Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Beim Bezirksgericht Salzburg ist auf Grund eines vom Rekurswerber am 24.4.1990 gestellten Antrags ein Verfahren zur Regelung der Obsorge für seine beiden minderjährigen Kinder anhängig.
Der Rekurswerber beantragte, die Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Linz "zur weiteren Verhandlung und Entscheidung" zu übertragen. Im Verfahren sei hervorgekommen, daß die Kinder in der Heilpädagogischen Station der Kinderklinik in Linz untersucht und behandelt werden müßten. Während dieser Zeit werde das Gericht ständig Kontakt mit den Kindern halten müssen, um rasch Folgeentscheidungen treffen zu können. Hiezu wäre das Bezirksgericht Salzburg infolge der langen Komunikationswege nicht in der Lage. Er selbst müsse während dieser Zeit regelmäßig Kontakt zu den Kindern haben. Da er seinen ordentlichen Wohnsitz in Wien habe, würde die Verkürzung der Entfernung um 120 km wesentlich zur Verringerung der ihm entstehenden Kosten beitragen. Der höhere Aufwand der Mutter wäre gering, weil sie über ihre Zeit frei verfügen könne und sich überdies durch einen Rechtsanwalt vertreten lasse. Der Mutter müsse überdies voraussichtlich gemäß § 176 ABGB die Obsorge entzogen werden. Auch hiefür sei die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Linz zweckmäßig, weil sofort an Ort und Stelle und unter Beiziehung der Verantwortlichen der Kinderklinik über die Gestaltung der Obsorge entschieden werden könne. Beim Bezirksgericht Salzburg sei das Verfahren bisher ungebührlich verzögert worden und es sei zu erwarten, daß dieses Gericht durch seine Zweifelssucht und Ängstlichkeit nicht in der Lage sei, die Gefährdung für Wohl und Gesundheit der Kinder rasch und effektiv abzustellen. Eine Änderung der zögernden und einseitig parteinehmenden Haltung des Bezirksgerichtes Salzburg sei nicht zu erwarten.
Das Oberlandesgericht Linz wies den Delegierungsantrag ab. Die angebliche Überbeanspruchung des Bezirksgerichtes Salzburg bilde keinen Grund für die Übertragung der Zuständigkeit. Gegenüber der subjektiven Einstellung des Antragstellers zur Verfahrenserledigung durch das Bezirksgericht Salzburg komme der gesetzlichen Kompetenzverteilung und der Erfahrung der bisherigen Pflegschaftsrichterin durch den Kontakt mit den Parteien und dem bisherigen Verfahrensverlauf die größere Bedeutung zu. Die Delegierung könne auch durch einen bloß kurzfristigen Aufenthalt der Kinder in einer Krankenanstalt in Linz zur Überprüfung ihres Gesundheitszustandes und ihrer Entwicklung nicht gerechtfertigt werden. Die Kinder würden ja von ihrem ständigen Wohnort aus den Kindergarten oder die Schule besuchen.
Der vom Vater der Kinder gegen diesen Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz erhobene Rekurs ist rechtzeitig aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurswerber hat den Rekurs am letzten Tag der ihm gemäß § 11 AußStrG offenstehenden Frist im Wege der Telekopie (Telefax) an das Erstgericht übermittelt, wo er ab 21 Uhr 59 empfangen wurde. Am übernächsten Tag gab er eine gleichlautende, unterschriebene Ablichtung zur Post, die beim Erstgericht am folgenden Tag einlangte. Der erkennende Senat ist der Meinung, daß ein Rechtsmittel wirksam im Wege der Telekopie erhoben werden kann. Im § 89 Abs 3 GOG ist dies zwar nur für telegraphische Eingaben vorgesehen. Da zur Zeit der Erlassung dieser Bestimmung die Übertragung im Wege der Telekopie noch nicht zur Verfügung stand und dem Gesetzgeber daher offensichtlich nicht bekannt war, ist aber eine planwidrige Unvollständigkeit und damit eine (unechte) Gesetzeslücke anzunehmen, welche die analoge Anwendung der angeführten Bestimmung auf die im Wege der Telekopie übertragenen Rechtsmittel rechtfertigt und gebietet (vgl Bydlinski in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 7 mwN). Gründe der Sicherheit des Rechtsverkehrs stehen dem umso weniger entgegen, als bei im Wege der Telekopie übertragenen Eingaben anders als bei telegraphischen Eingaben ein gewisser, wenn auch nicht in jedem Fall verläßlicher Vergleich mit der Urschrift möglich ist. Für die analoge Anwendung des § 89 Abs 3 GOG spricht auch, daß der Gesetzgeber im vergleichbaren Verwaltungsverfahren nunmehr vorgesehen hat, daß Rechtsmittel nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden technischen Mittel auch telegraphisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise und somit auch im Wege der Telekopie eingebracht werden können (§ 13 Abs 3 AVG 1991, wiederverlautbart idF BGBl 1990/357; Walter-Mayer, Verwaltungsverfahren5 Rz 155). Es besteht kein Grund, Rechtsmittel im gerichtlichen Verfahren anders zu behandeln, zumal auch für den vergleichbaren Rechtsbereich der Bundesrepublik Deutschland diesselbe Auffassung vertreten wird (BGH NJW 1989, 589; BB 1989, 2357; BB 1991, 2325 je mwN). Ohne Bedeutung ist andererseits, daß im Abgabenverfahren die Möglichkeit, schriftliches Anbringen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung und damit im Wege der Telekopie einzureichen, von der Zulassung durch Verordung des Bundesministers für Finanzen abhängig gemacht wurde (§ 86a Abs 1 BAO idF BGBl 1989/660). Damit sollte nämlich nur erreicht werden, daß auf die Fortentwicklung der Technik und die technische Ausstattung der Abgabenbehörden rasch und flexibel reagiert werden kann (AB 1162 BlgNR 17.GP 12).
Gleichgültig ist ferner, daß das im Wege der Telekopie übertragene Rechtsmittel beim Erstgericht erst nach dem Ende der Amtsstunden empfangen wurde. Da es ohnedies automatisch mit einem dem Eingangsvermerk nach § 102 Geo entsprechenden Vermerk versehen wurde, besteht, anders als bei den in den Einlaufkasten eingeworfenen Eingaben (vgl § 38 Geo), kein Grund, sie erst mit der Übernahme durch die Einlaufstelle als bei Gericht eingelangt anzusehen. Nicht erörtert werden braucht schließlich, ob dem Rekurswerber aufgetragen werden muß, das im Wege der Telekopie übertragene Rechtsmittel auf die im § 60 Abs 1 Geo vorgesehene Weise zu verbessern, weil er dies hier aus eigenem getan hat.
Das Vorbringen im Rekurs läßt sich ebenso wie jenes im Delegierungsantrag dahin zusammenfassen, daß der Rekurswerber durch die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Linz eine Beschleunigung des Verfahrens und eine sachgerechte Entscheidung erwartet. Beides bildet aber keinen Grund für die beantragte Übertragung der Zuständigkeit. Verfahrensverzögerungen, die auf ein Verhalten des Gerichtes zurückzuführen sind, können die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht nicht rechtfertigen, wobei es gleichgültig ist, ob sie auf eine "Überbeanspruchung" oder auf einen anderen Umstand zurückgehen (RZ 1974/83; JBl 1976, 385; EFSlg 43.947; 6 Ob 594/91 ua). Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt des Wohles der Kinder. Die vom Rekurswerber bezogene Rechtsprechung (EvBl 1968/144; EFSlg 60.695 ua), wonach die zu erwartende Beschleunigung des Verfahrens einen Grund für die Delegierung bilden kann, bezieht sich nur auf Umstände, die nicht im Verhalten des Gerichtes gelegen sind.
Soweit der Rekurswerber die bisher vom Bezirksgericht Salzburg getroffenen Entscheidung für unrichtig ansieht und dasselbe für die noch zu treffenden Entscheidungen fürchtet, ist er auf die Möglichkeit der Überprüfung im Rechtsmittelweg hinzuweisen. Ein Delegierungsantrag kann darauf aber nicht gestützt werden (6 Ob 594/91).
Der Aufenthalt der Kinder in einer Krankenanstalt in Linz bildet schließlich schon deshalb keinen Grund für die Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Linz, weil er nur vorübergehend ist. Noch weniger gilt dies für die im Rekurs aufgestellte Behauptung, der Wohnort der Kinder müsse geändert werden. Darauf kann erst Bedacht genommen werden, wenn die Änderung geschehen ist.
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