OGH 11Os47/92-9

OGH11Os47/92-928.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Juli 1992 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Hager, Dr. Schindler und Mag. Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lendl als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef K***** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4.Februar 1992, GZ 28 Vr 1839/90-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, der Generalanwältin Dr. Bierlein, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Proksch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 15.Juni 1928 geborene Josef K***** wurde mit dem angefochtenen Urteil (I.) des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und (II.) des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Punkt I. des Urteilssatzes mißbrauchte er in der Zeit von Ende 1987 bis Mai 1990 als Bürgermeister der Gemeinde R***** bei S*****, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, das Land Tirol an seinem Recht auf Einhaltung der Bauordnung, insbesondere auf Untersagung der Benützung baulicher Anlagen, deren ursprünglich genehmigter Verwendungszweck ohne die gebotene Bewilligung abgeändert wurde, zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde als Baubehörde erster Instanz in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen wissentlich, indem er es unterließ, der Gisela H***** die Unterlassung der widmungswidrigen Benützung eines zu Abstellzwecken bewilligten, tatsächlich aber als Bar und Sauna verwendeten Kellerraumes aufzutragen.

Zum Punkt II. nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß der Angeklagte im Februar 1990 in R***** bei S***** dadurch, daß er in der Druckschrift "Nachrichten aus R*****" ein an die Gemeinde R***** bei S***** gerichtetes Schreiben der Bezirkshauptmannschaft I*****, in dem auf ein gegen Kurt N***** gerichtetes Straferkenntnis Bezug genommen wird, ablichten und solcherart veröffentlichen ließ, ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes zugänglich gewordenes Geheimnis offenbarte, dessen Offenbarung geeignet war, ein berechtigtes privates Interesse des Kurt N***** zu verletzen.

Nach den - zusammengefaßt wiedergegebenen - Feststellungen des Erstgerichtes zum Faktum I. wurde Gisela H***** mit dem vom Angeklagten, als in der Gemeinde R***** bei S***** amtierenden Bürgermeister, erlassenen Bescheid vom 25.Oktober 1978 die Vergrößerung des (unter einer Terrasse gelegenen) Kellers des "R*****-Hofs" für Abstellzwecke und als Lagerraum bewilligt.

Um eine Benützungsbewilligung wurde nach Durchführung des Zu- und Umbaues nicht angesucht.

Nach Erstattung einer Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft I***** am 23.August 1985, in der um behördliche Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen der Tiroler Bauordnung im Zusammenhang mit der erwähnten Baulichkeit ersucht wurde, teilte der Angeklagte (nach Urgenz) am 29.November 1985 der Bezirkshauptmannschaft I***** mit, das Gemeindeamt R***** sei mangels diesbezüglicher Wahrnehmungen zu der aufgetragenen Stellungnahme nicht in der Lage. Der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft I*****, den seinerzeitigen Baubescheid vorzulegen, kam der Angeklagte durch Übersendung des gesamten Bauaktes nach. Nachdem mehrfache Versuche des zuständigen Referenten der Bezirkshauptmannschaft I*****, einen allenfalls in den Jahren 1959 bis 1962 angelegten, die in Rede stehende unterkellerte Terrasse betreffenden Bauakt bzw einen in diesem Zeitraum erlassenen Baubescheid zu eruieren, gescheitert waren, forderte die Bezirkshauptmannschaft I***** die Gemeinde R***** unter Hinweis auf die bis dahin ergangenen Betreibungen auf, die Einhaltung der Bauordnung zu überprüfen und gegebenenfalls eine widmungswidrige Benützung der überdachten Kellerräume bescheidmäßig zu untersagen. Die dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangte Aufforderung nahm dieser lediglich zum Anlaß, mit Schreiben vom 16. September 1987 neuerlich der Bezirkshauptmannschaft I***** mitzuteilen, daß mangels "diesbezüglicher Beobachtungen seitens der Gemeinde" keine Stellungnahme abgegeben werden könne; die aufgetragene Prüfung unterblieb. Infolge der Untätigkeit des Angeklagten nahm die Bezirkshauptmannschaft I***** am 14. Oktober 1987 eine Begehung der Örtlichkeit vor, zu deren Vorbereitung der zuständige Referent mit dem Angeklagten eine Besprechung durchführte, deren Gegenstand auch die Frage der bescheidkonformen Benützung der in Rede stehenden Kellerräumlichkeiten war. Spätestens ab diesem Zeitpunkt - so das Urteil - wußte der Angeklagte nicht nur auf Grund seiner eigenen Kenntnis der Rechtslage, sondern infolge ausdrücklicher Information durch den Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft I*****, daß er in seiner Eigenschaft als Bürgermeister und Baubehörde erster Instanz zu prüfen hatte, ob die Kellerräumlichkeiten bescheidkonform ausgebaut und (auf Grund einer Benützungsbewilligung) verwendet wurden. An dem dieser Unterredung folgenden Augenschein nahm der Angeklagte nur anfänglich teil; seine Anwesenheit auch bei Begehung der Kellerräume und demzufolge die Wahrnehmung ihrer widmungswidrigen Benützung (auch) als Bar, Garderobe und Sauna nahm das Erstgericht nicht als erwiesen an. Obwohl der Leiter des Augenscheins im Hinblick auf dessen Ergebnis am 16.Oktober 1987 neuerlich ein Schreiben an die Gemeinde R***** bei S***** richtete, welchem er in Fotokopie einen Aktenvermerk anschloß, der die anläßlich der Begehung erhobene Rüge der bescheidwidrigen Verwendung der Kellerräume der Gisela H***** enthielt, unterließ es der Angeklagte nach Überzeugung der Tatrichter bis zur Einschaltung des Landesgendarmeriekommandos für Tirol im Mai 1990 weiterhin wissentlich, seinen amtlichen Verpflichtungen nachzukommen, wobei dieser wissentliche Mißbrauch von zumindest bedingtem Vorsatz getragen war, das Land Tirol in seinem konkreten Recht auf eine den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung entsprechende Errichtung und Verwendung baulicher Anlagen zu schädigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft seine Schuldsprüche mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Die gegen den Schuldspruch I. gerichtete Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich zunächst gegen die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Gebiete des Bauwesens zum Beweis dafür, daß "die Änderung des Verwendungszweckes von geringfügigen Teilen ... auf die Zulässigkeit des bereits bewilligten Hotels keinen Einfluß" gehabt habe (S 250). Eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten wird damit aber nicht aufgezeigt.

Wie das Erstgericht zur Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses im angefochtenen Urteil zutreffend ausführte (Urteilsseite 23 f), betrifft das angeführte Beweisthema keine der Vernehmung eines Sachverständigen zugängliche Tatfrage, sondern eine - grundsätzlich der gerichtlichen Entscheidung vorbehaltene - (besondere bautechnische Fachkenntnisse nicht erfordernde) Rechtsfrage (vgl Mayerhofer-Rieder StPO3 E 26 zu § 118, E 124 zu § 281 Abs. 1 Z 4).

Die hier aktuelle Beurteilung bzw Auslegung des Bedeutungsinhaltes der im § 25 d der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl 1978/43 in der Fassung LGBl 1984/19 (nunmehr in der Fassung der 3. Bauordnungsnovelle LGBl 1989/10, wiederverlautbart in LGBl 1989/33) verwendeten Begriffe kommt nämlich ausschließlich dem Gericht zu. Hiebei hat der Schöffensenat dem Beschwerdestandpunkt zuwider keineswegs übersehen, daß nach dem Wortlaut der genannten Gesetzesstelle nicht jede Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen schlechthin bewilligungspflichtig ist, sondern nur eine solche, die auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach der Tiroler Bauordnung Einfluß haben kann (US 26). Dies trifft bei geänderter Nutzung jedenfalls dann zu, wenn der frühere Konsens (Baubewilligung) des Gebäudes (Gebäudeteiles) mehrere mögliche Nutzungen nicht zuließ (vgl Hauer - Tiroler Baurecht Anm 8 zu § 25).

Daß bei konsenswidriger Umwidmung eines zu Abstellzwecken und als Lagerraum genehmigten Kellerzubaues in Aufenthaltsräume wie Sauna, Garderobe und Bar die Zulässigkeit des Gebäudes nach der Tiroler Bauordnung beeinflußt wird, ergibt sich - wie zur Rechtsrüge noch näher dargelegt werden wird - aus den Bestimmungen der Bauordnung (TBO) selbst und aus den technischen Bauvorschriften (TBV).

Mangels rechtlicher Auswirkungen des Umfanges der Gisela H***** von der Gewerbebehörde eingeräumten Befugnis zur Ausübung des Gast- und Schankgewerbes auf die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit begründet die im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 4) weiters beanstandete Unterlassung der zu diesem Thema begehrten Beischaffung des bezughabenden Gewerbeaktes ebenfalls keine Nichtigkeit. Denn die Gewerbebehörde und die Baubehörde haben in ihren unabhängig voneinander ergehenden Entscheidungen jeweils nur die ihren Wirkungsbereich betreffenden Vorschriften anzuwenden (siehe hiezu Hauer aaO E 19 zu § 1 TBO, E 32 und 33 zu § 2 Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 - TROG); das Erstgericht konnte daher ohne Hintansetzung von Verteidigungsrechten von der Einsichtnahme in den erwähnten Gewerbeakt Abstand nehmen.

Kein Verfahrensmangel ist auch in der ebenfalls gerügten Abweisung des Antrages auf Vernehmung der Zeugin Sonja T***** (abermals S 250) zum Nachweis der mangelnden Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die gegenständliche Veröffentlichung eines Schreibens der Bezirkshauptmannschaft I***** (Faktum II.) gelegen. Abgesehen davon, daß die Tatrichter ohnehin im Sinne der Verantwortung des Beschwerdeführers von der Drucklegung durch den Redakteur Dr. Ernst O***** ausgegangen sind, mögen sie auch diesen Umstand nicht in der von der Beschwerde angestrebten Weise gewürdigt haben (US 16, 19 f), fehlt es hinsichtlich des weiteren, erstmals in der Beschwerde relevierten Themas, wonach der Angeklagte auf die Überprüfung des Bezugsartikels durch Dr. O***** vertraut habe, an der entscheidenden formellen Voraussetzung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes, Ein auf diese Behauptung abzielender Beweisantrag wurde nämlich nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht gestellt. Die Beschwerdebehauptung steht auch im Gegensatz zur Einlassung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung, er habe sich "ohne viel zu denken, dazu hinreißen lassen, das Schreiben ... abdrucken zu lassen" (S 237).

Auch die gegen den Schuldspruch I. gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a), in welcher sich der Angeklagte vor allem gegen die Annahme eines Befugnismißbrauches durch Unterlassen der Anordnung der gesetzlich normierten behördlichen Maßnahmen wendet, erweist sich als unbegründet.

Soweit der Beschwerdeführer erneut die Bewilligungspflicht der Umwidmung der in Rede stehenden Kellerräume mangels Bedeutung für die baubehördliche Zulässigkeit "des Gebäudes" im Sinne des § 25 d TBO (zufolge angeblicher Geringfügigkeit der Änderung) bestreitet und darüber hinaus vermeint, daß vor allem die vom Erstgericht angenommenen Erfordernisse des Brandschutzes und der Gesundheit schon bei der "seinerzeitigen" Erteilung der Baubewilligung für die Hotelanlage berücksichtigt worden seien, ist er nicht im Recht.

Die Bewilligungspflicht nach § 25 lit d TBO ist schon daran geknüpft, daß die Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann und nicht daran, daß das Gebäude nach der Änderung des Verwendungszweckes unzulässig sein mußte (VwGH 8.2.1991, 90/06/0201; 11.4.1991, 91/06/0001).

Die Bestimmung des § 25 d TBO statuiert - wie schon erwähnt - eine Bewilligungspflicht bei Änderung der Widmung (schon) von Gebäudeteilen (hier: Umwidmung von unterirdischen Abstell- bzw Lagerräumen in Aufenthaltsräume), soferne diese nicht vom baubehördlichen Konsens des Gebäudes (Gebäudeteiles) nach der Tiroler Bauordnung gedeckt ist. Auch die gegenständlichen, durch einen Zubau neu geschaffenen Keller- (oder Lager-)Räume sind der Auffassung des Angeklagten zuwider als "Gebäudeteil" im Sinn der in Rede stehenden Gesetzesstelle anzusehen (vgl Hauer aaO Anm 8 zu § 25). Die auf Grund ihres Verwendungszwecks an Räume gestellten Anforderungen ergeben sich insbesondere aus den (in Durchführung der im § 24 TBO normierten Verordnungsermächtigung erlassenen) technischen Bauvorschriften. Ungeachtet einer früher erteilten Baubewilligung ist daher zu prüfen, ob im Falle einer Umwidmung eine relevante (bewilligungspflichtige) Änderung des Verwendungszwecks (einschließlich der Übereinstimmung mit den jeweils nach dem Raumordnungsgesetz festgesetzten Widmungen) eingetreten ist, wobei der frühere Verwendungszweck dem nunmehrigen gegenüberzustellen ist. Da in Ansehung von Aufenthaltsräumen (§ 3 Abs. 3 TBO) wesentlich weitergehende baurechtliche

Vorschriften - insbesondere in bezug auf Wärmeschutz, Raumhöhe, Belichtung, Lüftung und Beheizung (§§ 16 ff TBV) sowie in bezug auf die Beschaffenheit von Türen (§§ 23, 92 Abs. 2 TBV) bestehen als für Lagerräume, Saunaanlagen in Beherbergungsbetrieben zudem eigene Brandabschnitte bilden müssen (§ 100 Abs. 2 TBV), erweist sich der vom Erstgericht angenommene Einfluß der konsenswidrigen Widmungsänderung auf die Zulässigkeit des Kellerzu-, bzw Ausbaues schon aus diesem Grunde als rechtsrichtig.

Davon abgesehen ergibt sich die baurechtliche Erheblichkeit der in Rede stehenden Umwidmung für den Konsens der vorliegenden Kellerräume - wie das Erstgericht zutreffend hervorhebt (US 26) - auch aus der Bestimmung des § 7 Abs. 5 TBO (nunmehr § 7 Abs. 9 TBO). Denn nach dieser Vorschrift dürfen in Abstandsflächen errichtete unterirdische Anlagen - wenn es sich (wie hier) um Gebäude handelt - nur dem Schutz von Sachen (Kraftfahrzeuge, Werkzeug, Geräte), nicht aber dem Aufenthalt von Menschen dienen. Auch nach der (in den Deliktszeitraum fallenden) letzten Novellierung der Tiroler Bauordnung durch LGBl 1989/10 sind gemäß § 7 Abs. 9 an unterirdisch gelegene Aufenthaltsräume in Abstandsflächen aus nachbarrechtlichen Erwägungen besondere Anforderungen in bezug auf die Lage von "Öffnungen ins Freie" gestellt.

Soweit sich der Angeklagte in der Rechtsrüge abermals darauf bezieht, daß die Umwidmung lediglich von der Gewerbebehörde - nicht aber von der Baubehörde - zu prüfen sei, ist er, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen zur Verfahrensrüge zu verweisen.

Der Angeklagte wäre als Bürgermeister der Gemeinde R***** bei S*****, sohin als Garant für die Einhaltung der Tiroler Bauordnung, in Entsprechung der Bestimmungen des § 43 Abs. 3 TBO (alte und neue Fassung), und zwar unbeschadet des Umstands, daß von der Bauwerberin um eine (für die sanktionslose Benützung des Bauobjektes unabdingbare Benützungsbewilligung - § 53 Abs. 1 lit h TBO alte Fassung bzw § 53 Abs. 1 lit i neue Fassung) nicht angesucht wurde, verpflichtet gewesen, angesichts des ihm zur Kenntnis gebrachten Verdachtes der gesetzwidrigen Verwendung der Räume nach Prüfung des Sachverhalts entweder auf fristgerechte nachträgliche Erteilung der erforderlichen Baubewilligung zu drängen oder aber die Benützung zu untersagen.

Da er es zwischen Ende 1987 und Mai 1990 - sohin durch einen Zeitraum von rund zweieinhalb Jahren - gezielt unterließ, als Baubehörde erster Instanz in Vollziehung der Tiroler Bauordnung entsprechende Maßnahmen zu setzen, stellt sein pflichtwidriges Untätigbleiben (objektiv) - entgegen dem Beschwerdevorbringen - einen (einem aktiven Tun gleichzusetzenden) Befugnismißbrauch im Sinn des § 302 Abs. 1 StGB dar (Leukauf-Steininger Komm3 RN 31; Mayerhofer-Rieder3 E 34 zu § 2 StGB).

Die in der Rechtsrüge kursorisch angedeuteten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 25 d TBO vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu teilen. Dem bezüglichen Vorbringen, soweit es auf die der Bundesgesetzgebung vorbehaltenen Belange des Gesundheitswesens in der in Rede stehenden Bestimmung der Landesbauordnung abzustellen scheint, ist entgegenzuhalten, daß es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt ist, aus dem Gesichtspunkt des Baurechts Bestimmungen zur Abwehr von gesundheitlichen Gefahren zu treffen, die "eine durch die Materie des Baurechts bedingte typische Abart der Sanitätspolizei" darstellen (VvSlg 7582). Dies trifft vorliegenden Falles zumindest auf die hygienische Gesichtspunkte berührenden Vorschriften über das Ausmaß und die Belüftung der Räume (§ 16 ff TBV) zu. Im übrigen hat § 25 d TBO ferner die Übereinstimmung mit den jeweils nach dem Raumordnungsgesetz festgesetzten Widmungen sowie Rücksichten der Feuersicherheit und subjektiv-öffentliche Nachbarrechte (§ 7 TBO) im Auge (vgl Hauer aaO Anm 8 zu § 25 TBO).

Auch der Anregung, ein Gesetzesprüfungsverfahren gemäß Artikel 89 Abs. 2 B-VG einzuleiten, wurde daher nicht näher getreten.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 302 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Bei der Strafzumessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel.

Der auf Verhängung einer (bedingten) Geldstrafe, zumindest jedoch Strafherabsetzung gerichteten Berufung kommt keine Berechtigung zu:

Das Ausmaß der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe erweist sich schon im Hinblick auf das hartnäckige Verharren des Angeklagten in seinem Fehlverhalten als tatschuldadäqat und nicht überhöht. Der als mildernd ins Treffen geführten "teilweisen Überforderung von Dorfbürgermeistern durch die Fülle der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen" steht im vorliegenden Fall schon die ausdrückliche Urteilskonstatierung entgegen, daß der Angeklagte nicht nur aufgrund seiner eigenen Kenntnis, sondern auch infolge wiederholter ausdrücklicher Information durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck über die Sach- und Rechtslage voll informiert war.

Seiner bisherigen (langjährigen) Unbescholtenheit wurde vom Erstgericht durch die Ausmessung einer Strafe, die der Untergrenze des Strafrahmens entspricht, und durch die Gewährung bedingter Strafnachsicht ausreichend Rechnung getragen.

Die besonderen Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung (§ 41 StGB) liegen nicht vor. Einer (bedingten) Geldstrafe fehlt nach Lage des Falles die erforderliche Effektivität und notwendige Präventivwirkung.

Auch der Berufung des Angeklagten konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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