OGH 13Os98/92(13Os99/92)

OGH13Os98/92(13Os99/92)16.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Rzeszut und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Munsel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexander H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Alexander H***** und Werner G***** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 14.Juli 1992, GZ 2 b Vr 166/92-76, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Alexander H***** gegen den zugleich gefaßten Beschluß gemäß dem § 494 a StPO, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Presslauer, der Angeklagten Alexander H***** und Werner G***** und der Verteidiger Dr.Mühl und Mag.Deskovic zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen und der Beschwerde des Angeklagten Alexander H***** wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.Februar 1975 geborene jugendliche Alexander H***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB (richtig:

zu A/I des Schuldspruches des Verbrechens des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB und zu A/II des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB; siehe SSt 49/7 und 54/79) und des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB (B) sowie Werner G***** des Verbrechens des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB (A/II), des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB (B), des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB (C) und des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 StGB (D) schuldig erkannt.

Den Angeklagten liegt zur Last, in Wien mit Gewalt gegen eine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen versucht zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie versuchten, im einverständlichen Zusammenwirken als Beteiligte in der Nacht zum 2.Februar 1992 zwei unbekannt gebliebenen Frauen jeweils die Geldbörse (A/I/1. und 2.) und Alexander H***** allein am 5.Februar 1992 Helene B***** Geld, Goldringe und Goldketten wegzunehmen, indem er die Frau zu Boden drückte, mit dem Knie gegen ihren Kopf stieß, sie dreimal gegen den Kopf trat und ihr zwei Stiche mit einem Messer in den Hals versetzte, wobei die Tat unter Verwendung einer Waffe verübt wurde (A/II).

Darüber hinaus liegt den Angeklagten zur Last, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in einverständlichem Zusammenwirken im Februar 1992 der Firma A***** (Meiselmarkt) 3.000 S Bargeld, Knäckebrot und Limonade weggenommen zu haben (B/I), sowie solche Diebstähle in acht weiteren Fällen, teilweise mit einer abgesondert Verfolgten, in einem Fall G***** auch alleine, versucht zu haben (B/II), wobei dies vorwiegend durch Einbruch geschehen sollte und der Wert der beabsichtigten Diebsbeute (Bargeld, Lebensmittel und andere verwertbare Gegenstände sowie ein PKW und ein Moped) 25.000 S überstieg.

Werner G***** wird weiters angelastet, am 1.Februar 1992 eine Glastüre durch Einschlagen beschädigt (C) und am 30.Jänner 1992 versucht zu haben, einen Polizeibeamten durch Tritte und Verwicklung in ein Handgemenge an seiner Festnahme zu hindern (D).

Das Schöffengericht verurteilte die beiden Angeklagten (unter jeweiliger Anrechnung der Vorhaft) zu Freiheitsstrafen, und zwar Alexander H***** nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und des § 5 Z 4 JGG im Ausmaß von drei Jahren und Werner G***** nach dem § 142 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB im Ausmaß von zwei Jahren.

Die Angeklagten bekämpfen lediglich die Schuldsprüche wegen des Verbrechens des versuchten Raubes mit Nichtigkeitsbeschwerden, die Strafaussprüche mit Berufungen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht berechtigt.

Alexander H***** stützt seine Beschwerde auf den § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit b und 10 StPO, läßt in der Ausführung die Bezeichnung der die behauptete Nichtigkeit hervorrufenden Umstände jedoch vermissen (§§ 285 Abs. 1, 285 a Z 2 StPO). Soweit zum Schuldspruchfaktum A/I inhaltlich mangelnde Begründung der Gewaltanwendung releviert wird (Z 5), kann diesbezüglich auf die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung verwiesen werden, in der er sich im Sinne der gegen ihn erhobenen Anklage schuldig bekannte und diese ausdrücklich als richtig bezeichnete (AS 400). In Verbindung mit den (in der Hauptverhandlung verlesenen, AS 403) Angaben des Angeklagten vor der Polizei, die in der Anzeige enthalten sind (AS 83), widerspricht der Schluß der Tatrichter auf einen gewaltsames Vorgehen einschließenden Vorsatz der Täter weder den Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung. Zur Tatsachenrüge (Z 5 a) werden überhaupt keine aus den Akten ersichtlichen Umstände geltend gemacht, die Zweifel an der Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufkommen ließen.

Daß "Passantinnen in der Geldbörse normalerweise nur geringe Geldbeträge aufbewahren", ist eine aus den Akten nicht nachvollziehbare Vermutung und deswegen auch einer sachlichen Erwiderung im Nichtigkeitsverfahren nicht zugänglich.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b bzw Z 10) reklamiert die Beurteilung der Tat als versuchten Diebstahl oder Versuch minderschwerer Raubdelikte nach den §§ 15, 127 bzw 142 Abs. 2 StGB. Sie findet in den Feststellungen des Schöffengerichtes keine Deckung, das auf formal mängelfreier Basis vom Raubvorsatz der Täter ausging und keine Feststellungen in Richtung eines auf bloß geringen Wert der erwarteten Raubbeute eingeschränkten Vorsatzes traf (AS 411).

Auch die Rechtsrüge zum Schuldspruchsfaktum A/II (der Sache nach Z 9 lit b StPO geltend machend) geht fehl. Weder aus der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung noch aus dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen ist den Beschwerdeausführungen zuwider ableitbar, die tatplanmäßige Raubvollendung wäre möglich gewesen, der Angeklagte habe jedoch trotzdem freiwillig davon Abstand genommen. Daraus ergibt sich vielmehr, daß der Angeklagte nicht in der Lage gewesen war, seinen Raubplan weiter auszuführen (Gutachten AS 339; Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung AS 401). Das Schöffengericht konnte daher einen freiwilligen Rücktritt vom Versuch nicht annehmen.

Der Angeklagte Werner G***** behauptet unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO, zu A/I des Schuldspruches wäre es bei einer bloßen straflosen Vorbereitungshandlung geblieben. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sollten die Opfer jedoch keineswegs nach dem Tatplan zunächst angesprochen werden, um bloß Aufschluß darüber zu erhalten, ob sie auch auf den Trick mit dem Wechselgeld hereinfallen würden und ihre Geldbörsen überhaupt für einen Raub geeignet gewesen wären. Festgestellt wurde, daß einer der Angeklagten das Opfer jeweils um Wechselgeld einer 10-S-Münze ansprechen, während der andere ihm nach Herausnahme der Geldbörse diese gewaltsam entreißen sollte (AS 411). Die Rechtsrüge des Zweitangeklagten läßt somit den prozeßrechtlich gebotenen Vergleich des Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz vermissen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren deswegen zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht bei Alexander H***** als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, den "nahezu sofortigen" Rückfall, die Wiederholung der Angriffe, die mehrfache Qualifikation beim Diebstahl und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, als mildernd hingegen das umfassende Geständnis, den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist und die psychische Ausnahmesituation beim Faktum B*****.

Bei Werner G***** waren erschwerend drei einschlägige Vorstrafen, die Wiederholung der Angriffe, die mehrfache Qualifikation beim Diebstahl und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, mildernd ein Teilgeständnis, der Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, sowie den Beitrag zur Aufklärung im Raubfaktum B*****.

Beide Berufungswerber begehren Strafherabsetzung sowie teilweise bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafen.

Auch den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Der Einwand der Berufung des Angeklagten Alexander H*****, das Erstgericht habe die Strafzumessungsgründe unrichtig gewichtet, ist unbegründet. Die besondere psychische Situation des Angeklagten im Falle des Raubversuches an Gabriela B***** ist vom Schöffengericht in der aus dem Gutachten des Sachverständigen hervorkommenden Weise (vgl AS 337 bis 341) ausreichend berücksichtigt worden. Dazu tritt der Umstand, daß das Erstgericht die Verletzungen, die Gabriela B***** bei dieser Tat erlitten hat (vgl § 84 Abs. 2 Z 1 StGB) nicht als erschwerend berücksichtigte. Sofortiger Rückfall nach einer Verurteilung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe und die Wiederholung der Raubtaten lassen auch bei diesem jugendlichen Angeklagten eine bedingte Strafnachsicht in welcher Form auch immer nicht zu.

Dem Berufungsvorbringen des Angeklagten Werner G***** ist zu erwidern, daß das Erstgericht dem Umstand, daß dieser Angeklagte zur Wahrheitsfindung bei dem allein den Angeklagten H***** belastenden Raubfaktum beigetragen hat, in entsprechender Weise Rechnung trug. Eine strafmindernde Wirkung kann darin, daß dieser Angeklagte vor seinen Taten von seiner Freundin verlassen wurde, nicht erblickt werden. Das Erstgericht hat vielmehr die Strafzumessungsgründe auch in diesem Fall vollständig erfaßt und richtig gewürdigt, eine Strafherabsetzung kann daher nicht stattfinden. Die bisherige strafrechtliche Vorbelastung schließt die Annahme aus, daß eine bloße teilweise Strafverbüßung eine ausreichend abhaltende Wirkung erzielen würde.

Zugleich mit der Urteilsfällung beschloß das Schöffengericht, die über Alexander H***** mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 14. Jänner 1992, AZ 2 b E Vr 969/91, gewährte bedingte Nachsicht der über ihn wegen Tathandlungen nach den §§ 127, 129 Z 3; 136 Abs. 1 und 2 StGB verhängten sechswöchigen Freiheitsstrafe zu widerrufen.

Die dagegen erhobene Beschwerde ist ebenfalls nicht im Recht.

Die Schwere und Zahl der neuerlich begangenen Straftaten läßt den Vollzug dieser Strafe auch in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung zusätzlich zu dieser geboten erscheinen (§ 53 Abs. 1 StGB).

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten Gesetzesstelle.

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