OGH 4Ob58/92

OGH4Ob58/9214.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Warta, Dr.Kodek und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert St*****, vertreten durch Dr.Siegfried Dillersberger und Dr.Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei Dr.Klaus R*****, vertreten durch Dr.Walter Hofbauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 38.982 S sA, Unterlassung und Widerruf (Gesamtstreitwert: 118.982 S; Revisionsinteresse: 40.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20.Februar 1992, GZ 2 R 15/92-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7.November 1991, GZ 18 Cg 104/90-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß die Punkte 3 lit a und b des Ersturteils sowie dessen Kostenentscheidung (Punkte 4 und 5 des Ersturteils) wiederhergestellt werden.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.111,84 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 3.000 S Barauslagen und 2.018,64 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Zahntechniker. Er war bis Oktober 1986 als Laborleiter der Innsbrucker Filiale des Dental-Labors P***** Gesellschaft mbH & Co KG beschäftigt und hat dann das Dental-Labor von seiner Dienstgeberin übernommen. Der Verkauf des Labors an den Kläger erfolgte (ua) auch deshalb, weil die Dienstgeberin des Klägers mit dessen zahntechnischen Leistungen nicht zufrieden war und wegen der mangelnden Qualität seiner Arbeiten auch zwei Zahnärzte als Kunden verloren hatte; dennoch wurde dem Kläger ein gutes Zeugnis ausgestellt. Da der Kläger bei der Zahntechniker-Meisterprüfung dreimal durchgefallen war, wurde ihm die Gewerbeberechtigung für das Handwerk eines Zahntechnikers gemäß § 94 Z 83 GewO nur befristet bis 31.12.1990 erteilt; mit Ablauf dieser Frist wurde sie im Register gelöscht. Am 14.5.1991 bestand der Kläger die Meisterprüfung, worauf ihm am 12.6.1991 die Gewerbeberechtigung (wieder) erteilt wurde.

Der Beklagte ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und auch als Standesvertreter in der Ärztekammer für Tirol tätig. In dieser Funktion hatten ihm bei den von ihm abgehaltenen Regionalveranstaltungen zahlreiche Zahnärzte laufend über die mangelhaften Arbeiten des Klägers geklagt; diese seien "furchtbar und katastrophal" sowie "nicht einsetzbar", die Zahnärzte verlören deshalb Patienten. Der Beklagte wurde aufgefordert, Maßnahmen gegen das ständige Auftreten des Klägers als Fachmann auf dem Gebiet der Zahntechnik zu ergreifen, zumal unter den Zahnärzten allgemein bekannt war, daß der Kläger die Meisterprüfung ursprünglich nicht bestanden hatte.

Der Kläger ist in führender Position im "Interessenverein der österreichischen Zahnprothetiker" engagiert. Zwischen diesem Verein und der Tiroler Ärztekammer herrscht Streit über die Befugnis zur Durchführung der Abdrucknahme für abnehmbaren Zahnersatz in der Mundhöhle von Patienten; darüber wurde auch in den Tiroler Medien berichtet (§ 267 ZPO). Am 31.1.1990 wurde das Thema der Herstellung abnehmbaren Zahnersatzes in der Sendung "Tirol-Journal" des Hörfunk-Programms "Radio Tirol" behandelt, wobei die Möglichkeit bestand, daß Anrufer Fragen an die Studiogäste stellen. Der Beklagte meldete sich in dieser Sendung telefonisch zu Wort und stellte sich mit "Dr.R*****, ich bin Zahnarzt" vor. Nach Begrüßung durch den Moderator sagte der Beklagte ua: ".....Der Herr St***** hat das Pferd mit seinem Labor von hinten aufgezäumt. Er hat sich ein Labor gekauft und hatte keine Meisterprüfung. Ein offenes Geheimnis unter den Zahnbehandlern ist es, daß seine Qualität der Arbeiten miesester Qualität sind....."

"........Ja, schauen Sie, generell gesagt ist, daß das Labor St***** eine solche Qualität in schlechter Hinsicht hergestellt hat, daß seine Dienstleistungen von den Zahnärzten nicht in Anspruch genommen wurden....."

Der Kläger hatte für zahlreiche Zahnärzte in Innsbruck und Umgebung - nicht aber für den Beklagten - technische Arbeiten durchgeführt; nahezu alle diese Zahnärzte hatten aber diese Geschäftsbeziehung schon nach kurzer Zeit wieder abgebrochen, weil die Arbeiten des Klägers teilweise überhaupt nicht oder doch erst nach Überarbeitung durch die Zahnärzte selbst brauchbar waren. Das gilt insbesondere für die Zahnärzte Dr.Markus St***** (Reutte), Dr.Markus A*****, Dr.Volkmar Sch*****, Dr.Alexander B*****, Dr.Helmut D*****, Dr.Elisabeth K*****, Dr.Manfred M***** und Dr.Peter K***** (alle in Innsbruck und Umgebung). Auch abnehmbare Zahnersätze, die im Labor des Klägers ohne Zwischenschaltung eines Zahnarztes angefertigt worden waren, hatten den Patienten des öfteren nicht gepaßt und mußten deshalb ausgetauscht werden.

Mit der Behauptung, daß die vom Beklagten in der Sendung "Tirol-Journal" aufgestellten Tatsachenbehauptungen unrichtig und kreditschädigend, darüberhinaus aber auch wegen ihrer Allgemeinheit und Unüberprüfbarkeit sittenwidrig und irreführend seien, begehrt der Kläger - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren noch von Interesse -, den Beklagten schuldig zu erkennen,

1. abfällige Äußerungen über die Qualität der Arbeiten des Klägers, insbesondere (die Äußerungen), daß diese "mieseste Qualität" seien und die "Qualität der Arbeiten des Klägers so schlecht sei, daß seine Dienstleistungen von den Zahnärzten nicht in Anspruch genommen würden", zu unterlassen;

2. seine Äußerungen, es sei ein offenes Geheimnis unter den Zahnbehandlern, daß die Arbeiten des Klägers mieseste Qualität und die Arbeiten des Labors des Klägers von solch schlechter Qualität seien, daß seine Dienstleistungen von Zahnärzten nicht in Anspruch genommen würden, zu widerrufen und diesen Widerruf auf eigene Kosten im Hörfunk-Programm "Radio Tirol" des Österreichischen Rundfunks durch Verlesen zu veröffentlichen.

Der Beklagte habe seine Äußerungen in Wettbewerbsabsicht abgegeben, bestehe doch zwischen Zahntechnikern und Zahnärzten ein Wettbewerbsverhältnis. Das noch in Rede stehende Begehren werde insbesondere auf §§ 1, 2 und 7 UWG (sowie § 1330 Abs 2 ABGB) gestützt (ON 1 S 4; ON 18 S 127).

Der Beklagte beantragt die Abweisung auch dieses Klagebegehrens. Als Facharzt stehe er mit dem klagenden Handwerker in keinem Wettbewerbsverhältnis; eine Wettbewerbshandlung liege auch deshalb nicht vor, weil der Beklagte die Äußerungen in Ausübung seiner Pflichten als Funktionär der Ärztekammer gemacht habe (ON 18 S 129). Die von ihm erhobenen Vorwürfe über die besonders schlechte Qualität der Arbeiten des Klägers seien wahr.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die beanstandeten Äußerungen seien abfällige Tatsachenbehauptungen, so daß eine Wettbewerbsabsicht von vornherein zu vermuten sei; zwischen gewerblichen Zahntechnikern und Zahnärzten bestehe auch tatsächlich ein Wettbewerbsverhältnis. Dem Beklagten sei jedoch der ihm obliegende Wahrheitsbeweis gelungen, so daß der Unterlassungs- und der Widerrufsanspruch nicht mehr mit Erfolg auf § 7 Abs 1 UWG gestützt werden könnten. Bei dieser Sachlage sei nicht mehr zu prüfen, ob die Vorgangsweise des Beklagten allenfalls auch gegen § 1 UWG verstoße. § 2 UWG komme schon wegen Fehlens einer Irreführung nicht in Betracht.

Das Berufungsgericht gab dem restlichen Unterlassungs- und Widerrufsbegehren des Klägers statt und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die beanstandeten Äußerungen des Beklagten seien abstrakt geeignet gewesen, den Betrieb des Klägers und dessen Kredit zu gefährden; auch liege eine Wettbewerbshandlung des Beklagten vor, welchem es offenbar darum gegangen sei, der Tätigkeit des Klägers als Zahntechniker zu begegnen bzw diese Tätigkeit einzuschränken. Die abfällige Äußerung über die Qualität der Arbeiten des Klägers begründe die Vermutung einer Wettbewerbsabsicht des Beklagten. Nach dem offenkundigen Zweck der beanstandeten Äußerung trete diese Absicht gegenüber sonstigen Beweggründen seines Verhaltens auch keineswegs ganz in den Hintergrund. Das Erstgericht habe übersehen, daß auch das Verbreiten wahrer Tatsachenbehauptungen rechtswidrig sein und in den Schutzbereich des Betroffenen eingreifen könne. Das treffe insbesondere auf eine schlagwortartige Pauschalherabsetzung zu, wie sie der Beklagte vorgenommen habe. Er habe damit den Boden einer sachlichen Aufklärung verlassen und die Leistungen des Klägers pauschal und undifferenziert herabgesetzt; der von ihm angebotene Wahrheitsbeweis wäre daher gar nicht zulässig gewesen. Mit den beanstandeten Äußerungen habe der Beklagte den "Tatbestand der §§ 1 und 7 UWG" verwirklicht. Bei der Hörfunk-Sendung vom 31.1.1990 habe er sich nicht als Funktionär der Ärztekammer für Tirol zu Wort gemeldet; selbst wenn er aber in dieser Eigenschaft gesprochen haben sollte, habe er für seine Äußerungen "nach § 1330 ABGB einzustehen".

Gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Der Kläger stellt den Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen der Meinung des Klägers schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht jedenfalls in Ansehung der Stattgebung des Begehrens auf Widerruf und dessen Veröffentlichung von der klaren Gesetzeslage und der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger und das Erstgericht haben übersehen, daß als wettbewerbsrechtlicher Anspruchsgrund für das Unterlassungsbegehren nur § 1 und/oder § 7 UWG in Frage kommen, nicht aber § 2 UWG, hat doch dieser Tatbestand - abgesehen davon, daß die beanstandete Behauptung des Beklagten richtig war -, irreführende Angaben über eigene geschäftliche Verhältnisse zum Gegenstand (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 111); der Unterlassungsanspruch könnte aber auch aus § 1330 Abs 1 und 2 ABGB abgeleitet werden. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes besteht aber ein Anspruch auf Widerruf und dessen Veröffentlichung (ÖBl 1981, 45) nur nach § 7 Abs 1 UWG und nach § 1330 Abs 2 ABGB, nicht aber nach § 1 UWG (ÖBl 1991, 58) und auch nicht für Ansprüche nach § 1330 Abs 1 ABGB (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1330 mwN; Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 75; 4 Ob 18/92).

Die Tatbestände sowohl des § 7 UWG als auch des § 1 UWG setzen ein "Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs" voraus. Ob der Beklagte in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Tat- und keine Rechtsfrage (JBl 1991, 390; ÖBl 1991, 87 mwN). Im vorliegenden Fall liegt eine den OGH bindende Tatsachenfeststellung zur Wettbewerbsabsicht des Beklagten weder im positiven noch im negativen Sinn vor. Gerade bei abfälligen Äußerungen über Mitbewerber spricht jedoch nach ständiger Rechtsprechung (JBl 1991, 390; ÖBl 1991, 87 mwN) schon nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung für die Wettbewerbsabsicht. Diese Absicht muß freilich auch bei abfälligen Äußerungen nicht das einzige oder das wesentliche Ziel der Handlung gewesen sein; sie darf nur gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten (ÖBl 1991, 87 mwN). Wenn auch der Beklagte in der Sendung "Tirol-Journal" vom 31.1.1990 nach den Feststellungen der Vorinstanzen nur als Zahnarzt gesprochen hat, mag doch als Beweggrund für seine Wortmeldung auch seine Eigenschaft als Funktionär der Ärztekammer für Tirol in Betracht gekommen sein; auch dieser Umstand läßt aber seine Wettbewerbsabsicht keineswegs in den Hintergrund treten, hätte er doch dann (auch) als gesetzlicher Interessenvertreter der Zahnärzte gemäß § 38 ÄrzteG 1984 BGBl 373 (zuletzt novelliert durch BGBl 1989/138) gehandelt (so schon 4 Ob 34/89 zu einem Vorgehen der Ingenieurkammer für Steiermark und Kärnten). Nach dieser Gesetzesstelle sind ja die Ärztekammern (ua) auch berufen, die gemeinsamen wirtschaftlichen Belange der Ärzte (hier: Zahnärzte) wahrzunehmen und zu fördern, welche aber gerade in bezug auf das in der Radiosendung behandelte Thema in einem Wettbewerbsverhältnis zu den Zahntechnikern stehen (JBl 1991, 390).

Tatsachen im Sinne des § 7 UWG (und ebenso des § 1330 Abs 2 ABGB) sind - im Gegensatz zu objektiv nicht überprüfbaren Werturteilen, welche erst auf Grund einer Denktätigkeit gewonnen werden und eine rein subjektive Meinung des Erklärenden wiedergeben -, Umstände, die ihrer allgemeinen Natur nach objektiv überprüfbar sind (Korn-Neumayer aaO 26 ff; SZ 60/255; ÖBl 1990, 256 ua). Der Begriff der Tatsachenbehauptung ist nach Lehre und ständiger Rechtsprechung weit auszulegen; selbst Urteile, die nur auf entsprechende Tatsachen schließen lassen, gelten als Tatsachenmitteilung ("konkludente Tatsachenbehauptung": SZ 62/208; SZ 63/2; ÖBl 1991, 58 uva). Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß die hier beanstandeten Äußerungen des Beklagten über die Qualität der Leistungen des Klägers als Zahntechniker Tatsachenbehauptungen waren. Sie vermittelten den Hörern der Radiosendung eine nachteilige Meinung über die Leistungen des Klägers; das genügte aber schon zur Erfüllung des Tatbestandes des § 7 UWG, wenn die Tatsachenbehauptungen nicht erweislich wahr waren. Die Behauptungen müssen keineswegs ehrenrührig sein; vielmehr genügt eine abstrakte Geschäfts- und Betriebsgefährdung (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht, 40 f; ÖBl 1991, 87 mwN). Nach den Feststellungen hat aber der Beklagte den ihm obliegenden Wahrheitsbeweis erbracht, konnte er doch den Inhalt der Mitteilungen im wesentlichen bestätigen (Koppensteiner aaO 115; ÖBl 1991, 87 mwN). Umgekehrt ist dem mit dem Unwahrheitsbeweis belasteten Kläger der Nachweis einer unwahren, kreditschädigenden, aber nicht ehrenrührigen Tatsachenbehauptung im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB (Korn-Neumayer aaO 66) nicht gelungen, so daß sowohl § 7 Abs 1 UWG als auch § 1330 Abs 2 ABGB als Anspruchsgrundlage ausscheiden.

Wie aber das Berufungsgericht an sich zutreffend erkannt hat, kann auch das wahrheitsgemäße Mitteilen von Tatsachen unzulässig sein, wenn darin ein Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) liegt; auch hier steht § 1 UWG "drohend im Hintergrund" (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 1161 Rz 1 zu § 14 dUWG und 485 f Rz 320 zu § 1 dUWG; SZ 62/208; SZ 63/2; ÖBl 1991, 58 und 87 ua). Da jedoch § 7 UWG die Herabsetzung eines Unternehmens durch wahre Behauptungen nicht erfaßt, kann sie nach § 1 UWG nicht grundsätzlich verboten sein; es bedarf hier vielmehr einer Interessenabwägung: Eine wahrheitsgemäße geschäftsschädigende Behauptung ist demnach (nur) dann zulässig, wenn der Wettbewerber hinreichenden Anlaß hatte, den eigenen Wettbewerb mit der Herabsetzung des Mitbewerbers zu verbinden, und wenn sich die Kritik nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen hält (Baumbach-Hefermehl aaO 485 Rz 320 zu § 1 dUWG). Eine unsachliche oder unnötige Herabsetzung der Leistung eines Mitbewerbers ist sittenwidrig (Baumbach-Hefermehl aaO 486); ebenso verstößt es gegen die guten Sitten, wenn wettbewerbsfremde

Tatsachen - insbesondere solche, die zum Gegenstand des Wettbewerbs in keiner Beziehung stehen - über einen Mitbewerber verbreitet oder nicht konkretisierte Pauschalverdächtigungen sowie grobe Beschimpfungen geäußert werden (SZ 62/208; ÖBl 1990, 205; SZ 63/2; ÖBl 1991, 87). Solche Voraussetzungen liegen aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes hier nicht vor:

Der Beklagte hat - wenn auch mit drastischen Worten - gegen den Kläger konkrete Vorwürfe über die mangelnde Qualität der zahntechnischen Leistungen seines Labors erhoben und nicht bloß pauschale, unsubstantiierte Beschimpfungen und Verdächtigungen geäußert. Aus der vom Kläger selbst vorgelegten Tondbandkassette der Radiosendung "Tirol-Journal" vom 31.1.1990 (Beilage O) - deren Echtheit und Richtigkeit vom Beklagten nicht bestritten worden ist (ON 15 S 61), so daß ihr Inhalt vom Obersten Gerichtshof auch unmittelbar verwertet werden kann - ergibt sich aber, daß der Beklagte auch hinreichenden Anlaß hatte, die schlechte Qualität der zahntechnischen Leistungen des Labors des Klägers aufzuzeigen und anzuprangern, hatte doch der Moderator schon am Beginn der Sendung als deren "aktuellen Anlaß" die vor rund einem Jahr erfolgte Eröffnung des "Zahnprothesenreparaturstudios" (des Klägers) in Innsbruck bezeichnet, welches den Kunden auch an den Wochenenden und an Feiertagen zur Verfügung stehe. Der Kläger selbst war noch vor der Wortmeldung des Beklagten insgesamt dreimal namentlich genannt und dabei von einem Diskussionteilnehmer (dem Präsidenten der Dentistenkammer Tirol) als Propagierer seines "Reparaturstudios" in der Öffentlichkeit bezeichnet worden, welcher die Medien mit gewissen Meldungen strapaziert habe. Dabei war es (ua) um den von einem anderen Diskussionsteilnehmer - dem Pressereferenten des Interessenvereins der österreichischen Zahnprothetiker, einem Dienstnehmer des Klägers - gegen die Zahnärzte erhobenen Vorwurf gegangen, daß diese hinsichtlich des Zahnersatzes schlecht ausgebildet seien; die Patienten seien unzufrieden und hätten die (zu hohen) Kosten zu tragen. Hiezu wurde auch die telefonische Wortmeldung einer Dame eingespielt, welche darüber berichtete, daß ein Zahnarzt für ihre Prothese zwar viel verlangt habe, diese aber gebrochen und immer wieder repariert worden sei - jedesmal "eine Kathastrohphe"; dann sei sie aber zum Kläger gegangen, und dieser habe die Prothese sofort gerichtet - "bestens"!

Bei dieser Sachlage kann aber das Interesse des Beklagten als Zahnarzt und Interessenvertreter, den massiven Vorwürfen gegen seinen Berufsstand und der damit verbundenen Propagierung des Zahnlabors des Klägers mit dem - zutreffenden - Hinweis auf die schlechte Qualität der dort erbrachten Leistungen entgegenzutreten, nicht in Zweifel gezogen werden. Von einer unnötigen Herabsetzung des Klägers oder einer besonderen Aggresssivität der Vorwürfe des Beklagten kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden, war doch die Sendung schon bis dahin durch das harte Aufeinanderprallen der Meinungen sowie durch emotionsgeladene telefonische Wortmeldungen von Hörern zum Thema gekennzeichnet gewesen.

Aus diesen Erwägungen ist auch ein Verstoß des Beklagten gegen § 1 UWG zu verneinen, weshalb in Stattgebung der Revision der noch in Rede stehende abweisende Teil des Ersturteils wiederherzustellen war. Da sich die Berufung des Klägers im Kostenpunkt als unberechtigt erweist, war auch die Kostenentscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Kläger ist somit im Berufungs- und im Revisionsverfahren zur Gänze unterlegen; er hat daher dem Beklagten gemäß §§ 41, 50 ZPO die auf der Basis der jeweiligen Streitwerte von 78.982 S und 40.000 S mit 9

8.488,80 S (darin enthalten 1.414,80 S Umsatzsteuer) und mit 6.623,04 S (darin enthalten 3.000 S Barauslagen und 603,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren zu ersetzen.

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