OGH 10ObS129/92

OGH10ObS129/9215.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber Dr.Barbara Hopf und Dr.Roman Merth in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Richard P*****, vertreten durch Dr.Hans Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Landesstelle Niederösterreich), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.März 1992, GZ 32 Rs 29/92-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 21. Oktober 1991, GZ 15 Cgs 320/91-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 25.4.1988 wurde dem Kläger vom 1.1.1988 an eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer von mtl 4.918,60 S samt einer Ausgleichszulage (AZ) von mtl 1.235,40 S zuerkannt.

Mit Bescheid vom 19.7.1991 stellte die beklagte Partei die AZ vom 1.1.1991 an mit mtl 1.682,80 S fest, rechnete den Vorschuß gegen die Nachzahlung auf und verrechnete den zuviel bezogenen Vorschuß von insgesamt 428,40 S mit der zu erbringenden Leistung. Dabei berücksichtigte sie neben dem pauschalierten Ausgedinge aus einem übergebenen landwirtschaftlichen Betrieb auch ein Wohnrecht des Klägers und seiner Ehegattin auf einer nicht zu diesem Betrieb gehörenden Liegenschaft.

Die auf eine AZ ohne Anrechnung eines Wohnrechtes für den Kläger und seine Ehegattin, Abstandnahme von der Verrechnung des Vorschusses von 428,40 S und Nachzahlung der bereits fällig gewordenen Beträge gerichtete Klage stützt sich im wesentlichen darauf, daß der Kläger seinem Sohn Josef mit Schenkungsvertrag vom 9.12.1987 seinen Bäckereibetrieb und Gemischtwarenhandel in M***** geschenkt habe. Im selben Vertrag hätten er und seine Ehegattin diesem Sohn ihre landwirtschaftlich genutzten Flächen EZ 696 GB M***** und EZ 455 GB O***** im Einheitswert von 24.000 S geschenkt. Mit einem Übergabsvertrag vom selben Tag hätten der Kläger und seine Ehegattin diesem Sohn und der Schwiegertochter die ihnen je zur Hälfte gehörende Liegenschaft EZ 20 GB M***** übergeben. In einem darauf befindlichen Gebäude lägen sowohl der übergebene Betrieb als auch die Wohnung der Übergeber. Aus der Übergabe der letztgenannten Liegenschaft hätten sich die Übergeber als Ausgedingsleistung ein Wohnrecht ausbedungen. Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, daß aus der gleichzeitigen Übergabe des Gewerbebetriebes und der Landwirtschaft nur das pauschalierte Ausgedinge, nicht aber auch das darin schon berücksichtigte (tatsächlich ausbedungene) Wohnrecht angerechnet werden dürfe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, daß die Übergabe des landwirtschaftlichen Besitzes mit dem auf einer anderen Liegenschaft eingeräumten Wohnrecht nichts zu tun habe.

Das Erstgericht wies 1. die Klage ab, stellte 2. die AZ vom 1.1.1991 an mit mtl 1.682,80 S fest und sprach 3. aus, daß der zuviel bezogene Vorschuß von 428,40 S gegen die Nachzahlung aufzurechnen sei und mit der zu erbringenden Leistung verrechnet werden dürfe.

Dabei ging es von folgendem Sachverhalt aus:

Der Kläger und seine Ehegattin waren je Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 20 GB M***** mit den Grundstücken 104/2, 105 und 81, deren Einheitswert zum 1.1.1987 90.000 S betrug. Weiters waren sie je Hälfteeigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes auf den Liegenschaften EZ 696 GB M***** und EZ 455 GB O***** mit den Grundstücken 198, 234 und 239 sowie 613, 616, 619, für den zum 1.1.1987 ein Einheitswert von 25.000 S festgestellt wurde. Mit Notariatsakt vom 9.12.1987 schenkten der Kläger und seine Ehegattin ihrem Sohn Josef das "Grundstück" EZ 20 GB M*****. Dabei handelt es sich um einen Bäckereibetrieb mit Gemischtwarenhandel, den der Kläger bis dahin allein betrieben hatte." Im selben Notariatsakt übergaben der Kläger und seine Ehegattin ihrem Sohn auch ihren oben erwähnten landwirtschaftlichen Betrieb. Mit einem gesonderten Übergabsvertrag vom selben Tag übergaben sie diesem Sohn und seiner Ehegattin Claudia das "Grundstück" (richtig: die Liegenschaft) EZ 20 GB M***** mit allem Zubehör um den Übergabspreis von 90.000 S. Dabei vereinbarten sie als Ausgedinge die Dienstbarkeit der Wohnung im übergebenen Haus M***** 20 und die Leistung der ordentlichen Wartung, Altersbetreuung, Kost im Alter und in Krankheitsfällen sowie der standesgemäßen und ortsüblichen Begräbniskosten.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei nach § 149 Abs. 3 GSVG das für die Übergabe des Wohnhauses eingeräumte Ausgedinge und nach Abs. 7 leg cit das pauschalierte Ausgedinge für die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes anzurechnen.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge.

Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen rechtliche Beurteilung.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die nach § 46 Abs. 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs. 1 leg cit zulässige Revision ist nicht berechtigt.

(Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des GSVG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung.)

Gegen die Richtigkeit der Bewertung des Sachbezuges iS des § 149 Abs. 3 wurde vom Kläger ebensowenig etwas vorgebracht wie gegen die Richtigkeit der Berechnung des monatlichen Einkommens (pauschalierten Ausgedinges) iS des Abs. 7, gegen die Berechnung des Überbezuges sowie der Berechtigung der beklagten Partei, einen tatsächlich entstandenen Überbezug auf die zu erbringenden Geldleistungen aufzurechnen.

Wie sich insbesondere aus dem Klagebegehren und den in erster Linie auf Abänderung der jeweils angefochtenen Urteile im klagestattgebenden Sinn gerichteten Rechtsmittelanträgen ergibt, verlangt der Kläger eine AZ nur ohne Anrechnung eines Wohnrechtes, nicht aber auch ohne Anrechnung eines pauschalierten Ausgedinges iS des § 149 Abs. 7. Deshalb ist die vom Kläger akzeptierte Anrechnung des letztgenannten Ausgedinges nicht mehr zu prüfen und hat der Oberste Gerichtshof die letztgenannte Gesetzesstelle nicht anzuwenden. Mangels Präjudizialität ist es ihm daher im vorliegenden Fall verwehrt, beim Verfassungsgerichtshof wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nach Art 89 Abs. 2 B-VG die Aufhebung des § 149 Abs. 7 zu beantragen.

Das Revisionsgericht hat daher nur mehr zu prüfen, ob neben dem monatlichen Einkommen aus dem pauschalierten Ausgedinge iS der letztgenannten Gesetzesstelle nach Einkünften des Klägers und seiner Ehegattin in Geld oder Geldeswert aus Sachbezügen iS des Abs. 3 leg cit zu berücksichtigen sind.

Dies wurde schon von den Vorinstanzen zutreffend bejaht.

Nach § 149 Abs. 3 ist Nettoeinkommen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht Abs. 7 anzuwenden ist, also nur, soweit nicht bei der Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (...) eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes vom Einheitswert der land(forst)wirtschaftlichen Flächen auszugehen ist, die modifizierte Bewertung für die Zwecke der Lohnsteuer.

Mit dem iS des § 149 Abs. 7 ermittelten monatlichen Einkommen ist daher nur das Einkommen aus dem übergebenen landwirtschaftlichen Betrieb ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen, also das sog. "pauschalierte Ausgedinge" aus diesem Betrieb erfaßt. Daher sind auch die Ausgedingsrechte für den Kläger und seine Ehegattin auf der Liegenschaft EZ 20 GB M*****, die vom Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb nicht erfaßt sind, gesondert neben der Pauschalanrechnung als weitere Einkünfte zu berücksichtigen. Die beklagte Partei hat auch der Pauschalanrechnung nicht etwa die Einheitswerte sämtlicher Liegenschaften zugrunde gelegt, sondern nur jene der landwirtschaftlichen Flächen (S 43 und 79 des Anstaltsaktes).

Nach den rechtlich zu beurteilenden Feststellungen handelt es sich bei der EZ 20 GB M***** um eine gemischtgenützte Liegenschaft mit einem Einheitswert von 90.000 S und bei den EZ 696 GB M***** und 455 GB O***** um einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Gesamteinheitswert zum 1.1.1987 von 25.000 S. Die Liegenschaft EZ 20 einerseits und die beiden anderen Liegenschaften andererseits wurden mit zwei getrennten Notariatsakten vom selben Tag an teilweise verschiedenen Personen übergeben, und zwar die beiden landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften nur an den Sohn der Übergeber, die gemischt genutzte Liegenschaft an den Sohn und dessen Ehegattin. Nur in dem die letztgenannte Liegenschaft betreffenden Übergabsvertrag wurden Ausgedingsrechte (und deren grundbücherlicher Einverleibung auf ausschließlich dieser Liegenschaft) vereinbart.

Anders als in dem zu SSV-NF 3/109 entschiedenen Fall, in dem das der damaligen Übergeberin eingeräumte Ausgedinge eine Gegenleistung für die Übergabe eines landwirtschaftlichen und eines Gewerbebetriebes darstellte, so daß es mangels einer ausdrücklichen Regelung schon nach allgemeiner Anschauung (§ 863 Abs. 2 ABGB) billig erschien, neben dem Pauschalbetrag nach § 149 Abs. 7, der nicht gekürzt werden darf, die für die Übergabe des Gewerbebetriebes nach Abs. 3 leg cit zu berücksichtigenden Einkünfte aus dem Ausgedinge nach dem Verhältnis der Werte der übergebenen Betriebe zu ermitteln, wurde das Ausgedinge im jetzigen Fall nicht als Gegenleistung für die Übergabe aller Liegenschaften, sondern nur zur vollständigen Berichtigung des Übergabspreises für die nicht landwirtschaftlich, sondern zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzte Liegenschaft EZ 20 GB M***** vereinbart (und auch nur auf dieser Liegenschaft grundbücherlich einverleibt).

Aus diesem Grund und nicht deshalb, weil über die Übergabe der beiden landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften einerseits und der gemischt genützten Liegenschaft andererseits - aus nicht festgestellten, aber auch nicht entscheidungswesentlichen Gründen - zwei verschiedene Verträge geschlossen wurden, ist das nur für die Übergabe der gemischt genutzten Liegenschaft vereinbarte Ausgedinge voll zu berücksichtigen, ohne daß es zu einer unzulässigen doppelten Anrechnung desselben Ausgedingsrechtes käme.

Entgegen der Meinung des Revisionswerbers ist das im Vertrag über die Übergabe der EZ 20 GB M***** vereinbarte Ausgedinge, obwohl es der gänzlichen Berichtigung des vereinbarten Übernahmspreises von 90.000 S diente, ausgleichszulagenrechtlich nicht so zu behandeln wie ein Kaufpreis, selbst wenn dieser in regelmäßigen Raten gezahlt wird.

Bei Leistungen aus einem meist mit einem bäuerlichen Übergabsvertrag verbundenen, aber auch bei einem Wohnhaus möglichen Ausgedinge, das der Versorgung (dem Unterhalt) des Übergebers und/oder naher Angehöriger dient und eine auf seine (deren) Lebenszeit beschränkte Zusammenfassung verschiedenartiger Leistungspflichten des jeweiligen Eigentümers des übergebenen Gutes zu einer Einheit enthält (zB Petrasch in Rummel I2 Rz 5 zu § 530; Krejci in Rummel II2 Rz 7, 40ff zu §§ 1284-1286 jeweils mwN), handelt es sich - anders als bei einem in Raten entrichteten Kaufpreis - um Einkünfte des Pensionsberechtigten oder seines im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten in Geld oder Geldeswert iS des § 149 Abs. 1 bis 3. In der zu § 292 Abs. 3 ASVG ergangenen, ein verbüchertes Wohnrecht betreffenden E des erkennenden Senates SSV-NF 3/23 wurde ua ausgesprochen, daß es nicht darauf ankommt, ob solchen wiederkehrenden Sachbezügen zuvor erbrachte Gegenleistungen zugrunde liegen oder ob sie unentgeltlich erbracht werden. Für wiederkehrende Sachbezüge wie Ausgedingsforderungen, Fruchtgenußrecht und Wohnungsrecht sei es geradezu typisch, daß ihnen eine Gegenleistung durch Vermögensübertragung vorangegangen sei.

Schrammel, Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9f (13f) meint, daß dieser Schluß weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 292 Abs. 2 (gemeint wohl 3) ASVG ableitbar sei. Die Regelung über die Bewertung der Sachbezüge sei eine nähere Ausführung der allgemeinen Bestimmungen über das Nettoeinkommen und besage lediglich, daß auch Sachwerte Einkünfte sein könnten, nicht aber, daß Sachwerte immer Einkünfte seien. Die Regelung sei konditional zu verstehen: wenn Sachwerte Einkünfte seien, müßten sie mit den im Gesetz genannten pauschalen Beträgen berücksichtigt werden. So wie zB Ratenzahlungen zur Tilgung einer Kaufpreisforderung keine Einkünfte seien, könnten auch Sachleistungen keine Einkünfte sein, wenn sie nur als Äquivalent für andere Vermögenswerte fungierten. Wenn der Pensionist sein Vermögen versilbern dürfe, stehe ihm auch die Flucht in Sachwerte offen. Man müsse daher in jedem Fall differenzieren. Treffe der Pensionist Verfügungen über ein vorhandenes Vermögen, so könne lediglich der Veräußerungsgewinn als Einkunft angesehen werden. Dieser Grundsatz sei vor allem bei Leibrentenverträgen zu beachten. Werde eine Leibrente als Gegenleistung für die Übertragung eines Vermögens gewährt, dann handle es sich bei den einzelnen Rentenbeträgen nicht von vornherein um Einkünfte aus der Verwertung eines Vermögens. Es sei daher unzulässig, die monatlichen Leibrenten zur Gänze auf das Nettoeinkommen anzurechnen. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinnes müßten die vereinbarten monatlichen Rentenbeträge kapitalisiert und dem Wert bzw den Anschaffungskosten des veräußerten Grundstücks gegenübergestellt werden. Entspreche der kapitalisierte Betrag dem Wert des übertragenen Vermögens, dann handle es sich nur um eine Vermögensumschichtung, die ausgleichszulagenrechtlich ohne Bedeutung sei.

Binder, Probleme der pensionsrechtlichen Ausgleichszulage, ZAS 1981, 89 meint zunächst, für den "Einkunfts"-Begriff des § 292 Abs. 3 ASVG seien Merkmale wie entgeltlich, wiederkehrend oder auf Grund Rechtsanspruchs nicht essentiell (92). In der Folge vertritt er jedoch ebenso wie Schrammel die Auffassung, schlichte Vermögensumschichtungen - ausgenommen die Pauschalierung iS des § 292 Abs. 8 ASVG bei land- und forstwirtschaftlichen Flächen - seien für die Ausgleichszulage nicht als Einkünfte zu werten, gleichgültig, welche rechtliche Konstruktion gewählt wurde (98).

Der erkennende Senat hat schon wiederholt (zB SSV-NF 1/62) darauf hingewiesen, daß es sich bei der Ausgleichszulage um keine Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Fürsorge(Sozialhilfe)charakter handelt die zusammen mit der Pension, dem aus übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommen und den gemäß § 294 ASVG (§ 151 GSVG) zu berücksichtigenden Beträgen das Existenzminimum des Pensionsberechtigten (und des mit ihm zusammenlebenden Ehepartners) sichern soll (so zB auch Martinek, Zur Ausgleichszulage, VersRdSch 1956, 229; Prähauser in ZAS 1971, 105; Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung zur 29.ASVGNov 578 BlgNR 13.GP zitiert in MGA ASVG 35.ErgLfg 1403; Binder in ZAS 1981, 89; Schrammel bzw Teschner in Tomandl, SV-System, 5.ErgLfg 132 bzw 413f; Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 193; Grillberger, österreichisches Sozialrecht 77; Schrammel in ZAS 1992, 9f).

Binder in ZAS 1981, 90 betont, daß trotz der durch die 1.ASVGNov und durch Änderungen des Finanzausgleiches bewirkten Abschwächungen des in der Ausgleichszulage steckenden fürsorgerischen Elements der fürsorgerechtliche Einschlag noch immer bestimmend sei. Es dürfe nämlich nicht an der Tatsache vorbeigegangen werden, daß nach § 292 ASVG die Ausgleichszulage nur jenen Pensionisten zustehe, deren Pension zuzüglich des sonstigen Nettoeinkommens (einschließlich Ehegatteneinkommens) und unter Bedachtnahme auf bestehende Unterhaltsansprüche das durch den Ausgleichszulagen-Richtsatz ausgedrückte konventionelle Existenzminimum nicht erreiche.

Auch Schrammel weist in ZAS 1992, 10f zutreffend darauf hin, daß dieser Fürsorgecharakter der Ausgleichszulage schon durch die

1. ASVGNov, in der die fürsorgerechtliche Umschreibung des Gesamteinkommens durch einen eigenständigen Einkommensbegriff ersetzt wurde, abgeschwächt wurde.

Deshalb ist der Pensionist seither ausgleichszulagenrechtlich nicht mehr verpflichtet, aus seinem Vermögen Einkünfte zu erzielen. Er darf ohne Schmälerung seines Ausgleichszulagenanspruches Teile seines Kapitals zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten einsetzen. Auch eine sonstige Verringerung seines Vermögensstammes durch Privatentnahmen und Veräußerung von Wertgegenständen hat keine Auswirkungen auf die Ausgleichszulage; die Versilberung von Sachwerten schlägt diesbezüglich nicht zu Buch (zB SSV-NF 4/95; Binder in ZAS 1981, 89 [98]; Schrammel in ZAS 1992, 9 [137]).

Trotz der erwähnten Ersetzung der fürsorgerechtlichen Umschreibung des Gesamteinkommens durch einen eigenständigen Einkommensbegriff handelt es sich bei der Ausgleichszulage nach wie vor um eine Leistung mit Fürsorge(Sozialhilfe)charakter. Ihre mit der Sozialhilfe übereinstimmende sozialpolitische Funktion eines aus öffentlichen Mitteln finanzierten "zweiten sozialen Netzes", das dann, wenn das "erste soziale Netz" der Sozialversicherung wegen einer den Richtsatz nicht erreichenden Pension nicht ausreicht, wenigstens das Existenzminimum des Pensionisten sicherstellen soll, blieb erhalten. Anders als für die größtenteils aus Beiträgen finanzierten Leistungen der Pensionsversicherung ieS gilt für die ausschließlich aus öffentlichen Mitteln getragene Ausgleichszulage noch immer wie für die Leistungen der Sozialhilfe ieS das Subsidiaritätsprinzip (vgl zur Funktion der Sozialhilfe Pfeil, österreichisches Sozialhilferecht 32f).

Während aber Sozialhilfe ieS nach dem erwähnten Prinzip nach allen Landessozialhilfegesetzen nur insoweit zu gewähren ist, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden zur Sicherung seines Lebensbedarfes nicht ausreichen, ist bei Feststellung des Anspruches auf Ausgleichszulage seit der 1.ASVGNov nur mehr das Nettoeinkommen zu berücksichtigen.

Nettoeinkommen iS des § 149 Abs. 1 und 2 ist nach Abs. 3 leg cit, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

Nach Abs. 4 leg cit haben bei Anwendung der Abs. 1 und 3 (nur) die in diesem Abs abschließend aufgezählten Einkünfte außer Betracht zu bleiben. Mit dieser Ausnahmebestimmung soll dem besonderen sozialen Zweck der darin genannten Bezugsteile, die dem Pensionisten ungeschmälert zukommen sollen, Rechnung getragen werden (Teschner in Tomandl, SV-System 5.ErgLfg 415). Diese Bezugsteile wären nämlich ansonsten größtenteils Einkünfte iS der Abs. 1 und 3, wie zB bestimmte Beihilfen (lit a und b) und Zuschüsse (lit c), Einkünfte, die wegen des besonderen körperlichen Zustandes gewährt werden (lit d), aber auch Gnadenpensionen privater Dienstgeber (lit g), und zwar nicht nur von einem privaten Dienstgeber einem früheren Dienstnehmer gewährte Geldleistungen, sondern auch Sachbezüge, zB ein Wohnungsgebrauchsrecht (SSV-NF 4/102).

Das Sozialversicherungsrecht geht also - ähnlich wie die Sozialhilfegesetze der Länder, die ebenfalls nur bestimmte Einkünfte von einer Anrechnung auf die Sozialhilfe ausnehmen (Pfeil aaO 408f), - von einem umfassenden Einkommensbegriff aus.

Sämtliche Einkünfte des Pensionsberechtigten und seines im gemeinsamen Haushalt wohnenden Ehepartners in Geld oder Geldeswert iS des § 149 Abs. 1 bis 3, die nicht im Abs. 4 aufgezählt sind, sind bei Feststellung des Anspruches auf Ausgleichszulage zu berücksichtigen.

Es kommt daher - abgesehen von den im letztgenannten Absatz abschließend genannten Ausnahmen - wie im Sozialhilferecht (Pfeil aaO 408f) nicht darauf an, aus welchem Titel und von wem die Einkünfte dem Pensionsbezieher zufließen, ob sie dem Empfänger für oder ohne eine Gegenleistung zukommen und ob sie allenfalls der Steuerpflicht unterliegen.

Auch Binder betont in ZAS 1981, 92 zutreffend, daß die Nettoeinkommensermittlung des Ausgleichszulagenrechts nicht auf die im § 2 Abs. 3 EStG (erschöpfend) aufgezählten Einkunftsarten zu beschränken sei. Schließlich spreche § 292 Abs. 3 ASVG ausdrücklich von der Summe sämtlicher Einkünfte und nehme nur die im Abs. 4 aufgezählten Bezüge aus. Allein diese Auffassung entspreche dem Bestreben des Sozialversicherungsgesetzgebers, die Gewährung der Ausgleichszulage auf den Kreis der bedürftigen Pensionisten einzuengen.

Binder und Schrammel berücksichtigen allerdings nicht ausreichend, daß Leistungen an den Pensionisten - ausgenommen Schenkungen - immer im weiteren Sinn entgeltlich erbracht werden. Dieses Entgelt kann in der Übertragung von Vermögenswerten des Pensionisten, aber auch in dessen Arbeitsleistungen bestehen.

Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß Entgelt für Arbeitsleistungen des Pensionisten (oder seines im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners) als Einkünfte iS des § 292 Abs. 1 bis 3 ASVG (§ 149 Abs. 1 bis 3 GSVG) zu berücksichtigen ist, wenngleich der Pensionist nach der seit der 1.ASVGNov bestehenden Rechtslage ausgleichszulagenrechtlich nicht mehr verpflichtet ist, seine Arbeitskraft zu verwerten. Zur Vermeidung eines Wertungswiderspruches muß das aber auch für die Verwertung von Vermögensobjekten gelten. Der Pensionist ist zwar seit der 1.ASVGNov nicht mehr verpflichtet, sein Vermögen fruchtbringend zu verwerten. Wenn er es aber tut, dann sind die (laufenden) Erträgnisse als Einkünfte ausgleichszulagenrechtlich zu berücksichtigen.

Daß die Gegenleistung je nach der gewählten rechtlichen Konstruktion, etwa Verkauf oder Leibrentenvertrag, zur Anrechnung oder Nichtanrechnung führt, mag unbefriedigend sein. Es steht dem Pensionisten aber frei, die für ihn günstigste Rechtsform zu wählen. Dabei darf nicht übersehen werden, daß solche Konstruktionen, wie etwa die Einräumung von Ausgedingsleistungen gegen Übergabe von Wertobjekten, auch ein erhebliches glückspielartiges Element enthalten, weil beide Teile das Risiko auf sich nehmen, keine entsprechende Gegenleistung zu erhalten (Binder in ZAS 1981, 98). Eine Berechnung des Gegenwertes nach der durchschnittlichen Lebenserwartung des Pensionisten, wie sie Binder aaO vorschlägt, würde nicht nur zu rein zufälligen Ergebnissen führen, sondern auch die Beweggründe für den Abschluß der Vereinbarung gerade in dieser gewählten Rechtsform vernachlässigen.

Dafür spricht insbesondere auch § 292 Abs. 8 ASVG (§ 149 Abs. 7 GSVG und § 140 Abs. 7 BSVG), der im Falle, daß die Bewirtschaftung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes aufgegeben, verpachtet oder auf andere Weise jemandem zur Bewirtschaftung überlassen wurde, die Berücksichtigung eines sog. "pauschalierten Ausgedinges" vorschreibt.

Die RV zur 29.ASVGNov, 404 BlgNR 13.GP 111, betont ausdrücklich, daß die üblichen Ausgedingsleistungen bei der Ermittlung des Nettoeinkommens berücksichtigt werden sollen.

Der Oberste Gerichtshof hat gegen die zit Gesetzesstellen nur deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil sie eine Pauschalanrechnung von Einkünften aus der Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe unabhängig von der Vereinbarung eines Ausgedinges bzw der Höhe eines vereinbarten Ausgedinges anordnen, so daß der seit der 1.ASVGNov geltende Grundsatz, Vermögen, das nicht so eingesetzt wird, daß es tatsächlich Einkünfte bzw entsprechende Einkünfte abwirft, auf den Anspruch auf Ausgleichszulage keinen Einfluß hat, für den Bereich der land(forst)wirtschaftlichen Flächen nicht mehr gilt.

Dagegen, daß Einkünfte in Geld oder Geldeswert aus tatsächlich vereinbarten Ausgedingen udgl zum ausgleichszulagenrechtlichen Einkommen zählen, hat der erkennende Senat jedoch keine Bedenken.

Diese Leistungen sind - ähnlich wie Unterhaltsleistungen, die ebenfalls ausgleichszulagenrechtlich relevant sind, - wertbeständig, während Kaufpreise vom Geldwert abhängig sind und sich daher für die Versorgungsgarantie nicht eignen.

Daher sind dem Pensionisten und/oder dem im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartner erbrachte Leibrentenzahlungen, aber auch Sachleistungen in Geldeswert, wie zB ein Wohnrecht, ausgleichszulagenrechtlich relevant.

Darauf, ob solche Leibrentenleistungen oder zB ein Wohnrecht als Gegenleistung für die Überlassung eines Vermögenswertes des Pensionsberechtigten und/oder seines Ehegatten oder unabhängig von einer solchen Vermögensübertragung, zB auf Grund einer Schenkung oder letztwilligen Verfügung, geleistet werden, kommt es - wegen des fürsorge(sozialhilfe)rechtsähnlichen subsidiären Charakters der Ausgleichszulage nicht an. Dieser verbietet es, einem Pensionsberechtigten, dessen Wohnbedürfnis durch ein Wohnrecht gedeckt ist, ausgleichszulagenrechtlich so zu behandeln wie einen Pensionisten, der über keine solchen geldwerten Einkünfte verfügt und daher zur Wahrung des sozialversicherungsrechtlichen Existenzminimums auf einen entsprechenden Ausgleich angewiesen ist.

Ein Pensionsberechtigter, dessen Pension den Richtsatz nicht erreicht, ist zwar seit der 1.ASVGNov - anders als ein Hilfesuchender nach den Sozialhilfegesetzen - nicht mehr zur Verwertung seines Vermögens verpflichtet. Er kann daher nicht dazu gezwungen werden, Kapital zinsbringend anzulegen oder sein Vermögen zB gegen Leibrente oder Ausgedingsleistungen zu veräußern. Wenn er jedoch sein Vermögen aktiviert und dadurch Einkünfte in Geld oder Geldeswert erzielt, dann sind diese bei der Feststellung der Ausgleichszulage als Einkommen zu berücksichtigen.

Daß die Benützung einer Wohnung durch den Pensionisten im eigenen Haus ausgleichszulagenrechtlich nicht berücksichtigt wird, wohl aber das Recht, dieselbe Wohnung nach Veräußerung des Hauses unentgeltlich zu bewohnen, beruht darauf, daß es sich nur im zweiten Fall um Einkünfte in Geldeswert handelt. Das ist auch sachgerecht, weil der Hauseigentümer hingegen sein Haus auf Grund seines Eigentumsrechtes bewohnt und dafür auch alle Lasten zu tragen hat.

Daher war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit b ASGG.

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