Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes bestätigt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die mit S 83.808,76 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthaltenen S 17.842,-- Barauslagen und S 10.994,46 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten machten beim Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer, gestützt auf einen am 7.7.1978 zwischen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei abgeschlossenen Vertrag, einen Anspruch auf Zahlung von US-Dollar 16,581.266 s.A. geltend. Der Schiedsgerichtshof bestimmte die Schiedsrichter und setzte Wien als Ort des Schiedsverfahrens fest. Am 28.2.1983 fällte das Schiedsgericht einen "preliminary award" (Vorschiedsspruch), mit dem es aussprach, daß es zuständig ist, in der vorliegenden Sache zu entscheiden. Diese Entscheidung blieb unangefochten. Am 9.9.1984 fällte das Schiedsgericht einen "interim award" (Zwischenschiedsspruch), dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:
"1. Die zwischen H***** und S***** am 7.7.1978 abgeschlossene Vereinbarung, derzufolge H***** die Firma S***** als Vertreterin für die Förderung ihrer wirtschaftlichen Interessen und den Vertragsabschluß bei dem Projekt verpflichtete, an dessen Ausschreibung H***** sich beteiligt hat, ebenso die Vereinbarung vom 14.7.1978, abgeschlossen zwischen S***** und R*****, derzufolge R***** von S***** alle Rechte, Vorteile und Verpflichtungen aus dem vorstehenden Vertrag abgetreten wurden, sowie die in dem Dokument vom 16.7.1978 verfügte Bestimmung der G***** als Inkassantin der von H***** gemäß dem Vertrag vom 7.7.1978 zu zahlenden Beträge sind gültig und einklagbar; 2. der Antrag der Beklagten auf Einstellung des Schiedsverfahrens wegen schadensstiftender Fälschung des Beweismaterials wird abgewiesen; 3. die Entscheidung über die Kosten wird dem Schlußurteil vorbehalten."
Am 18.8.1986 fällt das Schiedsgericht einen "final award"
(Endschiedsspruch) mit dem Spruch: "1. Der Beklagten wird
aufgetragen, den Antragstellern (zahlbar an die G*****) eine Summe
von SR 5,264.717,44 mit 5 Prozent Zinsen, beginnend mit dem
1.10.1980, die Gesamtsumme fällig innerhalb eines Monats nach dem
Datum der Zustellung des Schiedsspruchs zu bezahlen. 2. Der Beklagten
wird aufgetragen, innerhalb desselben Zeitraums ... die Antragsteller
durch die Bezahlung eines Betrages von US-Dollar 125.000, dem
Gegenwert von 50 % der Schiedsgerichtskosten .... zu entschädigen. 3.
Jede Partei deckt ihre eigenen Kosten ab, inclusive der Anwaltskosten. 4. Alle anderen Ansprüche, seien sie jene der Antragsteller oder der Beklagten, werden abgewiesen."
Mit der am 17.12.1984 und somit noch vor Fällung des "final award" eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei (beklagte Partei im Schiedsgerichtsverfahren) die Aufhebung des "interim award" vom 9.9.1984 aus den Gründen des § 595 Abs 1 Z 1, 3 und 6 ZPO. Eine auf dieselben Aufhebungsgründe gestützte Klage wurde von der klagenden Partei auch gegen den "final award" erhoben. Dieses Verfahren ist bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreites unterbrochen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es gab den Gang des Schiedsverfahrens, soweit er aus den vorliegenden Urkunden ersichtlich ist, und den wesentlichen Inhalt der getroffenen Entscheidungen wieder und vertrat die Auffassung, daß es sich bei dem "interim award" um keinen nach § 595 Abs 1 ZPO anfechtbaren Schiedsspruch handelt. Mit Aufhebungsklage nach § 595 Abs 1 ZPO könne nur eine Entscheidung angefochten werden, die den von den Parteien an das Schiedsgericht herangetragenen Anspruch abschließend erledige.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, daß die Bestimmungen der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren zwar keine Definition des Begriffes Schiedspruch enthielten, immerhin bestimme aber § 594 Abs 1 ZPO, daß der Schiedsspruch mangels Vereinbarung einer weiteren Anfechtung vor einer höheren schiedsgerichtlichen Instanz die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils habe. Demgemäß werde der Schiedsspruch als die meritorische Entscheidung des Schiedsgerichtes über den Streitfall angesehen, mit der die Sachanträge der Parteien erledigt würden. Die reinen Formal- und Prozententscheidungen sowie verfahrensleitende Verfügungen fielen somit nicht unter diesen Begriff. Die Schiedssprüche könnten nach der Art ihrer Stofferledigung in End- , und Teil-, Zwischen- und Ergänzungsschiedssprüche eingeteilt werden; nach der Art des gewährten Rechtsschutzes in Leistungs-, Feststellungs- und Rechtsgestaltungsschiedssprüche. Die Mindesterfordernisse für einen Schiedsspruch seien die Schriftform, das Vorliegen einer Sachentscheidung, die objektive Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes, die Entscheidung durch "bestellte" und geschäftsfähige Schiedsrichter sowie das Vorliegen eines Sachantrages der Parteien. Willensäußerungen des Schiedsgerichtes, welche diese Mindesterfodernisse nicht erfüllten, seinen als "Nicht-Schiedssprüche" wirkungslos. Ausgehend von diesem Grundsätzen sei der "preliminary award" vom 28.2.1983 als Nicht-Schiedsspruch zu werten. Gegenstand dieser Entscheidung sei die Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichtes, also keine Sachentscheidung gewesen. Die Geltendmachung allfälliger Aufhebungsgründe sei durch das Unterbleiben einer Aufhebungsklage gegen diesen, nicht der Rechtskraft fähigen Ausspruch des Schiedsgerichtes nicht präkludiert. Anders als derartige Formalentscheidungen seien dagegen Zwischenschiedssprüche über den Grund des Anspruchs oder über einen Zwischenantrag auf Feststellung zu behandeln, weil damit jeweils eine meritorische Erledigung verbunden sei. Der Zwischenschiedsspruch vom 9.9.1984 enthalte insofern eine Sachentscheidung, als festgestellt werde, daß die darin genannten Verträge gültig und klagbar seien. Diese Entscheidung entspreche somit einem Zwischenurteil gemäß § 393 Abs 2 ZPO. Ohne Bedeutung sei, daß mit ihr das Leistungsbegehren der Schiedskläger nicht abschließend erledigt worden sei. Desgleichen ändere das Fehlen eines auf die gefällte Entscheidung gerichteten Parteienantrages nichts am Charakter der damit getroffenen Entscheidung als Sachentscheidung. Obwohl mittlerweile vom Schiedsgericht bereits ein Endschiedsspruch erlassen worden sei, könne der klagenden Partei auch ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden, weil der teilweise stattgebende Endschiedsspruch ebenfalls mit Aufhebungsklage bekämpft und somit noch nicht rechtskräftig sei. Damit erweise sich aber eine Prüfung der in der Klage geltend gemachten Anfechtungsgründe als unumgänglich. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß im Aufhebungsprozeß die in der Klage aufgestellten Behauptungen betreffend die einzelnen Aufhebungsgründe unter Zugrundelegung der Ergebnisse des schiedsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich in rechtlicher Hinsicht zu beurteilen seien, könne nicht geteilt werden. Das Gericht habe vielmehr aufgrund eigener Beweiserhebungen selbständig Tatsachenfeststellungen zu treffen, allerdings beschränkt auf die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens der behaupteten Aufhebungsgründe.
Der gegen den Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs der beklagten Parteien ist im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Alle Parteien des Schiedsverfahrens haben ihren Sitz im Ausland, das dem Streit zugrundeliegende Rechtsgeschäft wurde im Ausland abgeschlossen und dort abgewickelt. Es handelt sich somit um eine rein ausländische Streitsache. Der einzige Nahebezug zu Österreich besteht darin, daß der Schiedsgerichtshof der internationalen Handelskammer in Paris (ICC) Wien als Ort des Schiedsverfahrens feststellte und der Vorsitzende des Schiedsgerichtes Inländer ist. Es stellt sich daher die Frage nach der internationalen Anfechtungszuständigkeit österreichischer Gerichte. In einem dem vorliegenden Fall vergleichbaren, die Rechtslage vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 betreffenden Ordinationsfall hat der Oberste Gerichtshof die inländische Gerichtsbarkeit bejaht. Er hob, unter Hinweis auf die überholte These von der Universalität der inländischen Gerichtsbarkeit jedoch hervor, daß für rein vermögensrechtliche Streitigkeiten ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen müsse. Dieses erblickte er darin, daß Wien durch den Schiedsgerichtshof als Schiedsort bestimmt worden sei, die Parteien sich dieser Bestimmung unterworfen hätten und der Schiedsspruch in Wien gefällt worden sei; es liege daher ein inländischer Schiedsspruch vor. Zwischenstaatliche Verträge sicherten die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches in den jeweiligen Heimatstaaten der Parteien (JBl. 1981, 437). Diese Entscheidung hat im Schrifttum Zustimmung gefunden. Kritisch vermerkt wurde jedoch die auf bestimmte Staatsverträge ausgerichtete Begründung. Bei einem nach den Regeln der ICC in Österreich ergangenen Schiedsspruch sei für eine Aufhebungsklage die inländische Gerichtsbarkeit auf jeden Fall gegeben (Pfersmann in JBl. 1981, 438). Der vom New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vorausgesetzten Arbeitsteilung zwischen den Gerichten des Sitzstaates und des Vollstreckungsstaates entspräche eine vorbehaltslose Öffnung ihres Rechtsmittelsystems durch die Gerichte des Schiedsortes besser (von Hofmann, Zur Nationalität internationaler Schiedssprüche in Iprax 1981, 30, 32; vgl. auch Pöch, Internationale Schiedsverfahren in Österreich und inländische Gerichtsbarkeit in GesRZ 1980, 72). Bajons hält die Haltung des Obersten Gerichtshofs im Ansatz für richtig, daß der inländische Schiedsort für sich allein noch nicht die inländische Zuständigkeit begründen könne, es bedürfe hiezu eines weiteren Nahebezugs. (Nur) bei fehlender Anfechtbarkeit in einem andern Staat sei der Sitzstaat gehalten, den Parteien eine Notzuständigkeit für die Anfechtung der Schiedssprüche zu eröffnen (Bajons in FS Kralik 3, 19 f).
Nach der Rechtslage vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 war die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches bei dem Gericht einzubringen, welches mangels eines Schiedsvertrages für den Rechtsstreit in erster Instanz zuständig gewesen wäre (§ 596 Abs 1 iVm § 582 Abs 1 ZPO aF). Durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 wurden weitere Zuständigkeitstatbestände geschaffen. Haben die Parteien zulässigerweise ein Gericht im Schiedsvertrag vereinbart oder im Schiedsvertrag den Tagungsort des Schiedsgerichtes bezeichnet, so ist jenes Gericht, in Ermangelung einer solchen Bestimmung das für diesen Ort zuständige Gericht zuständig. Fehlt ein örtlich zuständiges Gericht oder ist es nicht zu ermitteln, so ist das örtlich für den ersten Wiener Gemeindebezirk zuständige Gericht berufen (§ 582 Abs 1 ZPO nF). Diese Erweiterung beruht auf der Erwägung, daß immer häufiger von den Parteien in Österreich eingerichtete Schiedsgerichte gewählt und Schiedsverfahren der Internationalen Handelskammer Paris in Österreich durchgeführt werden. Bei Schiedsverfahren zwischen ausländischen Vertragsparteien könnte dem Mangel eines örtlich zuständigen Gerichtes nur durch eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 28 Abs 1 Z 2 JN abgeholfen werden, was einen unzumutbaren Verfahrensaufwand und ein ebensolches Zeitversäumnis zur Folge hätte (669 BlgNR 15. GP 61 f). Die Auffassung, daß dadurch alle Zweifel über die internationale Anfechtungszuständigkeit beseitigt sind (Melis, zitiert bei Bajons aaO 7), kann nicht geteilt werden. Die neue Kompetenzregel vermeidet zwar künftighin Ordinationsanträge, beantwortet aber die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit nicht abschließend (vgl. Bajons aaO 16 FN 44). Nach der nunmehr herrschenden Rechtsprechung indiziert ein inländischer Gerichtsstand zwar die inländische Gerichtsbarkeit, fehlt es aber an einer hinreichenden Nahebeziehung, ist dennoch die inländische Gerichtsbarkeit zu verneinen (SZ 62/101; SZ 60/277; SZ 60/106; SZ 53/124 ua). Bei Beurteilung der Intensität der Instanzbeziehung sollen Parteidispositionen, insbesondere im Schiedsverfahren, beachtlich sein (vgl. Schwimann, Zur Abgrenzung der inländischen Gerichtsbarkeit in JBl. 1984, 12; Hoyer, Richtungsänderung im österreichischen IZVR in ZfRV 1983, 64; SZ 55/95). Diese Frage braucht hier aber nicht weiter erörtert zu werden. Es ist jedoch festzuhalten, daß es sich in der Sache selbst um eine rein ausländische Streitsache handelt, die Bestimmung des Schiedsortes nicht durch Parteienvereinbarung, sondern durch den Ausspruch des Schiedsgerichtshofes der ICC erfolgte und nach dem Standpunkt der klagenden Partei nach der Schiedsklausel, soweit ihr überhaupt Gültigkeit zukommt, ein Schiedsgericht in der Schweiz zur Entscheidung berufen gewesen wäre.
Auszugehen ist davon , daß die inländische Gerichtsbarkeit gegeben ist, wenn Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verpflichtet ist. Österreich ist dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (UN-Übereinkommen) beigetreten (BGBl. 1961/200). Ziel dieses Übereinkommens war es, soviel Schiedssprüche als nur möglich in seinen Geltungsbereich einzubeziehen, hiebei jedoch auch zu gewährleisten, daß die Rechtsprechungsakte Privater den Mindestanforderungen rechtsstaatlicher Erkenntnisverfahren genügen. Im Anwendungs- und Vollstreckungsbereich hat sich das Übereinkommen bei Beurteilung der Frage nach der Nationalität eines Schiedspruches für das Territorialitätsprinzip entschieden. Ein Schiedsspruch ist für den Vollstreckungsstaat ein ausländischer, wenn er in einem anderen Staat ergangen ist (Art. I Abs 1 1. Satz). Ein solcher Schiedsspruch soll in jedem der Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt werden können, in dem der Verpflichtete ein der Exekution unterliegendes Vermögen hat. Auf die Staatsbürgerschaft oder den Sitz des Verpflichteten kommt es nicht an. Nach Art. V Abs 1 lit. e des UN-Übereinkommens kann die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, unter anderem dann versagt werden, wenn sie den Beweis erbringt, daß der Schiedsspruch von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden ist. Unter zuständigen Behörden sind hiebei mangels einer anderen Wahl des Verfahrensrechtes durch die Parteien die Behörden des Sitzstaates zu verstehen (Bülow, Zwischenstaatliche Fragen der Schiedsgerichtsbarkeit nach dem UN-Übereinkommen 1958 in JBl. 1961, 305, 309 f). Der Versagungsgrund kann dann aber nur wirksam werden, wenn das Recht des Sitzstaates seine Rechtseinrichtungen zur Anfechtung des Schiedsspruches zur Verfügung stellt. Die Bestimmung des Art. V Abs 1 lit. e des UN-Übereinkommens wird im Schrifttum auch als ausschließliche Zuständigkeitsregelung für die Aufhebung und Suspendierung von Schiedssprüchen verstanden (Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit2 RNr 789). Dieses Verständnis entspricht der Zielsetzung des Übereinkommens. Aus dieser Bestimmung läßt sich daher die Pflicht jedes Vertragsstaates ableiten, sein Anfechtungssystem den Parteien zugänglich zu machen, wenn der Schiedsspruch in seinem Hoheitsgebiet ergangen ist. Für das Begehren auf Aufhebung eines in Österreich ergangenen Schiedsspruches ist daher die inländische Gerichtsbarkeit gegeben.
Das Verfahren vor dem Schiedsgericht können die Parteien selbst im Schiedsvertrag oder in einer besonderen schriftlichen Vereinbarung bestimmen. Mangels einer solchen Vereinbarung können die Schiedsrichter selbst das Verfahren gestalten (Fasching, ZPR2 Rz 2206). Die Gestaltungsfreiheit ermöglicht es, Entscheidungen über einzelne Rechts- oder Tatfragen etwa über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, über die Aktiv- und Passivlegitimation, die Verjährung ect. zu fällen. Auch die ICC-Verfahrensordnung geht von der Zulässigkeit von Zwischenentscheidungen aus (Reiner, Die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit 247 f). Der § 595 ZPO ermöglicht aber nur die Bekämpfung des Schiedsspruchs selbst. Unter Schiedsspruch ist hiebei, entsprechend dem Wesen des Schiedsspruchs, als einer dem Urteil der staatlichen Gerichte gleichkommenden Entscheidung Privater jedoch nur die meritotische Entscheidung des Schiedsgerichtes über den Streifall zu verstehen, die den Sachantrag der Parteien zumindest zum Teil abschließend erledigt (Fasching, Schiedsgericht und Schiedsverfahren im österreichischen um in internationalen Recht 125 f; Kommentar IV 873). Auch im deutschen Rechtsbereich wird zu der dem § 595 ZPO vergleichbaren Bestimmung des § 1041 d ZPO die Auffassung vertreten, daß die Aufhebungsklage nur gegen den das Schiedsverfahren abschließenden Schiedsspruch zulässig ist, wobei als Schiedsspruch nicht nur die Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand, sondern ebenso diejenige über einen abtrennbaren Teil (Teilurteil) in Betracht kommt (Rühl in AK-ZPO § 1039 RNr. 1; vgl. auch Schlosser in Stein-Jonas20 § 1041 RNr 27 und in Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit2 RNr. 692 und 772).
Die Auslegung des Begriffes Schiedsspruch als die dem Streitfall zumindest zum Teil abschließende Sacherledigung entspricht dem Zweck des Schiedsverfahrens und der ratio des § 595 ZPO. Durch die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes soll nach der Absicht der Parteien ein Rechtsstreit den Gerichten aus verschiedenen Motiven (vgl. Fasching ZPR2 Rz 2165) entzogen werden. Die österreichische Zivilprozeßverodnung steht einer solchen Vereinbarung positiv gegenüber und beschränkt sich auf die Überwachung der Zulässigkeitsgrenzen und die Sicherung von Mindestgarantien eines rechtsstaatlichen Erkenntnisverfahrens. Die Anfechtbarkeit von Vor- oder Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichtes führt zu einer begleitenden Kontrolle durch die Gerichte und einer Parallelität von Schiedsgerichts- und gerichtlichem Verfahren, verbunden mit einer Überhäufung der Gerichte mit Aufhebungsklagen und einer erheblichen Kostenbelastung für die Parteien. Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für Entscheidungen des Schiedsgerichtes, die den Grund des Anspruchs oder das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses betreffen. Infolge ihrer verfahrensrechtlichen Gestaltungsfreiheit sind die Schiedsrichter weder an die gesetzlichen Voraussetzungen, an Form und Inhalt eines Zwischenurteils im Sinne der ZPO gebunden, noch kann eine solche Entscheidung mangels Hemmung des schiedsrichterlichen Verfahrens eine prozeßökonomische Wirkung entfalten. Die Partei wäre aber zur Vermeidung von Rechtsnachteilen gehalten, die Entscheidung jedenfalls vor den Gerichten anzufechten. Es können daher auch die im Schrifttum für die selbstständige gerichtliche Anfechtbarkeit der schiedsrichterlichen Zuständigkeitsentscheidungen angeführten Argumente, der Gewinnung von Rechtssicherheit bei Beginn des Verfahrens und der Ersparung eines weiteren Schiedsverfahrens, für solche Zwischenentscheidungen nicht überzeugen (vgl. hiezu Schlosser aaO RNr 550 und 552; Laschet, Rechtsmittel gegen Prozeß-, Vorab- oder Zwischenentscheidungen eines Schiedsgerichtes in FS Nagel 187 f). Anders mag dies sein, wenn sich die Parteien oder die Schiedsrichter im Einvernehmen mit den Parteien für das schiedsrichterliche Verfahren ausdrücklich auf die österreichische Zivilprozeßordnung festgelegt haben. Offensichtlich geht auch Fasching davon aus, daß dem Schiedsverfahren österreichisches Verfahrensrecht zugrundegelegt wurde, wenn er Zwischenurteile zu den Schiedssprüchen im Sinne des § 595 ZPO zählt. Im vorliegenden Fall wurde die österreichische Zivilproßezordnung nicht zur Verfahrensgrundlage gemacht. Ein Zwischenfeststellungsantrag wurde von keiner der Parteien gestellt. Der angefochtene interim award entspricht weder der Form noch seinem Inhalt nach einem Zwischenurteil nach § 393 Abs 1 ZPO. Das schiedsrichterliche Verfahren wurde auch ungeachtet der Anfechtung dieser Entscheidung durch die klagende Partei fortgesetzt und inzwischen mit einer abschließenden Sachentscheidung beendet. Das Erstgericht hat daher zu Recht die gesonderte Anfechtbarkeit dieser Zwischenentscheidung verneint.
Demgemäß ist dem Rekurs Folge zu geben (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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