OGH 1Ob243/71

OGH1Ob243/7116.9.1971

SZ 44/141

Normen

ABGB §271
ABGB §1009
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §20 Abs2
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §25 Abs4
ABGB §271
ABGB §1009
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §20 Abs2
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §25 Abs4

 

Spruch:

Selbstkontrahieren zwischen dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH und der Gesellschaft ist an sich zulässig und kann - allenfalls von der Ein-Mann-Gesellschaft abgesehen - ohne Beiziehung eines Kollisionskurators stattfinden

OGH 16. 9. 1971, 1 Ob 243/71 (OLG Linz 2 R 68/71; LG Salzburg 7 Cg 10/71)

Text

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Bezahlung von bestelltem, geliefertem und verlegtem Fußbodenmaterial im Betrag von S 16.868.75 sA. Der Beklagte wendete ein, diesen Betrag nicht mehr schuldig zu sein, da er die Summe mit dem alleinzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der klagenden Partei Gerfried St im November 1969 gegen eine Schuld aus einem Hauskauf Gerfried St's verrechnet habe. Unbestritten ist, daß Gerfried St bis 20. 1. 1970 alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der klagenden Partei war.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte nach Wiedergabe der Außerstreitstellung des Beklagten, er habe im Jahre 1969 bei der klagenden Partei Fußbodenmaterial um den vereinbarten Preis von S 16.868.75 bestellt und von ihr erhalten, im wesentlichen fest: Der Beklagte habe im April 1969 ein ihm gehöriges Reihenhaus an Gerfried St verkauft und sich aus dem Erlös ein anderes Reihenhaus gekauft. In diesem seien Spannteppiche, Parketten und Plastikfilzbeläge zu verlegen gewesen. Im Zuge des Abschlusses des Kaufvertrages mit Gerfried St habe sich der Beklagte erkundigt, ob er nicht als Geschäftsführer einer Fachfirma in der Lage wäre, ein günstiges Angebot zu machen. Gerfried St habe hierauf dem Beklagten ein Lieferangebot gemacht und erklärt, der Beklagte bekomme das Material zu Angestelltenpreisen. Der Beklagte habe dieses Angebot als günstig angesehen und sei damit einverstanden gewesen. Alois N als Verkaufsleiter der klagenden Partei habe dann auch den Materialbedarf aufgenommen. Der Beklagte habe Gerfried St als Privatmann und nicht als Geschäftsführer der klagenden Partei Barzahlung angeboten, dieser habe jedoch gemeint, daß die Summe in die Endverrechnung mit dem Hauskaufpreis eingeschlossen werde. Dies sei dann auch tatsächlich nach Beendigung der Arbeiten durch die Verlegerfirma Georg R, der der Beklagte unter Hinweis auf die vereinbarte Privatverrechnung nichts bezahlt habe, geschehen. Die beabsichtigte Verrechnung auf den Rest des ausständigen Kaufpreises für die von Gerfried St gekaufte Liegenschaft sei am 18. 11. 1969 vorgenommen worden. Der verbliebene Restkaufpreis von S 49.797.- sei von Gerfried St an den Beklagten überwiesen worden. Diese gegenseitige Abrechnung habe in den Räumen der klagenden Partei stattgefunden. Im Innenverhältnis zu seiner Firma habe Gerfried St jedoch nichts zu einer ordnungsgemäßen Abrechnung der dem Beklagten gelieferten Waren und erbrachten Leistungen getan. Von Alois N auf die ausständige Fakturierung an den Beklagten aufmerksam gemacht, sei Gerfried St einer konkreten Antwort ausgewichen; die Rechnung der Firma Georg R habe die Buchhalterin Erna H sogar über Anordnung Gerfried St's unerledigt abgelegt. Alois N sei daher der Verdacht gekommen, Gerfried St habe allenfalls den Rechnungsbetrag privat abkassiert und wolle den Rechnungsbetrag verschwinden lassen. Nach Entdeckung von Unregelmäßigkeiten mit einer Schadenssumme zwischen S 300.000.- und S 600.000.- sei Gerfried St am 20. 1. 1970 als Geschäftsführer der klagenden Partei entlassen worden. Am 22. 1. 1970 habe Gerfried St dem neuen Geschäftsführer Alois N erklärt, daß die Rechnung zwar an den Beklagten zu richten sei, die Preise aber wegen der persönlichen Bekanntschaft mit dem Beklagten möglichst niedrig zu halten seien. Gerfried St habe sich dann dem Beklagten gegenüber zwar zur Ordnung der Angelegenheit bereit erklärt, jedoch sei es bei dieser bloßen Bereitschaft verblieben.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Zahlungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der klagenden Partei ergebe sich daraus, daß Gerfried St trotz seiner Stellung als Geschäftsführer zum rechtswirksamen Verkauf der Ware unter Einschaltung seiner Person als Zwischenkäufer nicht berechtigt gewesen sei; Gerfried St als Geschäftsführer der klagenden Partei habe ein Geschäft mit sich selbst nicht abschließen können; er hätte als Vertreter der klagenden Partei nur fungieren können, wenn die Firmeninhaber damit einverstanden gewesen wären oder das Geschäft diesen ausschließlich rechtliche Vorteile gebracht hätte. Dies sei nicht der Fall gewesen, da die klagende Partei durch das Selbstkontrahieren Gerfried St's ja geschädigt worden sei. Die klagende Partei brauche die Gegenverrechnung zwischen dem Beklagten und Gerfried St als rechtsunwirksam nicht für sich gelten zu lassen. Die Einwendung des Beklagten könnte nur dann als schuldbefreiend wirken, wenn der Beklagte die Ware in der üblichen Weise gekauft, sodann den Kaufpreis Gerfried St als Geschäftsführer übergeben und dieser dann das Geld veruntreut hätte. Der Beklagte berufe sich aber nicht auf diesen Rechtsfall, sondern stelle fortlaufend fest, daß er mit dem Zeugen Gerfried St als Geschäftsführer der klagenden Partei einen Privatkauf gemacht habe und daher in keinerlei rechtlichen Beziehungen zur klagenden Partei gestanden sei. Damit habe der Beklagte aber ausdrücklich die Kenntnisnahme des (unzulässigen) Selbstkontrahierens Gerfried St's zugegeben. Sohin bleibe die Zahlungspflicht des Beklagten gegenüber der klagenden Partei ungeachtet der gegenteiligen Zusicherung Gerfried St's aufrecht.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache an das Prozeßgericht zur neuerlichen Entscheidung zurück. Bei der rechtlichen Beurteilung sei davon auszugehen, daß der Beklagte mit Gerfried St persönlich einen Vertrag über die Lieferung von Bodenverlegungsmaterial abgeschlossen und dieses Material auch durch Aufrechnung gegen einen Kaufpreis, den ihm Gerfried St persönlich schuldete, bezahlt habe. Seitens des Beklagten sei die Feststellung, daß auf Seite Gerfried St's ein Privatgeschäft vorliege, unbekämpft geblieben. Zwischen der klagenden Partei und dem Beklagten habe daher gar kein Vertragsverhältnis bestanden. Das Klagebegehren müßte daher abgewiesen werden. Da die klagende Partei auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht des Erstgerichtes obsiegt habe, ihr die Feststellungen des Erstgerichtes aber bei richtiger rechtlicher Beurteilung zum Nachteil gereichen und sie nicht in der Lage gewesen sei, diese Feststellungen zu bekämpfen, dürfte ihr diese Möglichkeit nicht abgeschnitten werden. Das Erstgericht habe daher eine neuerliche Entscheidung unter Zugrundelegung der dargelegten Rechtsansicht zu treffen. Die Frage, ob Gerfried St die Zahlung des Beklagten im eigenen Namen entgegengenommen habe oder für die klagende Partei, spiele bei dieser Sachlage keine Rolle. Diese Frage wäre nur dann von Bedeutung, wenn der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Zahlung an die klagende Partei zu leisten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und verwies die Rechtssache an das Berufungsgericht mit dem Auftrag zurück, über die Berufung neuerlich unter Abstandnahme von den herangezogenen Aufhebungsgrunden zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Beklagte hat im vorliegenden Rechtsstreit seinen Prozeßstandpunkt nicht immer ganz deutlich formuliert, was auch seinen Niederschlag in den untergerichtlichen Entscheidungen gefunden hat. Die klagende Partei - sonst könnte sie ja den Beklagten gar nicht in Anspruch nehmen - hat von Anfang an den Standpunkt vertreten, der Beklagte habe bei ihr Fußbodenmaterial bestellt und von ihr auch verlegen lassen. Der Beklagte hat auch zu Beginn seiner Klagebeantwortung ausdrücklich außer Streit gestellt, von der klagenden Partei Ende Oktober 1969 Fußbodenmaterial bestellt und erhalten zu haben; seine Einwendung bestand nur darin, daß Gerfried St als alleinzeichnungs- und verfügungsberechtigter Geschäftsführer der klagenden Partei zu der von ihm behaupteten Abrechnung mit seiner Forderung aus dem privaten Hauskauf Gerfried St's berechtigt gewesen sei. Dem allenfalls Entgegenstehendes wird in der Klagebeantwortung - vielleicht ungenau - nur insoweit vorgebracht, er (der Beklagte) sei mit Gerfried St übereingekommen, daß er (Gerfried St) ihm Spannteppiche, Parkettböden und Filzbeläge liefere. In seiner Parteiaussage sprach der Beklagte dann allerdings von einer privaten Verrechnung mit Gerfried St. Das mag dazu geführt haben, daß das Erstgericht zwar einerseits an der Spitze seiner Entscheidungsgründe die Außerstreitstellung über die Bestellung des Fußbodenmaterials bei der klagenden Partei und dessen Erhalt anführte, später aber von der privaten Abrechnung, von Privatgeschäft und sogar von Privatkauf sprach sowie an einer Stelle seiner rechtlichen Beurteilung ausführte, Gerfried St habe die Ware "unter Einschaltung seiner Person als Zwischenkäufer" verkauft. Daß das Erstgericht damit aber nicht von der Außerstreitstellung der Bestellung der Ware bei der klagenden Partei abgehen wollte, kann schon daraus entnommen werden, daß es dem Klagebegehren dennoch mit der rechtlichen Begründung stattgab, daß die Zahlungspflicht des Beklagten gegenüber der klagenden Partei aufrecht bleibe. Privat war nach Ansicht des Erstgerichtes also doch (höchstens) die spätere Verrechnung, keineswegs aber die Bestellung des Fußbodenmaterials. Der Beklagte behauptete in seiner Berufung auch selbst nicht, nur Vertragspartner des Gerfried St als Privatmann gewesen zu sein. Er betonte vielmehr, die Abrechnung der Abwicklung des Geschäftes sei in den Räumen der klagenden Partei erfolgt; als Parteien hätten somit der Beklagte einerseits und Gerfried St als Geschäftsführer der klagenden Partei fungiert. Der Beklagte will nicht den leisesten Grund zu zweifeln gehabt haben, daß Gerfried St zur Abrechnung (durch die klagende Partei) berechtigt gewesen sei, sei doch die Abrechnung hochoffiziell von Gerfried St als Geschäftsführer der klagenden Partei in deren Räumen vorgenommen worden; der Beklagte will damit rechtswirksam die von ihm bezogenen Materialien und Leistungen bezahlt haben, was auch Gerfried St als Geschäftsführer der klagenden Partei ausdrücklich bestätigt habe. Der Beklagte betonte weiter, daß er auf Grund des festgestellten Sachverhaltes eindeutig der Überzeugung habe sein müssen, daß Gerfried St, der bis 20. 1. 1970 als alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der klagenden Partei im Handelsregister eingetragen gewesen sei, rechtsgeschäftliche Erklärungen mit voller Wirksamkeit (für die klagende Partei) abgeben habe können. Die Bestellung sei durch Verrechnung in den Räumen der klagenden Partei vom ausschließlich dazu befugten Mann Gerfried St vorgenommen worden (S 88); sein Vertragspartner sei Gerfried St gewesen, der gleichzeitig alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der klagenden Partei gewesen sei. Er sei die einzige kompetente Stelle (der klagenden Partei) gewesen, mit der er überhaupt rechtswirksam verhandeln habe können. Diese Ausführungen der Berufung können nicht anders verstanden werden, als daß der Beklagte die ausdrückliche Außerstreitstellung in erster Instanz, bis zur Verrechnung mit Gerfried St Schuldner der klagenden Partei gewesen zu sein, aufrecht hielt; die klagende Partei soll sich nur durch ihren Geschäftsführer Gerfried St mit der Verrechnung dessen privater Schuld einverstanden erklärt und den Beklagten damit als Schuldner entlassen haben. Wenn das Berufungsgericht sodann davon ausging, der Beklagte habe mit Gerfried St persönlich einen Vertrag über die Lieferung von Bodenverlegungsmaterial abgeschlossen, so daß die klagende Partei zur Klageführung aktiv nicht legitimiert sei, verläßt es nicht nur den Prozeßstandpunkt beider Parteien, sondern auch die - wenn auch vielfach undeutlichen und mißverständlichen - Feststellungen des Erstgerichtes, das immerhin an die Spitze seiner Entscheidungsgründe die Außerstreitstellung der Parteien stellte und letztlich, zu dieser Außerstreitstellung zurückkehrend, zum Ergebnis gelangte, daß die Zahlungsverpflichtung des Beklagten der klagenden Partei gegenüber aufrecht geblieben sei, was voraussetzt, daß sie ursprünglich bestanden hat. Daß, wäre die Auffassung des Berufungsgerichtes richtig, das Klagebegehren abzuweisen ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Zu beurteilen ist hingegen bei Berücksichtigung des beiderseitigen tatsächlichen Prozeßstandpunktes die Frage, was rechtens ist, wenn der Beklagte ursprünglich Schuldner der klagenden Partei war und sodann auf Grund einer Vereinbarung mit Gerfried St durch Kompensation mit einer persönlichen Schuldverpflichtung des Genannten aus seiner Verpflichtung der klagenden Partei gegenüber entlassen wurde.

Bei dem mit der klagenden Partei nach der Außerstreitstellung des Beklagten abgeschlossenen Vertrag handelte es sich, da nicht nur Ware geliefert, sondern auch verlegt wurde, um einen als Werkvertrag anzusehenden Werklieferungsvertrag (vgl EvBl 1969/95; EvBl 1968/306 ua), der zunächst zweifellos den Beklagten zum Schuldner der klagsgegenständlichen, der Höhe nach nicht bestrittenen Forderung machte. Der mit Gerfried St zustandegekommenen Verrechnungsvereinbarung lagen sodann Rechtshandlungen dreier Rechtspersönlichkeiten zugrunde, da zur Rechtswirksamkeit der Vereinbarung Gerfried St als natürliche Person, der Beklagte und die klagende Partei beteiligt sein und rechtsverbindliche Erklärungen abgeben mußten. Die Vereinbarung ging dahin, daß der Beklagte eine ihm gegen Gerfried St als Privatmann zustehende Forderung mit einer der klagenden Partei gegen den Beklagten zustehende Forderung kompensierte. Gerfried St übernahm damit zum Ausgleich dafür, daß seine Schuld aus dem Liegenschaftskauf dem Beklagten gegenüber um den entsprechenden Betrag gemindert, seine Schuld also getilgt wurde, der klagenden Partei gegenüber die Schuld des Beklagten und trat, da der Beklagte von seiner Verpflichtung der klagenden Partei gegenüber befreit werden sollte, an dessen Stelle (Schuldübernahme: § 1405 ABGB). Eine solche Schuldübernahme wird nach dem Gesetz erst durch die "Einwilligung" des Gläubigers, also eine einseitige rechtsgestaltende Erklärung desselben, vollständig; erst dann wird der bisherige Schuldner frei und tritt der neue an seine Stelle (Wolff in Klang[2] VI 346); diese Einwilligung kann auch durch schlüssiges Verhalten gegeben wenden (JBl 1952, 209; SZ 9/46; Wolff aaO). Wenn Gerfried St also mit der Vereinbarung vom 18. 11. 1969 den Beklagten von seiner Verpflichtung der klagenden Partei gegenüber befreite, konnte er diese Erklärung nicht im eigenen Namen, sondern nur als Geschäftsführer der klagenden Partei abgeben. Gleichzeitig schloß er aber auch ein Rechtsgeschäft als natürliche Person mit der klagenden Partei, der gegenüber er ja die Verpflichtung zur Bezahlung der klagsgegenständlichen Summe übernahm. Die Vereinbarung vom 18. 11. 1969 und die dieser allenfalls vorangegangenen Besprechungen waren also nur möglich, weil Gerfried St in sich zwei Funktionen, die der im eigenen Namen handelnden natürlichen Person und die des für die klagende Partei handelnden Geschäftsführers, vereinigte. Soweit auf diese Weise zwischen der klagenden Partei und Gerfried St als natürliche Person Rechtsvereinbarungen zustandekamen, handelte es sich tatsächlich - aber nicht, wie das Erstgericht meinte, durch Einschaltung seiner Person als Zwischenkäufer - um einen Fall des Selbstkontrahierens, also um ein sogenanntes In-sich-Geschäft.

Die Frage der Zulässigkeit des Selbstkontrahierens hat im österreichischen Recht im Gegensatz zum deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 181) keine allgemeine Regelung erfahren. Sie wird jedoch grundsätzlich bejaht (Ehrenzweig[2] I/1, 278; Stanzl in Klang[2] IV/1, 817; Swoboda in Klang[1] II/2, 805; SZ 27/38, SZ 26/58; SZ 4/114; insbesondere auch 1 Ob 318/50 ua; dagegen anscheinend, wenn auch ohne nähere Begründung, Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil, und Schadenersatz, 102). Es wird allerdings bei Gefahr einer Interessenkollision als unzulässig angesehen; außerdem wird verlangt, daß der Abschlußwille des Selbstkontrahenten der von ihm vertretenen Person gegenüber in entsprechender, eine unkontrollierbare Zurücknahme ausschließenden Form geäußert wird (EvBl 1968/3; vgl Hupka, Die Vollmacht, 278).

Das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung erwähnt das Selbstkontrahieren in seinem § 25 Abs 4, wo es heißt, daß ein Geschäftsführer der Gesellschaft auch für den ihr aus seinem Rechtsgeschäft erwachsenen Schaden haftet, das er mit ihr im eigenen oder fremden Namen abgeschlossen hat, ohne vorher die Zustimmung des Aufsichtsrates oder, wenn kein Aufsichtsrat besteht, sämtlicher übriger Geschäftsführer erwirkt zu haben. Aus dieser Bestimmung wird mit Recht der Schluß gezogen, daß Selbstkontrahieren zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und der Gesellschaft an sich zulässig ist (Gellis, Kommentar zum GmbH, 96). Das entspricht auch der Begründung der seinerzeitigen Regierungsvorlage zum Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in der es zum heutigen § 25 Abs 4 des Gesetzes - damals § 24 Abs 4 des Entwurfes - heißt: "Die durch den Entwurf vorgeschlagenen Normen für die Haftpflicht des Geschäftsführers schließen sich an die durchaus sachgemäßen Normen des deutschen Gesetzes an; nur in einem Punkt gehen sie über diese noch hinaus. Ein gänzliches Verbot von Geschäften zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft läßt sich schwerlich rechtfertigen. Wenn aber mehrere Geschäftsführer oder ein Aufsichtsrat bestehen, kann füglich in der unterlassenen Einholung ihrer Zustimmung unter allen Umständen mangelnde Sorgfalt erblickt werden" (236 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Herrenhauses, XVII, Session 1904, 66). Das Selbstkontrahieren kann auch, allenfalls von der Ein-Mann-Gesellschaft abgesehen (SZ 15/100; in diesem Sinne auch EvBl 1965/6), ohne Beiziehung eines Kollisionskurators stattfinden (JBl 1955, 448). Es ist allerdings - von den sonstigen Voraussetzungen abgesehen - unzulässig, soweit es die Gesellschaft in dem mit dem Geschäftsführer abgeschlossenen Vertrag untersagt hat (Ehrenzweig aaO 279; Stanzl aaO 818). Aus § 10 Abs 3 des mit der klagenden Partei abgeschlossenen Dienstvertrages des Gerfried St ergibt sich, daß der Geschäftsführer Paul G die Gesellschaft ihm gegenüber in Belangen als Geschäftsführer vertritt. Ein Geschäft mit der klagenden Partei durfte Gerfried St daher nur mit Paul G, nicht aber mit sich selbst schließen. Gerfried St hat auch bei der Vereinbarung mit dem Beklagten die Interessen der Gesellschaft nicht gewahrt und dieser sein Selbstkontrahieren nicht zur Kenntnis gebracht. Sein Vorgehen war damit unzulässig. Er haftet daher jedenfalls der klagenden Partei gegenüber gemäß § 25 Abs. 4 GmbHG für den aus seinem Verhalten entstandenen Schaden.

Für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidend ist aber nicht die Frage der Haftung Gerfried St's der klagenden Partei gegenüber im Innenverhältnis, die außer Frage steht, sondern ob sich der Beklagte das Überschreiten der Vertretungsmacht Gerfried St's als Geschäftsführer der klagenden Partei und die sich daraus ergebende Unzulässigkeit des Selbstkontrahierens einwenden lassen und demnach den Klagsbetrag, den er mit Gerfried St verrechnete, nochmals bezahlen muß. Zu beachten ist bei Lösung dieser Frage die Bestimmung des § 20 Abs 2 GmbHG, wonach eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers gegen dritte Personen keine rechtliche Wirkung hat, was insbesondere auch für den Fall gilt, daß die Zustimmung der Gesellschafter, des Aufsichtsrates oder eines anderen Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte gefordert wird. Die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ist also unbeschränkt und unbeschränkbar (Gellis aaO 79; Schilling - Hachenburg[6] 2, 42, Anm 6 zu § 37 dGmbHG; Kostner, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 37).

Sie umfaßt demnach auch Handlungen, die ein Selbstkontrahieren des Geschäftsführers beinhalten. Eine Vollmachtüberschreitung iS des § 1016 ABGB mit den sich daraus nach dieser Gesetzesstelle ergebenden Konsequenzen kommt daher bei einem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der für sie grundsätzlich so handeln kann wie eine natürliche Person in bezug auf ihr eigenes Vermögen, überhaupt nicht in Betracht. Über die Bedeutung der Bestimmung des § 20 Abs 2 GmbHG hat der Oberste Gerichtshof (EvBl 1958/276) auch bereits ausgesprochen, daß selbst Kenntnis des Dritten von Umständen, aus welchen auf eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers geschlossen werden kann, ihm gegenüber keine rechtliche Wirkung hat. Durch die Bestimmung des § 20 Abs 2 GmbHG wollte der Gesetzgeber nämlich den Verkehr in ganz besonderer Weise schützen und den Dritten von jeder Nachforschungspflicht über den Umfang der Vertretungspflicht befreien. Zur Abwehr der Rechtswirkungen eines mit dem Geschäftsführer abgeschlossenen Vertrages vermag sich die Gesellschaft daher nur in den Fällen einer absichtlichen Schadenszufügung seitens des Dritten durch arglistiges Zusammenwirken mit dem Geschäftsführer zum Nachteil der Gesellschaft auf intern erteilte Vollmachtsbeschränkungen zu berufen. Nur in diesem Falle kann von einer unzulässigen Rechtsausübung gesprochen werden, die der Gesellschaft die Einrede der Arglist eröffnet. Dieser Auffassung entspricht im wesentlichen auch die deutsche Judikatur zum gleichlautenden § 37 Abs 2 dGmbHG, in dem sie Ausnahmen grundsätzlich nur bei Arglist (vgl Hupka aaO 285), bei Handeln wider Treu und Glauben (RGZ 134, 67) oder bei wissentlichem Zusammenwirken von Geschäftsführer und Drittem (Recht 1909/2360) anerkennt (siehe auch Gellis aaO, Nachtrag 1965, 58). Nur teilweise wird darüber hinaus die Auffassung vertreten, daß auch grobe Fahrlässigkeit des Dritten genügt, wenn er einen Mißbrauch der Vertretungsmacht erkennen hätte müssen, weil der Vertragsabschluß den Interessen der Gesellschaft zuwiderläuft (RGZ 145, 311; Schilling - Hachenburg aaO 44 f, Anm 12; Kostner aaO 38; Baumbach - Hueck[13] 178).

Daß dem Beklagten keine Arglist vorzuwerfen ist, steht außer Zweifel; die Einwendung der Arglist wurde auch nicht erhoben. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles kann dem Beklagten aber auch kein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden. Er zog aus den Handlungen Gerfried St's überhaupt keinen Vorteil, da er um den der klagenden Partei zustehenden Betrag von Gerfried St weniger erhielt. Dieser konnte, von der klagenden Partei geduldet, auch so auftreten, daß der Beklagte nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür haben mußte, die klagende Partei wäre mit seinem Vorgehen nicht einverstanden, fand doch die gegenseitige Abrechnung in den Räumen der klagenden Partei statt. Nur bei genauer Überlegung aller rechtlichen Umstände, die einem Laien nicht zumutbar ist, hätte der Beklagte erkennen können, daß Gerfried St, als er unter Befreiung des Beklagten dessen Verbindlichkeiten übernahm, zum Nachteil der klagenden Partei handelte. Nach den Umständen des Falles konnte der Beklagte vielmehr annehmen, Gerfried St sei zu dem Vorgehen, auch wenn es ein Selbstkontrahieren beinhalte, auf Grund einer Gestattung durch die Gesellschaft (siehe dazu Schilling - Hachenburg aaO 35, Anm 13) ermächtigt gewesen. Konnte Gerfried St aber nach Überzeugung des Beklagten ihm gegenüber wie eine natürliche Person verbindliche Erklärungen für die klagende Partei abgeben, ist diese daran gebunden, wogegen die eklatante Mißachtung der Interessen der klagenden Partei nur das Innenverhältnis Gerfried St's zu dieser betrifft. Die für die klagende Partei abgegebene Einwilligung zur schuldbefreienden Schuldübernahme durch Gerfried St ist dem Beklagten gegenüber daher wirksam abgegeben worden und bindet die klagende Partei.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß das Reichsgericht seinerzeit in einem ähnlich gelagerten Fall (RGZ 51, 422) zu einem anderen Ergebnis gelangt ist und ausgesprochen hat, es sei unerheblich, daß der Beklagte das verbotswidrige Vertragschließen des Geschäftsführers mit sich selbst keineswegs gekannt hat. Unter Berufung auf § 181 DBGB sprach das Reichsgericht damals aus, daß die dort verordnete Nichtigkeit des Geschäftes eine allgemeine und gegen jeden Beteiligten ohne Rücksicht auf seinen guten oder bösen Glauben wirksam sei. Die Anwendung des § 37 Abs 2 dGmbHG wurde abgelehnt, weil unter den dort genannten Beschränkungen der Vertretungsbefugnis nur besondere und willkürliche, nicht aber allgemeingesetzliche verstanden werden. Das Reichsgericht grundete seine Entscheidung damit auf das im Geltungsbereich des Bürgerlichen Gesetzbuches grundsätzlich geltende Selbstkontrahierungsverbot. Besteht ein solches aber, wie im österreichischen Rechtsbereich jedenfalls für den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, nicht, kann von einer gesetzlichen Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers in diesem Bereiche keine Rede sein. Welche Folgen Selbstkontrahieren haben kann, ist vielmehr, wenn man vom Arglistfall absieht, im § 25 Abs 4 GmbHG abschließend geregelt; die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist also auf Schadenersatzansprüche gegen ihren Geschäftsführer und damit auf bloße Ansprüche im Innenverhältnis beschränkt. Der Beklagte hingegen durfte als Dritter darauf vertrauen, daß die von Gerfried St als Geschäftsführer gesetzte Vertretungshandlung zulässig ist. Er war nicht verpflichtet, Nachforschungen darüber anzustellen, ob die Vertretungshandlung Gerfried St's auch im Innenverhältnis durch eine Ermächtigung gedeckt war. Er mußte von Gerfried St insbesondere nicht den Nachweis einer Genehmigung oder Ermächtigung der Gesellschaft verlangen (Gellis aaO 80). Zu prüfen hatte der Beklagte nur, ob Gerfried St berechtigt war, allein Willenserklärungen für die klagende Partei abzugeben, ob er also hiezu nicht allenfalls der Mitwirkung anderer Geschäftsführer bedurfte (§ 18 Abs 2 GmbHG). Zu dieser Frage steht außer Streit, daß Gerfried St im maßgeblichen Zeitpunkt allein zeichnungs(und damit vertretungs)berechtigter Geschäftsführer der klagenden Partei war. Wenn diese Gerfried St so großes Vertrauen entgegenbrachte, er dieses aber mißbrauchte, können die nachteiligen Folgen dieses Verhaltens nur der klagenden Partei, nicht aber einem Dritten (hier dem Beklagten) zur Last fallen. Es wäre unvertretbar, dem Beklagten unter den gegebenen Umständen mit für ihn nachteiligen Rechtsfolgen vorzuwerfen, er hätte bei der Vereinbarung mit Gerfried St die Verletzung der Interessen der klagenden Partei beachten müssen, die klagende Partei hingegen, die durch eine Beschränkung der Alleinvertretungsmacht Gerfried St's sich leicht schützen hätte können, von jedem Nachteil zu befreien.

Geht man von den Feststellungen des Erstgerichtes und dem außer Streit gestellten Sachverhalt aus, ist das Klagebegehren also selbst dann abzuweisen, wenn der Beklagte entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes zunächst Schuldner der klagenden Partei geworden war. Aus den teilweise nicht sehr klaren Ausführungen des Rekurses der klagenden Partei ergibt sich, daß diese - erachtet sie die Sache doch für entscheidungsreif - von den Feststellungen des Erstgerichtes auszugehen wünscht. Sie führt auch aus, daß sämtliche Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes zu berücksichtigen seien, eine Auffassung, die sie auch schon in der Berufungsmitteilung vertreten hatte. Sie wollte und will also keineswegs die erstgerichtlichen Feststellungen über die Vereinbarungen des Beklagten mit Gerfried St bekämpfen, sondern ist nur aus rechtlichen Gründen der Auffassung, der Beklagte könne sich im Verhältnis zur klagenden Partei auf seine Vereinbarungen mit Gerfried St nicht berufen. Ist aber die Schuldbefreiungserklärung Gerfried St's unbekämpft festgestellt und kann sich, wie oben dargelegt, der Beklagte auf deren Gültigkeit auch der klagenden Partei gegenüber berufen, ist die Sache, wie der Rekurs der klagenden Partei insoweit mit Recht dartut, entscheidungsreif, allerdings nicht im Sinne des Klagebegehrens, sondern im Sinne seiner Abweisung. Der angefochtene Beschluß ist daher aufzuheben und dem Berufungsgericht Sachentscheidung über die Berufung des Beklagten durch Abänderung des erstgerichtlichen Urteils und Abweisung des Klagebegehrens aufzutragen.

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