OGH 9ObA192/92

OGH9ObA192/922.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Erich Deutsch und Mag.Michael Zawodsky in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.H***** K*****, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, *****, vertreten durch *****Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde A***** als Rechtsträgerin des allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadt A*****, vertreten durch den Bürgermeister H***** K*****, dieser vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen Feststellung (Streitwert S 150.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.April 1992, GZ 31 Ra 47/92-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 11.Jänner 1992, GZ 5 Cga 88/91-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 7.471,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.245,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht und die von diesem gemäß § 500a Abs 2 ZPO übernommene rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht zutreffend ist, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend wird den Revisionsausführungen folgendes entgegengehalten:

Der Kläger wurde mit schriftlichem Dienstvertrag (Sondervertrag) vom 12.1.1976 ab 1.1.1976 als ständiger Konsiliarfacharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten am allgemeinen öffentlichen Krankenhaus A***** angestellt. Das Dienstverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Da die Zahl der Patienten, die ausschließlich oder hauptsächlich zum Zweck der Behandlung von HNO-Krankheiten im Krankenhaus A***** aufgenommen wurden, in den letzten Jahren stark abgenommen hat (1984: 459; 1990: 139) und gleichzeitig auch die HNO-Pflegetage stark zurückgegangen sind (1984: 1499; 1990: 411) kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 28.2.1991 zum 31.7.1991 unter Hinweis auf den (nahezu) kontinuierlichen Rückgang der Pflegetage von 1984 bis 1990 auf und teilte dem Kläger mit, daß sie ab 1.8.1991 keine fachärztlichen Behandlungen und Untersuchungen auf dem Gebiet der Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten mehr durchführen werde. Die Beklagte führte im Schreiben ausdrücklich den Kündigungsgrund nach § 37 Abs 2 lit g nöGemeindevertragsbedienstetengesetz 1976 (nöGVBG) wegen Änderung der Organisation des Dienstes an.

Ursache für den Rückgang war, daß der Kläger, von dem die meisten Einweisungen von Patienten zur stationären Behandlung von HNO-Krankheiten in das Krankenhaus A***** stammten, immer weniger Patienten einwies. Die Abnahme der Zahl der Patienten hatte auch zur Folge, daß das Ausmaß der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte stark zurückging.

Seit 1.8.1991 werden im Krankenhaus A***** Patienten zur stationären Behandlung von HNO-Krankheiten nicht mehr aufgenommen sondern an andere Krankenhäuser verwiesen. Patienten die wegen anderer Krankheiten stationär behandelt werden und einer HNO-Untersuchung oder HNO-Behandlung bedürfen, werden von einem HNO-Facharzt in S***** untersucht und behandelt, der jeweils auf Aufforderung des ärztlichen Leiters oder eines Primararztes bei Bedarf nach A***** kommt und für seine Leistungen einzeln honoriert wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber bekämpft das von den Vorinstanzen angenommene Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 37 Abs 2 lit g nöGVBG (Änderung des Arbeitsumfanges und der Organisation des Dienstes; vgl § 32 Abs 2 lit g VBG 1948) nicht mehr, macht aber geltend, daß die Kündigung unwirksam sei, weil im Kündigungsschreiben nicht der tatsächliche Kündigungsgrund angegeben worden sei, führe doch die Beklagte im Krankenhaus A***** weiterhin HNO-Behandlungen gegen Einzelhonorierung durch einen auswärtigen Facharzt aus. Durch die fehlerhafte und tatsachenwidrige Kündigung sei das Dienstverhältnis nicht aufgelöst worden.

Auch diese Rechtsfrage wurde vom Berufungsgericht richtig gelöst. Gemäß § 37 Abs 1 nöGVBG (= § 32 Abs 1 VBG 1948) kann der Dienstgeber ein Dienstverhältnis (das ununterbrochen ein Jahr gedauert hat) nur schriftlich und mit Angabe des Grundes kündigen. Kündigungsgründe die in der schriftlichen Kündigung nicht geltend gemacht worden sind, können daher nicht nachträglich zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden (Arb 6.328, 6.721; EvBl 1963/149; JBl 1988, 257 = Arb 10.637). Der Verpflichtung zur Angabe des Grundes der Kündigung wird entsprochen, wenn dem Kündigungsschreiben vom Gekündigten deutlich entnommen werden kann, was in Wahrheit als Kündigungsgrund geltend gemacht wird. Es genügt, wenn entweder einer der in § 37 Abs 2 nöGVBG aufgezählten Kündigungstatbestände angeführt oder ein Hinweis auf einen entsprechenden Sachverhalt in das Schreiben aufgenommen wird (Arb 8.760; DRdA 1980, 330; auch JBl 1988, 257 = Arb 10.637).

Die Beklagte hat sich im Kündigungsschreiben auf den außerordentlichen Rückgang der Pflegetage (um 70 %) und auf die (dadurch notwendig werdende) Änderung der Organisation berufen und ausdrücklich § 37 Abs 2 lit g nöGVBG zitiert.

Damit hat aber der Kläger, dem die Problematik des kontinuierlichen Rückganges der HNO-Patienten und damit seines Arbeitsumfanges im Krankenhaus nicht entgangen sein konnte, dem Kündigungsschreiben deutlich entnehmen können, daß ihn die Beklagte wegen einer Änderung des Arbeitsumfanges und der Organisation des Dienstes kündigen wollte. Daß die Beklagte entgegen ihrer Ankündigung die Behandlung von HNO-Patienten ab 1.8.1991 nicht zur Gänze eingestellt hat, sondern stationäre Patienten anderer Abteilungen, die einer HNO-Behandlung bedürfen, durch einen jeweils nach Bedarf herbeigerufenen Facharzt behandeln läßt, ist für die Gültigkeit der Kündigungserklärung nicht ausschlaggebend. Ob dieser Facharzt dadurch zur Beklagten möglicherweise in ein Dienstverhältnis (mit wesentlich geringerem Beschäftigungsumfang) treten wird, ist für den Kläger nicht relevant.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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