OGH 1Ob33/92

OGH1Ob33/9222.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Ferdinand K*****, Landwirt, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Franz I*****, und 2. Gerhild I*****, beide Landwirte, ***** vertreten durch Dr.Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung, Unterlassung und Gestattung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 4.Juni 1992, GZ 8 R 5/92-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 16. Dezember 1991, GZ 24 Cg 281/91-2, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt im Hauptverfahren neben der Feststellung, daß ihm als Eigentümer einer Liegenschaft als herrschenden Guts gegenüber einem den Beklagten gehörigen angrenzenden Grundstück als dienendem Gut die Dienstbarkeit der Duldung eines Sammelstrangs und dessen Erhaltung in näher umschriebener Lage zustehe, die Verurteilung der beiden Beklagten zur Unterlassung der "Baumaßnahmen, Grabungsmaßnahmen und Oberflächenveränderungen im wassertechnischen Einzugsgebiet des Quellsammelstrangs..... im südlichen Bereich" ihres Grundstücks, vor allem von Eingriffen in wasserführende Schichten im Nahbereich des Sammelstrangs. Mit diesem Klagebegehren verband er den Antrag, mittels einstweiliger Verfügung 1. den Klägern die Fortsetzung der auf ihrem Grundstück begonnenen Grabungsarbeiten "etwa parallel zur Längserstreckung" dieses Grundstücks im Nahbereich der Grundgrenze sowie die Durchführung weiterer Grabungsarbeiten "im Bereich dieser Grabungslinie" zu untersagen, und 2. dem Kläger die Durchführung der im Bereich des Sammelstrangs notwendigen Reinigungsarbeiten einschließlich der Öffnung der Quellsammelstrangslinie und der notwendigen Sanierung des Sammelstrangs nach Befreiung vom Schwemmgut auf dem Grundstück der Kläger zu gestatten.

Das Erstgericht erließ die beantragten einstweiligen Verfügungen, ohne die Beklagten zum Sicherungsantrag einzuvernehmen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den von den Beklagten bekämpften Beschluß in der Entscheidung über das Unterlassungsbegehren, den Antrag auf Gestattung von Vorkehrungen der Kläger auf dem Grundstück der Beklagten wies es dagegen in Stattgebung des Rekurses ab; es sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Beklagten gegen die rekursgerichtliche Entscheidung im bestätigenden Teil (Punkt 1) erhobene Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Gemäß § 528 Abs.2 Z 2 ZPO idF der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 ist der Revisionsrekurs (von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt wurde. Der Gesetzgeber wollte damit nach den Materialien (AB, 991 BlgNR 17.GP 12 f) in Abkehr von der vor der genannten Novelle geltenden Bestimmung des § 528 Abs.1 Z 1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983 - nach der Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz unzulässig waren, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden war (§ 502 Abs.3 ZPO in dieser Fassung) - zur Rechtslage vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 zurückkehren, weil er es als unbefriedigend empfand, daß seit Inkrafttreten der zuletzt erwähnten Novelle bei teilweise bestätigenden und teilweise abändernden Entscheidungen wohl der abändernde, nicht aber auch der bestätigende Teil anfechtbar war, selbst wenn diese beiden Entscheidungen - was angeblich immer wieder vorgekommen sei - inhaltlich miteinander verknüpft waren; es werde daher auf die Rechtslage vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 und deren damalige Auslegung durch das Jud.56 zurückgegangen, nach welchen nur zur Gänze bestätigende Entscheidungen unanfechtbar waren.

Nach Lehre (Fasching Komm.IV 454) und Rechtsprechung vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 (SZ 45/117 ua) war ein zweitinstanzlicher Beschluß, mit dem der Beschluß des Erstgerichtes teilweise bestätigt worden war, nur dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung in einem derart engen unlösbaren sachlichen Zusammenhang standen, daß sie voneinander nicht gesondert werden konnten und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen war; hatte dagegen das Rekursgericht über mehrere Gegenstände oder Ansprüche entschieden, die in keinem solchen inneren Zusammenhang standen, sondern jeder für sich ein eigenes rechtliches Schicksal hatte, waren sie, soweit es um ihre Anfechtbarkeit in dritter Instanz ging, gesondert zu beurteilen (4 Ob 76/91).

Diese Erwägungen treffen auch auf den vorliegenden Fall zu: Der Kläger wollte sein Unterlassungsbegehren - daß das damit verknüpfte Feststellungsbegehren nicht sicherbar ist, wurde schon vom Gericht zweiter Instanz unter Hinweis auf die Rechtsprechung (JBl. 1987, 728 uva) klargestellt - durch zwei Provisorialverfügungen sichern lassen:

einmal durch die Untersagung von Vorkehrungen, die den Beklagten letztlich auch im Streitverfahren verboten werden sollten, zum anderen aber durch die Gestattung andersgearteter Maßnahmen der Kläger auf dem als dienendes Gut in Anspruch genommenen Grundstück der Beklagten. Mit diesem Sicherungsantrag strebte der Kläger in Wahrheit zwei voneinander nicht abhängige einstweilige Verfügungen an, deren Erlassung er im Laufe des Streitverfahrens nicht nur getrennt, sondern jede von ihnen auch für den Fall der Erfolglosigkeit der anderen hätte beantragen können, weil sie einander nicht nicht bedingen, sondern inhaltlich voneinander losgelöst Bestand haben können. Auch bei der deshalb möglichen gesonderten Antragstellung wäre die Anfechtbarkeit der hierüber ergangenen Entscheidungen voneinander unabhängig zu beurteilen gewesen.

Demgemäß ist der angefochtene Beschluß im Umfang der Anfechtung (Punkt 1.) als voll bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz anzusehen, sodaß der Revisionsrekurs - auch im Sicherungsverfahren - gemäß § 528 Abs.2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist.

Der Revisionsrekurs der Gegner der gefährdeten Partei war daher zurückzuweisen, ohne daß der im Hinblick auf die Aufgliederung der rekursgerichtlichen Entscheidung unbestimmte Bewertungsausspruch des Gerichtes zweiter Instanz noch näher erörtert bzw. zu prüfen war, ob die Rechtsmittelwerber in ihrem Revisionsrekurs in der Tat erhebliche Rechtsfragen aufgeworfen haben.

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