OGH 4Ob59/92

OGH4Ob59/927.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Egermann, Dr.Kodek und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. M***** Gesellschaft mbH & Co KG, 2. M***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 500.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 6. April 1992, GZ 4 R 38/92-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 2. Dezember 1991, GZ 38 Cg 69/91-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.976,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.496,02 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Zeitschrift "D*****" mit der Fernsehbeilage "D***** - DABEI"; die Erstbeklagte ist Medieninhaberin der "Fernseh- und Radiowoche", einer an jedem Freitag dem "Kurier" und der "Neuen Kronen-Zeitung" beigelegten und mit diesen Zeitungen verkauften Programmbeilage. Die Zweitbeklagte ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

Die im Jänner 1991 erschienenen Ausgaben der "Fernseh- und Radiowoche" enthielten die in § 25 MedienG vorgeschriebene Offenlegung nicht; weder im "Kurier" noch in der "Neuen Kronen-Zeitung" waren diese Angaben in bezug auf die "Fernseh- und Radiowoche" veröffentlicht.

Erst in der "Fernseh- und Radiowoche" für den Zeitraum 17. bis 23.2.1990 erschien folgende

"OFFENLEGUNG GEM. § 25 MEDIENGESETZ

Medieninhaber, Herausgeber und Verleger M***** Zeitungsbeilagenverlags Ges.m.b.H. & Co KG, L*****gasse 52, 1070 Wien. Komplementär: 100% M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Ges.m.b.H. & Co KG, Wien (Eigentümer Komplementär: 50% K***** AG., Wien; 50% K***** Verlag Ges.m.b.H. & Co KG., Wien; Kommanditisten: 30% K***** AG., Wien; 70% K***** Verlag Ges.m.b.H. & Co KG., Wien);

Kommanditist: 100% M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Ges.m.b.H. & Co KG., Wien. Geschäftsführer: Mag. Michael G*****, Wien, Bernd N*****, Wien, Alfred R*****, Baden.

Unternehmensgegenstand: Herstellung und Verkauf von Zeitungsbeilagen sowie alle dafür notwendigen Service- und Dienstleistungen.

Richtung des Mediums: bestmögliche Information im Hörfunk und TV-Bereich

Redaktion: M*****gasse 2, 1191 Wien und L*****gasse 52, 1070 Wien

Hersteller: T***** Druck Ges.m.b.H., H*****str.36-40, 1160 Wien und M***** Zeitungschriftendruckerei Ges.m.b.H. & Co KG., R*****-Str.16, 1232 Wien."

Mit der Behauptung, daß die Beklagten die Vorschrift des § 25 MedG in Wettbewerbsabsicht verletzten und damit gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstießen (§ 1 UWG), begehrt die Klägerin, den Beklagten ab sofort zu verbieten, die "Fernseh- und Radiowoche" als Beilage des "Kuriers" und/oder der "Neuen Kronen-Zeitung" verkaufen zu lassen, wenn nicht im jeweiligen Kalenderjahr die in § 25 Abs 2 bis 4 MedG bezeichneten Angaben gemäß § 25 Abs 1 MedG in der "Fernseh- und Radiowoche" veröffentlicht wurden oder die Frist des § 25 Abs 1 Satz 2 MedG noch offensteht; ferner stellt die Klägerin ein Veröffentlichungsbegehren.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Der Offenlegungsverpflichtung des § 25 MedG sei im Jänner 1991 irrtümlich nicht entsprochen worden. Die Offenlegung sei aber im Februar 1991 nachgeholt worden; sie sei nicht in der Absicht unterlassen worden, im Wettbewerb einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen. Eine Wettbewerbshandlung liege nicht vor, weil das Verhalten der Beklagten gar nicht geeignet sei, Wettbewerbspositionen zu beeinflussen, könne doch durch die mangelnde Offenlegung gemäß § 25 Abs 1 MedG nicht auf den tatsächlichen oder möglichen Kundenkreis Einfluß genommen werden. § 25 MedG sei eine reine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung eine Verwaltungsübertretung bilde. Da sich die Eigentumsverhältnisse seit der letzten Offenlegung nicht geändert hätten, sei die Unterlassung nicht zur Irreführung geeignet. Im übrigen sei das Begehren der Klägerin viel zu weit gefaßt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die verspätete Veröffentlichung der Offenlegung in der "Fernseh- und Radiowoche" begründe zwar eine Verwaltungsübertretung; sie sei aber keine Wettbewerbshandlung, weil dadurch der Wettbewerb der Beklagten nicht habe gefördert werden können. Das beanstandete Verhalten sei auch nicht sittenwidrig.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Auszugehen sei davon, daß die Beklagten erst im Februar 1991 ihrer Offenlegungsverpflichtung gemäß § 25 MedG für die "Fernseh- und Radiowoche 1991" entsprochen haben. Da jedoch die in § 25 Abs 2 bis 4 MedG bezeichneten Angaben nach § 25 Abs 1 MedG schon im Jänner 1991 zu veröffentlichen gewesen wären, haben die Beklagten hiedurch eine Verwaltungsübertretung begangen. Das besage aber noch lange nicht, daß eine Wettbewerbshandlung vorliege. Das Verhalten eines Gewerbetreibenden im Geschäftsverkehr werde erst dann zur Wettbewerbshandlung, wenn es objektiv geeignet ist, den Absatz eines Unternehmens - meist des eigenen - auf Kosten der Mitbewerber zu fördern, und von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen ist. Ein solches "Handeln zu Zwecken des Wettbewerbes" - welches Voraussetzung für den auf §§ 1 und 2 UWG gestützten Unterlassungsanspruch ist - liege hier nicht vor. Auch die Klägerin vermöge nicht darzutun, inwiefern das Unterlassen der Offenlegung bzw die verspätete Offenlegung den tatsächlichen oder möglichen Kundenkreis der Beklagten berühren und wie weit ein allfälliger Irrtum oder irgendwelche Unklarheiten über den Medieninhaber der "Fernseh- und Radiowoche" den Entschluß potentieller Käufer oder Inserenten der Tageszeitungen "Kurier" und "Neue Kronen-Zeitung" wettbewerbswidrig beeinflussen könnten. Daß § 25 MedG wettbewerbsregelnden Charakter haben sollte, sei nicht zu erkennen; vielmehr handle es sich um eine Verwaltungsvorschrift, deren Verletzung nur dann sittenwidrig wäre, wenn der Verletzer dadurch einen unlauteren Wettbewerbsvorteil zu erlangen sucht. Liege aber - wie hier - gar keine Wettbewerbshandlung vor, dann könne von einer Sittenwidrigkeit keine Rede sein.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach der neueren ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verstößt gegen § 1 UWG, wer sich schuldhaft über ein Gesetz hinwegsetzt, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen. Bei einer solchen unlauteren Veränderung der wettbewerblichen Ausgangslage zugunsten des Verletzers kommt es nicht darauf an, ob die übertretene Norm an sich wettbewerbsregelnden Charakter hat (MR 1990, 196; eco 1991, 261; ÖBl 1991, 229 mwN); entscheidend ist vielmehr die objektive Eignung des konkreten Verstoßes zur Beeinträchtigung des freien Leistungswettbewerbs (Nordemann, Wettbewerbsrecht6, 231 f Rz 477 ff und 258 Rz 527 ff; eco 1991, 261; ÖBl 1991, 229). Mißachtet also ein Wettbewerber eine Vorschrift, die seine gesetzestreuen Mitbewerber befolgen, dann verschafft er sich gegenüber diesen ungerechtfertigten Vorsprung im Wettbewerb, wenn der Verstoß geeignet ist, die Wettbewerbslage irgendwie zu seinen Gunsten zu beeinflussen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 618 Rz 655 zu § 1 dUWG). Diese Voraussetzung liegt hier entgegen der Meinung der Klägerin nicht vor:

§ 25 MedG sieht vor, daß der Medieninhaber (Verleger) jedes periodischen Mediums alljährlich in der ersten Nummer sowohl die - in den Absätzen 2 und 3 näher umrissenen - Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse als auch die Blattlinie (Absatz 4) zu veröffentlichen hat (Abs 1 Satz 1). Nach der Absicht des Gesetzgebers soll diese Pflicht zur periodischen Offenlegung der Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse sowie der grundlegenden Richtung periodischer Druckwerke dem Leserpublikum Hinweise auf allfällige Abhängigkeitsverhältnisse geben, welche unter Umständen auch die redaktionelle Gestaltung beeinflussen können und im Impressum oder in Titeln keinen Ausdruck finden müssen (RV in 2 BlgNR 15. GP, 38). Ob die Presse und die anderen periodischen Druckwerke ihre Aufgabe in befriedigender Weise erfüllen können, hänge (ua) einerseits von ihrer den Pluralismus unserer Gesellschaft wiederspiegelnden Vielfältigkeit, andererseits von der Wahrheit und Vollständigkeit der von ihnen vermittelten Informationen sowie von der Ehrlichkeit ihrer Meinungsäußerung, aber auch davon ab, daß der Leser, Hörer oder Seher weiß, wer hinter dem Druckwerk steht. Die Kenntnis gerade dieses Umstandes könne einerseits für die Meinungsbildung des einzelnen von wesentlicher Bedeutung sein; sie sei aber andererseits auch deshalb wichtig, weil sie geeignet sei, die für die Funktion der Presse im demokratischen Staatswesen bedrohlichen Erscheinungen der Pressekonzentration und Monopolbildung sowie der Meinungsmanipulation erkennbar zu machen (RV aaO 37). Die geforderten Offenlegungen sollten sowohl der Information des Medienkonsumenten dienen als auch den Überzeugungsschutz der Medienmitarbeiter sichern. Die Offenlegung soll zur Aufhellung der wirtschaftlichen Zusammenhänge und Abhängigkeiten im Hinblick auf die Pressekonzentration und die Bildung von Meinungskartellen beitragen; sie ist eine "Produktdeklaration" (Hartmann-Rieder, Mediengesetz, Anm 1 zu § 25; dieselben, Kommentar zum Mediengesetz 150 und 156).

Ob ein Verstoß gegen die Offenlegungspflicht entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes unter Umständen doch einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen kann - ob also die Erklärung über die grundlegende Richtung des periodischen Mediums (§ 25 Abs 4 MedG) oder die Mitteilung über die Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse (§ 25 Abs 2 MedG) sowie über Mehrfachbeteiligungen (§ 25 Abs 3 MedG) bisweilen bewirken könnte, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise auf Grund der beim Lesen dieser Angaben in der Zeitung gewonnenen Erkenntnisse vom Kauf der nächsten Nummer derselben Zeitung Abstand nimmt -, braucht hier nicht untersucht zu werden, geht es doch um die konkrete beanstandete Verletzungshandlung der Beklagten. Daß diese aber durch das Weglassen der Offenlegung in der ersten Nummer der "Fernseh- und Radiowoche" des Jahres 1991 irgendeinen Wettbewerbsvorteil hätten erlangen können, ist nicht zu sehen:

Selbst wenn man der Meinung sein wollte, daß der Angabe der Blattlinie (§ 25 Abs 4 MedG) etwa bei Tageszeitungen, Nachrichtenmagazinen udgl. Bedeutung für den Kaufentschluß der Leser - etwa dann, wenn ein solches Medium gerade erst auf den Markt kommt - zukommen könne, wäre doch daraus für die Klägerin nichts zu gewinnen; daß nämlich irgendjemand die Tageszeitungen "Kurier" oder "Neue Kronen-Zeitung" mit der "Fernseh- und Radiowoche" der Beklagten gerade deshalb gekauft haben sollte, weil er die Blattlinie der Beilage nicht gekannt hat, während er sich andernfalls von der wenig aufschlußreichen Erklärung "Richtung des Mediums: bestmögliche Information im Hörfunk und TV-Bereich" vom Kauf weiterer Freitagausgaben der genannten Tageszeitungen mit der Beilage hätte abhalten lassen, ist nämlich nicht zu erwarten.

Der Klägerin kann aber auch darin nicht gefolgt werden, daß im vorliegenden Fall der Bekanntgabe der Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse deshalb besondere Bedeutung zukomme, weil die Beteiligung der bundesdeutschen WAZ-Gruppe an den beiden größten österreichischen Tageszeitungen in der öffentlichen Diskussion hochaktuell sei. Ganz abgesehen davon, daß eine ausländische Kapitalbeteiligung hier auch bei Erfüllung der Anforderungen des § 25 MedG nicht unmittelbar zu erkennen wäre, konnten die Beklagten weder durch das Unterlassen der nach § 25 Abs 2 und 3 MedG erforderlichen Angaben im Jänner 1991 noch durch gewisse, von der Klägerin in der Revision geltend gemachte Ungenauigkeiten bei der Offenlegung im Februar 1991 irgendeinen Wettbewerbsvorteil erlangen. Wie sich aus den eigenen Revisionsausführungen der Klägerin ergibt, ist der breiten Öffentlichkeit, vor allem den (im weitesten Sinn) politisch interessierten Bevölkerungskreisen, die Beteiligung der WAZ-Gruppe an "Kurier" und "Neuer Kronen- Zeitung" durchaus bekannt; die Erklärungen nach § 25 MedG können somit den Kaufentschluß solcher Personen nicht beeinflussen. Jener Teil der Bevölkerung aber, der am öffentlichen Leben und an der allgemeinen Diskussion so wenig interessiert ist, daß ihm die ausländische Beteiligung an Österreichs größten Tageszeitungen völlig unbekannt ist, wird die Offenlegung gemäß § 25 MedG kaum lesen, noch weniger aber sich von den dortigen Angaben davon abbringen lassen, die Zeitung in Zukunft zu kaufen.

Daß sich die Beklagten durch das Weglassen der Offenlegung im Jänner 1991 wirtschaftlich irgendwie ins Gewicht fallende Kosten erspart hätten, behauptet die Klägerin selbst nicht. Auch wenn man aber die Veröffentlichung im Februar 1991 - weil möglicherweise nur eine Reaktion auf die den Beklagten am 11.2.1991 zugestellte Klage - außer Betracht lassen wollte, wäre also kein Umstand zu sehen, der den Verstoß der Beklagten geeignet erscheinen ließe, ihre Wettbewerbslage zu verbessern.

Der Revision mußte somit ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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