OGH 1N512/93

OGH1N512/9323.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Niederreiter, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Bad Aussee anhängigen Verlassenschaftssache nach dem am 14.4.1988 verstorbenen, zuletzt in S***** wohnhaft gewesenen Pensionisten Engelbert T***** (A 1021/92) angefallenen Ablehungssache des Dkfm.Dr.Engelbert T*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt im Pongau (Nc 33/92 des Oberlandesgerichtes Graz) infolge der von diesem erklärten Ablehnung von Richtern des Obersten Gerichtshofes folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Ablehnungserklärung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Anläßlich der Erhebung eines Rekurses in der dem Bezirksgericht Bad Aussee zugewiesenen Verlassenschaftssache nach dem am 14.4.1988 verstorbenen Vater des Einschreiters lehnte dieser sämtliche Richter des Kreisgerichtes Leoben ab.

Das Oberlandesgericht Graz wies die Ablehnungserklärung mit der Begründung zurück, der Ablehnungswerber hätte alle ihm bekannten Ablehnungsgründe vorbringen müssen, als welche aber ausschließlich in der Person der abgelehnten Richter gelegene Umstände in Betracht kämen. Solche Gründe habe er indessen nicht vorgebracht.

Mit dem Rekurs gegen diesen Beschluß verband der Ablehnungswerber nicht nur die Erklärung, den Vorsitzenden und die beiden weiteren Mitglieder des Senats des Oberlandesgerichtes Graz, der über seine Ablehnungserklärung entschieden hatte, abzulehnen, sondern auch die weitere Erklärung, er lehne überdies namentlich angeführte Richter des Obersten Gerichtshofs ab, weil er im Zeitraum vom 14.9.1990 bis 10.8.1992 gegen alle diese Richter bei der Generalprokuratur Strafanzeige erstattet bzw. Subsidiaranklage erhoben habe; es müsse deshalb davon ausgegangen werden, daß diese Richter in seinen Rechtssachen nicht unbefangen entscheiden könnten, stehe er ihnen doch im Strafverfahren als Ankläger gegenüber. Sollten diese Richter für die Entscheidung über sein Rechtsmittel zuständig sein, ersuche er um deren Bekanntgabe, um gegen sie "konkret und gesetzesgemäß auszuführende Ablehnungsanträge stellen" zu können. Der im Verfahren 5 Cg 276/88 des Kreisgerichtes Leoben "gegen die Richter aller drei Instanzen geltend gemachte strafbare Mißbrauch der Amtsgewalt durch Unterdrückung ein und derselben öffentlichen Urkunde als gesetzliches Beweismittel, Gesetzesverletzung (§ 292 ZPO) und Begünstigung von Strafe bedrohten Personen bzw. wissentliche Hinnahme dieser strafbaren Handlungen durch Höchstrichter" sei nur ein kleiner Ausschnitt des von einem namentlich genannten Rechtsanwalt mit seiner als falsch erwiesenen Zeugenaussage ausgelösten "Gemeinschaftsverbrechens des Amtsmißbrauchs". Dieses erstrecke sich auch auf weitere bestimmt bezeichnete Streitverfahren (des Kreisgerichtes Leoben, des Bezirksgerichtes Judenburg und des Bezirksgerichtes Gröbming). Im Zusammenhang mit diesen Verfahren seien die namentlich genannten Richter des Obersten Gerichtshofes als Beschuldigte angezeigt worden. Dies gelte aber ausdrücklich nicht für das Verfahren C 85/83 des Bezirksgerichtes Rottenmann, in dem die oberstgerichtliche Entscheidung vom 12.7.1984, 7 Ob 589/84, ergangen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Ablehnungserklärung ist als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt zurückzuweisen.

Ablehnungsgründe sind nicht nur sofort (Fasching, LB2 Rz 161), sondern gemäß § 22 Abs.1 zweiter Satz JN bereits in der Ablehnungserklärung konkret und genau anzugeben; der Ablehnungswerber kann sich die nähere Begründung (Substantiierung) der Ablehnungserklärung nicht bis zur Bekanntgabe jener Richter, die über sein Rechtsmittel entscheiden werden, vorbehalten (5 Ob 307/85 ua). Er hätte daher die jeden einzelnen der abgelehnten Richter des Obersten Gerichtshofs betreffenden Ablehnungsgründe schon in der mit dem Rekurs verbundenen Ablehnungserklärung bestimmt und genau bezeichnen müssen. Dementgegen beschränkte er sich auf den pauschal gegen die "namentlich angeführten Richter des Obersten Gerichtshofs" erhobenen Vorwurf des "Gemeinschaftsverbrechens des Amtsmißbrauchs", den er - soweit dies seinem Vorbringen überhaupt entnommen werden kann - offenbar darin erblickt, daß die abgelehnten Richter Tatsachenfeststellungen durch die Vorinstanzen aufgrund der Aussage eines als Zeugen vernommenen Rechtsanwalts, die der Ablehnungswerber als "falsch erwiesen" beurteilt, "wissentlich" hingenommen hätten. Abgesehen davon, daß dem Obersten Gerichtshof die Überprüfung der von den Vorinstanzen getroffenen Tatsachenfeststellungen verwehrt ist und der Ablehnungswerber auch gar nicht dargetan hat, weshalb die abgelehnten Richter wider besseres Wissen gehandelt hätten, ist es einhellige Lehre und Rechtsprechung (EvBl. 1989/18 uva; Fasching, LB2 Rz 165 und Komm.I 200), daß ein Gericht in seiner Gesamtheit, aber auch eine Mehrzahl von Richtern eines Gerichts nur durch Ablehnung jedes einzelnen von ihnen und durch Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe in Ansehung eines jeden einzelnen erfolgreich abgelehnt werden kann. Schon allein deshalb ist die Ablehnungserklärung zurückzuweisen.

Im übrigen fällt auf, daß der Ablehnungswerber nur solche Richter des Obersten Gerichtshofs als befangen ablehnt, die an Entscheidungen mitgewirkt haben, mit welchen von ihm erhobenen Rechtsmitteln nicht Folge gegeben wurde oder solche zurückgewiesen wurden. Der erkennende Senat hat dem Ablehnungswerber schon mit Beschluß vom 18.9.1991, 1 Ob 575/91, beschieden, daß der Rechtsbehelf der Ablehnung den Verfahrensparteien keinesfalls die Möglichkeit eröffnen soll, sich ihnen nicht genehmer Richter zu entledigen (so auch Hartmann in Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO45, 102). Auch der Hinweis auf die gegen diese Richter erstatteten Strafanzeigen (bzw. in Aussicht gestellten Subsidiaranträge) bildet ganz abgesehen davon, daß die Anzeige gegen den einzigen von der Ablehnungserklärung relevant getroffenen, weil dem erkennenden Senat nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs angehörigen Richter, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.Peter Schiemer, von der Staatsanwaltschaft Wien am 1.10.1992 gemäß § 90 StPO zurückgelegt wurde und im übrigen auch dieses Vorbringen jedwede Substantiierung vermissen läßt, für sich keinen tauglichen Ablehnungsgrund, weil von einem Richter erwartet werden kann, daß er selbst dann unbefangen entscheidet, wenn die Partei gegen ihn unbegründete Straf- oder Disziplinaranzeigen erstattet (1 Ob 575/91 ua); es wäre sonst jeder Verfahrenspartei ohne weiteres möglich, den zuständigen Richter durch den - nicht erhärteten - Vorwurf strafbarer Handlungen auszuschalten. Der abgelehnte Richter, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.Peter Schiemer, hat sich im übrigen auch dahin geäußert, daß er sich trotz der ins Treffen geführten Strafanzeige in keiner Weise als befangen erachtet.

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