Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin 621 S sA zu zahlen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 17.2.1992 zugestellt.
Am 4.3.1992 beantragte der Beklagte, dem bereits die Verfahrenshilfe bewilligt worden war, die Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Erhebung der Berufung gegen das Urteil. Das Erstgericht wies den Antrag ab; der hierüber ergangene Beschluß wurde dem Beklagten am 10.3.1992 zugestellt. Den von ihm eingebrachten Rekurs wies das Gericht zweiter Instanz als unzulässig zurück, weil der angefochtene Beschluß nicht zu den im § 517 ZPO angeführten Beschlüssen gehöre. Dieser Beschluß wurde dem Beklagten am 9.4.1992 zugestellt.
Am 6.5.1992 wurde eine Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Erstgerichtes zur Post gegeben, die von einem Rechtsanwalt unterschrieben ist, dem der Beklagte Vollmacht erteilt hatte. Das Gericht zweiter Instanz wies als Berufungsgericht die Berufung zurück. Das vom Beklagten gegen die Abweisung seines Antrags auf Beigebung eines Rechtsanwalts eingebrachte unzulässige Rechtsmittel habe den Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses nicht aufgeschoben. Die Berufungsfrist habe daher gemäß § 464 Abs 3 ZPO mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an den Beklagten und somit am 10.3.1992 begonnen, weshalb die erst am 6.5.1992 zur Post gegebene Berufung verspätet sei.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Beklagten gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist zwar gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO unbeschadet des 50.000 S nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstandes (ZVR 1992/26; EvBl 1992/8 = JBl 1992, 331 ua) und unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO (EvBl 1991/62; RZ 1992/1) zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Hat eine die Verfahrenshilfe genießende Partei innerhalb der ihr gegen ein Urteil offenstehenden Berufungsfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt und wird der Antrag abgewiesen, so beginnt gemäß § 464 Abs 3 letzter Satz ZPO die Berufungsfrist für sie mit dem Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses. Da der Eintritt der Rechtskraft durch die Einbringung eines unzulässigen Rechtsmittels nicht hinausgeschoben wird (aus jüngerer Zeit etwa EFSlg 23.224 und 49.852 je mwN), hängt die Rechtzeitigkeit der Berufung des Klägers, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, davon ab, ob ihm gegen den seinen Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts abweisenden Beschluß der Rekurs zustand.
Das Landesgericht für ZRS Wien hat das Rekursrecht gegen Entscheidungen über die Verfahrenshilfe nach der Bagatellsachen betreffenden Fassung des § 517 vor der ZVN 1983 und zu dem bis zur Einführung der Verfahrenshilfe (BG BGBl 1973/569) vorgesehenen Armenrecht in den veröffentlichten Entscheidungen überwiegend verneint (EvBl 1935/651; GH 1936, 30; ggt ZBl 1934/375 und LGZ Graz ZBl 1936/359). Dieselbe Ansicht wurde auch im älteren Schrifttum vertreten (Fasching, Kommentar IV 401; Bukovics in RZ 1956, 84). In jüngerer Zeit sind allerdings Fucik (RZ 1984, 60) und Fasching (ZPR2 Rz 498) für die Zulässigkeit des Rekurses eingetreten. Der Oberste Gerichtshof hat aber in der Entscheidung vom 31.8.1992, 8 Ob 594/92, die Zulässigkeit des Rekurses mit der Begründung verneint, daß der Beschluß, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe verweigert wird, im § 517 ZPO nicht erwähnt werde und daß die Entscheidung über die Beigebung eines Rechtsanwalts wohl auch die Prozeßkosten berühre, aber keine Entscheidung über Prozeßkosten sei. Der erkennende Senat schließt sich dieser Meinung an:
Es kann nicht gesagt werden, daß die Entscheidung über die Verfahrenshilfe mit dem Wert des Streitgegenstandes in keinem sachlichen Zusammenhang stehe (so aber LGZ Wien ZBl 1934/375 und Fucik aaO iVm 61), weil die Verfahrenshilfe wie früher schon das Armenrecht für die Führung eines Rechtsstreites gewährt wird und daher das Interesse an der Gewährung dem Wert des Streitgegenstandes entspricht. Ferner schließt zwar der Umstand, daß die anfechtbaren Beschlüsse des Erstgerichtes im § 517 ZPO erschöpfend (arg "nur") aufgezählt werden, die analoge Anwendung einzelner noch nicht Tatbestände aus. Der Sachverhalt, auf den die Bestimmung analog angewendet wird, muß nur so beschaffen sein, daß alles für eine Gleichbehandlung spricht, während bei demonstrativer Aufzählung eine gewiße Ähnlichkeit mit einem im Gesetz angeführten Beispielsfall genügen würde (MietSlg 37.818; RZ 1990/59; JUS-Extra 969). Weitere Voraussetzung ist jedoch eine Gesetzeslücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit (Bydlinski in Rummel, ABGB2 I Rz 2 zu § 7; SZ 57/144 ua). Schon dies ist hier aber zweifelhaft, weil der Gesetzgeber an einer anderen Stelle (§ 528 Abs 2 Z 5 ZPO; vgl auch § 14 Abs 2 Z 3 AußStrG) die Entscheidungen über die Verfahrenshilfe im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit von Rechtsmitteln ausdrücklich erwähnt hat; dies spricht dafür, daß es nicht planwidrig ist, wenn dies im § 517 ZPO nicht geschah. Überdies kann die Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe oder der Beigebung eines Rechtsanwalts nicht der im § 517 Z 1 ZPO erwähnten Verweigerung der Einleitung oder Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens an Gewicht gleichgehalten werden (ebenso Fasching, Kommentar aaO; aM Fucik und LGZ Graz je aaO), weil die Verfahrenshandlungen der Partei zwarr möglicherweise erschwert, aber nicht unmöglich gemacht werden. Gerade der Fall des Klägers zeigt, daß die Beiziehung eines Rechtsanwalts durch die Partei auch bei einfachen Vermögensverhältnissen nicht ausgeschlossen ist.
Der erkennende Senat vermag sich schließlich wie schon der achte Senat der Ansicht Faschings (ZPR2 aaO) nicht anzuschließen, daß jede Entscheidung über die Verfahrenshilfe gemäß § 517 Z 5 ZPO anfechtbar sei, weil sie auch die Prozeßkosten betreffe. Da sehr viele andere in einem Rechtsstreit gefaßten Beschlüsse ebenfalls mittelbar für die Entscheidung über die Prozeßkosten von Bedeutung sind, würde diese Ansicht dazu führen, daß der Anwendungsbereich des § 517 ZPO entgegen dem erkennbaren Zweck, die Anfechtbarkeit weitgehend einzuschränken, und damit über Gebühr ausgedehnt würde.
Da somit die im § 517 ZPO angeführten Tatbestände auf die Entscheidung über die Bewilligung der Verfahrenshilfe oder über die Beigebung eines Rechtsanwalts weder unmittelbar noch analog angewendet werden können, stand dem Kläger gegen die Entscheidung, mit der das Erstgericht seinen Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts abwies, der Rekurs nicht zu. Die abweisende Entscheidung wurde deshalb schon mit der Zustellung des Beschlusses und somit am 10.3.1992 rechtskräftig. Mit diesem Tag begann gemäß § 464 Abs 3 letzter Satz ZPO die Berufungsfrist zu laufen, weshalb die am 6.5.1992 zur Post gegebene Berufung verspätet erhoben wurde.
Der Ausspruch über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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