OGH 5Ob119/92

OGH5Ob119/9214.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Schwarz, Dr.Jelinek und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dipl.Ing.Alfred F*****, Ziviltechniker, ***** A*****, H*****straße 40, vertreten durch Dr.Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes in EZ ***** und EZ ***** des Grundbuches ***** K*****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 24.April 1992, GZ 3 b R 65/92, TZ 1311/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 1.April 1992, TZ 1169/92-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehegatten Dr.Renate F***** und Dipl.Ing.Alfred F***** haben dem nunmehrigen Vertreter des Antragstellers am 20.Dezember 1991 eine umfassende (dem üblichen Prozeßvollmachtsformular für Rechtsanwälte entsprechende Vollmacht erteilt, die ihn u.a. berechtigt, bewegliche und unbewegliche Sachen und Rechte zu veräußern und zu verpfänden. Die Unterschriften der Machtgeber auf dieser in A***** (Schweiz) ausgestellten Vollmacht sind notariell beglaubigt.

Am 23.Jänner 1992 errichtete der nunmehrige Vertreter des Antragstellers in Vertretung der Ehegatten Dr.Renate F***** und Dipl.Ing.Alfred F***** beim öffentlichen Notar Dr.Robert B***** in A***** einen Notariatsakt, in dem Dr.Renate F***** ihrem Ehemann zur Sicherung eines allfäligen Aufteilungsanspruches im Sinne der §§ 81 ff EheG das lebenslängliche, bücherlich sicherzustellende Belastungs- und Veräußerungsverbot an mehreren Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteilen einräumt, darunter an den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** des Grundbuches K*****. Die Aufsandungserklärung dieses von Rechtsanwalt Dr.Axel Friedberg für die Ehegatten Dr.Renate F***** und Dipl.Ing.Alfred F***** unterschriebenen Notariatsaktes dokumentiert das ausdrückliche Einverständnis der Vertragsparteien, daß ohne ihr weiteres Wissen und Einvernehmen, auf Ansuchen eines von ihnen, bei allen Vertragsliegenschaften die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Gunsten von Dipl.Ing.Alfred F***** bewilligt wird.

Unter Vorlage einer beglaubigten Ausfertigung dieses Notariatsaktes, in die eine Fotokopie der Vollmacht vom 20.Dezember 1991 eingebunden ist, und dazu noch mit einem Original der Heiratsurkunde vom 11.Juni 1982 beantragte Dipl.Ing.Alfred F***** am 27.März 1992 beim Erstgericht die Bewilligung der Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes hinsichtlich der Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** des Grundbuches K*****.

Das Erstgericht wies dieses Begehren mit der Begründung ab, eine so einschneidende Beschränkung des Eigentumsrechtes der Liegenschaftseigentümerin Dr.Renate F***** hätte einer Vollmacht des Machthabers bedurft, die auf die Einräumung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes lautet.

Das Rekursgericht hielt die Vollmacht zwar für ausreichend, weil § 31 Abs 6 GBG die Bewilligung einer Einverleibung auf Grund von Urkunden eines Machthabers auch dann erlaube, wenn eine Generalvollmacht vorgelegt wird, die nicht früher als 3 Jahre vor dem Ansuchen um die Einverleibung ausgestellt wurde; es erblickte jedoch ein Eintragungshindernis darin, daß der Einschreiter nicht das Original der Vollmacht vom 20.Dezember 1991 vorlegte. Damit seien die Voraussetzungen des § 31 Abs 6 GBG im Ergebnis doch nicht erfüllt, weil die Unterschrift des Machtgebers auf der Vollmacht gerichtlich oder notariell beglaubigt sein müsse, wenn eine Einverleibung gegen den Machtgeber bewilligt werden soll.

Der Beschluß des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000 übersteigt, der Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und ohnehin der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie der Literatur folgt.

Im nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs behauptet der Antragsteller ein Abweichen des Rekursgerichtes von der gesicherten Rechtsprechung der Instanzgerichte, daß die Ausfertigung eines Notariatsaktes als Original anzusehen sei. Eine gegenteilige Judikatur des Obersten Gerichtshofes gebe es nicht. Da das Original der Vollmacht vom 20.Dezember 1991 dem Notariatsakt vom 23.Jänner 1992 angeschlossen wurde und eine Fotokopie dieser Vollmacht Teil der beglaubigten Ausfertigung des Notariatsaktes sei, liege in Wahrheit eine als Original zu behandelnde Vollmacht vor. Der Revisionsrekursantag geht dahin, die Entscheidungen der Vorinstanzen in eine Bewilligung des Eintragungsgesuches abzuändern.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Rechtslage im Zusammenhang mit der Ausfertigung eines Notariatsaktes verkannte; er ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vollmachten, die zur Errichtung eines Notariatsaktes dienen, müssen entweder öffentliche Urkunden oder solche Privaturkunden sein, auf denen die Unterschrift des Vollmachtgebers gerichtlich, notariell oder von einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland beglaubigt ist (§ 69 Abs 1 NotO). So gesehen kann kein Zweifel bestehen, daß sich Rechtsanwalt Dr.Axel Friedberg bei der Errichtung des verfahrensgegenständlichen Notariatsaktes mit einer formgültigen Vollmacht ausgewiesen hat. Sie wurde offensichtlich dem Notariatsakt in Urschrift angeschlossen, und zwar in den Notariatsakt eingebunden, weil dies die einschlägigen Vorschriften so versehen (§ 69 Abs 2 NotO iVm § 48 Abs 2 NotO).

Nun ist unstrittig, daß die Ausfertigung eines Notariatsaktes als Original im Sinne des § 87 Abs 1 GBG anzusehen ist (Dittrich-Angst-Auer, Anm 1 zu § 87 GBG3). Im gegenständlichen Fall sieht diese Ausfertigung so aus, daß der gesamte Notariatsakt vom 23. Jänner 1992 einschließlich Vollmacht vom 20.Dezember 1991 fotokopiert, gebunden und vom Inhaber der Urschrift beglaubigt wurde. Eine solche Ausfertigung verleiht der beigebundenen Vollmacht die Qualität eines Originals. Zu Unrecht hat daher das Rekursgericht die Abweisung des Grundbuchsgesuches auf Versäumnisse bei der Vollmachtsvorlage gestützt. Zu billigen ist lediglich seine Klarstellung, daß das Ausstellungsdatum der Vollmacht gemäß § 31 Abs 6 GBG eine Einverleibung gegen die Machtgeberin Dr.Renate F***** zuließ.

Dennoch bleibt ein Eintragungshindernis bestehen. Gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG darf nämlich eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligt werden, wenn keine gegründeten Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten bestehen. Diese Überprüfungspflicht des Grundbuchsgerichtes wird in ständiger Judikatur auch auf Bedenken gegen die Vertretungsmacht der rechtsgeschäftlich Handelnden in Fällen der Doppelvertretung oder des Selbstkontrahierens bezogen (NotZ 1991, 109/202 u.a.; zuletzt 5 Ob 1084,1085/91 und 5 Ob 67/92). Ist nämlich die Doppelvertretung unzulässig, fehlt dem Vertreter die Vertretungsmacht (JBl. 1984, 315; NotZ 1988, 54 u.a.). Diese Unzulässigkeit liegt schon dann vor, wenn die Gefahr einer Interessenkollision droht (vgl. HS 10.170; EvBl. 1983/39; EvBl. 1986/86; 5 Ob 1084,1085/91; 5 Ob 56/92). Zur Beseitigung diesbezüglicher Bedenken müßte also sichergestellt sein, daß jede Gefährdung des Machtgebers ausgeschlossen ist (vgl. SZ 44/141; SZ 54/57 u.v.a.). Liegt dem äußeren Anschein nach eine unzulässige Doppelvertretung vor, darf das Grundbuchsgericht eine den Machtgeber belastende Eintragung nur bewilligen, wenn der urkundliche Nachweis seiner Zustimmung vorliegt (vgl. NotZ 1991, 109/202).

Im gegenständlichen Fall geht es um eine Doppelvertretung, die eindeutig eine Gefährdung der Interessen der Liegenschaftseigentümerin Dr.Renate F***** befürchten läßt. Es bedarf daher eines urkundlichen Nachweises ihrer Zustimmung zur Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften, um dem Eintragungsgesuch des Verbotsberechtigten Folge geben zu können.

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