OGH 2Nd25/92

OGH2Nd25/9214.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber, Dr.Kropfitsch, Dr.Niederreiter und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rita Jörges, Private, Rhein-Moselstraße 23, D-5401 Emmelshausen, vertreten durch Dr.Wolfgang Waldeck und Dr.Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt, Schottenring 30, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram und Dr.Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 53.842,-- sA, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Bezirksgericht Spittal/Drau wird die Erledigung des Rechtshilfeersuchens des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8.5.1992, 6 Cg 726/91-8, aufgetragen.

Text

Begründung

Dem Rechtshilfeersuchen des Landesgerichtes für ZRS Wien liegt ein Verkehrsunfall zugrunde, der sich im Ortsgebiet von Millstatt ereignet hatte. Die Parteienvertreter beantragten die Vornahme eines Ortsaugenscheines und die Vernehmung der Zeugen und Parteien im Beisein eines verkehrstechnischen Sachverständigen an Ort und Stelle und erklärten, keine Einwendungen gegen die Durchführung des Ortsaugenscheines und die Vernehmungen im Rechtshilfeweg zu erheben. Das Landesgericht für ZRS Wien übermittelte den Akt an das Bezirksgericht Spittal/Drau zur Vornahme der in diese Richtung beschlossenen Beweise. Das Rechtshilfegericht mittelte den Akt "vorläufig unentsprochen" dem ersuchenden Gericht zurück und verwies ua darauf, daß es mit Terminen völlig ausgelastet sei. Das Landesgericht für ZRS Wien übermittelte den Akt wiederum dem Bezirksgericht Spittal/Drau. Dieses lehnte die Behandlung des Rechtshilfeersuchens ab, weil damit gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen werde und legte den Akt zur Entscheidung über den Konflikt mit dem ersuchenden Gericht dem Obersten Gerichtshof vor. Inhaltlich handelt es sich hier um den Antrag, über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Rechtshilfe duch das Bezirksgericht Spittal/Drau zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Für Streitigkeiten zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Gericht über die Verweigerung der Rechtshilfe ist ein gerichtliches Verfahren nicht ausdrücklich vorgesehen. Da es sich aber bei der Gewährung von Rechtshilfe um einen Akt der Gerichtsbarkeit handelt, ist zur Entscheidung über derartige Streitigkeiten das beiden Gerichten zunächst übergeordnete Gericht analog § 47 Abs 1 JN berufen (Fasching Kommentar I 253; SZ 30/35; EvBl 1965221; RZ 1979/44; EvBl 1981/99; 8 Nd 3/86 ua).

Gemäß § 37 Abs 3 JN ist das Ersuchen eines inländischen Gerichtes um Gewährung der Rechtshilfe dann abzulehnen, wenn das ersuchte Gericht zu der betreffenden Handlung örtlich unzuständig ist. Dieser Ablehnungsgrund ist allerdings nicht der einzige zulässige. Nach Lehre und Rechtsprechung ist der Rechtshilferichter auch berechtigt, die Unzulässigkeit des Rechtsweges für die begehrte Rechtshilfehandlung sowie deren Unerlaubtheit und Unbestimmtheit zu beachten. Nur in diesem eingeschränkten Umfang darf das Rechtshilfegericht das Rechtshilfeersuchen überprüfen. Die Prüfung der Zweckmäßigkeit und der prozessualen Richtigkeit des Rechtshilfeersuchens ist dem ersuchten Gericht versagt (Fasching aaO 252; SZ 30/35; RZ 1979/44, EvBl 1981/99; 8 Nd 3/86 ua). Das Rechtshilfegericht kann demnach auch nicht eine Verletzung des Unmittelbarkeitsprinzips geltend machen. Eine solche stellt keinen Nichtigkeitsgrund dar, vielmehr können die Parteien auf die Einhaltung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ausdrücklich verzichten (5 Ob 305/79; 8 Ob 221/73 uza). Dies haben sie im vorliegenden Fall auch getan und sich mit der Vornahme der Beweisaufnahmen im Rechtshilfeweg einverstanden erklärt, sodaß dem Rechtshilfegericht jegliche Berechtigung mangelt, der auf der freien Parteidisposition beruhenden Vorgangsweise des ersuchenden Gerichtes nicht zu entsprechen.

Das Bezirksgericht Spittal/Drau durfte daher das Rechtshilfeersuchen des Landesgerichtes für ZRS Wien nicht ablehnen.

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