OGH 13Os77/92

OGH13Os77/9221.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Massauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schützenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Adolf Josef F* wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1, erster Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 25. März 1992, GZ 11 a Vr 335/90‑35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1992:E30426

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen (auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch enthaltenden) Urteil wurde Adolf Josef F* wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1, erster Fall, StGB und des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 WaffG schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Seine auf den § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 5 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich nur gegen den Verbrechensschuldspruch, der ihm anlastet, am 27. März 1990 in Blumau die am 17. Dezember 1982 geborene unmündige Eva S* auf andere Weise als durch Beischlaf mißbraucht zu haben, indem er ihren Geschlechtsteil mit der Zunge berührte, einen Finger in ihre Scheide einführte, sie veranlaßte, seinen Penis zu streicheln und ihr einen Zungenkuß gab (A/I des Schuldspruchs).

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt, durch die Abweisung des Antrages auf Vernehmung des Tatopfers in der Hauptverhandlung seien Verteidigungsrechte des Angeklagten verletzt worden.

In der Hauptverhandlung vom 3. März 1992 hatte der Verteidiger des Angeklagten zunächst die Vernehmung der mj. Eva S* durch eine Fürsorgerin oder Therapeutin zur Erhebung der Namen von Kindern beantragt, die sich nach der Verantwortung des Angeklagten ebenso wie das Tatopfer bei einer Pferdekoppel aufgehalten haben sollen, als der Angeklagte (nach den tatrichterlichen Feststellungen) dort auf Eva S* traf. Dieser Antrag zielte darauf ab, durch die Vernehmung dieser Kinder nach ihrer Ausforschung darzutun, daß der Angeklagte den Bereich der Pferdekoppel ohne das Opfer verlassen hatte (AS 311). In der innerhalb der Monatsfrist des § 276 a StPO fortgesetzten Hauptverhandlung vom 25. März 1992 wurde (ergänzend) die Vernehmung von Eva S* zum Beweis dafür beantragt, daß der Angeklagte nur an der Pferdekoppel vorbeigegangen sei und sie allein und nicht Hand in Hand mit dem Kind verlassen habe (AS 327).

Das Schöffengericht hat diesen Beweisantrag mit der (in den Urteilsgründen nachgeholten, US 13 und 14) Begründung abgelehnt, eine weitere Befragung des Mädchens hätte eine psychische Schädigung erheblichen Ausmaßes herbeigeführt und auch das Abfragen von Randdetails eine erhebliche Belastung für sie dargestellt. Dazu wurde, gestützt auf das Gutachten des kinderpsychiatrischen Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. Walter Spiel, festgestellt, daß das Kind im Zusammenhang mit den Vorfällen und den dadurch ausgelösten ununterbrochenen Befragungen in einem psychisch behandlungsbedürftigen Zustand ist (US 9).

Durch die Unterlassung der (neuerlichen, siehe unten) Vernehmung der Zeugin Eva S* sind Verteidigungsrechte des Angeklagten im Sinne einer die Nichtigkeit des Urteils nach dem § 281 Abs. 1 Z 4 StPO bewirkenden Vorgangsweise der Tatrichter nicht verletzt worden. Von der beantragten Vernehmung eines Kindes (Unmündigen), das Opfer eines Sexualdeliktes war, kann dann abgesehen werden, wenn das erkennende Gericht auf Grund konkreter, in der Regel (wie hier) von einem jugendpsychiatrischen Sachverständigen zu attestierender Umstände die Überzeugung gewinnt, daß diese Vernehmung auch bei einer entsprechend behutsamen, die kindliche Psyche berücksichtigenden Fragestellung (die der Sachverständige im gegebenen Fall in seine Beurteilung einbezogen hat, AS 309), eine fortdauernde psychische Schädigung des Kindes befürchten läßt, die durch die eigentümliche psychische Beschaffenheit eben dieses Kindes bedingt ist. Unter diesen Voraussetzungen hat das Gebot der Unmittelbarkeit und des tunlichst uneingeschränkten Fragerechtes des Angeklagten im Interesse des unmündigen Tatopfers zurückzutreten (RZ 1990/69, S 153 = EvBl 1990/72, S 311).

Im vorliegenden Fall hat sich für das Erstgericht auf Grund konkreter Umstände nicht bloß eine zu befürchtende dauernde psychische Schädigung des Tatopfers ergeben, eine solche ist vielmehr nach dem Gutachten des beigezogenen kinderpsychiatrischen Sachverständigen durch die Tat und das Verfahren bereits so manifest geworden, daß sich der Sachverständige dazu veranlaßt sah, unverzüglich eine Behandlung der Unmündigen zu veranlassen (AS 249).

Durch die Abweisung des Antrages auf (neuerliche) Vernehmung der Eva S* wurden aber auch nicht unmittelbar anzuwendende verfassungsrechtliche Bestimmungen des Art 6 Abs. 3 EMRK verletzt. Zum eigentlichen Tatgeschehen hat sich das Schöffengericht auf die Aussagen der Zeugen Mathilde S*, Brigitte S* und Dr. Franz Z*, denen das Mädchen (zum Teil anläßlich von Zeugenvernehmungen) seine Erlebnisse geschildert hatte, sowie auf die Verlesung der dazu auch in der Anzeige enthaltenen Angaben (AS 329) gestützt (US 10 und 11), wie sie in der die Urteilsgrundlage bildenden Hauptverhandlung vorgekommen sind (ON 32 und 34). Die EMRK verbietet jedoch keineswegs die Benützung von indirekten Beweisen. Die Beweiszulässigkeit ist in erster Linie eine Angelegenheit, die vom innerstaatlichen Recht zu regeln ist. Grundsätzlich kommt es den innerstaatlichen Gerichten zu, die ihnen vorliegenden Beweise zu würdigen. Prinzipiell müssen zwar alle Beweise in Gegenwart des Angeklagten in öffentlicher Verhandlung mit Blickrichtung auf eine kontradiktorische Argumentation erhoben werden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß Zeugenaussagen stets in öffentlicher Verhandlung gemacht werden müssen, um als Beweis verwertet werden zu können. Eine Verwertung etwa von den im Vorverfahren erlangten Aussagen als Beweis ist für sich allein betrachtet nicht unvereinbar mit Art 6 Abs. 1 und 3 lit d EMRK, vorausgesetzt, daß die Verteidigungsrechte gewahrt wurden. In der Regel verlangen diese Rechte lediglich (wie auch der EUGHMR wiederholt in den letzten Jahren unverändert ausgesprochen hat), daß der Angeklagte angemessene und geeignete Gelegenheit erhält, die Glaubwürdigkeit eines gegen ihn aussagenden Zeugen grundsätzlich in Frage zu stellen sowie an ihn Fragen zu stellen, sei es in dem Zeitpunkt, in dem der Zeuge seine Aussage ablegt, sei es zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens (ÖJZ 1989, 27/1; 1990, 312/9, 484/13; 1991, 25/2, 425/8, 517/12 jeweils MRK).

Die Gelegenheit zur Fragestellung an Eva S* hat der Verteidiger des Angeklagten in der (nicht Urteilsgrundlage bildenden) Hauptverhandlung vom 26. Juni 1990 (ON 24) erhalten und auch in extensiver, vom kinderpsychiatrischen Sachverständigen unmißverständlich kritisierter Weise (AS 241) genützt (AS 222 ff). Dazu kommt, daß das Schöffengericht auch alle rechtlich zulässigen sinnvollen Kontrollbeweise herangezogen hat (vgl 13 Os 3/86, 11 Os 24, 25/87, 14 Os 81/87), um jenes Beweismanko zu kompensieren, das sich aus der (nach entsprechender Interessenabwägung) aus gesundheitlichen Gründen mangelnden Möglichkeit der Vernehmung von Eva S* in der der Urteilsfällung vorausgehenden Hauptverhandlung ergeben hat.

Dies ist auch unter dem Aspekt der zitierten Bestimmungen der EMRK unbedenklich, weil sich die Tatrichter keineswegs im allein entscheidenden Ausmaß, hauptsächlich oder weitgehend auf die bloß im Vorverfahren erlangten Angaben des Tatopfers gestützt haben (vgl Okresek, Verteidigungsrechte der EMRK im strafprozessualen Vorverfahren, in Schuppich‑Soyer, Vorverfahren und Verteidigungsrechte, S 54), diese vielmehr nur hilfsweise heranzogen und sich auch auf die in allen wesentlichen Punkten übereinstimmenden Angaben von Zeugen, denen Eva S* den Tathergang bei verschiedenen Gelegenheiten geschildert hat, berufen und auch auf das Gutachten des kinderpsychiatrischen Sachverständigen (demgegenüber ebenfalls eine Tatschilderung abgegeben worden war) über die psychische Lage des Opfers sowie dessen Aussagetüchtigkeit und ‑fähigkeit stützen konnten. Mit der Abweisung des Antrages auf (neuerliche) Vernehmung des Mädchens ist daher weder der geltend gemachte Verfahrensmangel unterlaufen noch sind verfassungsrechtlich gesicherte Verteidigungsrechte hintangehalten worden.

Mit der Unterlassung einer Ergänzung des Gutachtens dahin, ob nicht doch eine neuerliche Vernehmung des Kindes ohne psychische Nachteile möglich wäre (AS 311), wurden Verteidigungsrechte ebensowenig verletzt, weil gerade diese Frage vom Sachverständigen unmittelbar vorher (AS 309) geklärt worden war.

Die des weiteren bereits im Rahmen der Verfahrensrüge angestellten Überlegungen, es wäre nötig gewesen, Eva S* zu verschiedenen Details des Umfeldes der Tat in der Hauptverhandlung als Zeugin zu vernehmen, beschäftigen sich im wesentlichen mit entscheidungsirrelevanten Umständen sowie lediglich mit Überlegungen zum Beweiswert einzelner Depositionen des Mädchens gegenüber verschiedenen Personen und erweisen sich damit als der im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Versuch, Beweiswürdigungsüberlegungen des Schöffengerichtes zu bekämpfen.

Den Ausführungen der Verfahrensrüge zur Frage, ob Eva S* vom Täter zum Tatort gezerrt wurde (wovon das Schöffengericht gar nicht ausging), inwieweit ihre Angaben gegenüber ihrer Urgroßmutter Mathilde S* sowie vor der Vernehmungsbeamtin der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter nicht übereinstimmen und in welchen zeitlichen Bereich sich die Tat einordnen läßt, stellen im übrigen der Sache nach Mängelrügen dar und werden auch im Rahmen der Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes wiederholt, worauf später einzugehen sein wird.

Trotz Unterlassung einer Begründung für die Abweisung des Antrages auf Ausforschung und Vernehmung jener Kinder, die nach der Verantwortung des Angeklagten gemeinsam mit Eva S* bei der Pferdekoppel gewesen sein sollen, sind Verteidigungsrechte des Angeklagten durch die Vorgangsweise des Schöffengerichtes nicht beeinträchtigt worden. Das wiederholte Beschwerdevorbringen, gerade dazu hätte Eva S* als Zeugin vernommen werden sollen, übersieht, daß die Verteidigung in der Hauptverhandlung vom 26. Juni 1990 (ON 24) ausreichend Gelegenheit hatte, diese Frage zu erörtern und dies auch getan hat (AS 226), dabei aber keine konkreten Ergebnisse erzielte und auch die weiteren vom Erstgericht durch die Gendarmerie angestellten Erhebungen ergebnislos verliefen (AS 253), sodaß sich dieser Beweis als undurchführbar erwies.

Letztlich hat auch die Abweisung des auf Durchführung eines Lokalaugenscheines, der allein zum Beweise dafür beantragt wurde, daß der Tatort in einem solchen Bereich lag, der von den umliegenden Häusern eingesehen werden konnte (AS 312, 328), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht berührt, weil die Tatrichter bei der Feststellung des relevanten Sachverhaltes ohnedies von jenen Umständen ausgegangen sind, die der Angeklagte damit unter Beweis stellen wollte (US 4).

Die Mängelrüge (Z 5) wirft dem angefochtenen Urteil zu Unrecht Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen vor, weil es Angaben der Zeugin Eva St* zur zeitlichen Einordnung der Tat übergehe. Die dazu weitwendig angestellten Überlegungen vernachlässigen, daß sich die Tatrichter eingehend mit voneinander abweichenden Zeitangaben der einzelnen Zeugen auseinandergesetzt und logische sowie der Lebenserfahrung entsprechende Erklärungen dafür gefunden haben (US 11 und 12). Der zeitliche Ablauf der Ereignisse findet im Beweisverfahren ausreichend Deckung und läßt den vom Angeklagten angestrebten Ausschluß seiner Täterschaft nicht zu.

Die bereits im Rahmen der Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang erörterte Frage, wie oft Mathilde S* bei der Suche ihrer Urenkelin nach dieser gerufen hat (bzw ob Eva S* Rufe der Zeugin S* zunächst nicht gehört oder überhört hat und ob diese Rufe allenfalls für sie gar nicht hörbar waren), bezieht sich auf Umstände, denen für die Entscheidung in der Schuldfrage keine wesentliche Bedeutung zukommt.

Die Feststellungen über die Einsehbarkeit des Tatortes sind entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen weder widersprüchlich noch unzureichend begründet. Das Schöffengericht hat mit den Urteilsannahmen, daß der Tatort verschieden einsehbar ist, keine einander ausschließenden Tatsachen festgestellt. Es ging davon aus, daß der Tatort auf einer Seite von freiem Feld aus völlig einsehbar, auf der anderen Seite durch einige Büsche und Sträucher von dahinterliegenden Gärten abgegrenzt und teilweise einsehbar war und auch von den dahinterliegenden Häusern überblickt werden konnte. Der Angeklagte wählte nach den Urteilskonstatierungen den Tatort, weil in den Gärten und auf dem Feld niemand zu sehen war (US 6). Das Erstgericht ging somit erkennbar davon aus, daß er bestrebt war, eine unmittelbare Störung von diesen Seiten aus hintanzuhalten, wobei es entscheidungsunwesentlich ist, ob er gewillt war, eine Beobachtung vom Fenster eines der hinter den Gärten liegenden Häuser in Kauf zu nehmen oder nicht. Das Urteil ist zur Einsehbarkeit des Tatortes den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen zuwider auch nicht mangelhaft begründet, weil sich die Tatrichter hiebei (denklogisch korrekt) auf Zeugenaussagen, von der Gendarmerie angefertigte Fotos und die angefertigte Skizze stützen konnten. Letztlich ist es aber für die Schuldentscheidung nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, weshalb der Täter gerade einen bestimmten Tatort auswählt.

Ebensowenig relevant ist der Umstand, ob der Angeklagte bei der Tat eine Unterhose getragen hat. Soweit sich das Rechtsmittel damit auf die Verantwortung des Angeklagten bezieht, er trage nur bei der Arbeit eine Unterhose (AS 202) bzw Sporthose (AS 206; beide Aussagen wiederholt in der Hauptverhandlung vom 3. März 1992, AS 295), ergibt sich aus der Aktenlage, daß er jedenfalls auch bei seiner Festnahme und Einlieferung in das Gefangenenhaus des Erstgerichtes neben der Hose eine solche Sporthose trug (Übernahmsbericht AS 88).

In der Argumentation der Mängelrüge nimmt die Wiederholung des Vorbringens in der Hauptverhandlung breiten Raum ein, das Tatopfer habe sich den Anordnungen seiner Großmutter zuwider bei seiner Rückkehr von der Pferdekoppel verspätet und den Vorwurf gegen den Angeklagten erfunden, um diesbezüglichen Vorhaltungen oder Zurechtweisungen zu entgehen. Die Behauptung der Beschwerde, dies werde durch das Gutachten des kinderpsychiatrischen Sachverständigen erhärtet, entspricht nicht dem diesbezüglichen Verfahrensergebnis. Die Frage des Verteidigers, ob ein Kind, das bei einer Verspätung ertappt werde, versuche, seine Position in das bestmögliche Licht zu bringen, beantwortete der Sachverständige zwar mit einem eindeutigen Ja und fügte hinzu, dies wäre „typisch Kind“. Die Beantwortung der ergänzenden Frage des Vorsitzenden, ob ein Kind bezogen auf den konkreten Fall einen „Schmäh“ dieses Umfanges erfinde, lehnte der Sachverständige jedoch mit dem Hinweis ab, dies könne er nicht beurteilen, weil er damit in die Beweiswürdigung des Gerichtes eingreife (AS 309). Damit mußte aber auch für den Rechtsmittelwerber klar geworden sein, daß die Weiterverfolgung der bereits in der Hauptverhandlung aufgestellten Mutmaßung, Eva S* habe eine Straftat erfunden, um ein verspätetes Heimkommen zu kaschieren, lediglich das Bemühen darstellt, die von der Tatsacheninstanz gewonnenen Beweisergebnisse in einer vom Angeklagten erwünschten Weise umzudeuten und auf diese Art die Beweiswürdigung des Erstgerichtes unzulässigerweise zu unterlaufen.

Nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist ferner, ob der Angeklagte bei seinem Spaziergang zur Pferdekoppel einen Kater an der Leine führte. Die diesbezügliche Feststellung des Gerichtes, dies sei nicht der Fall gewesen, steht aber jedenfalls mit den Aussagen der Zeugen Eva St* (AS 301) und Eva Lina T* (AS 324, Bestätigung von ON 24 S 15) in Einklang.

Auch mit dem Hinweis, es wäre zur Tatzeit so kalt gewesen, daß sich niemand vollständig entblößt auf den Erdboden gesetzt hätte, werden unter Berücksichtung der aktenkundigen Witterung bei gegebener Jahreszeit lediglich für die Schuldentscheidung nicht relevante Umstände berührt. Die mit der Nichtigkeitsbeschwerde vorgelegte meteorologische Auskunft ist schon aus diesem Grund, aber auch weil im Nichtigkeitsverfahren die Führung von Beweisen über Tatsachen ausgeschlossen ist (Mayerhofer‑Rieder, StPO3, ENr 22 zu § 281), unbeachtlich.

Mit der (im Rahmen der Mängelrüge mehrfach unternommenen) Abwägung, inwieweit die Angaben von Eva S* gegenüber ihrer Urgroßmutter und der sie vernehmenden Gendarmeriebeamtin übereinstimmen, wird letztlich neuerlich der Versuch eines unzulässigen Eingriffes in die tatrichterliche Beweiswürdigung unternommen, ohne daß damit formale Begründungsmängel im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt werden. Das Erstgericht hat die tatsachenmäßigen Grundlagen für seine Sachverhaltsfeststellungen dargetan (US 10 bis 13). Die daraus gezogenen Schlüsse widersprechen weder den Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Beschwerde übergeht in ihrer Argumentation in weiten Bereichen, daß sich das Erstgericht keineswegs bloß auf Schilderungen von als Zeugen vernommenen dritten Personen über Angaben des Kindes zum Tatgeschehen gestützt, sondern unter anderem auch die (als glaubwürdig erachtete) Aussage der Zeugin T* herangezogen hat, derzufolge diese Zeugin sah, wie der Angeklagte unmittelbar vor der Tat das Mädchen an der Hand nahm und sich mit ihm zum Tatort entfernte (US 11). Die geltend gemachten Begründungsmängel haften somit dem bekämpften Urteil nicht.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederholt in gleichgelagerter Argumentation die Ausführungen der Mängelrüge zur Eingrenzung der Tatzeit, zu den damals herrschenden Temperaturverhältnissen, zu den Fragen, wie der Angeklagte mit dem Opfer zum Tatort gelangt sein soll, ob er bei der Tat eine Unterhose trug, aus welchem Grund Grashalme in die Unterhose des Mädchens gelangt sein können und ob es die Straftat bloß erdacht habe und beschäftigt sich überdies mit der Suche von Mathilde S* nach ihrer Urenkelin sowie mit aus dem Zusammenhang gelösten Aussagen der Zeugin Eva Lina T*.

Damit vermag die Rüge aber weder schwerwiegende, unter Außerachtlassen der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen noch auf aktenkundige Ergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen ließen. Die für die Anfechtung des Urteils mit diesem Nichtigkeitsgrund erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen kann keineswegs in dem schlichten Vorbringen bestehen, das Erstgericht habe Beweisergebnisse bedenklich gewürdigt. Insbesondere kann der zur Darlegung erheblicher Zweifel am Gelingen der Wahrheitsfindung gebotene Vergleich aktenkundiger Umstände mit entscheidenden Feststellungen nicht durch die Behauptung ersetzt werden, von der ersten Instanz in freier Würdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) gewonnene Beweisergebnisse seien zufolge innerer Unwahrscheinlichkeit der Sachverhaltsdarstellung unglaubwürdig (Mayerhofer‑Rieder aaO, ENr 2 und 4 zu § 281 Z 5 a).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen der örtlich zuständige Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten Gesetzesbestimmung.

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