OGH 14Os81/87

OGH14Os81/8722.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Juli 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef K*** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1, erster Deliktsfall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 22.Jänner 1987, GZ 19 Vr 635/86-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Kern zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der am 17. (in der Urteilsausfertigung irrtümlich: 19.) März 1956 geborene Josef K*** (zu I.) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1, erster Deliktsfall, StGB und (zu II.) des hiemiet in Tateinheit begangenen Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er Mitte August 1985 in Weissenbach (Texing) I. die unmündigen Personen Hubert B*** (geboren am 21. Februar 1976) und Daniela U*** (geboren am 19.Februar 1979) zur Unzucht mißbraucht, indem er sie am Geschlechtsteil betastete und sich seinerseits von den Unmündigen an seinem Geschlechtsteil betasten ließ und II. durch das unter I. angeführte Verhalten seine Stiefkinder Robert B*** und Daniela U*** zur Unzucht mißbraucht. Die vom Angeklagten dagegen aus den Z 3, 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge zuwider begründete die Verlesung der (in einem Aktenvermerk festgehaltenen) Angaben der Daniela U*** vor der Gendarmerie in der Hauptverhandlung keine Nichtigkeit nach der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO. Ein solches Vorgehen des Gerichtes entspricht vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSt 21/102 ua) dem § 252 Abs. 2 StPO, der in der taxativen Aufzählung des § 281 Abs. 1 Z 3 StPO (vgl SSt 32/9 und viele andere) nicht angeführt ist und kann im übrigen selbst dann mit (dem nur im gerichtlichen Verfahren anwendbaren) Art 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit d MRK (VerfSlg 7492) vereinbart werden, wenn sich die zur Aussageverweigerung berechtigte Person (§ 152 Abs. 1 Z 1 StPO) in der Hauptverhandlung der Aussage entschlägt (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 24.November 1986, Nr 1/1985/87/134; EuGRZ 1987 S 147 ff). Allerdings müssen bei der Verwertung verlesener Aussagen als Beweismittel im Urteil die Verteidigungsrechte, deren Schutz Ziel und Zweck von Art 6 MRK ist, insbesondere dann in besonderem Maße berücksichtigt werden, wenn die einer (gerichtlich) strafbaren Handlung angeklagte Person - die gemäß Art 6 Abs. 3 lit d MRK das durch die Ausübung konventionsgerechter Entschlagungsrechte von (Belastungs-)Zeugen faktisch jedoch geschmälerte Recht zur Stellung von Fragen an diese hat - in keinem Stadium des vorangegangenen Verfahrens die Möglichkeit hatte, Fragen an jene Personen zu stellen, deren Aussagen bei der Verhandlung verlesen wurden (vgl dazu das oben erwähnte Urteil des EGMR). Denn es könnte die einem strikten Beweisverwertungsverbot zuwiderlaufende oder unter bestimmten, die Beweismittelfreiheit einschränkenden Voraussetzungen nicht gestattete Heranziehung von Erkenntnisquellen (siehe dazu Mayerhofer-Rieder StPO2 § 3 Nr 27 und § 281 Abs. 1 Z 5 Nr 166, 167) zur Begründung eines Ausspruches über entscheidende Tatsachen unter Umständen Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zur Folge haben.

Insoweit ist nun zunächst davon auszugehen, daß die österr. StPO - von den im § 281 Abs. 1 Z 2 StPO angeführten Fällen abgesehen - ein (gesetzliches) Verbot der (Verlesung und) Verwertung der Ergebnisse gemäß §§ 24 und 88 StPO unter den Garantien des Art 5 MRK durchgeführter sicherheitsbehördlicher Ermittlungstätigkeit (sohin von Amtshandlungen der spontan oder über Auftrag des Staatsanwaltes einschreitenden Sicherheitsorgane und Sicherheitsbehörden) nicht kennt. Diese sind vielmehr entsprechend ihrer tatsächlichen und rechtlichen Qualität als Augenscheinsgegenstände, Urkunden, Zeugen, Sachverständige oder sonstige Beweismittel nach Maßgabe der Zulässigkeit und Möglichkeit ihrer Verwendung und Reproduzierung im Strafverfahren (vergleiche beispielsweise §§ 120 und 151 StPO) im Sinne des Unmittelbarkeitsgrundsatzes prinzipiell als direkte, bei Unmöglichkeit der Wiederholung aus tatsächlichen Gründen (z.B. verwischte Spuren, nicht mehr verfügbare Zeugen) aber als indirekte Beweismittel durch Verlesung oder sonstige Dartuung in der Hauptverhandlung in das gerichtliche, unter den Garantien des Art 6 MRK stehende Strafverfahren einzuführen und so zum Gegenstand der überprüfung durch das erkennende Gericht zu machen (§ 258 Abs. 1 StPO). Dabei steht die Tatsache, daß sich eine zur Zeugnisentschlagung berechtigte Person, die im sicherheitsbehördlichen Ermittlungsverfahren den Angeschuldigten be- oder entlastende Angaben gemacht hat, vor Gericht dann der Aussage entschlägt, der Verlesung ihrer Depositionen im Verfahren gemäß §§ 24 und 88 StPO - unabhängig davon, ob diese in Form einer Niederschrift oder eines Berichtes festgehalten worden sind - nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes (siehe dazu die bei Mayerhofer-Rieder2 unter Nr 17 zu § 281 Abs. 1 Z 3 StPO zitierten Entscheidungen) und dem oben angeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (dort Punkt 31) nicht im Wege. Insoferne kann auch von einer Umgehung des Entschlagungsrechtes (vgl EvBl 1960/329 = SSt 31/58) keine Rede sein, weil eine solche die Gewinnung eines neuen (weiteren) Beweismittels trotz eines bereits geltendgemachten Entschlagungsrechtes zum Ziel hat, durch die Verlesung einer früher abgelegten Aussage jedoch ein bereits vorhandenes, von einem Sicherheitsorgan, einer Sicherheitsbehörde (§ 24 StPO) oder vom Staatsanwalt (§ 88 StPO) vor Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens (§ 88 Abs. 1 StPO) rite gewonnenes Beweismittel vorgeführt wird, auf das sich das nur gerichtliche Protokolle

betreffende Verlesungsverbot des § 252 Abs. 1 StPO (arg: ... dürfen nur ... verlesen werden) überhaupt nicht bezieht (vgl Mayer,

Commentar zu der Österreichischen Strafprozeßordnung, RN 11 zu § 252). Allerdings wird das Gericht bei der Verwertung solcher nicht unter gerichtlicher Kontrolle produzierter Beweismittel in verfassungskonformer, die Grundsätze des Art 6 MRK Abs. 1 und 3 lit d MRK beachtender Interpretation der §§ 3 und 258 Abs. 2 StPO - die einerseits zur Erforschung der materiellen Wahrheit und andererseits zu einer sorgfältigen und gewissenhaften, somit auch fairen Gewichtung und Wertung der Beweismittel auf ihre Beweiskraft und Glaubwürdigkeit sowohl im einzelnen als auch im Zusammenhang verpflichten - auf die mit der Abführung mittelbarer Beweise regelmäßig verbundene Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte Bedacht nehmen und deswegen auf Antrag oder von Amts wegen alle sinnvollen und rechtlich zulässigen Beweise durchführen müssen, die geeignet sind, die Beweiskraft der Anklagegrundlagen, also auch einer verlesenen Aussage, abzuschwächen oder gar zu widerlegen (vgl 11 Os 64/75, 9 Os 95/82, 13 Os 3/86, 11 Os 24,25/87).

Geht man nun in Übereinstimmung mit dem Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte (EKMR) vom 11.Oktober 1984 im Fall U*** gegen Ö*** (dort Punkte 98 und 99, abgedruckt ebenfalls in EuGRZ 1987, S. 153) und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSt 41/7 = EvBl 1970/243) davon aus, daß der Grundsatz der Unmittelbarkeit - wie in den meisten Prozeßordnungen so auch in der StPO - nicht lückenlos durchgehalten wird, die Aufnahme indirekter Beweise also zulässig ist und folgt man ferner der in der zitierten Entscheidung vertretenen Ansicht des Obersten Gerichtshofes - die ersichtlich auch vom EGMR und der EKMR geteilt wird -, daß die Verwertung solcher Beweismittel unter bestimmten Voraussetzungen gestattet ist, dann nämlich, wenn sie nur als (unmittelbarer) Beweis über indizierende Tatsachen (Hippel, Strafprozeß S 391, Beling, Strafprozeßrecht S 319; SSt 41/7) gewertet und dem Angeklagten keine zur Erschütterung derselben geeigneten Gegenbeweise verwehrt werden, dann folgt daraus denkrichtig, daß die Berücksichtigung und Gewichtung indirekter Beweise letztlich eine Abwägungsfrage ist, was der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung vom 11.Februar 1970, 12 Os 177/69 (SSt 41/7 = EvBl 1970/243 = RZ 1970, 97) unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat und im Urteil des EGMR (dort Pkt 33) sowie im Bericht der EKMR (dort Pkte 97-101) gleichfalls anklingt. Daß eine solche Abwägung von Interessen bei der Prüfung der Zulässigkeit von Beweisen der Strafprozeßordnung nicht fremd ist, folgt auch aus der Bestimmung des § 153 letzter Satzteil StPO.

Vorliegend kann nun keine Rede davon sein, daß das Gericht den Grundsatz des fair trial bei der Begründung seiner Entscheidung in einer Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO begründenden Weise verletzt hat. Stützte es doch seine Feststellungen schwergewichtig auf das Tatsachengeständnis des Angeklagten vor der Gendarmerie und auf die Angaben der gerichtlich in Anwesenheit des Angeklagten und dessen Verteidigers unter Wahrung deren Fragerechts vernommenen Zeugen und zog es die (verlesenen) Angaben der Daniela U*** nur zur Dartuung ihrer Konformität mit den Aussagen der übrigen Zeugen und der Glaubwürdigkeit des von diesen auf Grund eigener Wahrnehmungen Bekundeten heran. Letztlich wurde dem Angeklagten vom Gericht zur Wahrung seiner Verteidigungsrechte auch die Möglichkeit geboten, Beweise abzuführen, die er zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Angaben der Daniela U*** (und ihres Bruders Robert B***) beantragt hatte.

Der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten ist weiters global entgegenzustellen, daß die vom Schöffengericht aus den gegebenen Indizien (vgl US 4 ff) gezogenen Schlußfolgerungen auf die Täterschaft des Beschwerdeführers durchaus denkfolgerichtig und lebensnah sind, wobei die Tatrichter - entgegen der Beschwerde - keineswegs gehalten waren, bei mehreren gegebenen Würdigungsvarianten der für den Rechtsmittelwerber günstigeren prinzipiell den Vorzug zu geben (Mayerhofer-Rieder aaO § 258 Nr 52 a).

Grundlegend ist ferner, daß die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen ausschließlich dem erkennenden Gericht zusteht und daß dieses seine Pflicht die Beweise einzeln und in ihrem Zusammenhang zu würdigen nicht auf Zeugen überwälzen darf, denen die Zusammenschau über mehrere Beweismittel in der Regel gar nicht zur Verfügung steht. Deshalb muß sich das Gericht in den Entscheidungsgründen in der Regel nicht mit Meinungen von Zeugen über innere Vorgänge in anderen Personen oder über deren Glaubwürdigkeit auseinanderzusetzen, sondern lediglich mit jenen sich aus Zeugenaussagen ergebenden Fakten, die für eine Würdigung der Beweismittel im Sinne des § 258 Abs. 2 StPO bedeutsam sind. Auf derartige in der Aussage der Zeugin Dr.S*** enthaltenen Umstände aber wird im Urteil ohnedies gebührend eingegangen (AS 87, 88) und damit die dem Gericht obliegende Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) hinreichend erfüllt. Dies gilt insbesondere für die nicht aktengetreue Behauptung der Beschwerde, das Gericht befasse sich nicht mit der (ein Tatsachenvorbringen enthaltenden) Erklärung der Zeugin Dr.S***, es seien "auf Grund ihrer Untersuchungen keine Hinweise festgestellt worden, die sonst bei Schändungen feststellbar sind". Abgesehen davon, daß sich das Gericht mit den diesen Problemkreis betreffenden Angaben der genannten Zeugin ausführlich befaßte (vgl US 6), findet sich die oben zitierte Passage nicht so im Protokoll; denn Dr.S*** bekundete im Anschluß an ihre Angabe, die beiden Kinder hätten Worte gebraucht, die über ihr Niveau erstaunlich weit hinausreichten, lediglich, daß Hinweise, die man sonst bei Schändungen noch habe, nicht erbracht worden seien, was evidentermaßen einen ganz anderen Sinn ergibt, als die Beschwerde diesem Aussageteil unterlegt.

Urteilsfremd ist weiters die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht habe trotz der Angaben der Zeugin Dr.S*** das Vorliegen sexueller Störungen bei den Kindern angenommen; denn den betreffenden Entscheidungsgründen (vgl insbesondere US 6) ist eine derartige Konstatierung keinesfalls zu entnehmen. Anders als es die insoweit aktenwidrige Beschwerde behauptet, hatte die Zeugin Dr.S*** letztlich keineswegs angegeben, für sie habe die Aussage des Zeugen Robert B*** keinen eindeutigen Beweis dargestellt, weil dieser Zeuge unter Druck genau das Gegenteil der Wahrheit wiedergebe. Vielmehr hatte die Zeugin (vgl S 75) lediglich bekundet, Robert B*** sei ein eher unsicherer, verdeckter, verschlossener Bub, der von sich aus erst etwas sage, wenn man ihm unter Druck etwas herauslocken wolle, dann aber das Gegenteil erzähle, und erst in der Folge ihre Ansicht geäußert, für sie seien die Darstellungen der Kinder keine eindeutigen Beweise, daß sie wirklich mißbraucht worden waren. Letztere, des Tatsachencharakters entbehrende subjektive Meinungsäußerung durfte aber nach dem oben Gesagten in der Tat sanktionslos unerörtert bleiben (vgl abermals Mayerhofer-Rieder aaO § 270 Nr 133).

Mit allen weiteren Ausführungen zur Mängelrüge werden formale Begründungsgebrechen nicht einmal behauptet, sondern es wird damit lediglich der im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige Versuch unternommen, die Beweiskraft der einzelnen Indizien in Zweifel zu setzen und muß demnach darauf nicht weiter eingegangen werden, sondern kann es damit sein Bewenden haben, auf die eingangs dargelegten, die Beweiswürdigung betreffenden allgemeinen Grundsätze nochmals hinzuweisen.

Es versagen endlich aber auch die zur Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO sowie im Rahmen der Mängelrüge erstatteten Beschwerdeausführungen rechtlicher Natur, mit denen der Angeklagte Feststellungsmängel in Ansehung der subjektiven Tatseite reklamiert. Die Delikte der Unzucht mit Unmündigen und des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses in der hier aktuellen Begehungsweise (durch Mißbrauch der Opfer zur Unzucht und nicht durch deren Verleitung zu einer unzüchtigen Handlung an sich selbst) erfordern für ihre Verwirklichung in subjektiver Hinsicht ein vorsätzliches Handeln des Täters im Sinne des § 5 Abs. 1 StGB, nicht jedoch Tathandlungen mit der gesteigerten Vorsatzform der Absichtlichkeit (§ 5 Abs. 2 StGB). Der demgemäß für die Subsumtion ausreichende Wille des Angeklagten, einen Sachverhalt zu verwirklichen, welcher den beiden gesetzlichen Tatbildern entspricht, kommt dem Beschwerdestandpunkt zuwider im Urteilssachverhalt durch die Verhaltensbeschreibung mit Tätigkeitsworten, welche eine Willensbetätigung bezeichnen, ebenso unzweifelhaft zum Ausdruck, wie in der zusammenfassenden Charakterisierung des objektiven deliktischen Geschehens als Setzung "bewußter Unzuchtshandlungen" (US 5). Damit hat das Erstgericht keineswegs bloß die Wissenskomponente des Vorsatzes umschrieben, die als denknotwendiger Inhalt des Verwirklichenwollens eines Sachverhaltes in der Legaldefinition des § 5 Abs. 1 StGB gar nicht erwähnt wird, sondern in sachverhaltsmäßiger Beziehung ein willensgesteuertes Vorgehen des Angeklagten konstatiert, welches den sexuellen Mißbrauch der Kinder zum Ziel hatte (vgl US 3 unten, 4 unten, 5 Mitte und 11). Auf Grundlage dieses Sachverhaltes erfolgte aber die rechtliche Annahme vorsätzlichen Handelns des Angeklagten beim Mißbrauch seiner unmündigen Stiefkinder zur Unzucht ohne Rechtsirrtum.

Es liegt aber auch kein Feststellungsmangel darüber vor, ob der Angeklagte durch die Tat sich oder einen Dritten geschlechtlich erregen oder befriedigen wollte, weil eine solche besondere Ausprägung des Vorsatzes sowohl hinsichtlich des Willensinhaltes als auch in Ansehung der Vorsatzintensität der Absichtlichkeit nur beim dritten Deliktsfall der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und bei der zweiten Begehungsweise des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB - also jeweils bei der Verleitung des Opfers zu einer unzüchtigen Handlung an sich selbst - erforderlich wäre (vgl Leukauf-Steininger StGB2 § 207 RN 12 und § 212 RN 21 sowie Mayerhofer-Rieder StGB2 § 207 Nr 12). Dies ist aber vorliegend nicht aktuell.

Nach dem Gesagten war die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen und den Mißbrauch zweier Personen zur Unzucht, als mildernd demgegenüber den Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung durch seine Aussage vor der Gendarmerie und verhängte über ihn gemäß §§ 28, 207 Abs. 1 StGB eine Freiheitstrafe in der Dauer von sieben Monaten. Da der Schuld- und Unrechtsgehalt des Mißbrauchs zweier so kleiner Kinder zur Unzucht dermaßen groß sei, komme aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen eine bedingte Strafnachsicht nicht in Betracht.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung und Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, ist teilweise begründet. Dem Rechtsmittel zuwider vermag zwar der Umstand, daß bei den Kindern keinerlei sexuelle Störungen nachweisbar eingetreten sind, bei den gegebenen Tatbeständen keine mildernde Wirkung nach sich zu ziehen. Hingegen ist als zusätzlicher Milderungsgrund zu werten, daß die beiden im Urteil angeführten Vorstrafen des Angeklagten im Zeitpunkt der Fällung der Entscheidung erster Instanz bereits tilgbar waren (und demgemäß in der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft auch nicht mehr aufscheinen). Dennoch erweist sich bei einem bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatz die vom Erstgericht geschöpfte Unrechtsfolge als nicht überhöht und mithin einer Ermäßigung nicht bedürftig. Wohl aber scheinen angesichts der Unbescholtenheit des Angeklagten, seines erheblichen Beitrags zur Wahrheitsfindung und des Umstandes, daß er mit den Kindern nicht mehr in Hausgemeinschaft lebt, die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 StGB gegeben, weshalb bedingte Strafnachsicht gewährt und insoweit der Berufung Folge gegeben werden konnte.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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