionsteile in den Jahren 1984 bis 1989 zur Gänze an die Bank als Zessionar weitergeleitet wurden.
Daraus folgt aber, daß es sich bei diesen Beträgen, die infolge der Abtretung nicht mehr dem Kläger, sondern der Bank zustanden, - entgegen der Ansicht der Rekurswerberin - nicht mehr um Einkünfte des Klägers iS des § 149 GSVG handeln kann, so daß sie bei der Feststellung der Ausgleichszulage grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen.
Aus den Bestimmungen über die Ausgleichzulage ergibt sich, daß bei der Feststellung des Anspruches auf diese Leistung grundsätzlich nur tatsächlich bezogenes Nettoeinkommen des Pensionsberechtigten und seines mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners zu berücksichtigen ist. Dies erfodert der Zweck dieser Zusatzleistung, die zusammen mit der Pension, dem aus übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommen und den gemäß § 151 GSVG zu berücksichtigenden Beträgen das Existenzminimum des Pensionsberechtigten (und des mit ihm zusammenlebenden Ehepartners) sichern soll (Martinek, Zur Ausgleichszulage, VersRdSch 1956, 229; Tomandl, Grundriß des österr. Sozialrechts4 Rz 193; Schrammel bzw Teschner in Tomandl, SV-System
5. ErgLfg 132 bzw 413; Grillberger, österreichisches Sozialrecht 77; Schrammel, Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9; SSV-NF 1/60, 62 ua).
Der erkennende Senat hat - in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien als bis 31.12.1986 letzter Instanz in Leistungsstreitsachen - wiederholt ausgesprochen (SSV-NF 1/60, 3/118, 131, 149, 4/47), daß - ganz allgemein - Ansprüche mit Einkommenscharakter, die einem Pensionsberechtigten auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage zustehen, bei der Prüfung des Anspruches auf Ausgleichszulage grundsätzlich wie tatsächliches Einkommen zu berücksichtigen seien. Ein Verzicht auf die Geltendmachung zustehender Einkünfte sei nur dann beachtlich, wenn er in der Unmöglichkeit oder Zumutbarkeit der Erfüllung der Leistung durch den Verpflichteten begründet sei. In Fällen, in denen sich der Pensionsbezieher darauf berufe, daß vertragliche oder gesetzliche Ansprüche nicht realisierbar wären, seien daher die genauen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des zur Erbringung der fraglichen Leistung Verpflichteten zu prüfen. Nur wenn diese Person außerstande sei, ihrer Verpflichtung nachzukommen, sei die Durchsetzung des Anspruches tatsächlich unmöglich oder zumindest unzumutbar. Daß ein Verzicht auf realisierbares Einkommen nicht zu einer Erhöhung der Ausgleichszulage um jene Beträge führen dürfe, auf die verzichtet worden sei, sei zur Abwehr mißbräuchlicher Inanspruchnahme öffentlicher Mittel notwendig; der subsidäre, sozialhilfeähnliche Charakter der Ausgleichszulage verbiete es im allgemeinen zu berücksichtigen, daß der Berechtigte von sich aus auf realisierbare Leistungen verzichte.
Schrammel kritisiert die Auffassung des Obersten Gerichtshofes, beim Verzicht eines Pensionisten auf einen Anspruch würde die mißbräuchliche Inanspruchnahme öffentlicher Gelder widerleglich vermutet und der Pensionist habe sein korrektes, staatsschonendes Verhalten zu beweisen, in seinem Aufsatz ZAS 1992, 9 [13]. Diese Rechtsmeinung des Höchstgerichtes sei mit seiner Judikatur zum Verlustausgleich und zur (ausgleichszulagenrechtlichen) Irrelevanz von bloßen Erwerbschancen nicht vereinbar. Wenn es nur darauf ankomme, ob der Pensionist tatsächlich über ein Einkommen in Höhe des Richtsatzes verfüge, dann könne ein aufgegebenes oder nicht realisiertes Recht nicht einfach als tatsächlich angefallener Bezug gewertet werden.
Schrammel ist insoweit beizupflichten, daß die von der bisherigen Judikatur vertretene Rechtsmeinung, ein Verzicht des Pensionsberechtigten auf realisierbare Ansprüche sei ausgleichszulagenrechtlich nur dann beachtlich, wenn er in der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erfüllung der Leistung durch den Verpflichteten begründet sei, bei Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des erkennenden Senates zu anderen Fragen des Ausgleichszulagenrechtes grundsätzlich auf Ansprüche mit Einkommenscharakter beschränkt werden muß, auf die der Berechtigte in rechtsmißbräuchlicher Weise verzichtet hat, um dadurch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ausgleichszulage zu schaffen.
Kommt es nämlich nur darauf an, ob der Pensionist tatsächlich über ein Einkommen in Höhe des Richtsatzes verfügt, dann kann ein aufgegebenes oder nicht realisierbares Recht nicht einfach als tatsächlicher Bezug gewertet werden. So wie der Pensionist ausgleichszulagenrechtlich nicht verpflichtet ist, aus seinem Vermögen Einkünfte zu erzielen (SSV-NF 4/95), ohne Schmälerung seines Ausgleichszulagenanspruchs Teile seines Kapitals zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten einsetzen darf (SSV-NF 4/95), und auch eine sonstige Verringerung seines Vermögensstammes durch Privatentnahmen, Veräußerung von Grundstücken, Schmuck und anderen Wertgegenständen - soweit damit nicht (laufende) Erträgnisse verbunden sind (15.12.1992 10 Ob S 129/92) - keine Auswirkungen auf die Ausgleichszulage hat (SSV-NF 4/95; 10 Ob S 300/90), kann der Verzicht auf Ansprüche, die freiwillig durch vertragliche Einigung eingeräumt wurden, dem Pensionisten nicht ohne weiteres als mißbräuchliche Inanspruchnahme öffentlicher Gelder vorgeworfen werden (Schrammel, am letztg O 13).
Nach § 1444 ABGB "kann der Gläubiger in allen Fällen, in welchen er berechtigt ist, sich seines Rechtes zu begeben, demselben auch zum Vorteile seines Schuldners entsagen und hieduch die Verbindlichkeit des Schuldners aufheben" (Entsagung, Verzicht, Erlaß). Der Gläubiger verfügt damit über sein verhandenes Vermögen.
Schrammel meint in der letztzit Aufsatzstelle grundsätzlich zutreffend, wenn der Pensionist ausgleichszulagenrechtlich nicht verpflichtet sei, sein Vermögen zu verwerten, dann müsse darin eingeschlossen sein, daß eine tatsächliche Verwertung auch wieder eingestellt werden könne. Wenn der Anspruch auf Ausgleichszulage nicht dadurch berührt werde, daß der Pensionist einen Millionenbetrag im "Sparstrumpf" aufbewahre, wenn es keine Rolle spiele, ob er von diesem Millionenbetrag Anschaffungen tätige, dann müsse er wohl auch berechtigt sein, auf einem Sparkonto befindliche (und damit zinsbringend angelegte) Beträge abzuziehen und wieder in den "Sparstrumpf" zu stecken. Dadurch werde die Verwertung beendet, der Pensionist verzichte damit wirtschaftlich auf ein realisierbares Einkommen. Dies könne ihm ausgleichszulagenrechtlich ebensowenig angelastet werden wie der Verzicht auf ein Forderungsrecht im technischen Sinn.
Der erkennende Senat hält die zusammenfassend wiedergegebenen Überlegungen Schrammels im wesentlichen für zutreffend:
Ein Ausgleichszulagenbezieher darf sein Recht, auf bei der Feststellung seines Anspruches auf Ausgleichszulage zu berücksichtigende Einkünfte in Geld oder Geldeswert zu verzichten, zwar immer ausüben. Ein solcher Verzicht ist aber bei der Feststellung der Ausgleichszulage dann nicht zu berücksichtigen, wenn er offenbar den Zweck hatte, den Träger der Ausgleichszulage zu schädigen.
Wer nämlich in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt, ist nach § 1295 Abs 2 ABGB dafür verantwortlich, falls dies in Ausübung eines Rechtes geschah, jedoch nur dann, wenn die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu schädigen, er also sein Recht auf Verzicht in schikanöser Weise mißbraucht.
Es ist unbestritten, daß diese bestimmung über die Verantwortlichkeit für sittenwidriges Verhalten einschließlich Rechtsmißbrauch auch außerhalb des Schadenersatzrechtes anzuwenden ist, sofern es um die Schadensvermeidung geht. Das Schikaneverbot gilt auch im öffentlichen Recht; es wohnt der gesamten Rechtsordnung inne (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 63 zu § 1295 mit RspN). Dabei sind zwei Problemkreise zu unterscheiden: die sittenwidrige absichtliche Schädigung in Ausübung der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Rechtsmißbrauch, also das Handeln in (formaler) Ausübung eines von der Rechtsordnung ausdrücklich eingeräumten Rechtes (Reischauer aaO Rz 54 zu § 1295; Schwimann/Harrer, ABGB V § 1295 Rz 103, 105, 123; Rummel, Wettbewerb durch Umweltschutz? RZ 1993, 34 [38]). Im vorliegenden Fall geht es darum, ob der Kläger sein ihm von der Rechtsordnung (§ 1444 ABGB) eingeräumtes Recht auf Verzicht offenbar zu dem Zweck ausgeübt hat, den beklagten Versicherungsträger bzw den Träger der Ausgleichszulage zu schädigen, ob ihm also Rechtsmißbrauch vorzuwerfen ist.
IS der neueren Lehre und Rechtsprechung liegt ein solcher Rechtsmißbrauch nicht erst dann vor, wenn die Absicht des Ausgleichszulagenbeziehers, den Träger der Ausgleichszulage zu schädigen, der einzige Grund des Verzichtes ist, sondern schon dann, wenn das unlautere Motiv des Verzichtes die lauteren Motive eindeutig überwiegt, also so augenscheinlich im Vordergrund steht, daß andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (Reischauer in Rummel2 Rz 58f zu § 1295 mRspN), demnach zwischen den vom Verzichtenden (vorsätzlich) verfolgten und den beeinträchtigen Interessen des Trägers der Ausgleichszulage ein krasses (und zu mißbilligendes) Mißverhältnis besteht (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts9 I 466 mwN). Durch die Wortfolge "offenbar den Zweck hatte" wollte der Gesetzgeber der 3. TN verhindern, daß durch die Einschränkung auf die Schädigungsabsicht als einziges bedeutsames Motiv für die Ersatzpflicht dem Ersatzanspruch "so ziemlich die praktische Bedeutung genommen werde. Denn es wird sich wohl immer bei Ausübung eines Rechts, auch wenn sie offenbar nur den Schaden eines anderen bezweckt, irgendein Nebenzweck behaupten lassen, wenn schon kein anderer, so die ideelle Befriedigung am Rechtsgenusse oder die Rücksicht darauf, grundsätzlich sich an seinem Rechte nichts zu vergeben." (Mat zur 3. TN 45). Das unlautere Motiv muß das (die) lautere(n) Motiv(e) eindeutig überwiegen.
Der erkennende Senat kommt daher iS dieser Ausführungen unter Bedachtnahme auf Prähauser, ZAS 1971, 107, Binder, Probleme der pensionsversicherungsrechtlichen Ausgleichszulage, ZAS 1981, 89 und jüngst Schrammel, ZAS 1992, 13 zur Auffassung, daß ein Pensionsberechtigter ausgleichszulagenrechtlich grundsätzlich auf Ansprüche mit Einkommenscharakter verzichten darf. Ein solcher Verzicht ist jedoch bei der Feststellung der Ausgleichszulage dann unbeachtlich, wenn er offenbar den Zweck hatte, den Träger der Ausgleichszulage iS der obigen Ausführungen zu schädigen (§ 1295 Abs 2 ABGB). Binder aaO 94 führt zutreffend aus, daß auch der Verzicht auf im Rahmen der Ausgleichszulagenfeststellung zu berücksichtigende Ansprüche, sei es durch eine formelle Verzichtserklärung, sei es durch bloßes Nichtgeltendmachen bzw Nichteintreiben offener Forderungen unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs zu sehen ist. Er entfaltet gegenüber dem Versicherungsträger nicht nur dann Wirksamkeit, wenn er hinsichtlich unrealisierbarer Forderungen abgegeben wird (in diesem Fall ändert sich an der Einkommenssituation des Pensionisten nichts).
Ob Rechtsmißbrauch vorliegt, ist eine nach den Umständen des Einzelfalles zu klärende Rechtsfrage (Reischauer aaO Rz 62 zu § 1295).
Nach § 87 Abs 1 ASGG hat das Gericht sämtliche für diese Beurteilung notwendig erscheinenden Beweise von Amts wegen aufzunehmen. Da ein iS des § 1295 Abs 2 ABGB rechtsmißbräuchlicher Verzicht des Versicherten oder Pensionisten auf Ansprüche mit Einkommenscharakter den Anspruch auf Ausgleichszulage ganz oder teilweise vernichtet, hat der Versicherungsträger, der sich auf einen solchen Rechtsmißbrauch beruft, nach der auch in Sozialrechtssachen geltenden Grundregel, daß jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen beweisen muß (Fasching, ZPR2 Rz 882, 2315/2; SSV-NF 1/48, 4/40, 50, 148, 150 jeweils mwN), die objektive Beweislast für die Umstände zu tragen, aus denen sich ein eindeutiges Überwiegen der unlauteren Motive des Verzichtenden ergibt (ähnlich Reischauer aaO Rz 59 u 62 zu § 1295).
Der in der Regel nicht strittige Verzicht des Versicherten oder Pensionisten auf Ansprüche mit Einkommenscharakter ergibt noch keinen Beweis des ersten Anscheins (Prima-facie-Beweis) für ein unlauteres Motiv des Verzichtes oder für ein eindeutiges Überwiegen solcher Motive, weil die typische formelhafte Verknüpfung fehlt (Fasching, ZPR2 Rz 810, 894, 896 mwN; SSV-NF 4/50 mwN).
Ergeben sich im Verfahren konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Versicherte oder Pensionist offenbar verzichtet hat, um die Leistungslast vom persönlich haftenden Schuldner auf die öffentliche Hand abzuwälzen, also rechtsmißbräuchlich gehandelt hat (Binder in ZAS 1981, 94), dann sind damit Hilfstatsachen bewiesen, aus denen unter Zuhilfenahme der Erfahrung auf die Haupttatsache geschlossen werden kann (mittelbarer Beweis oder Indizienbeweis; Fasching aaO). Konkrete Anhaltspunkte für einen offenbaren Rechtsmißbrauch könnten etwa der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Verzicht und der beabsichtigten Inanspruchnahme der Ausgleichszulage (sa Binder aaO) oder der Umstand sein, daß für den Verzicht anscheinend keine allgemein verständlichen lauteren Motive vorlagen.
Solche Indizien wird der Träger der Pensionsversicherung in der Regel
schon mit den ihm im Verfahren in Leistungssachen zur Verfügung
stehenden gesetzlichen Möglichkeiten feststellen können. Er kann nach
dem gemäß § 194 Abs 1 GSVG auch hinsichtlich des Verfahrens zur
Durchführung dieses Bundesgesetzes geltenden § 358 Abs 1 ASVG
Parteien, sonstige Beteiligte und Auskunftspersonen zur Feststellung
des Sachverhaltes vernehmen oder, wenn diese Personen der Ladung
keine Folge leisten oder die Aussage verweigern, das örtlich
zuständige Bezirksgericht um ihre Vernehmung ersuchen. Nach § 154
GSVG kann der Versicherungsträger - nach § 297 ASVG der Träger der
Pensionsversicherung -, wenn nicht schon unter Berücksichtigung des
ihm bekannten Nettoeinkommens der anzuwendende Richtsatz
überschritten wird, zur Feststellung der Ausgleichszulage die
Verwaltungshilfe des zuständigen Trägers der Sozialhilfe in Anspruch
nehmen, der insbesondere um die Ermittlung von Sachbezügen ersucht
werden kann. Der Ausgleichszulagenbezieher ist nach § 155 GSVG (§ 298
ASVG) verpflichtet, jede Änderung des Nettoeinkommens ... dem
Versicherungsträger gemäß § 20 GSVG (bzw § 40 ASVG) anzuzeigen (Abs
1), der jeden Ausgleichszulagenbezieher innerhalb von jeweils drei
Jahren mindestens einmal zu einer Meldung seines Nettoeinkommens und
seiner Unterhaltsansprüche ... zu verhalten hat (Abs 2). Die Träger
der Sozialhilfe haben bezüglich aller Bezieher einer Ausgleichszulage, die sich gewöhnlich in ihrem Zuständigkeitsbereich aufhalten, ihnen bekannt gewordene Änderungen des Nettoeinkommens ... dem Versicherungsträger mitzuteilen (Abs 3).
Auf diese Weise kann der Versicherungsträger schon in seinem Leistungsverfahren über die Feststellung oder Neufeststellung der Ausgleichszulage auch in Rechtsbeziehungen zwischen dem Pensionsberechtigten und dritten Personen wenigstens soweit Einblick erlangen, daß er ausreichende Indizien für einen dem Verzicht zugrundeliegenden offenbaren Rechtsmißbrauch feststellen kann.
In letzter Konsequenz werden schließlich im gerichtlichen Verfahren auf Grund amtswegiger Beweisaufnahmen iS des § 87 ASGG auch die den Rechtsverzicht rechtfertigenden Motive festzustellen sein.
Diese vom erkennenden Senat zu 10 Ob S 161/91 und 10 Ob S 258/91 vor allem zu den Auswirkungen eines Verzichtes auf bei der Ausgleichszulage zu berücksichtigende Einkünfte entwickelte Rechtsansicht ist auch auf die im vorliegenden Fall gegebene Abtretung der vollstreckbaren Ansprüche des Klägers gegen den Schuldner W***** K***** aus dem Vergleich vom 4.5.1973 an die Bank anzuwenden.
Im vorliegenden Fall, in dem bisher wenig auf einen Rechtsmißbrauch hindeutet, ist es daher entscheidungswesentlich, in welcher Absicht, wann, wie und für welche Zeit der Kläger diese Ansprüche der Bank zediert hat. Diese entscheidungswesentlichen Fragen lassen sich nach den bisherigen Feststellungen noch nicht verläßlich beurteilen. Da die Parteien außerdem nicht mit der Rechtsansicht zu den Auswirkungen eines Verzichtes bzw einer Abtretung auf bei der Ausgleichszulage zu berücksichtigende Einkünfte überrascht werden dürfen und ihnen Gelegenheit geboten werden muß, dazu Behauptungen aufzustellen und diese zu beweisen, erweist sich der angefochtene Aufhebungsbeschluß im Ergebnis als richtig. Deshalb war dem Rekurs nicht Folge zu geben.
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