OGH 10ObS331/92

OGH10ObS331/9228.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Martin Duhan (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Norbert Kunc (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann M*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr.R. Horst Löffelmann, Rechtsanwalt in Feldbach, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr.Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17.Juni 1992, GZ 7 Rs 26/92-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 4.Oktober 1991, GZ 30 Cgs 223/89-35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers wird teilweise Folge gegeben. Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es einschließlich seiner unangefochten gebliebenen und bestätigten Teile als Teilurteil lautet.

"Der Anspruch des Klägers gegenüber der beklagten Partei auf Leistung der Invaliditätspension besteht für den Zeitraum 1.2. bis 31.8.1991 dem Grunde nach zu Recht.

Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger für diesen Zeitraum bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von 6.000 S monatlich unter Abzug aller gesetzlich anrechenbaren Vorleistungen binnen 14 Tagen bei Exekution zu erbringen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung der Invaliditätspension in gesetzlicher Höhe vom 1.6.1989 bis 31.1.1991 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.168,32 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 1.194,72 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Im Umfang der Abweisung des weiteren Mehrbegehrens auf Leistung der Invaliditätspension in gesetzlicher Höhe ab dem 1.9.1991 werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird insoweit zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen. Die Revisionskosten des Klägers sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 19.August 1939 geborene Kläger hat nach dem Besuch der Pflichtschule eine Bäckerlehre begonnen, jedoch vorzeitig abgebrochen. Er war in wechselnder Reihenfolge mit Unterbrechungen in den Jahren 1954 bis 1974 als Bauhilfsarbeiter, Seilbahnarbeiter, Schleifer und Dachdeckerhelfer und schließlich von 1974 bis 1981 als Bauhilfsarbeiter beschäftigt. Seit dem Jahr 1981 steht er nicht mehr in Arbeit. Auf Grund verschiedener gesundheitsbedingter Einschränkungen konnte der Kläger für die Zeit ab dem Stichtag 1.Juni 1989 keine schweren, sondern nur noch leichte und im Ausmaß eines halben Arbeitstages auch mittelschwere Tätigkeiten im Sitzen, Gehen oder Stehen verrichten. Bück-, Hebe- und Überkopfarbeiten sind um die Hälfte eines Arbeitstages zu verkürzen und gleichmäßig über diesen zu verteilen. Arbeiten an exponierten Stellen sowie solche, die in ihrer Belastung Akkord- oder Fließbandarbeiten entsprechen, sind nicht mehr zumutbar. Einem forcierteren Arbeitstempo ist der Kläger dann noch gewachsen, wenn dieses in Summe einen halben Arbeitstag nicht überschreitet, wobei er einem normalen Arbeitstempo ganztägig gewachsen ist. Nach diesem Leistungskalkül kann der Kläger die in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag 1.Juni 1989 überwiegend ausgeübte Tätigkeit eines Bauhilfsarbeiters nicht mehr verrichten; er ist aber für die Zeit ab 1.Juni 1989 noch auf die Tätigkeiten eines Baustellenwächters, eines Werkswächters oder Nachtwächters verweisbar. Im Verlauf des Verfahrens erster Instanz kam es zu einer Verschlechterung des neurologischen Gesundheitszustandes. Es ergab sich nunmehr eine Wurzelkompressionssymptomatik L4/L5 beidseits, eine Wurzelreiz- bis Wurzelkompressionssymptomatik L/S1 links sowie C6 bis C8 links. Auf Grund dieser Verschlechterung war dem Kläger ab 1. August 1990 eine regelmäßige Arbeitsleistung nicht mehr zumutbar. Eine neuerliche Bandscheibenoperation weist gute Erfolgsaussichten auf: Es ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß eine solche Operation erfolgreich verläuft, dies auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Kläger bereits zwei Bandscheibenoperationen hinter sich hat. Diese neuerliche Bandscheibenoperation ist mit keiner besonderen Gefahr und auch nicht mit besonderen Schmerzen verbunden. Nach der Operation ist ein Krankenstand im Ausmaß von zwei bis drei Monaten zu erwarten, wobei davon ausgegangen werden kann, daß dann wieder jenes Leistungskalkül hergestellt wird, das zuvor für die Zeit ab 1.Juni 1989 bestand. Sowohl aus neurochirurgischer wie aus psychiatrischer Sicht ist dem Kläger diese neuerliche Operation zumutbar.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.Juni 1989 gerichtete Klagebegehren ab. Es ging in rechtlicher Hinsicht davon aus, daß einen Sozialversicherten Mitwirkungs- und Duldungspflichten treffen, die als Ausdruck des auch im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben anzusehen seien. Der Versicherte habe sich einer zumutbaren Krankenbehandlung, die zu einer Heilung oder Wiederherstellung führen würde, zu unterziehen, tue er dies nicht, so verliere er den Anspruch auf eine Pensionsleistung wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Die im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Zumutbarkeit der neuerlichen Bandscheibenoperation festgestellten Kriterien würden den Kläger verpflichten, sich einer neuerlichen Operation zu unterziehen, weshalb davon auszugehen sei, daß er zwar nicht mehr die Tätigkeiten eines Bauhilfsarbeiters, wohl aber die oben genannten Verweisungstätigkeiten ausüben könne. Der Kläger, der nicht überwiegend in erlernten oder angelernten Berufen tätig gewesen sei, erfülle daher nicht die Voraussetzungen nach § 255 Abs 3 ASVG.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das Urteil dahin ab, daß es den Anspruch des Klägers auf Leistung der Invaliditätspension für den Zeitraum vom 31.1. bis zum 31.8.1991 als dem Grunde nach zu Recht ansah. Es trug der beklagten Partei die Erbringung einer vorläufigen Zahlung von S 6.000 monatlich für diesen Zeitraum unter Abzug aller gesetzlich anrechenbaren Vorleistungen binnen 14 Tagen auf und wies das Mehrbegehren auf Zahlung der Invaliditätspension für die Zeit vom 1.Juni 1989 bis zum 30. Jänner 1991 und ab 1.September 1991 ab. Auf Grund seiner Duldungs- und Mitwirkungspflichten sei der Versicherte dazu verhalten, sich einer für ihn zumutbaren Operation zu unterziehen, die zu einer wesentlichen Besserung seines Gesundheitszustandes führe. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit des Eingriffs sei im Einzelfall insbesondere auf die mit der Maßnahme verbundenen Gefahren, die Erfolgsaussichten, die Schwere der Operation und ihre Folgen, eine allenfalls erforderliche Nachbehandlung und die damit verbundenen Schmerzen Bedacht zu nehmen. Ein sozialversicherungsrechtlicher Leistungsanspruch gehe erst bei schuldhafter (zumindest leicht fahrlässiger) Verletzung dieser Duldungs- und Mitwirkungspflichten zur Gänze oder teilweise verloren. Ein Verschulden liege dann vor, wenn der Versicherte bei Anwendung der bei gewöhnlichen Fähigkeiten zu erwartenden Aufmerksamkeit erkennen müsse, daß er zur Duldung und Mitwirkung verpflichtet sei. Der Sozialversicherungsträger müsse dem Versicherten in der Regel eine vierwöchige Frist zur Überlegung und Vorbereitung ab dem Zeitpunkt einräumen, zu dem erstmals die Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit der Operation ernstlich in Betracht gezogen werden müsse. Der Versicherte müsse nämlich Gelegenheit erhalten, sich mit einem Arzt seines Vertrauens zu beraten. Erst danach handle er schuldhaft, wenn er sich weigere, sich einer zumutbaren Operation zu unterziehen. Nach den Feststellungen und den Umständen des Einzelfalls sei dem Kläger trotz der beiden Bandscheibenoperationen, die nicht den gewünschten durchschlagenden Erfolg gebracht haben, eine weitere Bandscheibenoperation durchaus zumutbar, die mit großer Wahrscheinlichkeit das am 1.Juni 1989 bestandene Leistungskalkül wiederherstellen würde und die keine besonderen Risken und Unannehmlichkeiten mit sich bringe, außer jenen, die mit jeder Operation verbunden seien. Das neurochirurgische Gutachten vom 27.März 1991 habe die Zumutbarkeit und auch die überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der vorgeschlagenen Operation ergeben, wobei aber dem Kläger jedenfalls die Erörterung dieser Frage im Rahmen einer mündlichen Streitverhandlung mit dem Sachverständigen zugestanden sei. Diese am 8.Juli 1991 durchgeführte Gutachtenserörterung habe für den Kläger in eindeutiger Weise die Zumutbarkeit und die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs einer weiteren Bandscheibenoperation ergeben. Ab diesem Zeitpunkt sei dem Kläger noch eine vierwöchige Überlegungsfrist einzuräumen um das Ergebnis der Gutachtenserörterung mit dem Arzt seines Vertrauens zu beraten. Erst nach Ablauf dieser Frist habe der Kläger durch die Weigerung, sich der zumutbaren Operation zu unterziehen, schuldhaft gehandelt. Eine dem Kläger zustehende Pensionsleistung sei daher mit Ablauf des Monates August 1991 zu befristen. Eine zeitlich begrenzte Invaliditätspension gemäß § 256 ASVG könne auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zuerkannt werden. Gemäß § 223 Abs 1 lit b ASVG sei im Falle der vorübergehenden Invalidität - eine solche sei hier auf Grund der schuldhaften Weigerung des Klägers, eine zumutbare und voraussichtlich erfolgreiche Operation durchzuführen, die den Wegfall der Invalidität mit sich bringen würde, anzunehmen - die Invaliditätspension ab Beginn der 27. Woche ihres Bestandes zuzuerkennen. Die Invalidität des Klägers bestehe nach den Feststellungen seit 1.August 1990, weshalb die zeitlich begrenzte Invaliditätspension für den Zeitraum vom 31.Jänner bis 31.August 1991 zuzuerkennen sei. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren sei abzuweisen.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien, mit denen unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird. Der Kläger beantragt die Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung, während sich die Revision der beklagten Partei lediglich gegen die Zuerkennung der Pension für den 31.Jänner 1991 richtet.

Der Kläger beantragte, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben. Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist teilweise berechtigt; die Revision der Beklagten ist berechtigt.

1. Zur Revision des Klägers:

Ist ein Versicherter bloß wegen der durch eine Operation behebbaren Beeinträchtigung seines körperlichen oder geistigen Zustandes invalid, so ist seine Invalidität nur vorübergehend, weil sie durch die Operation beendet werden kann. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen (SSV-NF 5/42; 10 Ob S 324/91 = SSV-NF 6/13 ua), daß die Invaliditätspension in einem solchen Fall (nach Maßgabe des § 254 Abs 1 Z 2 ASVG) gemäß § 256 ASVG bis zu jenem Zeitpunkt zuzuerkennen ist, für den mit Sicherheit oder mit hoher Wahrscheinlichkeit das Ende der Invalidität vorhergesagt werden kann. Hängt das Ende der Invalidität von einer Duldung oder Mitwirkung des Versicherten ab, zu der er verpflichtet ist, so ist erst die schuldhafte Verletzung der Pflicht für das Ende seines Anspruches auf Invaliditätspension maßgebend. Die Leistung ist daher für jenen Zeitraum zuzuerkennen, in dem die Invalidität bestanden hätte, wenn er seiner Duldungs- oder Mitwirkungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre. Die Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob ein operativer Eingriff zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zumutbar ist, wurden vom Berufungsgericht im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zutreffend dargelegt (SSV-NF 4/23 = SZ 63/32 = JBl 1990, 734 = RdW 1990, 385 = DRdA 1991, 236). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlaß, von den bereits dargelegten Grundsätzen abzugehen. Auch der Kläger teilt grundsätzlich diese Rechtsauffassung, meint aber, daß es ihm nicht als eine schuldhafte Verletzung der Duldungs- oder Mitwirkungspflicht angelastet werden könne, wenn er sich einer neuerlichen, nämlich der dritten Operation, verweigere. Die dafür vom Kläger vorgebrachten Gründe sind jedoch nicht überzeugend. Zunächst ist nicht festgestellt, daß die früheren beiden Bandscheibenoperationen gänzlich erfolglos und vergeblich gewesen seien, sondern im Gegenteil ermöglichten sie dem Kläger ein Leistungskalkül, wie es zum Stichtag 1. Juni 1989 festgestellt wurde und wonach leichte und halbtägig auch mittelschwere Arbeiten durchgeführt werden können. Erst die neuerliche Verschlechterung brachte die gänzliche Arbeitsunfähigkeit des Klägers mit sich. Daß solche Operationen zu einer Lähmung oder sogar zum Tod führen könnten, ist nicht festgestellt und auch nicht aktenkundig, sodaß die Revision insoweit nicht von den Tatsachenfeststellungen ausgeht. Entgegen der Auffassung des Klägers ist daher nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen von einer schuldhaften Verweigerung einer zumutbaren Operation auszugehen. Die Operation würde zwar die Gesundheit des Klägers nicht vollständig wiederherstellen, doch würden sich die Symptome wesentlich bessern und dem Kläger die Arbeitsfähigkeit zurückgeben. Daß seine Befürchtungen objektiv unrichtig sein mögen, gesteht der Kläger selbst zu, er meint jedoch, seine Nichtbereitschaft zu einer solchen Operation stelle aus subjektiven Gründen keine schuldhafte Verletzung von Duldungs- und Mitwirkungspflichten dar. Die subjektiven Befürchtungen des Klägers wurden jedoch durch das Beweisverfahren ausreichend zerstreut, sodaß auf sie nicht Rücksicht genommen werden kann.

Damit ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes aber noch nicht erwiesen, daß der Kläger mit Ablauf des Monates August 1991 wieder arbeitsfähig gewesen wäre. Besteht die Mitwirkungspflicht des Versicherten darin, daß er sich einer zumutbaren Operation unterzieht, so ist ihm im allgemeinen ab dem Zeitpunkt, zu dem er erstmals die Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit der Operation ernstlich in Erwägung ziehen mußte, eine Überlegungsfrist von vier Wochen einzuräumen. Entscheidend ist, wann die Arbeitsfähigkeit des Versicherten wiederhergestellt worden wäre, wenn er nach Ablauf der Überlegungsfrist versucht hätte, in die allgemeine Gebührenklasse einer für ihn mit Rücksicht auf seinen Wohnort in Betracht kommenden

öffentlichen Krankenanstalt aufgenommen zu werden (10 Ob S 324/91 =

SSV-NF 6/13; 10 Ob S 350/91 = SSV-NF 6/14). Es wird daher auch

festzustellen sein, nach welcher Zeit der Kläger in die allgemeine Gebührenklasse einer für ihn mit Rücksicht auf seinen Wohnort in Betracht kommenden öffentlichen Krankenanstalt aufgenommen worden wäre, wenn er die Aufnahme spätestens nach Ablauf von vier Wochen nach der Streitverhandlung vom 8.7.1991 angestrebt hätte. Diesem Zeitraum wäre dann die - bisher nicht festgestellte - Dauer der Anstaltspflege und die - vom Erstgericht mit zwei bis drei Monaten festgestellte - Dauer des daran anschließenden Krankenstandes hinzuzurechnen. Auf diese Weise ergäbe sich der Zeitraum, für den der Kläger weiterhin Anspruch auf Invaliditätspension hätte.

Da es zur Gewinnung der erforderlichen Tatsachenfeststellungen offenbar einer Verhandlung erster Instanz bedarf, war die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zurückzuverweisen. Im übrigen - Abweisung des Mehrbegehrens für den Zeitraum 1.6.1989 bis 30.1.1991 - war der Revision des Klägers hingegen ein Erfolg zu versagen.

2. Zur Revision der beklagten Partei:

Zutreffend wird in diesem Rechtsmittel geltend gemacht, daß die zeitlich begrenzte Invaliditätspension im vorliegenden Fall erst mit 1. Februar 1991 und nicht bereits mit 31.Jänner 1991 angefallen ist. § 223 ASVG regelt, wie schon die Überschrift zeigt, lediglich den Eintritt des Versicherungsfalles. Im Falle vorübergehender Invalidität gilt der Versicherungsfall mit dem Ablauf der 26. Woche ihres Bestandes als eingetreten (§ 223 Abs 1 Z 2 lit b ASVG). Vom Eintritt des Versicherungsfalles ist jedoch einerseits das Entstehen der Leistungsansprüche (§ 85 ASVG) und andererseits der Anfall der Leistungen (§ 86 ASVG) zu unterscheiden. Mit dem Vorliegen aller materiellen und formellen Leistungsvoraussetzungen ist das Leistungsverhältnis entstanden. Dieses ist die Grundlage für die Gewährung einer Leistung. Soweit eine Leistung für einen bestimmten Zeitabschnitt gebührt, wie zB eine Pension, bedarf es noch der Festlegung, ab welchem Zeitpunkt diese Leistung zusteht. Das Gesetz bezeichnet diesen Zeitpunkt als Leistungsanfall. Er kann vom Zeitpunkt des Entstehens des Leistungsverhältnisses abweichen (Schrammel in Tomandl SV-System 5. ErgLfg 147). Soweit nichts anderes bestimmt ist, fallen die sich aus den Leistungsansprüchen ergebenden Leistungen mit dem Entstehen des Anspruches (§ 85 ASVG) an (§ 86 Abs 1 ASVG). Direktpensionen aus der Pensionsversicherung fallen mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen an, wenn sie auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten, sofern die Pension binnen einem Monat nach Erfüllung der Voraussetzung beantragt wird. Wird der Antrag auf die Pension erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so fällt die Pension mit dem Stichtag an (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG; Schrammel aaO 148; vgl. auch RV zur 41. ASVG-Nov. 774 BlgNR 16. GP 36). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes gebührt dem Kläger die zeitlich begrenzte Invaliditätspension daher nicht ab 31.Jänner 1991, sondern erst ab 1.Februar 1991. In Stattgebung der Revision der beklagten Partei war das angefochtene Urteil entsprechend abzuändern. Im übrigen waren die Aussprüche des Berufungsgerichtes über die vorläufige Zahlung und über die Kosten des Berufungsverfahrens unberührt zu lassen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG und § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte