Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß hinsichtlich des noch streitverfangenen Feststellungsbegehrens das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.594,20 (darin S 2.765,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 19.906,20 (darin S 3.317,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 25.März 1937 geborene Kläger ist seit 16.Mai 1969 bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Auf Grund eines Bescheides des Landesinvalidenamtes vom 30.Juli 1976 gehört er seit 1. Mai 1976 dem Kreis der begünstigten Behinderten an. Als Folge eines schweren Sturzes mit langandauernder Bewußtlosigkeit beträgt die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit 50 %. Er bezog zuletzt ein Fixum von S 2.500 und eine durchschnittliche monatliche Provision von S 17.000 bis S 18.000. Mit Schreiben vom 31.Mai 1990 sprach die Beklagte seine Entlassung aus.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger letztlich die Feststellung, das sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten weiterhin aufrecht sei. Obwohl die Beklagte es insbesondere durch rechtswidrige Disziplinarmaßnahmen darauf angelegt habe, daß Arbeitsverhältnis mit ihm vorzeitig lösen zu können, habe er keine Entlassungsgründe gesetzt.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Arbeitsleistung des Klägers habe den Anforderungen nicht entsprochen. Er sei oft tage- oder wochenlang nicht in der Geschäftsstelle erschienen und habe sich geweigert, dienstlichen Aufträgen nachzukommen. Dadurch seien nicht nur Kundeninterventionen unerledigt geblieben, sondern auch Verluste im Kundenstock eingetreten. Da sich seine Fehlzeiten seit Jänner 1990 gehäuft hätten, sei der Kläger am 26. April 1990 schriftlich aufgefordert worden, sich täglich bei seinem Vorgesetzten zu melden. Diesem Auftrag sei der Kläger nur sporadisch nachgekommen. Als sich der Kläger schließlich geweigert habe, einen schriftlichen Besuchsbericht zu erstellen und täglich um 8 Uhr in der Geschäftsstelle zu erscheinen, sei er im Sinne des § 27 Z 4 AngG zu Recht entlassen worden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Seit seinem Sturz leidet der Kläger in Abständen von vier bis sechs Wochen an starken Kopfschmerzen, die er mit einem Kopfschmerzmittel unter gleichzeitiger Einnahme von Wein oder Bier bekämpft, da andere Behandlungen keinen Erfolg brachten. An diese Zustände schließen fallweise zwei bis drei Tage an, in denen der Kläger keine Aktivitäten entwickeln kann. Er hat überdies seit dem Jahre 1980 Hautkrebs, der bisher vier Operationen erforderte, zuletzt im Dezember 1988.
Nach seinem Dienstvertrag bestand für den Kläger keine Verpflichtung zu einer täglichen Anwesenheit in der Geschäftsstelle. Es wurde lediglich verlangt, daß sich Außendienstmitarbeiter entweder telefonisch melden oder in der Geschäftsstelle erscheinen. Der Kläger hielt sich jedoch von vorneherein nicht daran; es gab auch schon vor dem Jahre 1989 Tage, an denen er mit der Geschäftsstelle keinen Kontakt aufnahm. Sein Aufgabenbereich umfaßte neben der Akquisition neuer Versicherungsverträge die Erhaltung der bereits bestehenden Versicherungen und die Erledigung der erforderlichen Interventionen. Ein sehr umfangreicher Teil seiner Tätigkeit lag im An- und Abmelden von Kraftfahrzeugen beim Verkehrsamt, wofür er jeweils den Vormittag aufzuwenden hatte. Nach seinem Dienstvertrag gab es zwar keine Untergrenze für seine Vermittlungstätigkeit, die Beklagte machte jedoch jährliche Vorgaben über die Zahl der abzuschließenden Verträge und über die zu erzielende Versicherungssumme.
Der Kläger hatte schon seit Jahren Probleme mit dem Erreichen des jährlichen Produktionssolls. Er kam zwar im wesentlichen auf die vorgesehene Versicherungssumme, nicht jedoch auf die Anzahl der erwarteten Versicherungsverträge. Anfang des Jahres 1989 fiel der Kläger - offenbar im Zusammenhang mit der letzten Hautkrebsoperation - krankheitsbedingt aus. Sein sogenannter "Kostensatz" (Verhältnis der Fixkosten zur Produktionsprämie) stieg bis Mitte des Jahres 1989 auf 69 % und fiel bis Ende des Jahres wieder auf 36 % ab.
Am 1.Jänner 1989 wurde J***** K***** zum Leiter der Geschäftsstelle Per Albin Hansson-Siedlung bestellt. Es kam zu Spannungen zwischen dem Kläger, der bereits 20 Jahre Außendienstmitarbeiter war, einerseits und dem jüngeren, bisher nur sehr kurz bei der Beklagten beschäftigten Geschäftsstellenleiter andererseits, die sich darin manifestierten, daß der Kläger sich nicht ausreichend unterstützt fühlte und den neuen Vorgesetzten nicht voll akzeptierte. Der Kläger zeigte keine Bereitschaft, mit Hilfe des Geschäftsstellenleiters eine Änderung der von ihm bisher wenig systematisch erledigten Arbeit herbeizuführen. Am 19.Jänner 1989 forderte der Geschäftsstellenleiter den Kläger auf, täglich in der Geschäftsstelle zu erscheinen oder sich im Fall eines Kundentermins telefonisch zu melden. Er kündigte eine tägliche Überprüfung der Arbeitstätigkeit des Klägers an und verlangte, daß seine Kundenliste in der Geschäftsstelle aufliege. Nach diesem Gespräch änderte sich am Verhalten des Klägers nichts. Der Kläger erreichte zwar auch Ende 1989 die vorgegebene Versicherungssumme, jedoch lag die Zahl der abgeschlossenen Verträge unter den Zielvorgaben. Bei der Bearbeitung der auslaufenden Verträge trat im Bestand ein Minus von 6,13 % ein.
Ende Jänner/Anfang Februar 1990 forderte der Geschäftsstellenleiter vom Kläger einen täglichen mündlichen Besuchsbericht. Die Anwesenheit des Klägers in der Geschäftsstelle wurde in einer Aufstellung festgehalten, die jedoch nicht vollständig ist, da an manchen Tagen entsprechende Aufzeichnungen vergessen wurden. Auch die Telefonate des Klägers wurden nicht aufgezeichnet. Der Kläger erschien im Februar 1990 nicht täglich in der Geschäftsstelle. Er war aber jedenfalls zumindest an fünf Tagen anwesend und übergab dort vier Versicherungsanträge. Welche Konvertierungsarbeit der Geschäftsstellenleiter dem Kläger auftrug, ist nicht feststellbar. Dem Geschäftsstellenleiter gelang es nicht, den Kläger dazu zu bewegen, einen Tagesplan für seine Arbeit zu erstellen. Der Kläger fühlte sich der angespannten Konkurrenzsituation, die sich im Jahre 1990 noch verschärft hatte, insbesondere auch dadurch nicht gewachsen, daß er die von ihm gewünschte Unterstützung in tarifmäßiger Hinsicht nicht erhielt, so daß die Kunden oft günstigere Angebote anderer Versicherungen in Händen hatten, wodurch er nicht erfolgreich sein konnte. Aufgetragene Konvertierungsarbeiten versuchte der Kläger zu erledigen; er bearbeitete aber Kunden, die er zweimal telefonisch nicht erreichte, nicht mehr weiter. Von den insgesamt 10 im Ablaufstadium befindlichen Versicherungsträgen konnte er zwei im Sinne eines neuen Antrages erledigen.
Am 5.März 1990 verlangte der Geschäftsstellenleiter erneut täglich mündliche Berichte des Klägers über seine Tätigkeit. Der Kläger erschien zunächst auch täglich in der Geschäftsstelle. Mit Schreiben vom 7.März 1990 wurde dem Kläger aufgetragen, am 9.März 1990 um 8 Uhr in der Geschäftsstelle zu referieren; sollte er den Termin nicht einhalten, werde er entlassen. Obwohl der Kläger am 9.März 1990 erst um 10.45 Uhr in die Geschäftsstelle kam, zog die Beklagte die angedrohte Konsequenz nicht. Gegen Ende März 1990 wurde die Anwesenheit des Klägers in der Geschäftsstelle wieder seltener; er gab sechs Versicherungsanträge ab. Auch im April 1990 erschien der Kläger in der Zeit zwischen 2. und 17. nur etwa viermal und brachte vier Anträge. Nachdem ihm mit Schreiben vom 26.April 1990 der schriftliche Dienstauftrag erteilt worden war, spätestens ab 30.April 1990 täglich in der Geschäftsstelle vorzusprechen, ersuchte der Kläger für die Zeit vom 17. bis 30.April 1990 nachträglich um Urlaub, der ihm auch bewilligt wurde. Er teilte ferner mit, daß er ab 2.Mai 1990 einen von der Krankenkasse bewilligten Kuraufenthalt in der Dauer von 22 Tagen antreten werde.
Am nächsten Arbeitstag, dem 25.Mai 1990, hatte der Kläger am Vormittag eine Anmeldung im Verkehrsamt vorzunehmen. Er kam erst außerhalb der Öffnungszeit in die Geschäftsstelle. Als er am 28.Mai 1990 (Montag) gegen 10 Uhr in die Geschäftsstelle kam, erteilte ihm der Geschäftsstellenleiter den Auftrag, pünktlich um 8 Uhr zu erscheinen. Am nächsten Tag wollte ihm der Geschäftsstellenleiter ein Formular für einen schriftlichen Tätigkeitsbericht betreffend den jeweiligen Vortag übergeben. In diesem Bericht sollten Zeit und Dauer der Besuche, Zweck und offerierte Sparte sowie das Ergebnis genau festgehalten werden. Der Kläger erklärte, daß er diesem Auftrag nicht nachkommen werde. Für ihn bedeutete das tägliche Erscheinen, der ausführliche schriftliche Bericht und das Referieren mangels Anspruches auf Kilometergeld - dieses wurde ihm im Jahre 1980 eingestellt - nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine finanzielle Belastung, die ihn in seiner Erwerbstätigkeit einschränkte. Er kam aber am 29.Mai um 11.50 Uhr und am 30.Mai um 10.45 Uhr in die Geschäftsstelle, wo ihm der Dienstauftrag, ab 31.Mai 1990 täglich um 8 Uhr in der Geschäftsstelle zu erscheinen, einen schriftlichen Tätigkeitsbericht über den Vortag vorzulegen und darüber zu referieren, schriftlich übergeben wurde. Nachdem der Kläger diesen Auftrag gelesen hatte, erklärte er, den Auftrag nicht anzunehmen, da er dies nicht mache. Als der Kläger am 31.Mai 1990 bis 8.30 Uhr noch nicht in die Geschäftsstelle gekommen war, wurde seine Entlassung im Sinne des § 27 Z 4 AngG ausgesprochen.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger den schriftlichen Auftrag vom 26.April 1990, täglich in der Geschäftsstelle vorzusprechen, abgesehen vom 25.Mai letztlich nachgekommen sei. Die weitere Anordnung des Geschäftsstellenleiters, bereits um 8 Uhr zu erscheinen, sei in Widerspruch zu den berechtigten Interessen des Klägers gestanden, der am Vormittag jeweils beim Verkehrsamt Kraftfahrzeuge an- und umzumelden und Kundentermine wahrzunehmen gehabt habe. Durch diese Weisung seien die durch den Arbeitsvertrag gesteckten Grenzen ebenso überschritten worden wie durch die Berichtsaufträge, die überdies in der schon zwanzigjährigen Tätigkeit des Klägers für die Beklagte von ihm vorher nie verlangt worden seien. Welche konkreten Interventionen der Kläger nicht erledigt haben sollte, habe die Beklagte nicht nachweisen können. Bei der Konvertierungsarbeit sei der Kläger insoweit erfolgreich gewesen, als er immerhin zwei Konvertierungen positiv habe erledigen können. Damit sei der Kläger seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung, für den regelmäßigen Zugang an neuen Versicherungen zu sorgen, bereits bestehende Versicherungen zu erhalten und die erforderlichen Interventionen zu erledigen, nachgekommen. Insgesamt könne daher im Verhalten des Klägers keine beharrliche Weigerung, seine Arbeitspflicht zu erfüllen, erblickt werden.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es das Feststellungsbegehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 50.000 übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und vertrat die Rechtsauffassung, daß die Entlassung des Klägers gerechtfertigt erfolgt sei. Der Kläger habe endgültig und dauerhaft darin verharrt, die ihm erteilten Weisungen nicht zu befolgen und habe damit die Erfüllung an sich gerechtfertigter Anordnungen des Arbeitgebers geflissentlich verabsäumt. Obwohl ihm am 26. Mai der Auftrag erteilt worden sei, pünktlich um 8 Uhr in der Geschäftsstelle zu erscheinen, sei er am 29.Mai und am 30.Mai 1990 verspätet gekommen. Da der Kläger offenkundig zu einem systematischen und effektiveren Arbeiten angehalten werden sollte, sei auch die Anordnung eines schriftlichen Tätigkeitsberichtes über den jeweiligen Vortag durchaus sinnvoll und gerechtfertigt gewesen. Die Weigerung des Klägers, seiner Berichtspflicht nachzukommen, habe es der Beklagten unzumutbar gemacht, den Kläger weiter zu beschäftigen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Auch wenn sich der besondere Entlassungsschutz für Behinderte darin erschöpft, daß eine Entlassung ohne Entlassungsgrund jedenfalls unwirksam ist und eine Einschränkung der gesetzlichen Entlassungsgründe nicht stattfindet (vgl. Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 208; Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 321; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 475 ua), kann bei Prüfung der Relevanz der geltend gemachten Entlassungsgründe der sich insbesondere aus den Bestimmungen der §§ 3 Abs 1, 6 Abs 1, 7, 8 und 15 BEinstG ergebende, für die Behinderten entwickelte Schutzzweck nicht zur Gänze außer Acht gelassen werden. Soweit ein Behinderter zufolge seiner Behinderung nicht in der Lage ist, seine Arbeitsleistung in dem Ausmaß zu erbringen wie ein voll einsatzfähiger Arbeitnehmer, darf auf ihn nicht derselbe Beurteilungsmaßstab angelegt werden. Er ist gegen Angriffe aus dem Grunde einer durch seine Behinderung bedingten unzulänglichen Arbeitsleistung zu schützen (VwGHSlg NF 1387). Wie das Erstgericht aufzeigte, wirkten sich sowohl die als Folge des schweren Sturzes immer wieder auftretenden starken Kopfschmerzen als auch die hinzugekommene Krebserkrankung insbesondere in ihrer psychischen Belastung beeinträchtigend auf die Tätigkeit des Klägers aus. Die zur Entlassung führenden Vorfälle können daher nicht isoliert von diesen Gegebenheiten aber auch nicht ohne Berücksichtigung der bisherigen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses beurteilt werden.
Richtig ist, daß das auf dem Arbeitsvertrag begründete Weisungs- oder Direktionsrecht ein anerkanntes und notwendiges Bestimmungs- und Gestaltungsrecht des Arbeitgebers ist. Es gehört zu den Pflichten eines Arbeitnehmers, den gerechtfertigten Anordnungen des Arbeitgebers nachzukommen (vgl Steinbauer in ZAS 1981, 218 ff mwH). Der Arbeitgeber ist allerdings seinerseits verpflichtet, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, daß die ideellen und materiellen Interessen des Arbeitnehmers gewahrt bleiben. Im Kollisionsbereich dieser Interessen hat es daher bei Beurteilung der Frage, ob Weisungen gerechtfertigt erfolgten, zu einer Abwägung zu kommen (Spielbüchler aaO 141 ff, 144). Essentielles Tatbestandsmerkmal jeder gerechtfertigten Entlassung ist weiters, daß dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers wegen des Entlassungsgrundes so unzumutbar geworden ist, daß eine sofortige Abhilfe erforderlich wird. Dieses Tatbestandsmerkmal ermöglicht die Abgrenzung zwischen einem in abstracto wichtigen Entlassungsgrund und einem in concreto geringfügigen Sachverhalt (vgl Kuderna, Das Entlassungsrecht 35 und 37 ff).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die Beklagte durch etwa 20 Jahre hindurch keine Veranlassung gefunden, die relativ selbständige und unsystematische Arbeitsweise des Klägers zu beanstanden, obwohl er auch schon vorher Probleme mit dem Erreichen des jährlichen Produktionssolls hatte. Erst mit der Bestellung des neuen Geschäftsstellenleiters kam es zu Spannungen und zu sukzessive verschärften Dienstanweisungen, denen, wie der Kläger zu Recht meint, zumindest eine gewisse Disziplinierungsabsicht nicht abgesprochen werden kann (vgl SZ 57/1). Da der Kläger lediglich ein Fixum von S
2.500 bezog, war er naturgemäß auf sein Provisionseinkommen angewiesen. Insoweit beinhaltete das Verlangen der Beklagten, daß der Kläger seine lediglich administrative Tätigkeit zu Lasten seiner Außendiensttätigkeit gegenüber früher unproportional ausweiten müsse, bereits eine Verschlechterung seiner Arbeits- und Erwerbsbedingungen, wobei die Sinnhaftigkeit der Weisungen in bezug auf die gesamte Position des Klägers nicht erkennbar ist. Wie das Erstgericht zutreffend ausführte, ist der Kläger dem Auftrag vom 26.April 1990, täglich in der Geschäftsstelle vorzusprechen, im wesentlichen ohnehin nachgekommen. Nach dem Dienstvertrag hätte zwar auch eine bloß telefonische Meldung genügt, doch hat der Kläger dieser Verpflichtung vorher nicht immer entsprochen, so daß die Beklagte schon wegen der erforderlichen Interventionen ein berechtigtes Interesse an einer täglichen Vorsprache des Klägers haben konnte.
Mit seiner weiteren schriftlichen "Ergänzung zum Dienstauftrag vom 26. April 1990" vom 29.Mai 1990, ab 31.Mai 1990 täglich um 8 Uhr in der Geschäftsstelle zu erscheinen, dort einen detaillierten Tätigkeitsbericht betreffend den Vortag vorzulegen und darüber zu referieren, hat der zuständige Geschäftsstellenleiter jedoch den Rahmen gerechtfertigter Anordnungen bei weitem überschritten. Diese Anweisung, die in ihrer Mißbilligung des Arbeitserfolges des Klägers und der bewußten Zuspitzung vordergründiger Anforderungen in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist, findet im Arbeitsvertrag und der bisherigen, immerhin über 20 Jahre währenden Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses keine Deckung. Allein der Auftrag, täglich um 8 Uhr in der Geschäftsstelle vorzusprechen, hätte bedeutet, daß der Kläger einem umfangreichen Teil seiner Tätigkeit, nämlich der An-, Um- und Abmeldung von Kraftfahrzeugen beim Verkehrsamt nicht mehr im erforderlichen Maße hätte nachkommen können. Mit dieser Weisung verletzte die Beklagte somit berechtigte Interessen des Klägers (vgl ZAS 1981, 28 ua). Dasselbe gilt sinngemäß für die Anordnung zusätzlicher detaillierter Rechenschaftsberichte, die dem Kläger entgegen der Ausgestaltung des bisherigen Arbeitsverhältnisses zusätzliche sowie weitgehend überflüssige Mehrarbeit aufgelastet und ihn auch überfordert hätten. An der nach Ansicht der Beklagten unzulänglichen Arbeitsleistung hätte sich dadurch nämlich nichts geändert, zumal der Kläger schon vorher (auch behinderungsbedingt) keine Bereitschaft gezeigt hatte, eine Änderung der von ihm wenig systematisch erledigten Arbeit herbeizuführen. Soweit die Beklagte bei ihrem eskalierenden und konfrontationsbezogenen Vorgehen gegen den Kläger sohin nur ihre Umsatzquote im Auge hatte und die persönlichen Umstände des Klägers nicht berücksichtigte, hat sie die durch die Fürsorgepflicht für ihre Gestaltungsrechte gezogenen Schranken überschritten.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
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