OGH 4Ob87/92

OGH4Ob87/9220.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****gmbH & Co KG, *****vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F*****gmbH, ***** vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 31.Juli 1992, GZ 4 R 145/92-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20.Mai 1992, GZ 37 Cg 82/92-4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Verlegerin der Tageszeitungen "K*****" und "N*****-Zeitung"; die Beklagte ist Medieninhaberin, Verlegerin und Druckerin der Wochenzeitschrift "Die ganze Woche".

Anfang April 1992 wurde an alle österreichische Haushalte eine Postwurfsendung gerichtet, deren erste Sendung folgendes Aussehen hatte:

Auf den Seiten 2 und 3 der Ankündigung war ein Haus abgebildet, auf dessen Fensterflächen die "Traumeinrichtung" für Schlaf-, Wohn-, Kinder-/Jugendzimmer sowie Küche eingeklebt werden sollten.

Die letzte Seite war folgendermaßen gestaltet: In den Ausgaben Nr.15, 16 und 17 der "Ganzen Woche" vom 9., 16. und 23.4.1992 wurden sodann die in der Postwurfsendung angekündigten Einrichtungsbeispiele veröffentlicht. Auf der ersten Seite der Zeitschrift stand jeweils in der linken Spalte unterhalb der in roten Buchstaben gehaltenen Überschrift "Die ganze Welt des Wohnens" sowie der Abbildung eines Hauses folgender Text in grünen Buchstaben:

"Wie wohnen Sie am liebsten? Wählen Sie mit Leiner ihre

Traumeinrichtung. Auf Seite ... erwartet Sie Großartiges!

Textil

Teppich

Möbel

Leiner

Heute: Folge ... zum Thema".

(Hier wurde jeweils eine der vier schon in der Postwurfsendung enthaltenen Raumarten genannt).

In der "Ganzen Woche" Nr.16 vom 16.4.1992 waren auf den Seiten 68/69 vier Bilder zum Bereich Wohnzimmer, in der Ausgabe Nr.17 vom 23.4.1992 auf den Seiten 96/97 vier Bilder zum Bereich Kinder-/Jugendzimmer abgebildet. Die Einschaltungen im Blattinneren mit den Wohnbeispielen waren - im Gegensatz zu der Ankündigung auf der ersten Seite - als Werbung gekennzeichnet. Sie enthielten nach dem im kräftigen Rot gehaltenen Slogan "Die ganze Welt des Wohnens" die Aufforderung: "Machen Sie mit bei unserem Einrichtungsspiel und gewinnen Sie mit Leiner und der Ganzen Woche Traumeinrichtungen im Gesamtwert von S 600.000!". Dabei waren jeweils auch die Logos der Firma Leiner und der "Ganzen Woche" abgebildet. In einem grün unterlegten Kasten war nach der in größerem Druck gehaltenen Überschrift "So einfach spielen Sie mit" folgendes zu lesen:

"Über vier Wochen hinweg haben Sie die Möglichkeit, mit Leiner und der Ganzen Woche Ihre Traumeinrichtung für Schlafzimmer, Wohnzimmer, Kinder-/Jugendzimmer oder Küche zu gewinnen.

In der Ganzen Woche sind dazu jeweils vier Einrichtungsbeispiele abgebildet. (Diese Bilder liegen auch in jedem Leiner-Einrichtungshaus zur freien Entnahme auf oder Sie können sie - ohne jeden Kaufzwang - per Postkarte bei Leiner, Postfach 1050, 3101 St.Pölten, anfordern.)

Wählen Sie diese Woche Ihren Lieblingsstil aus dem Bereich 'Wohnzimmer': von wohnlich-behaglich oder edel-gediegen über phantasievoll bis romantisch-verspielt. Schneiden Sie die Abbildung aus, die Ihrem ganz persönlichen Geschmack entspricht, und kleben Sie sie in Ihren Wohnplan. (Falls Sie diesen noch nicht erhalten haben, fragen Sie in Ihrem Leiner-Einrichtungshaus danach. Selbstverständlich können Sie den Wohnplan auch - ohne jeden Kaufzwang - per Postkarte unter oben angegebener Adresse bei Leiner anfordern.)

Wenn der Plan mit der Traumeinrichtung (also den Abbildungen zu Schlafzimmer, Wohnzimmer, Kinder-/Jugendzimmer und Küche) vollgeklebt ist, schicken Sie ihn nur noch an Leiner, Postfach 1050, 3101 St.Pölten - und schon sind Sie bei unserem Gewinnspiel dabei. Einsendeschluß ist der 8.5.1992 (Datum des Poststempels)."

Daneben hieß es in einer Spalte mit der Überschrift "Das können Sie gewinnen:"

"Wir verlosen aus allen Einsendungen für jeden Wohnbereich je eine Einrichtung nach Ihrer Wahl im Wert von

S 150.000,-.

Der Gewinn kann auch in einem Leiner-Warengutschein abgelöst werden.

Die Verlosung findet am 15.5.1992 statt. Die Gewinner werden schriftlich verständigt. Über das Gewinnspiel kann keine Korrespondenz geführt werden. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Teilnahmeberechtigt sind alle, mit Ausnahme der Mitarbeiter von Leiner und der Ganzen Woche sowie deren Angehörige. Der Kauf der Ganzen Woche ist nicht Bedingung zum Mitspielen.

Viel Spaß beim 'Einrichten' und viel Glück!"

Mit der Behauptung, daß sich die Beklagte an der Werbung der Firma Leiner derart beteiligt habe, daß sie sich die Ankündigung des Gewinnspieles als eigenen Verstoß gegen § 9a Abs 1 Z 1 UWG zurechnen lassen müsse, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften zu Zwecken des Wettbewerbs das Gewähren unentgeltlicher Zugaben und/oder Prämien, insbesondere von Traumeinrichtungen im Gesamtwert von S 600.000, anzukündigen, wenn für die Erlangung der Zugabe und/oder Prämie der Erwerb einer von der Beklagten verlegten Zeitung oder Zeitschrift, insbesondere der Zeitschrift "Die ganze Woche", notwendig oder förderlich ist. Durch die Art und Weise der Beteiligung der Beklagten an dem Gewinnspiel werde auf die Empfänger des Postwurfes ein übersteigerter Anreiz zum Kauf jener Ausgaben der "Ganzen Woche" ausgeübt, die in den auf den Erhalt des Postwurfes folgenden vier Wochen erscheinen. Der potentielle Käufer der "Ganzen Woche" werde die Zeitschrift nicht so sehr wegen ihrer Güte und Preiswürdigkeit, sondern wegen der Möglichkeit, an einem Gewinnspiel teilzunehmen, erwerben.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Selbstverständlich habe sich die "Ganze Woche" an der Aktion der Firma Leiner beteiligt. Eine solche Beteiligung könnte ihr aber nur dann als Verstoß gegen § 9a Abs 1 Z 1 UWG zugerechnet werden, wenn von der Aktion auch noch ein Anreiz zum Kauf eines weiteren Exemplars der "Ganzen Woche" ausgehen könnte. Das sei aber nicht der Fall, weil die aufzuklebenden Bilder auch in jedem Leiner-Einrichtungshaus zur freien Entnahme auflägen und mit Postkarte bei Leiner angefordert werden könnten. Auf den Titelseiten der "Ganzen Woche" Nr.15, 16 und 17/1992 sei das Gewinnspiel nicht als solches angekündigt worden, so daß es an einem unlauteren Anreiz zum Erwerb der Zeitschrift gefehlt habe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Ausnahmetatbestand des § 9a Abs 2 Z 8 UWG liege nicht vor, weil nicht vier Gewinnspiele, sondern nur eines mit vier Preisen zu je S 150.000 veranstaltet worden sei. Nach Aufmachung und Inhalt des Postwurfes und der Inserate könne kein Zweifel daran bestehen, daß sich die Beklagte am Gewinnspiel der Firma Leiner in der Form einer Gemeinschaftswerbung auch zur Förderung des Absatzes ihrer Zeitung beteiligt habe. Sie müsse sich daher das Ankündigen des Gewinnspieles als eigene Werbemaßnahme zurechnen lassen. Trotzdem verstoße das Gewinnspiel, soweit es der Beklagten zuzurechnen sei, weder gegen § 9a Abs 1 noch gegen § 1 UWG, weil die Teilnahme nicht an den Kauf der "Ganzen Woche" gebunden gewesen sei.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Dem Erstgericht sei zuzustimmen, daß sich die Beklagte die Ankündigung des Gewinnspiels als eigene Werbemaßnahme zurechnen lassen müsse und daß das Gewinnspiel nicht unter § 9a Abs 2 Z 8 UWG falle. Dem Erstgericht könne aber nicht darin gefolgt werden, daß die in den Teilnahmebedingungen vorgesehene Möglichkeit, die aufzuklebenden Bilder bei der Firma Leiner zu besorgen, eine gleichwertige Alternative sei. Diese Möglichkeit bestehe nur in Wien, Vösendorf, St.Pölten und Wels. Teilnahmebilder mit Postkarte anzufordern, sei aber weitaus beschwerlicher als der Kauf der "Ganzen Woche", müsse man doch eine Postkarte besorgen, sie mit Adresse und Absender versehen, den Wunsch auf Übersendung niederschreiben und die Karte aufgeben. Unklar sei auch, ob die jeweiligen vier Bilder pro Wohnbereich viermal gesondert oder auf einmal angefordert werden könnten. Es falle auch auf, daß die letzte Folge zum Thema "Küche" am 30.4.1992 erschienen ist; Einsendeschluß sei der 8.5.1992 gewesen. Gehe man davon aus, daß die Bildteile erst mit oder nach dem Erscheinen der jeweiligen Ausgabe der "Ganzen Woche" angefordert werden können, dann sei der Bezug auf dem Postweg sehr knapp, so daß potentielle Teilnehmer sich auch sicherheitshalber für den Kauf der "Ganzen Woche" entschließen werden. Nach der - auch nach dem Inkrafttreten des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes - anzuwendenden ständigen Rechtsprechung liege Kaufzwang dann vor, wenn der Erwerb der Zeitung die bequemste Art ist, an dem Spiel teilzunehmen.

Habe der potentielle Teilnehmer den Wohnplan nicht erhalten, dann komme es darauf an, ob die Ankündigung auf Seite 1 der "Ganzen Woche" als Ankündigung eines Gewinnspiels zu werten ist. Das Wort "Gewinnspiel" komme zwar nicht vor, doch werde etwas "Großartiges" im Zusammenhang mit einer Traumeinrichtung und der Firma Leiner angekündigt. Aus dem Text, wonach den Leser etwas Großartiges erwarte, und der Aufmachung könne aber auch der laufend mit Gewinnspielen konfrontierte Leser - ohne spitzfindig zu sein - nur auf ein neues Gewinnspiel schließen. Die Ankündigung auf Seite 1 sei geeignet, die dem Ziel und Zweck des Zugabenverbotes zuwiderlaufenden werblichen Wirkungen spätestens bei Vertragsabschluß wirksam werden zu lassen. Das Gewinnspiel biete somit aus mehreren Gründen einen unsachlichen Kaufanreiz zum Bezug der "Ganzen Woche", insbesondere um Bildteile auszuschneiden und um in eine bessere Spielposition zu gelangen. Damit werde ein unsolides Moment in den wahren Vertrieb hineingetragen, das dazu führe, daß die Zeitschrift aus unsachlichen Motiven gekauft werde.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag zur Gänze abgewiesen oder doch von dem Verbot für den Fall eine Ausnahme angeordnet werde, daß der Gesamtwert der ausgespielten Preise S 300.000 überschreitet.

Die Klägerin beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar schon deshalb zulässig, weil bisher eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 9a Abs 1 Z 1 UWG fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Das beanstandete Gewinnspiel wurde nach dem Inkrafttreten des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes BGBl 1992/147 mit 1.4.1992 - durch welches das bis dahin in § 28 UWG enthaltene Verbot, eine neben der Ware oder Leistung zu gewährende Zuwendung (Prämie) vom Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen, aufgehoben wurde (Art I Z 5 des Gesetzes) - angekündigt. Eine derartige Vorgangsweise unterliegt nunmehr - sofern nicht der Ausnahmetatbestand nach § 9a Abs 2 Z 8 UWG verwirklicht ist - dem Zugabenverbot des § 9a UWG (RV 338 BlgNR 18. GP 8; eco 1992, 569).

Nach § 9a Abs 1 Z 1 UWG kann ua auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt. Als Zuwendung (Prämie) gilt - wie sich insbesondere aus § 9a Abs 2 Z 8 UWG ergibt - auch die Einräumung der Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel.

Die Beklagte meint, sie könne im Hinblick auf den Wortlaut des § 9a

Abs 1 Z 1 UWG nicht auf Unterlassung des beanstandeten Gewinnspiels

in Anspruch genommen werden, sei es doch nunmehr im Gegensatz zur

früheren Rechtslage einem Unternehmer nur noch verboten, öffentlich

bekanntzumachen, daß er Verbrauchern Zugaben gewähre, während der bis

zum 1.4.1992 in Geltung gestandene § 1 Abs 1 ZugG schlechthin

verboten hatte, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen

unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzubieten, anzukündigen oder einem

größeren Kreis von Personen zu gewähren. Nach § 9 a Abs 1 Z 1 UWG

hafte sohin nur mehr derjenige, der unter den angeführten

Voraussetzungen die Zugabe sowohl ankündigt als auch selbst gewährt.

Die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien für die Mithaftung der Zeitung, die ein Inserat in einer Weise schaltet, die sie als Mitveranstalter eines Gewinnspieles erkennen läßt, seien damit hinfällig geworden. Als Gehilfe der Firma Leiner aber könnte die Beklagte nur von einem Mitbewerber dieses Unternehmens - also einem Angehörigen der Möbelbranche - in Anspruch genommen werden. Dem ist folgendes zu erwidern:

Die - weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur zum Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz (Barfuß, Deregulierung durch ein neues "Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz", ÖBl 1991, 54 ff; Schuhmacher, Anmerkungen zum "Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz", WBl 1992, 114 ff; Prunbauer, Das Wettbewerbsderegulierungsgesetz 1992, RdW 1992, 198 ff; Wiltschek, Neues von der Deregulierungs-Front, eco 1992, 32 ff; Kucsko, Heimliche Zugabenankündigung, eco 1992, 421 f; Hanreich, Das neue österreichische Wettbewerbs- und Preisrecht, ÖZW 1992, 33 ff) behandelte - Frage, ob ein Medieninhaber auch dann gegen § 9a Abs 1 Z 1 UWG verstößt, wenn in seiner Zeitung eine - vom Kauf eines Exemplars der Zeitung abhängige - Gewinnchance oder sonstige Zugabe angekündigt wird, die ausschließlich ein Dritter und nicht auch der Medieninhaber selbst gewähren werde (vgl etwa eco 1992, 347;

4 Ob 19/92), braucht diesmal nicht untersucht zu werden. Soweit

nämlich der Medieninhaber zu erkennen gibt, daß er selbst am Gewähren

der Zugabe beteiligt ist, hat sich die Rechtslage durch den gegenüber

§ 1 Abs 1 ZugG und § 28 UWG aF geänderten Wortlaut des § 9a Abs 1 UWG

nicht geändert. Die hier beanstandete Ankündigung - "Gewinnen Sie mit

Leiner und der Ganzen Woche" ...; Sie haben jetzt ... die

Möglichkeit, mit Leiner und der Ganzen Woche Ihre Traumeinrichtung

... zu gewinnen" - mußte das Publikum - zumindest zu einem nicht

unbeträchtlichen Teil - ungeachtet der Tatsache, daß nur die Firma Leiner und nicht auch die Beklagte Möbelhändlerin ist und der Plan mit der Traumeinrichtung nur an die Firma Leiner zu senden war, dahin verstehen, daß auch die Beklagte die Zugaben in der Form von Gewinnchancen gewähre. Die Ankündigung mußte den Eindruck erwecken, daß die Beklagte nicht nur ihre Zeitschrift zur Verfügung stellte, um ein Gewinnspiel der Firma Leiner zu veröffentlichen, sondern daß sie sich auch selbst - finanziell - am Gewähren der Gewinne beteiligte.

Es ist daher zu untersuchen, ob in den hier eröffneten Gewinnmöglichkeiten entgegen der Meinung der Beklagten tatsächlich eine Zugabe zu ihrer Zeitschrift liegt. Zugabe ist nach ständiger Rechtsprechung ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern (ÖBl 1985, 108 mwN; SZ 62/10 ua). Dieser Vorteil muß mit der Hauptware(-leistung) in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware(-leistung) zu beeinflussen, also Werbe- oder Lockmittel sein (Hohenecker-Friedl 122; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16 1363 Rz 5 zu § 1 dZugVO; ÖBl 1985, 47 mwN; SZ 62/10). Zwischen der Haupt- und der unentgeltlichen Zusatzleistung muß also ein "innerer Zweckzusammenhang" bestehen; es müssen diejenigen Waren oder Leistungsumsätze gefördert werden, neben denen und zu denen die Zuwendung gemacht wird (Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 101 Rz 26 zu § 1 dZugV; SZ 62/10). Die Zuwendungen müssen neben Hauptangeboten gemacht oder in Aussicht gestellt werden, für die sich der Kunde um ihretwillen entschließen soll; auf die Förderung des Einzelgeschäftes und nicht der allgemeinen Geschäftstätigkeit kommt es dabei an (Hoth-Gloy aaO 103 Rz 28). Der notwendige Zusammenhang muß zur Zeit des Kaufentschlusses gegeben sein; er kann nicht nachträglich in Umkehrung der Kausalfolge hergestellt werden (SZ 62/10). Ob eine Zuwendung vom Abschluß eines Hauptgeschäfts abhängig ist, richtet sich nicht danach, was der Werbende bezweckt; vielmehr kommt es darauf an, ob für die beteiligten Verkehrskreise der Eindruck der Abhängigkeit der Zuwendung vom Warenbezug erweckt wird, insbesondere also darauf, was der Kunde, an den sich die Werbung richtet, bei verständiger Würdigung annehmen muß (Baumbach-Hefermehl aaO 1364 Rz 8; Hoth-Gloy aaO 108 Rz 30).

Ein solcher Zusammenhang zwischen der Zuwendung und dem Bezug der Hauptware liegt aber nicht nur dann vor, wenn der Erwerb der Hauptware für das Erlangen der Zugabe unabdingbar notwendig ist, sondern auch dann, wenn dieser Erwerb bloß als förderlich erachtet wird oder jedenfalls die bequemste Art ist, zur Zugabe zu kommen, besteht doch in einem solchen Fall für den Interessenten der gleiche - vom Gesetzgeber verpönte - Anreiz zum Erwerb der Hauptware, wie wenn er sie kaufen muß. Zum Wesen der Zugabe gehört es ja, daß sie zum Kauf zwar nicht "zwingt", wohl aber "reizt" (Baumbach-Hefermehl aaO 1367 Rz 11 zu § 1 dZugVO). Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, ist daher der in ständiger Rechtsprechung zu § 28 UWG aF vertretene Grundsatz, wonach ein Gewinnspiel auch dann unzulässig - weil vom Waren- oder Leistungsbezug nicht völlig unabhängig - ist, wenn bei seiner Durchführung auf das Publikum bloß psychischer Kaufzwang ausgeübt wird, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Erwerb der Hauptware als förderlich angesehen wird (SZ 45/43; ÖBl 1991, 263 uva) oder die angebotenen Alternativen zum Kauf der Ware als Teilnahmevoraussetzung nicht gleichwertig sind (ÖBl 1982, 46; ÖBl 1991, 263 mwN; in diesem Sinne auch Nitsche, Der glückspielartige Warenvertrieb, JBl 1979, 393 ff [398]), entgegen der daran in der Lehre geübten Kritik (Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 292 f und 453 ff; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 104 ff; Korn zu ÖBl 1980, 81 und ÖBl 1980, 84 sowie MR 1989, 65) aufrechtzuerhalten. Auch bisher hatte § 28 UWG - wie sich aus § 6 ZugG ergab - einen Sonderfall der Zugabe zum Gegenstand (MR 1989, 65; ÖBl 1991, 263 ua). Durch das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz wurde in diesem Zusammenhang nur eindeutig klargestellt, daß nicht der ausgesetzte Preis, sondern die Teilnahmemöglichkeit an einem Preisausschreiben die eigentliche Zugabe ist (338 BlgNR 18. GP, 7; Hanreich aaO 37). Zu prüfen bleibt daher, ob hier der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Gewinnspiel und dem Erwerb eines Exemplars der "Ganzen Woche" bestand; das ist zu bejahen:

Soweit die Beklagte meint, die in der beanstandeten Ankündigung aufgezeigten Alternativen zum Kauf der "Ganzen Woche" - das Aufsuchen eines Leiner-Einrichtungshauses oder das Anfordern mit Postkarte - seien gleichwertig, kann ihr nicht gefolgt werden. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, gibt es nur in einigen Städten Leiner-Einrichtungshäuser, so daß nur für eine begrenzte Zahl der Spielinteressenten das Betreten eines solchen Geschäftshauses als Alternative zum Kauf der Zeitschrift in Betracht kommen könnte. Dem Gericht zweiter Instanz ist aber auch darin beizupflichten, daß das Absenden einer Postkarte einem zumindest nicht unerheblichen Teil des Publikums beschwerlicher erscheinen mußte als der Kauf mehrerer Nummern der "Ganzen Woche". Bei flüchtigem Lesen, aber auch bei genauerem Betrachten der Teilnahmebedingungen kann durchaus der Eindruck entstehen, die Bilder von Einrichtungen würden im Lauf von vier Wochen nicht nur in der Zeitschrift der Beklagten, sondern auch bei der Firma Leiner sukzessive gebracht. In der Postwurfsendung heißt es ja, in der "Ganzen Woche" seien dazu jeweils vier unterschiedliche Beispiele abgebildet; diese Bilder lägen auch in jedem Leiner-Einrichtungshaus auf und könnten mit Postkarte angefordert werden. Daß bei der Firma Leiner schon im vorhinein alle Bilder vorhanden wären, läßt sich der beanstandeten Ankündigung nicht, jedenfalls nicht eindeutig, entnehmen. Das Absenden von vier Postkarten zwecks Anforderung der Bilder ist aber zweifellos wesentlich beschwerlicher als der Kauf von vier Zeitschriften. Angesichts der mit dem Verfassen und Absenden der Postkarten verbundenen Mühe ist der Unterschied zwischen dem Preis eines Portos (S 5,50) und eines Zeitschriftenexemplars (S 9) zu gering, um die gebotene Ausweichmöglichkeit attraktiv erscheinen zu lassen. Dazu kommt noch die bei einem Teil der Bevölkerung vorhandene Unbeholfenheit oder Scheu, ein, wenn auch nur kurzes, Schreiben abzufassen. Die Postwurfsendung der Beklagten und der Firma Leiner war demnach sehr wohl geeignet, einen Anreiz zum Kauf der "Ganzen Woche" zu bilden.

Da schon aus diesem Grund ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten zu bejahen ist, bedarf die Frage, ob der auf der jeweils ersten Seite mehrerer Ausgaben der "Ganzen Woche" enthaltene Hinweis auf eine Traumeinrichtung und auf "Großartiges" ein Gewinnspiel erwarten ließ, keiner Untersuchung.

Entgegen der Meinung der Beklagten ist das vom Rekursgericht antragsgemäß erlassene Unterlassungsgebot nicht deshalb zu weit gefaßt, weil die Ausnahme des § 9a Abs 2 Z 8 UWG nicht ausdrücklich erwähnt wurde; da diese gesetzliche Ausnahme dennoch gilt, bedurfte es keines ausdrücklichen Hinweises darauf (MR 1988, 145; ÖBl 1990, 168).

Dem Revisionsrekurs mußte mithin ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.

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