Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Mutter der minderjährigen Kinder, die nunmehr den Namen Margit K***** führt, wurde am 23.5.1961 außer der Ehe geboren, sie wurde mit Wirkung vom 21.5.1963 von einem Ehepaar adoptiert (Inkognitoadoption). Am 8.5.1987 schloß sie mit Mario K***** die Ehe, sie ist inzwischen Mutter der Kinder Ines, geboren am 9.10.1981, Jessica, geboren am 1.4.1988 und Christina, geboren am 5.7.1991. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 20.11.1991 wurde über Verlangen des Kurt G***** dessen Vaterschaft zu Margit K***** rechtskräftig festgestellt.
Kurt G***** beantragt die Einräumung eines Besuchsrechtes zu seinen mj. Enkeln Ines und Jessica.
Die Eltern der beiden Kinder sprachen sich dagegen aus.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Kurt G***** nicht Folge. Es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, werde das Wahlkind durch Ehegatten als Wahleltern angenommen, so erlöschen mit den im § 182a ABGB bestimmten Ausnahmen die nicht bloß in der Verwandtschaft an sich bestehenden familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits mit diesem Zeitpunkt. Diese gesetzliche Bestimmung ordne im Sinne der starken Adoption (Volladoption) das Erlöschen aller familienrechtlichen Beziehungen nicht vermögensrechtlicher Natur - das seien im wesentlichen die in den §§ 144, 178 ABGB angeführten Bereiche sowie die Gehorsamspflicht des Kindes (§ 146a) - zwischen dem Wahlkind und seinen mj. Nachkommen auf der einen Seite und den leiblichen Eltern (bzw. einem Elternteil) und den elterlichen Verwandten auf der anderen Seite an. Deshalb hätten die leiblichen Eltern nach der Adoption kein Besuchsrecht und keine Kontrollrechte. Da sich die Wirkungen der Adoption nach § 182 ABGB nach dem klaren Gesetzeswortlaut auch auf die minderjährigen Nachkommen des Adoptivkindes bezögen, habe der leibliche Großvater im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf Ausübung eines Besuchsrechtes zu seinen Enkelkindern. Wenn schon den leiblichen Eltern ein Recht zum Besuch des Adoptivkindes nicht zustehe, umso weniger bestehe ein solches Recht der leiblichen Eltern zu den Kindern des adoptierten Kindes, zumal das Besuchsrecht der Großeltern ein schwächeres sei als das der Eltern. Aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage bestehe keine Veranlassung, den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 14 Abs.1 AußStrG zuzulassen.
Karl G***** bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit ao. Revisionsrekurs. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen, hilfsweise in der Sache selbst zu entscheiden und das beantragte Besuchsrecht einzuräumen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Frage, ob Eltern, deren leibliches Kind adoptiert wurde, ein Besuchsrecht zu den Kindern des adoptierten Kindes haben, bisher nicht entschieden hat. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes haben die leiblichen Eltern kein Recht, ihr adoptiertes Kind zu besuchen (SZ 34/177; EFSlg. 17.805; EvBl. 1992/80). Diese Ansicht wird damit begründet, das Adoptionsgesetz habe den Grundsatz der Volladoption insoweit verwirklicht, als es sich um familienrechtliche Beziehungen nicht vermögensrechtlicher Art handle. Darunter fielen die väterliche Gewalt und deren Ausflüsse, also die gesetzliche Vertretung, die Vermögensverwaltung, das Erziehungsrecht, die Gehorsams- und Folgepflicht. Durch dieses Erlöschen der familienrechtlichen Beziehungen nicht vermögensrechtlicher Art zu den leiblichen Kindern erhielten die Wahleltern und das Wahlkind das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit vor rechtlich durchsetzbaren Einmischungsversuchen der leiblichen Eltern. Auch aus den Gesetzesmateralien (107 BlgNR 9.GP 20) gehe als Zweck des Gesetzes hervor, das Wahlkind rechtlich aus seiner bisherigen Familie auszuscheiden und als vollberechtigtes Mitglied in die neue Familie der Wahleltern eintreten zu lassen. Hiedurch solle bewirkt werden, daß Störungen der Erziehung des Kindes durch Einflußversuche der früheren Familie, die auf verbleibende Rechte gestützt würden, nicht möglich seien. Nur dadurch könne eine gedeihliche Entwicklung des Wahlkindes erreicht werden.
Der Rechtsmittelwerber vertritt die Ansicht, die für die Ablehnung eines Besuchsrechtes der leiblichen Eltern maßgeblichen Gründe (Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit vor rechtlich durchsetzbaren Einmischungsversuchen der leiblichen Eltern) seien beim Besuchsrecht der Großeltern nicht von Bedeutung. Die hier wesentliche Frage sei weder durch das Gesetz noch durch die Rechtsprechung eindeutig geregelt. Einzig und allein das Wohl des Kindes bestimme, ob ein Besuchsrecht einzuräumen sei oder nicht. Gegenständlich wünschten beide Kinder ein Besuchsrecht ihres leiblichen Großvaters. Ihr Wohl werde durch ein Besuchsrecht nicht gefährdet, sondern gefördert. Der Revisionsrekurswerber unterhalte regelrechten Kontakt zur Familie K***** und den Kindern Ines und Jessica, die Kinder schätzten den Besuch ihres Großvaters. Die Untergerichte hätten daher abklären müssen, ob durch ein Besuchsrecht des Großvaters dem Wohl der Kinder entsprochen werde.
Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen. Gemäß § 182 Abs.2 ABGB erlöschen die nicht bloß in der Verwandtschaft an sich bestehenden familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits mit diesem Zeitpunkt. Die Kinder Ines und Jessica waren im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption noch nicht geboren, es handelt sich bei ihnen daher nicht um im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährige Nachkommen. Zwischen ihnen und den leiblichen Eltern des adoptierten Kindes entstanden jedoch niemals familienrechtliche Beziehungen im Sinne des § 182 Abs.2 ABGB, weshalb eine Norm, nach welcher derartige Beziehungen erlöschen, nicht erforderlich ist.
Schon daraus folgt, daß Eltern, deren leibliches Kind adoptiert wurde, kein Besuchsrecht zu den Kindern des adoptierten Kindes haben. Dazu kommt, daß die Gründe, aus denen nach der Rechtsprechung und den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage keine familienrechtlichen Beziehungen bestehen sollen, auch auf das Verhältnis zwischen Großeltern und Enkeln zutrifft, denn auch Großeltern könnten versuchen, sich in die Familie einzumischen. Die Gefahr von Störungen der Familie durch die Einmischung von Großeltern mag zwar geringer sein als bei der Einmischung von Eltern, zu berücksichtigen ist jedoch, daß das Besuchsrecht der Großeltern schwächer ist als das der Eltern (EFSlg. 31.274, 43.273, 53.950), sodaß auch der Zweck des § 182 Abs.2 ABGB dagegen spricht, dem Vater ein Besuchsrecht zu den Kindern seines adoptierten leiblichen Kindes einzuräumen.
Aus diesen Gründen war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
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