Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Erstgerichtes wird in den Punkten I. III. und IV. (betreffend den Erstkläger, Drittkläger und Viertkläger) wiederhergestellt.
Punkt II. des angefochtenen Urteiles wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung einschließlich des bestätigten und unangefochtenen Teils wie folgt zu lauten hat:
1.) "Die beklagte Partei ist schuldig, der Zweitklägerin binnen 14 Tagen S 1.125 brutto samt 4 % Zinsen seit 30.11.1990 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
2.) Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin weitere S 1.275 zu zahlen und das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.
3.) Die Prozeßkosten (erster Instanz) werden zwischen der Zweitklägerin und der beklagten Partei gegenseitig aufgehoben."
Die Kläger sind schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen bei Exekution folgende Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen:
a) der Erstkläger S 4.456,64 (hievon S 742,44 USt)
b) die Zweitklägerin S 464,02 (hievon S 77,34 USt)
c) der Drittkläger S 696,04 (hievon S 116,01 USt)
und d) der Viertkläger S 417,63 (hievon S 69,60 USt).
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind als Dienstnehmer der Beklagten (und zwar mit Ausnahme des Erstklägers als Arbeiter) in der Saline Ebensee beschäftigt. § 16 der Betriebsvereinbarung für die Arbeiter der Saline Ebensee hat folgenden Wortlaut:
"Dem Arbeiter gebührt eine Haushaltszulage, deren Anspruchsvoraussetzungen sich nach den für die Vertragsbediensteten des Bundes geltenden Bestimmungen richten. Die Höhe der monatlichen Haushaltszulage beträgt für den verheirateten Arbeiter derzeit je nach Einkünften des Ehegatten S 40 oder S 150 und erhöht sich für jedes unversorgte, dem Haushalt des Arbeiters angehörende Kind um weitere S 150."
§ 22 des Kollektivvertrages für die Angestellten der Österreichischen Salinen AG bestimmt folgendes:
"Dem Angestellten gebührt eine Haushaltszulage, deren Anspruchsvoraussetzungen und Höhe sich nach den für die Vertragsbediensteten des Bundes geltenden Bestimmungen richten".
Die Kläger meldeten der Beklagten Änderungen ihrer Familienverhältnisse, aus denen sich eine Änderung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Haushaltszulage ergeben hätte, nicht, so daß Übergenüsse entstanden, die die Beklagte (in Raten) mit späteren Arbeitsbezügen der Kläger verrechnete.
Die Kläger begehren in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen Zahlung der nachstehenden Beträge: Erstkläger: S 7.725, Zweitklägerin: S 2.400, Drittkläger:
S 1.170, Viertkläger: S 675 je brutto sA. Sie hätten die von der Beklagten gewährte Haushaltszulage gutgläubig verbraucht, so daß die Einbehaltung der von der Beklagten rückverrechneten Beträge rechtswidrig sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren
a) des Erstklägers mit S 3.225,
b) der Zweitklägerin mit S 450,
c) des Drittklägers mit S 520 je brutto sA statt
und wies das Mehrbegehren (a) S 4.500, b) S 1.950, c) S 650 je brutto sA), sowie das Klagebegehren des Viertklägers zur Gänze ab.
Es traf folgende weitere wesentlichen Feststellungen:
Den Klägern wurde bei ihrem Eintritt in die Saline Ebensee (auch der Erstkläger war damals noch Arbeiter) ein Exemplar der geltenden Betriebsvereinbarung ausgehändigt, in der die Gewährung der Haushaltszulage in § 16 geregelt war. Eine nähere Erklärung über die genauen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Haushaltszulage wurde den Klägern nicht zuteil. Sie gaben bei ihrem Eintritt bereits vorhandene Kinder bekannt und meldeten auch die Geburt weiterer Kinder.
Die Kläger lasen die ihnen übergebenen Betriebsvereinbarungen nicht genau, sondern blätterten sie nur flüchtig durch. Die Beklagte zahlte den Klägern die Haushaltszulage auf Grund ihrer Angaben über die Familienverhältnisse aus, ohne daß die Kläger besondere Anträge stellten. In den Lohn- und Gehaltsabrechnungen war die Haushaltszulage jeweils gesondert ausgewiesen. Da sich die Kläger bei der Durchsicht der Bezugsabrechnungen vor allem für den Gesamtnettobetrag interessierten, schenkten sie der Höhe der Haushaltszulage keine besondere Aufmerksamkeit.
Im Sommer 1990 wurde in einem Betrieb der Beklagten ein Überbezug an Haushaltszulage durch Arbeitnehmer festgestellt, worauf in allen Betrieben im August 1990 eine Revision angeordnet wurde. Die Personalabteilung der Saline Ebensee forderte die Kläger Anfang August 1990 zur Erstattung von Meldungen über Änderungen in den Verhältnissen ihrer Kinder auf. Erst auf Grund dieser Aufforderung meldeten die vier Kläger die (vom Erstgericht im einzelnen festgestellten) Änderungen in den Verhältnissen ihrer Kinder, die zu dieser Zeit jeweils bereits einige Monate oder sogar mehr als ein Jahr berufstätig und damit versorgt waren.
Die am 7.7.1990 geborene Tochter Claudia der Zweitklägerin Veronika K***** war allerdings nach Absolvierung von zwei Semestern an der Wiener Kunstschule bis Mai 1989 zunächst bis Jahresende 1989 arbeitslos gewesen und hatte erst dann eine Beschäftigung als Altenbetreuerin angetreten.
Aus den im einzelnen festgestellten Änderungen bezüglich der Versorgung der Kinder ergaben sich die vom Erstgericht errechneten Übergenüsse der Kläger an Haushaltszulage.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Kläger die empfangene Haushaltszulage nicht im guten Glauben verbraucht hätten. Redlichkeit sei dem Arbeitnehmer schon dann abzusprechen, wenn er bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit des ihm ausgezahlten Betrages auch nur zweifeln mußte. Die Kläger wären verpflichtet gewesen, sich über die einschlägigen Bestimmungen in der Betriebsvereinbarung und im Kollektivvertrag zu informieren. Dies wäre ihnen zumutbar gewesen, weil sie sich bei ihrer Interessenvertretung hätten erkundigen oder auch auf andere Weise von den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen Kenntnis verschaffen können. Zumindest hätten sie Zweifel daran haben müssen, daß ihnen die betreffenden Bezugsbestandteile noch zustehen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Erstklägers teilsweise und der Berufung der übrigen Kläger zur Gänze Folge; es sprach dem Erstkläger S 5.850, der Zweitklägerin S 2.400, dem Drittkläger S 1.170 und dem Viertkläger S 675 brutto je sA zu. Das Mehrbegehren des Erstklägers von S 1.875 brutto sA blieb abgewiesen.Es sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Den Klägern habe auch bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt der Überbezug nicht auffallen müssen. Von welchen Anspruchsvoraussetzungen die jeweilige Höhe der Haushaltszulage abhänge, könne keineswegs als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Der diese Voraussetzungen regelnde § 4 GehG könne nur durch mehrfache Verweisung aufgefunden werden und enthalte für die Gewährung der Steigerungsbeträge für Kinder eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten. Es sei daher Sache des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über die Anspruchsvoraussetzungen entsprechend zu belehren und auf Meldepflichten hinzuweisen. Unterlasse dies der Arbeitgeber, so dürfe sich der Arbeitnehmer darauf verlassen, daß der Arbeitgeber die für den Auszahlungsbetrag maßgeblichen Umstände beachte. Die Kläger könnten sich daher auf gutgläubigen Verbrauch berufen, der Erstkläger allerdings nicht bezüglich der trotz Beendigung des Präsenzdienstes für seinen Sohn weiterbezogenen Haushaltszulage.
Die Beklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes im stattgebenden Teil mit außerordentlicher Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob Arbeitnehmer, die von ihrem jeweiligen Familienstand abhängige Lohnbestandteile beziehen, zur Bekanntgabe relevanter Änderungen an den Arbeitgeber verpflichtet sind, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.
Die Revision der Beklagten ist hinsichtlich des Erst-, Dritt- und Viertklägers zur Gänze und hinsichtlich der Zweitklägerin teilweise berechtigt.
Nach Lehre (Mayer-Maly, Österreichisches Arbeitsrecht2, 132 f;
Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I
201 f; Martinek-Schwarz AngG7, 183 f; Schwarz-Löschnigg,
Arbeitsrecht4 280 f; umfassend zu diesem Problemkreis Wachter, Zur
Nichtrückforderbarkeit irrtümlich bezahlten Arbeitsentgelts bei
gutgläubigem Verbrauch in FS Strasser 147 ff) und Rsp (Jud 33 neu =
SZ 11/86 = Arb 3893, Arb 6296, 7748; Arb 8645 = JBl 1970, 47; ZAS
1980/2, 20 (Gitter)) können zu Unrecht ausgezahlte
Dienstbezüge - soferne ihnen Unterhaltscharakter zukommt (Arb 7700;
Arb 7702 = JBl 1963, 489; SZ 43/169 = Arb 8804; DRdA 1979/11; ZAS 1980/2, 20 (Gitter)), was für die streitgegenständliche Haushaltszulage nicht zweifelhaft sein kann - dann nicht zurückgefordert werden, wenn sie der Arbeitnehmer im guten Glauben empfangen und verbraucht hat. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, wird der gute Glaube beim Empfang und Verbrauch eines unrechtmäßigen Dienstbezuges (also eines sogenannten "Übergenusses") nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit des Empfängers ausgeschlossen; Redlichkeit ist dem Arbeitnehmer vielmehr schon dann abzusprechen, wenn er - und zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern bei objektiver Beurteilung, die sich aber an der jeweiligen beruflichen Stellung des Arbeitnehmers zu orientieren hat (Wachter, aaO 178) - an der Rechtmäßigkeit des ihm ausgezahlten Betrages auch nur zweifeln mußte (JBl 1970, 47 = Arb 8645; IndS 1978 H 2/1089; ZAS 1980/2, 20 (Gitter)). Gemäß §§ 1437, 326 ABGB ist derjenige Empfänger einer Nichtschuld als unredlich anzusehen, der weiß oder nach den Umständen wissen muß, daß ihm die Leistung nicht (mehr) gebührt (SZ 43/229 = JBl 1971, 261 = RZ 1971, 86; ZAS 1980/2, 20 (Gitter)). Da die Redlichkeit gemäß § 328 ABGB vermutet wird, hat der rückfordernde Arbeitgeber die Unredlichkeit des Arbeitnehmers zu beweisen (Jud 33 neu ua;
IndS 1978 H 2/1089; ZAS 1980/2, 20 (Gitter); SZ 60/136 = Arb 10.639
= WBl 1987, 340; Spielbüchler aaO). Der Arbeitnehmer darf nämlich
grundsätzlich darauf vertrauen, daß ihm alle vom Arbeitgeber zukommenden Leistungen auch wirklich endgültig zustehen (SZ 60/136 = Arb 10.639 = WBl 1987, 340).
Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht guten Glauben der Kläger beim Verbrauch der Haushaltszulage für ihre bereits versorgten Kinder zu Recht verneint. Die Kläger waren verpflichtet, sich vom Inhalt der ihnen ausgefolgten Betriebsvereinbarung Kenntnis zu verschaffen. In dieser Betriebsvereinbarung (die auch der später ins Angestelltenverhältnis übernommene Erstkläger erhalten hat) war der Bezug der Haushaltszulage ausdrücklich an "haushaltszugehörige unversorgte Kinder" gebunden. Da die Haushaltszulage in den einzelnen Lohnabrechnungen gesondert ausgewiesen war, mußten die Kläger auch vom Fortbezug dieser Zulage Kenntnis haben. Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizupflichten, daß von den Klägern nach ihrer beruflichen Stellung eine genaue Kenntnis der diffizilen Bestimmungen des § 4 GehG (auf den die Betriebsvereinbarung auf dem Umweg über § 22 VBG 1948 verweist) nicht zu verlangen war. Schon im Hinblick auf die ähnlichen Anspruchsvoraussetzungen bei der Familienbeihilfe ist aber von jedem Arbeitnehmer das "Grundwissen" zu fordern, daß Ansprüche auf besondere Familienunterstützungen, die an die Unversorgtheit ihrer Kinder geknüpft sind, mit deren Selbsterhaltungsfähigkeit erlöschen, also jedenfalls dann nicht mehr gebühren, wenn diese Kinder in einem Arbeitsverhältnis mit einem entsprechenden Arbeitsentgelt stehen. Dem Arbeitnehmer muß daher auch bekannt sein, daß er Sachverhalte, aus denen sich das Erlöschen eines solchen, von der Änderung des Familienstandes abhängigen Anspruches ergeben kann, dem Arbeitgeber schon bei (objektiven) Zweifeln am Fortbestand des Anspruches bekanntzugeben hat, auch wenn er vorher auf diese Verpflichtung nicht ausdrücklich aufmerksam gemacht worden ist.
Die Kläger waren daher verpflichtet, dem Lohnbüro der beklagten Partei den Eintritt ihrer Kinder in das Berufsleben bekanntzugeben. Sie können sich daher (mit einer noch zu erörternden Ausnahme) nicht auf den gutgläubigen Empfang und Verbrauch der nach Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder weiterbezogenen Familienzulage berufen und wären zur Rückzahlung verpflichtet gewesen, so daß die Beklagte die "Übergenüsse" (in dem vom Erstgericht festgestellten Umfang) zu Recht mit ihrem späteren Arbeitsentgelt (ratenweise) verrechnet hat.
Beim Erst-, Dritt- und Viertkläger ist der Anspruch auf den Steigerungsbetrag zur Haushaltshilfe dadurch (objektiv) erloschen, daß die Kinder dieser Kläger, für die sie Haushaltszulage bezogen haben, durch Aufnahme einer regelmäßigen Beschäftigung (teilweise nach Abschluß einer Lehre) selbsterhaltungsfähig geworden sind.
Nur bei der Zweitklägerin ist die Rechtslage teilweise anders. Die Tochter der Zweitklägerin hatte bis Mai 1989 zwei Semester an einer Wiener Kunstschule besucht. Da die Familie das geplante Weiterstudium nicht finanzieren konnte, war die Tochter bis zum Jahresende 1989 arbeitslos und trat erst dann eine Beschäftigung als Altenhelferin an. Da die Tochter der Zweitklägerin nach der Beendigung des Schulbesuches nicht unmittelbar ins Erwerbsleben trat, hatte die Zweitklägerin, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, gemäß § 4 Abs 7 Z 5 GehG noch für einen Zeitraum von drei Monaten, also bis August 1989 Anspruch auf den Steigerungsbeitrag zur Haushaltszulage. Daß der Beamte (hier: Arbeitnehmer) für ein Kind, obwohl es noch kein Einkommen bezieht, nach den besonderen Vorschriften des § 4 Abs 7 Z 5 GehG zwischen der Beendigung der Ausbildung und dem Eintritt ins Erwerbsleben nur drei Monate hindurch Anspruch auf den Steigerungsbeitrag zur Haushaltszulage hat, mußte aber der Zweitklägerin nicht bekannt sein, weil in § 16 der Betriebsvereinbarung auf diese Bestimmungen nur allgemein und auf dem Umweg über § 22 VBG 1948 verwiesen wird. Die Zweitklägerin durfte daher mit gutem Grund davon ausgehen, daß ihre Tochter noch nicht versorgt ist und sie erst den Antritt einer Beschäftigung mit Jahresende 1989 melden müsse. Sie hat sohin die bis dahin bezogene Haushaltszulage gutgläubig verbraucht. Im Umfang eines Betrages von S 675 (viermal 150 S plus ein Sonderzahlungsanteil a S 75) besteht daher keine Rückzahlungspflicht.
Der Revision der Beklagten war daher bezüglich des Rückforderungsanspruches der Zweitklägerin nur im Umfang des Differenzbetrages von S 1.275, im übrigen aber zur Gänze Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 43 Abs 1 und 50 ZPO.
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