OGH 4Ob76/91

OGH4Ob76/919.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes

Hon.-Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1.) Carol B***** Inc., ***** New York, ***** USA, 2.) Carol B*****, B.V., ***** Amsterdam, Niederlande, beide vertreten durch Dr. Ernst Hagen und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Peter Johann F*****, vertreten durch Dr. Reinhard Weber, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Unterlassung, Feststellung und Rechnungslegung (Gesamtstreitwert S 900.000,--) infolge Revisionsrekurses der Erstklägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 30.4.1991, 2 R 112/91-15, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 30.1.1991, 5 Cg 277/90-8, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekus wird zurückgewiesen.

Die Erstklägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Auf Antrag des Beklagten legte das Erstgericht den Klägern gem § 57 Abs 1 ZPO (zur ungeteilten Hand) eine Prozeßkostensicherheitsleistung von S 250.000,-- auf.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kläger teilweise Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es nur der Erstklägerin eine Prozeßkostensicherheit in Höhe von S 250.000,-- auftrug, den Antrag der Beklagten, auch der Zweitklägerin den Erlag einer (= dieser) Prozeßkostensicherheit aufzuerlegen, jedoch abwies; der Revisionsrekurs gem § 528 Abs 1 ZPO sei zulässig.

Während Angehörige der Niederlande auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen (§ 37 Abs 1 RHE und Länderübersicht) vom Erlag der Sicherheitsleistung für Prozeßkosten befreit seien, bestehe zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten keine zwischenstaatliche Vereinbarung, die eine solche Befreiung vorsehe. Die der Zweitklägerin zukommende Befreiung erstrecke sich nicht auf die Erstklägerin, obwohl die Kläger eine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO seien. Aus ihrem Vorbringen, daß sie gemeinsam die klagegegenständlichen "Displayformen" entwickeln und herstellen sowie auch international zum Kauf anbieten, ergebe sich, daß sie eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts nach den §§ 1175 ff ABGB seien. Die Wirkungen des über die behaupteten Eingriffe der Beklagten zu fällenden Urteils könne sich kraft der Beschaffenheit des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses nur auf beide Kläger einheitlich erstrecken. Da zu der Frage, ob bei einer einheitlichen Streitpartei die Befreiung einer Partei von der Prozeßkostensicherheit auf Grund Staatsvertrages auch für den anderen Streitgenossen wirkt, eine Rechtsprechung des OGH fehle, sei der Revisionsrekurs zulässig.

Die Erstklägerin bekämpft den bestätigenden Ausspruch des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs; sie beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Antrag, auch ihr den Erlag einer Prozeßkostensicherheit aufzuerlegen, abgewiesen werde.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO idF der WGN 1989 ist der Revisionsrekurs - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - dann jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist. Der Gesetzgeber wollte damit in Abkehr von der vor der WGN 1989 geltenden Bestimmung des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO idF der ZVN 1983 - wonach Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig waren, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden war (§ 502 Abs 3 ZPO) - zur Rechtslage vor der ZVN 1983 zurückkehren, weil er es als unbefriedigend empfand, daß seit dem Jahr 1983 bei teilweise bestätigenden und teilweise abändernden Entscheidungen (nur) der abändernde Teil anfechtbar war, der bestätigende aber nicht, selbst wenn die beiden Entscheidungen - was immer wieder vorgekommen sei - inhaltlich miteinander verknüpft waren; es werde daher auf die Rechtslage vor der ZVN 1983 und deren damalige Auslegung durch das Judikat 56 zurückgegangen, wonach nur zur Gänze bestätigende Entscheidungen unanfechtbar sind (991 BlgNR 17.GP 12 f).

Nach Lehre (Fasching IV 454) und Rechtsprechung vor der ZVN 1983 (SZ 45/117; ÖBl 1975, 89 mwN; ÖBl 1976, 20 und 36) konnte ein Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem der Beschluß des Erstgerichtes teilweise bestätigt worden war, nur dann zur Gänze angefochten werden, wenn der bestätigende und der abändernde Teil der Rekursentscheidung in einem so engen, unlösbaren sachlichen Zusammenhang standen, daß sie nicht auseinandergerissen werden konnten, so daß auch die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen war; hatte dagegen das Rekursgericht über mehrere Gegenstände oder Ansprüche entschieden, die nicht in innerem Zusammenhang standen, sondern durchaus jeder für sich ein eigenes rechtliches Schicksal haben konnten, dann stand einer Teilung der Entscheidung zweiter Instanz im Sinne einer abgesonderten Beurteilung ihrer Anfechtbarkeit beim Obersten Gerichtshof kein Hindernis entgegen.

Das trifft auch hier zu. Die Auferlegung einer Prozeßkostensicherheit an zwei ausländische Gesellschaften, die in verschiedenen Staaten ihren Sitz haben, steht auch dann nicht in innerem Zusammenhang, wenn diese Gesellschaften in Ansehung des Streitgegenstandes in der Hauptsache in Rechtsgemeinschaft stehen. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes geht aus dem Klagebegehren keineswegs eindeutig hervor, daß die Kläger darüber hinaus sogar eine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO bildeten. Nach dem Firmenwortlaut stehen die beiden Klägerinnen anscheinend in gesellschaftsrechtlichem Zusammenhang (Mutter - Tochtergesellschaft oder Schwestergesellschaften), ohne daß sie dazu näheres vorgebracht haben. Daß sie ihre Abwehransprüche auf einen (gemeinsamen?) urheberrechtlichen Schutz der sogenannten "Displayformen" stützen, macht aus ihnen noch keine einheitliche Streitpartei, zumal nach österreichischem Urheberrecht gemäß § 11 Abs 2 UrhG jeder Miturheber für sich berechtigt ist, Verletzungen des Urheberrechtes gerichtlich zu verfolgen. Mangels näherer Angaben ist aber auch nicht ausgeschlossen, daß nur eine der beiden Klägerinnen Urheberin (Werknutzungsberechtigte), die andere aber (als Tochtergesellschaft) bloß Lizenzberechtigte (Inhaberin einer Werknutzungsbewilligung) ist. Da die Entscheidung, ob gemeinsam als Kläger auftretenden Personen wegen ihrer Ausländereigenschaft eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten aufzuerlegen ist, nur von den für jeden Kläger gesondert zu prüfenden Voraussetzungen abhängt, wurden mit dem Beschluß zwei voneinander getrennte Gegenstände erledigt; die bestätigende Entscheidung über die der Erstklägerin auferlegte Prozeßkostensicherheit ist daher unanfechtbar.

Die Revisionsrekursbeantwortung ist zurückzuweisen, da kein Fall des § 521a ZPO vorliegt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte