OGH 5Ob124/92

OGH5Ob124/9227.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Christian R*****, Bäckermeister, ***** O***** Nr. 30, und 2. Maria R*****, gewerbliche Hilfskraft, ***** O***** Nr. 30, beide vertreten durch Dr.Konrad Meingast, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Einverleibung des Hälfteeigentums für die Zweitantragstellerin sowie von wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverboten auf den Liegenschaften EZ ***** und ***** des Grundbuches ***** O***** infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 30.April 1992, GZ R 343/92, TZ 3423/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 26. Februar 1992, TZ 1022/92, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie zu lauten haben:

Auf Grund des Schenkungsvertrages vom 4.Oktober 1991, der Erklärung gemäß § 2 Abs 2 des oö Ausländergrunderwerbsgesetzes, LGBl 1966/30, vom 4.Oktober 1991, der Zustimmungserklärung des Landes Oberösterreich vom 28.November 1991, WO-1418823/1991/Ku/Gr, sowie der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Linz vom 29.Jänner 1992, 91/181.097-0, wird auf je einem Hälfteanteil der Liegenschaften EZ ***** und ***** des Grundbuches ***** O***** die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Maria R*****, ***** O***** 30, bewilligt.

Das Mehrbegehren, auf den Hälfteanteilen der Maria R***** an den Liegenschaften EZ ***** und ***** des Grundbuches ***** O***** das Belastungs- und Veräußerungsverbot für Christian R*****, sowie auf den Hälfteanteilen des Christian R***** an den Liegenschaften EZ ***** und ***** des Grundbuches ***** O***** das Belastungs- und Veräußerungsverbot für Maria R***** einzuverleiben, wird abgewiesen.

Hievon werden verständigt:

1. Christian R*****, Bäckermeister, ***** O***** Nr. 30;

2. Maria R*****, gewerbliche Hilfskraft, ***** O***** Nr. 30;

3. Dr.Konrad Meingast, Rechtsanwalt, 4810 Gmunden, Marktplatz 14, unter Anschluß des Originals des Schenkungsvertrages vom 4.Oktober 1991;

4. Amt der oö Landesregierung, Abteilung Wohnbauförderung, 4020 Linz, Harrachstraße, zu WO-1418823/1991/Ku/Gr;

5. Marktgemeindeamt 4663 L*****;

6. Finanzamt G*****.

Text

Begründung

Christian R*****, ist grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** des Grundbuches ***** O*****. Während letztere von Geldlasten frei ist, scheinen im Lastenblatt der EZ ***** KG O***** folgende Pfandrechte auf:

CL-NR 1 a S 102.000 und NGS S 20.000 für B*****, Gemeinnützige registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung;

CL-NR 2 a S 76.000 und NGS S 15.000 für dieselbe B*****;

CL-NR 3 a S 470.000 und NGS S 94.000 für dieselbe B*****;

CL-NR 4 a S 240.000 und NGS S 24.000 für das Land Oberösterreich;

CL-NR 6 a S 160.000 und NGS S 16.000 für den oö Landes- Wohnungs- und Siedlungsfonds.

Das Erstgericht hat dazu aus der Urkundensammlung erhoben, daß für die unter CL-NR 1 a sichergestellte Darlehensforderung Christine S***** persönlich haftet, während alle übrigen Hypothekardarlehen von Christian R***** aufgenommen wurden.

Laut vorliegendem Schenkungsvertrag vom 4.Oktober 1991 schenkte und übergab Christian R***** je einen ideellen Hälfteanteil der Liegenschaften EZ ***** und ***** des Grundbuches ***** O***** an seine Ehefrau, Maria R*****, die diese Schenkung annahm. In Punkt III des Schenkungsvertrages wurde außerdem festgehalten, daß die tatsächliche Übergabe und Übernahme der Schenkungsobjekte am 4. Oktober 1991 durch Begehung und Erklärung stattfand; Maria R***** habe auch schon die Verwaltung übernommen.

Punkt IV des Schenkungsvertrages enthält u.a. folgende Regelung:

"Festgestellt wird, daß hinsichtlich der ob EZ ***** einverleibten Geldlast CL-NR 6 a (Pfandrecht S 160.000 s.A. zu Gunsten des oö Landes- Wohnungs- und Siedlungsfonds) die Zahlungsverpflichtung ausschließlich beim Geschenkgeber verbleibt und somit bezüglich dieser Geldlast die Geschenknehmerin lediglich die anteilige Sachhaftung trifft.

Die übrigen auf der Liegenschaft EZ ***** sichergestellten Darlehen werden mit dem jeweils per 30.September 1991 aushaftenden Hälftebetrag von der Geschenknehmerin in deren Zahlungspflicht übernommen."

Schließlich enthält der Schenkungsvertrag noch die Einräumung gegenseitiger Veräußerungs- und Belastungsverbote auf den jeweiligen Liegenschaftshälften der Vertragsparteien und Aufsandungserklärungen, die sich sowohl auf die Einverleibung des Miteigentumsrechtes der Maria R***** als auch auf die Veräußerungs- und Belastungsverbote beziehen.

Unter Vorlage der im Spruch angeführten Urkunden begehrten die Antragsteller, ob den Liegenschaften EZ ***** und ***** des Grundbuches ***** O***** nachstehende Eintragungen zu bewilligen:

1. Eigentumsrecht für Maria R***** zur Hälfte;

2. ob dem Hälfteanteil der Maria R*****, das wechselseitige Belastungs- und Veräußerungsverbot für Christian R*****;

3. ob dem Hälfteanteil des Christian R***** das wechselseitige Belastungs- und Veräußerungsverbot für Maria R*****.

Das Erstgericht wies dieses Eintragungsgesuch mit der Begründung ab, daß der gegenständliche Schenkungsvertrag inhaltlich eine gemischte Schenkung darstelle und im Hinblick auf seine teilweise Entgeltlichkeit in Form eines Notariatsaktes zu errichten gewesen wäre. Der Formmangel stehe gemäß § 26 GBG einer Verbücherung entgegen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Zu prüfen sei, ob es sich beim vorliegenden "Schenkungsvertrag" tatsächlich um eine Schenkung handelt und ob auch sogenannte gemischte Schenkungen unter Ehegatten der Notariatsaktspflicht nach § 1 Abs 1 lit. b NZwG unterliegen.

Das Wesen einer Schenkung liege in der unentgeltlichen Überlassung einer Sache. Unentgeltlichkeit bedeute dabei, daß dem Beschenkten die Sache ohne Gegenleistung und auch nicht als Erfüllung einer Verbindlichkeit überlassen wird. Darüber befinde grundsätzlich der Parteiwille. Entgeltlichkeit liege aber nicht nur dann vor, wenn Leistung und Gegenleistung durch gegenseitigen Vertrag versprochen werden (synnalagmatische Verknüpfung), sondern auch, wenn die Verpflichtung zur Leistung an die Bedingung einer Gegenleistung geknüpft (konditionale Verknüpfung) oder wenn die Gegenleistung als Zweck der Leistung vereinbart wird (causale Verknüpfung). Da die Gegenleistung keineswegs gleichwertig sein müsse (Stanzl in Klang IV/12, 587), qualifiziere die Rechtsprechung "Schenkungsverträge" über Liegenschaften regelmäßig dann in Kaufverträge um, wenn der Geschenknehmer einer mit Pfandrechten belasteten Liegenschaft erklärt, in die jeweils zugrundeliegenden Darlehensverträge einzutreten und die sich daraus ergebenden Verbindlichkeiten in seine Zahlungsverpflichtung zu übernehmen. In der Übernahme nicht bloß der Sachhaftung, sondern auch der Personalhaftung für die auf der Liegenschaft lastenden Schulden sei nämlich eine objektiv bestimmbare Gegenleistung in Geld zu erblicken (RPflSlgG 1.856 und 2.259; vgl. auch MietSlg. 32.142; Taucher in NZ 1984, 38 u.a.).

Da sich die Zweitantragstellerin persönlich verpflichtete, die auf der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** O***** unter CL-NR 1 a, 2 a, 3 a und 4 a eingetragenen Geldlasten zur Hälfte zurückzuzahlen, also nicht nur die Rechtsstellung einer Realschuldnerin erhalten sollte, sei das Erstgericht zutreffend von einer zumindest teilweisen Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes ausgegangen. Es könne nicht einmal davon gesprochen werden, daß das Schenkungselement bei weitem überwiegt, weil aus der Vertragsurkunde weder die Höhe der noch aushaftenden Darlehensschulden noch der Wert der übergebenen Liegenschaftsanteile entnommen werden kann.

Weil bei einem Ehegattenvertrag, der zum Teil entgeltlich (und daher formbedürftig), zum Teil unentgeltlich (im Fall einer wirklichen Übergabe des Geschenkobjektes also formfrei) ist, der formbedürftige Teil den Ausschlag gebe, bedürfe der ganze Vertrag der Form eines Notariatsaktes (Wagner, NO3, Anm 5.2 zu § 1 Notariatsaktsgesetz; vgl. auch Koziol-Welser I9, 203 u.a.). An der Verfassungskonformität des diesbezüglichen Formgebotes im § 1 Abs 1 lit b NZwG sei nicht zu zweifeln, da der Formzweck dieser Regelung, insbesondere der Gläubigerschutz, nicht dadurch in Frage gestellt werden könne, daß allenfalls eine Erweiterung des betroffenen Personenkreises - etwa auf Lebensgefährten sowie Verwandte in gerader Linie - sachlich zu rechtfertigen wäre.

Der begehrten Eintragung des wechselseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbotes stehe außerdem noch entgegen, daß das Angehörigenverhältnis zwischen Verbotsberechtigtem und -verpflichtetem dem Grundbuchsgericht durch eine Standesurkunde nachgewiesen werden müsse. Es genüge nicht, wenn die Vertragsparteien in der Vertragsurkunde erklären, zueinander in einem solchen Verhältnis zu stehen (E 101-103 zu § 9 GBG, MGA4).

Der Beschluß des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde letzteres damit, daß keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob die Übernahme einer Personalhaftung durch den Geschenknehmer für einen Teil der auf der Liegenschaft haftenden Schulden der Annahme eines reinen Schenkungsvertrages entgegensteht und ob bei einer gemischten Schenkung zwischen Ehegatten das Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NZwG nur bei überwiegender Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gilt. Schließlich könne ein gewisser Widerspruch der Rekursentscheidung zu der vom Obersten Gerichtshof in SZ 50/101 vertretenen Auffassung nicht vernachlässigt werden.

Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihrem Eintragungsgesuch zur Gänze Folge zu geben; allenfalls seien die beantragten Eigentumseinverleibungen auf beiden Liegenschaften oder zumindest die Eigentumseinverleibung auf der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** O***** zu bewilligen.

Nach Meinung der Rechtsmittelwerber liege eindeutig ein Schenkungsvertrag vor. Das ergebe sich aus dem eindeutig dokumentierten Schenkungswillen und werde durch die geradezu typische Übernahme der Geldlasten durch den Geschenknehmer nicht in Frage gestellt. Selbst wenn man die teilweise Übernahme der Geldlasten als Entgelt betrachte, überwiege die Unentgeltlichkeit der Verfügung - immerhin habe die Zweitantragstellerin Hälfteanteile an einem Baugrund mit Haus sowie einem gänzlich unbelasteten Grundstück erhalten - so deutlich, daß am Vertragstyp "Schenkung" festgehalten werden müsse. Ein Kaufvertrag sei jedenfalls auszuschließen. Qualifiziere man das Rechtsgeschäft als gemischten Vertrag, dann unterliege es ebenfalls nicht der Notariatsaktspflicht, weil § 1 Abs 1 NZwG nur für bestimmte Vertragstypen Ausnahmen vom Grundsatz der Formfreiheit normiere. Unabhängig davon stelle sich die Haftungserklärung der Zweitantragstellerin als Schuldübernahme dar, die keiner besonderen Form bedürfe und auch sofort wirksam geworden sei, sodaß ein dem ganzen Geschäft anhaftender Formmangel seit der Vertragsunterfertigung geheilt wäre. Bei Verfügungen über Liegenschaften, die ohnehin der grundbücherlichen Durchführung bedürfen, stelle sich überhaupt die Frage, ob das Formgebot des § 1 Abs 1 lit. b NZwG noch zum erklärten Gesetzesziel einer Verbesserung des Gläubigerschutzes beitragen könne. Der ganze § 1 Abs 1 NZwG scheine im übrigen dem Gleichheitsgebot der Verfassung zu widersprechen, weil es sachlich nicht gerechtfertigt sei, die Gültigkeit von Rechtsgeschäften zwischen Ehegatten von der Einhaltung der Notariatsaktsform abhängig zu machen, wenn andererseits Rechtsgeschäfte zwischen Lebensgefährten oder Verwandten in gerader Linie nicht diesem Formgebot unterliegen. Was schließlich den Nachweis des Ehebandes zwischen den Antragstellern betreffe, sei es unlogisch, einerseits den Tatbestand des § 1 Abs 1 lit. b NZwG als erfüllt anzusehen, andererseits für die Einverleibung des wechselseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbotes die Vorlage der Heiratsurkunde zu verlangen.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; zum Teil ist er auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Schon das Rekursgericht ist zur Überzeugung gelangt, daß das von den Antragstellern am 4.Oktober 1991 abgeschlossene Rechtsgeschäft deutliche Elemente eines Schenkungsvertrages enthält. Es wurde nicht nur als Schenkung bezeichnet, sondern dokumentiert auch die Schenkungsabsicht der Parteien in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise. Da diese Absicht der unentgeltlichen Zuwendung den Vertragstypus "Schenkung" charakterisiert (vgl. JBl 1967, 257; Schubert in Rummel I2, Rz 4 zu § 938 ABGB), kann sich nur die Frage stellen, ob das vorliegende Rechtsgeschäft neben seinem unentgeltlichen Bestandteil auch einen entgeltlichen Teil enthält. Zumindest den Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ***** des Grundbuches ***** O***** hat nämlich die Zweitantragstellerin ohne jede Gegenleistung erhalten.

Nun trifft es zu, daß der Eigentumserwerb der Zweitantragstellerin an den Vertragsliegenschaften von einer (Gegen-)Leistung abhängig gemacht wurde: Obwohl § 443 ABGB nur die Übernahme der Sachhaftung für bücherliche Lasten als gleichsam selbstverständlich normiert, hat die Zweitantragstellerin zudem noch die persönliche Haftung für einen Teil der Geldlasten der Liegenschaft EZ***** des Grundbuches ***** O***** übernommen. Das zu beurteilende Rechtsgeschäft enthält also tatsächlich ein Element der Entgeltlichkeit. Ob dieser Bestandteil des Rechtsgeschäftes eine Schuldübernahme im Sinne der §§ 1404, 1405 ABGB darstellt (vgl. ÖBA 1988, 1235/125 mit Anmerkung von P.Bydlinski) oder - wie vom Rekursgericht angenommen - wegen der geldwerten Gegenleistung einen Kaufvertrag indiziert (vgl. Mayer-Maly in Klang IV/22, 238), wäre nur bei unterschiedlichen Auswirkungen auf das Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NZwG von Bedeutung. Vorerst genügt es, im "Schenkungsvertrag" der Antragsteller ein aus einem unentgeltlichen und einem entgeltlichen Teil vermischtes Rechtsgeschäft zu erkennen (§ 935 ABGB).

Bei solchen gemischten entgeltlichen Verträgen ist fraglich, ob die Regeln für entgeltliche oder die für unentgeltliche Geschäfte anzuwenden sind. Da sich die gemischte Schenkung zumeist nicht in ihre entgeltlichen und unentgeltlichen Bestandteile zerlegen läßt, andererseits aber eine Kombination der jeweiligen Rechtsvorschriften wegen ihrer Gegensätzlichkeit ausscheidet, empfiehlt die Lehre, für jedes einzelne auftauchende Problem die angemessenste Lösung zu suchen (Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I9, 203; Gschnitzer - Faistenberger - Barta - Eccher, Österreichisches Schuldrecht, Allgemeiner Teil2, 19). Das kann zu einer Kumulierung verschiedener Formvorschriften führen, wenn diese Vorschriften jeweils verschiedene Schutzzwecke verfolgen (vgl. Gschnitzer in Klang IV/12, 250).

Damit ist die vom Rekursgericht zu Recht aufgeworfene Frage, ob der als gemischte Schenkung zu qualifizierende Vertrag der Antragsteller auch dem Formgebot des § 1 Abs 1 lit. b NZwG unterliegt, nur nach dem Schutzzweck dieser Norm zu beantworten. Gerade bei Formgeboten ist nämlich die Auslegung nach dem Zweck der Vorschrift unentbehrlich (Gschnitzer aaO, 247 f). Bleiben Zweifel, ob für den Abschluß eines Rechtsgeschäftes eine bestimmte Form einzuhalten ist, dann ist nach dem Willen des Gesetzgebers zu Gunsten der Formfreiheit zu entscheiden, weil Formzwang nur in den im Gesetz bestimmten Fällen besteht und § 1 Abs 1 NZwG die notariatsaktspflichtigen Rechtsgeschäfte erschöpfend aufzählt (SZ 25/69; EvBl 1955/168; EvBl 1957/319 u.a.).

Im konkreten Fall haben schon die Vorinstanzen nicht daran gezweifelt, daß die im vorliegenden Vertrag beurkundete Begehung der Liegenschaften in Verbindung mit einer Erklärung der Übergabe und Übernahme der Verwaltung durch die Zweitantragstellerin die Voraussetzungen einer wirklichen Übergabe im Sinne des § 1 Abs 1 lit d NZwG erfüllt. Die Rechtsprechung läßt hiefür einen sinnfälligen, nach außen hin bemerkbaren Akt genügen, aus dem sich der ernstliche Wille des Schenkers ergibt, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (SZ 50/101). In diesem Sinn wurde - auch bei der unentgeltlichen Überlassung von Liegenschaften (4 Ob 522/80) - die Besitzauflassung als ausreichend angesehen (SZ 48/75 u.a.), und zwar insbesondere dann, wenn sich die zu übereignende Sache in der gemeinsamen Gewahrsame des Übergebers und des Übernehmers befindet. Auch die Übergabe der Verwaltungsunterlagen ist ein Akt der wirklichen Übergabe (NotZ 1991, 11), wozu noch kommt, daß das spätere Festhalten des Geschenkgebers an seinem Schenkungswillen Indizien für eine wirkliche Übergabe liefern kann, sofern sich darin eine wohl überlegte Entscheidung manifestiert (vgl. NotZ 1992, 230 mit kritischer Anmerkung von Hofmeister).

Daraus ist der Schluß zu ziehen, daß jedenfalls der Übereilungsschutz kein Argument sein kann, die Gültigkeit des gegenständlichen Rechtsgeschäftes von der Einhaltung der Notariatsaktsform abhängig zu machen. Dem Gebot des Übereilungsschutzes wurde nämlich bereits durch die wirkliche Übergabe Genüge getan. Spätestens der gemeinsame Verbücherungsantrag beider Parteien des Schenkungsvertrages hat deutlich gemacht, daß der für Schenkungen geltende Formzweck bereits erfüllt ist.

Dasselbe Anliegen des Übereilungsschutzes steht hinter dem Formgebot des § 1 Abs 1 lit. b NZwG für die dort aufgezählten Kauf-, Tausch-, Renten- und Darlehensverträge sowie Schuldbekenntnisse zwischen Ehegatten (P.Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und heute, NotZ 1990, 290). Insoweit besteht also kein Anlaß, für eine gemischte Schenkung zwischen Ehegatten über die wirkliche Übergabe des Schenkungsobjektes hinaus auch noch die Einhaltung der Notariatsaktspflicht zu fordern. Anders verhielte es sich nur, wenn dem besonderen Formgebot des § 1 Abs 1 lit. b NZwG ein weitergehender Schutzgedanke zugrunde läge. Tatsächlich ist der diesem Formgebot zugedachte Schutzzweck nicht allein darin zu suchen, dem Geschenkgeber die besondere wirtschaftliche Bedeutung seiner Verfügung vor Augen zu führen; der historische Gesetzgeber erwartete sich von der Einführung der Notariatsaktspflicht für die in § 1 Abs 1 lit. b NZwG aufgezählten Rechtsgeschäfte vielmehr, der Gefahr einer Täuschung dritter Personen vorbeugen zu können. Diese Formvorschrift ist somit eine Gläubigerschutzbestimmung, die verhindern soll, daß der Haftungsfonds der Gläubiger durch die Verschleierung der wahren Eigentumsverhältnisse entwertet wird. Aus eben diesem Grund wird § 1 Abs 1 lit. b NZwG schließlich unter dem Aspekt der Beweissicherung gesehen: Der Rechtsverkehr soll nicht durch die Unterschiebung unrichtiger Urkunden beeinträchtigt werden.

Selbst mit diesem erweiterten Normzweck läßt sich die Notariatsaktspflicht des gegenständlichen Rechtsgeschäfts nicht begründen. Der zuletzt erwähnte Beweissicherungsaspekt spielt angesichts der grundsätzlichen Formfreiheit im österreichischen Vertragsrecht von vorneherein nur eine Nebenrolle (P.Bydlinski, Veräußerung und Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen, 7). Im Einzelfall mag sich ein besonderes Bedürfnis nach der Beweisbarkeit eines Rechtsgeschäftes ergeben, doch trifft dies bei der rechtsgeschäftlichen Übereignung von Liegenschaften wegen des Zwangs zur Vorlage einer verbücherungsfähigen Urkunde nicht zu. Auch der Gläubigerschutz, der durch die Notariatsaktspflicht für bestimmte Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten sichergestellt werden sollte, ist weitgehend obsolet (vgl. P.Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und heute, NotZ 1990, 290). Wenn die wirkliche Übergabe bei der Schenkung genügt, um den Schutz der Gläubiger des Geschenkgebers ausreichend zu gewährleisten, dann ist nicht einzusehen, warum nicht auch die für den Verbücherungsakt notwendigen Formalitäten diese Funktion erfüllen. Interessen der Gläubiger des Geschenknehmers könnten überhaupt nur dadurch beeinträchtigt werden, daß eine den Wert des Empfangenen übersteigende Gegenleistungsverpflichtung ihren Haftungsfonds schmälert. Dann könnte aber von einer gemischten Schenkung wohl keine Rede mehr sein. Zumindest dann, wenn keinerlei Anhaltspunkte für ein Überwiegen des entgeltlichen Teils einer gemischten Schenkung vorliegen, kann es daher mit der Einhaltung der für Schenkungen vorgesehenen Form sein Bewenden haben. Die durch den Gesetzeswortlaut keineswegs zwingend vorgegebene Anwendung des § 1 Abs 1 lit. b NZwG auf gemischte Schenkungen zwischen Ehegatten würde sonst mit dem vorrangigen Prinzip der Formfreiheit im österreichischen Vertragsrecht in Konflikt geraten.

Im gegenständlichen Fall mag die Vertragsgestaltung offenlassen, ob das Schenkungselement wirklich so eindeutig überwiegt, wie die Rechtsmittelwerber meinen. Keinesfalls läßt sie jedoch den Schluß zu, daß der entgeltliche Teil überwiegt oder daß gar ein verschleierter Kauf vorliegt. Zu Unrecht haben daher die Vorinstanzen das Fehlen eines Notariatsaktes gemäß §§ 26 Abs 1, 94 Abs 1 Z 4 GBG zum Anlaß genommen, die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Zweitantragstellerin abzulehnen.

Aufrecht bleibt jedoch der Abweisungsgrund hinsichtlich des Veräußerungs- und Belastungsverbotes. Es entspricht der Judikatur, daß das besondere Naheverhältnis zwischen dem Verbotsberechtigten und -verpflichteten grundsätzlich durch Standesurkunden zu führen ist (SZ 63/84; 5 Ob 111/91; EvBl 1992/122). Mögliche Ausnahmen von diesem Grundsatz (vgl. EvBl 1992/122) gehen jedenfalls nicht so weit, daß sich das Grundbuchsgericht mit einer bloßen Behauptung der Parteien in der Vertragsurkunde begnügen könnte.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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