OGH 8Ob572/92

OGH8Ob572/9225.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Aufteilungssache der Antragstellerin Felicitas Renate F*****, vertreten durch Dr.Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider den Antragsgegner Dr.W*****, vertreten durch Dr.Friedrich Harrer sen. und Dr.Friedrich Harrer jun., Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Aufteilung des ehelichen Vermögens infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 19. März 1992, GZ 22 b R 142/91-114, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Johann/P. vom 28.Oktober 1991, GZ F 2/89-108, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird dem Revisionsrekurs des Antragsgegners Folge gegeben und in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen der Antrag, den von beiden Parteien eingesetzten Treuhänder Dr.Friedrich Z***** zu beauftragen, an die Antragstellerin binnen 14 Tagen den Betrag von S 1,631.172,27 zuzüglich der halben Zinsen des erliegenden Depots auszuzahlen, abgewiesen.

Die Verfahrenskosten werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Die Streitteile haben am 14.4.1960 vor dem Standesamt B***** die Ehe geschlossen. Im November 1980 wurde die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben; mit rechtskräftigem Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28.6.1984 wurde die Ehe geschieden. Die Streitteile waren je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG H***** mit dem darauf errichteten Haus E***** Nr. 11 in B*****. Der Schätzwert des Hauses betrug im November 1980 S 7,330.540, 1989 wurde das Haus verkauft.

Mit dem am 5.7.1985 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die Frau die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der Form, daß ihre Liegenschaftshälfte in das Eigentum des Antragsgegners gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von 3,5 Mill. S übertragen werde; überdies solle ihr ein Betrag von 2 Mill. S aus dem Barvermögen des Antragsgegners zugesprochen und der Hausrat sowie die Einrichtung des Hauses B*****, E***** Nr. 11, zur Hälfte übertragen werden. Die Antragstellerin führte aus, zum Erwerb des gemeinsamen Vermögens mindestens zur Hälfte beigetragen zu haben.

Der Mann trat dem Antrag mit der Behauptung entgegen, aus finanziellen Gründen nicht in der Lage zu sein, die Liegenschaft und das Haus zur Gänze zu übernehmen und eine Ausgleichszahlung von 3,5 Mill. S zu leisten. Die Liegenschaft sei mit Hypotheken belastet, der Schuldenstand habe im Juni 1984 etwa 2,8 Mill.S betragen; Sparvermögen sei keines vorhanden.

In der mündlichen Verhandlung vom 5.12.1985 erklärten die Parteien, daß zwischen ihnen ausdrückliches Einverständnis herrsche, daß die Liegenschaft EZ ***** KG H***** mit dem darauf errichteten Haus E***** Nr. 11 in B***** um den Mindestverkaufpsreis von 7,5 Mill. S verkauft werden solle und der Verkaufserlös abzüglich der auf der Liegenschaft haftenden Lasten zwischen den Parteien je zur Hälfte geteilt werde. Weiters erklärten die Parteien, es herrsche auch Einverständnis, daß das gegenständliche Verfahren, falls bis 30.9.1986 der Verkauf der Liegenschaft unter den vorgenannten Bedingungen nicht zustandekommen sollte, auf Antrag einer der Parteien fortgesetzt werde. In einem Teilvergleich verpflichtete sich der Antragsgegner in Anrechnung eines allfälligen endgültigen Vergleiches oder einer Gerichtsentscheidung S 200.000 an die Antragstellerin zu bezahlen.

Mit Schriftsatz vom 3.11.1986 brachte die Antragstellerin vor, der Verkauf der Liegenschaft sei nicht erfolgt, sie beantrage die Fortsetzung des Verfahrens. Nach Veräußerung des Hauses um den Verkaufspreis von 8 Mill. S am 18.4.1989 führte die Antragstellerin im Schriftsatz vom 15.12.1989 aus, sich mit dem Antragsgegner über die Aufteilung der Fahrnisse geeinigt zu haben. Sie brachte vor, daß nunmehr entsprechend der Vereinbarung vom 5.12.1985 der Kaufpreis nach Abzug der auf der Liegenschaft haftenden Lasten zu teilen sei. Da nunmehr kein der Aufteilung unterliegendes Vermögen mehr vorhanden sei, werde der Antrag auf Aufteilung zurückgezogen und beantragt, das Verfahren für beendet zu erklären (ON 82).

Der Antragsgegner hingegen bestritt das Vorliegen einer Einigung über die Aufteilung des ehelichen Vermögens und wies darauf hin, daß das Verfahren nur unter dem Einverständnis beider Parteien für beendet erklärt werden könne. Im Hinblick auf diese Erklärung zog die Antragstellerin ihren Antrag auf Verfahrensbeendigung zurück.

Beide Parteien brachten übereinstimmend vor, das Aufteilungsverfahren beziehe sich nur mehr auf den beim Treuhänder Dr.Z***** erliegenden restlichen Erlös aus dem Verkauf der gemeinsamen Liegenschaft in der Höhe von ca 3,662.000 S. Es bestünden aber erhebliche Differenzen über die Abzüge zu Lasten der Antragstellerin.

Mit Schriftsatz vom 2.3.1990 (ON 85) führte der Antragsgegner aus, die Antragstellerin habe vom Verkaufserlös nichts mehr zu bekommen. Demgegenüber vertrat die Antragstellerin im Schriftsatz vom 8.3.1990 (ON 86) die Ansicht, ihre offene Forderung betrage S 1,831.172,27 (in der Folge eingeschränkt auf S 1,631,172,27 - AS 313). Auch während des folgenden Verfahrens vertrat die Antragstellerin die Meinung, die Vereinbarung vom 5.12.1985 sei rechtsverbindlich.

Das Erstgericht sprach der Antragstellerin aus dem verbleibenden Verkaufserlös einen Betrag von S 1,8 Mill. zuzüglich der Hälfte der seit 1.1.1991 anfallenden Zinsen zu, dem Antragsgegner hingegen den Restbetrag von S 2,292.118,34 ebenfalls zuzüglich der Hälfte der seit 1.1.1991 angefallenen Zinsen.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend traf es folgende wesentliche Feststellungen:

Mit einem Teil des Verkaufserlöses von 8 Mill. S wurden die im April 1989 aushaftenden grundbücherlich abgesicherten Darlehen bei der V*****bank und bei der B*****kasse ***** im Gesamtbetrag von S 1,332.727,22 getilgt; außerdem wurden die Kosten des Liegenschaftsverkaufes abgedeckt. Der verbleibende Betrag wurde auf einem Treuhandkonto erlegt, von dem beide Parteien Aktonozahlungen von insgesamt je S 1,351.988,42 erhielten. Der Saldo des Treuhandkontos beträgt S 4,092.118,34 zuzüglich Zinsen seit 1.1.1991.

Die auf der Liegenschaft einverleibten Grundbuchslasten betrugen zum 31.12.1985 S 1,619.930,64. Der genaue Saldo der per November 1980 auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Verbindlichkeiten konnte nicht ermittelt werden. Vom November 1980 bis zum Verkauf des Hauses erfolgte die Nutzung nur durch den Antragsgegner, dieser leistete auch sämtliche laufenden Kreditrückzahlungen. Außerordentliche Kreditrückzahlungen konnten in diesem Zeitraum nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, daß der Antragsgegner über die notwendige Erhaltung hinausgehende Investitionen vorgenommen habe, die zu einer wesentlichen Wertsteigerung des Objektes geführt hätten.

Am 5.12.1985 haben die Parteien ihr ausdrückliches Einverständnis bekundet, daß die Ehewohnung (Liegenschaft mit Haus) um 7,5 Mill. S verkauft und der Verkaufserlös abzüglich der auf der Liegenschaft haftenden Lasten je zur Hälfte geteilt werden solle. Diese Einverständniserklärung wurde nicht als Teilvergleich festgehalten, ihr Sinn war jedoch der, daß das Haus auf jeden Fall verkauft werden solle, wobei der Verkauf nicht mit 30.9.1986 beschränkt war. Mit welchem Zeitpunkt die auf der Liegenschaft haftenden Lasten bewertet werden sollten, wurde dabei nicht erörtert. Im Rahmen der Rechtsausführungen stellte das Erstgericht fest, daß die Einverständniserklärung vom 5.12.1985 bewußt nicht als Vergleich abgefaßt wurde.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es entspreche der Billigkeit, der Antragstellerin aus dem restlichen Verkaufserlös unter Bedachtnahme auf die Teilzahlung von 200.000 S weitere 1,8 Mill. S zuzusprechen. Die Antragstellerin habe damit als "Ausgleichszahlung" insgesamt S 3,351.988,42 erhalten. Die laufende Darlehenstilgung durch den Antragsgegner sei ein Äquivalent für die Nutzung der Ehewohnung, sie rechtfertige es nur, dem Antragsgegner einen geringfügig höheren Anteil aus dem Treuhanderlag zuzusprechen als der Antragstellerin. Diese Aufteilung entspreche auch dem in der Verhandlung vom 5.12.1985 zum Ausdruck gebrachten Bestreben beider Parteien, den Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft je zur Hälfte aufzuteilen. Es sei zwar eine Fortsetzung des Verfahrens vereinbart worden, falls vor dem 30.9.1986 ein Verkauf des Hauses nicht zustande komme, doch hätten die Parteien nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Vereinbarung nur bis zu diesem Zeitpunkt gelten solle. Es sei daher ein Weiterwirken der Vereinbarung vom 5.12.1985 über diesen Zeitpunkt hinaus anzunehmen. Da im Sinne dieser Vereinbarung mit einem Teil des Verkaufserlöses durch den Treuhänder die Lastenfreistellung der Liegenschaft vorgenommen worden sei und somit die auf der Liegenschaft haftenden Lasten durch eine entsprechende Minderung des Treuhanderlages bereits berücksichtigt worden seien, könnten weitere Abzüge durch Berücksichtigung von Investitionsrücklagen und nicht verbücherten Schulden nicht vorgenommen werden.

In Stattgebung der Rekurse beider Parteien hob das Gericht zweiter Instanz den erstgerichtlichen Beschluß auf und verwies die Aufteilungssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung; es wurde ausgesprochen, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft der Entscheidung des Rekursgerichtes fortzusetzen sei.

Zur Vereinbarung vom 5.12.1985 führte das Rekursgericht aus, es sei dabei nicht erörtert worden, mit welchem Zeitpunkt die auf der Liegenschaft haftenden Lasten bewertet werden sollten, sodaß aus rechtlichen Erwägungen jedenfalls nicht von einer Bindung über den vereinbarten Verkaufszeitpunkt hinaus ausgegangen werden könne. Auch wenn man den Zeitpunkt des Verkaufes als den für die Ermittlung der grundbücherlichen Schulden maßgeblichen Zeitpunkt annehme, so könne dies nicht auch für einen Verkauf zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt gelten. Dafür habe das Beweisverfahren keine Anhaltspunkte erbracht und es lasse die protokollierte Einverständniserklärung eine Auslegung in diesem Sinne nicht zu, müßte dies doch im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führen. Zu berücksichtigen sei auch, daß Ansprüche auf Zuhaltung zulässigerweise geschlossener Vereinbarungen über eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse im Rechtsweg geltend zu machen seien. Dabei habe der Außerstreitrichter zu prüfen, ob eine außergerichtliche Vereinbarung zustandekam und bejahendenfalls das Aufteilungsbegehren abzuweisen. Berücksichtige man die Einverständniserklärung vom 5.12.1985, so könne daraus keine Parteienabsicht abgeleitet werden, daß auch bei einer Fortsetzung des Aufteilungsverfahrens und einem allfälligen Verkauf der Liegenschaft durch den Treuhänder zu einem späteren Zeitpunkt der Verkaufserlös in einer bereits vorbestimmten Art und Weise geteilt werden sollte. Das Erstgericht habe daher zutreffend im außerstreitigen Verfahren über den Aufteilungsanspruch entschieden, es habe aber zu Unrecht die Einverständniserklärung bei der vorgenommenen Aufteilung mitberücksichtigt.

Betreffend die Hypothekarschulden bedürfe es noch ergänzender Feststellungen über deren Stand im November 1982. Die sich ergebende Differenz zu jenem Betrag, der vom Treuhänder zur Lastenfreistellung bezahlt wurde, vermindere den Verkaufserlös der Liegenschaft (vor Aufteilung auf die Streitteile). Feststellungen und Beweisaufnahmen zur Investitionsrücklage seien dann notwendig, wenn der Antragsgegner konkrete Behauptungen aufstelle. Maßgebend seien dabei nur jene Beträge, die tatsächlich für die gemeinsame Liegenschaft verwendet wurden; allfällige steuerliche Nachteile aus Investitionsrücklagen, die nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft gebildet wurden, könnten nur so weit Berücksichtigung finden, als dieser Aufwand auch bei Aufnahme eines Darlehens am Kapitalmarkt entstanden wäre. Der Antragsteller werde darzulegen haben, in welche Jahren die Investitionsrücklagen gebildet und wofür die durch die Gewinnminderung freigewordenen Beträge verwendet wurden.

Hinsichtlich der Ausgaben für das Haus werde der Antragsgegner den von ihm geltend gemachten Betrag von 336.143,15 S zu detaillieren und allfällige Belege vorzulegen haben. Schließlich müsse sich der Antragsgegner den halben Wohnwert des Hauses in Form eines angemessenen Benutzungsentgeltes anrechnen lassen, insoweit werde die Beiziehung eines Sachverständigen unumgänglich sein. Betreffend die vom Antragsgegner geltend gemachten Zahlungen werde mit den Streitteilen zu erörtern sein, welche Zahlungen im Wege einer Kreditaufnahme die Antragstellerin in den Jahren 1984 und 1985 erhalten habe und welche Vereinbarungen insoweit getroffen wurden.

Erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG erblickt das Rekursgericht darin, daß der Oberste Gerichtshof bei einer Zurückziehung des Aufteilungsantrages und einer neuerlichen Stellung nach Ablauf der Jahresfrist eine Verfristung im Sinne des § 95 EheG angenommen habe. Weiters sei die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, inwieweit geschlossene Vereinbarungen im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigen seien, divergierend. Auch fehle eine Judikatur zur Berücksichtigung von steuerlichen Belastungen im Zusammenhang mit der Auflösung von Investitionsrücklagen; dies gelte auch für die Berücksichtigung des Wohnwertes eines Hauses, in dem ein Ehepartner nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft verblieben sei. Eine erhebliche Rechtsfrage liege schließlich auch darin, welche Bedeutung der Einverständniserklärung vom 5.12.1985 für das weitere Verfahren zukomme.

Gegen diesen Beschluß erhoben beide Teile Revisionsrekurs. Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Rekursgericht aufgetragen werde, in der Sache selbst zu entscheiden und ihrem Rekurs Folge zu geben; hilfsweise wird beantragt, den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes mit der Maßgabe zu bestätigen, daß dem Erstgericht aufgetragen werde, bei Aufteilung des Verkaufserlöses weder auf die vom Antragsgegner geleisteten normalen Darlehenstilgungen noch auf das von ihm geschuldete Benützungsentgelt Bezug zu nehmen, sondern den Verkaufserlös 1 : 1 unter Berücksichtigung etwaiger, vom Antragsgegner noch zu beweisender außerordentlicher Aufwendungen für die Liegenschaft in der Zeit nach dem 5.12.1985 aufzuteilen. Der Antragsgegner begehrt, die angefochtenen Entscheidungen durch Antragsabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragte, den Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben. Die Antragstellerin beantragte, dem Revisionsrekurs des Antragsgegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist nicht berechtigt, wohl aber - im Ergebnis - jener des Antragsgegners.

Die Antragstellerin vertritt in ihrem Rechtsmittel nach wie vor die Ansicht, die Vereinbarung vom 31.12.1985 (richtig: 5.12.1985) sei der Entscheidung zugrundezulegen. Stillschweigend sei vereinbart worden, daß der Antragsgegner bis zum Verkauf des Hauses die normalen Darlehenstilgungen ohne Anrechnung auf den Verkaufserlös durchführe und auch ohne Verpflichtung, ein Benützungsentgelt zu entrichten, alleine im Haus wohne.

Der Antragsgegner vertritt im Revisionsrekursverfahren die Ansicht, die am 5.12.1985 getroffene Vereinbarung regle die Aufteilung des Erlöses aus dem Verkauf der Liegenschaft nicht abschließend. Es seien lediglich zwei Einzelfragen des Aufteilungsverfahrens, nämlich der Verkauf der Liegenschaft und die Teilung des Erlöses im Verhälntis 1 : 1 geregelt worden, offen geblieben seien aber weitere Fragen, wie der Umfang der zu verteilenden Vermögensmasse, der Bewertungszeitpunkt, die Berücksichtigung von Aufwendungen auf das Aufteilungsgut bzw von mit dem Aufteilungsgut im inneren Zusammenhang stehenden Schulden. Es könne aber keinem Zweifel unterliegen, daß die Vereinbarung über die Aufteilung des Erlöses im Verhältnis 1 : 1 für jeden Fall des freihändigen Verkaufes, egal zu welchem Zeitpunkt, gelten sollte. Im übrigen vertritt der Antragsgener die Meinung, es sei bereits Spruchreife im antragsabweisenden Sinne gegeben.

Hiezu wurde erwogen:

Die Frau hat zunächst fristgerecht (§ 95 EheG) einen

Aufteilungsantrag gestellt. Von ihrem Antrag war letztlich nur mehr

der Erlös aus der Veräußerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft

umfaßt. Es ist zulässig, die gerichtliche Aufteilung im Sinne der §§

85 ff EheG bloß für einzelne Vermögensgegenstände zu begehren

(Koziol-Welser9 II 239 mwN), es kann von einem Ehegatten auch allein

die Entscheidung des Gerichtes über die vom anderen Ehegatten zu

leistende Ausgleichszahlung begehrt werden (SZ 53/125 = EvBl 1981/22

= JBl 1981, 599; 8 Ob 601/84; 5 Ob 566/89 ua).

Aus §§ 85, 97 Abs 2 EheG und aus § 230 Abs 1 letzter Satz AußStrG ergibt sich, daß der Gesetzgeber der gütlichen Einigung der Ehegatten über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens den Vorrang gegenüber einer gerichtlichen Aufteilung einräumt, die erst dann und nur insoweit Platz greifen soll, als die gütliche Einigung ausbleibt (EvBl 1982/160 mwN). Eine rechtswirksame Regelung nach § 97 Abs 2 EheG schließt jedenfalls, soweit sie reicht, eine Aufteilung gemäß § 81 ff EheG aus (Schwimann/Bernat, ABGB I , § 97 EheG Rz 7; SZ 52/129). Auch nach Einleitung des gerichtlichen Aufteilungsverfahrens kann aber - vom Gesetzgeber sogar erwünscht (§ 230 Abs 1, letzter Satz, AußStrG) - eine Vereinbarung nach § 97 Abs 2 EheG zustandekommen, und zwar entweder in Form eines gerichtlichen Vergleiches oder als außergerichtliche Einigung. In beiden Fällen liegt eine zulässige und daher rechtswirksame Vereinbarung im Sinne des § 97 Abs 2 EheG vor (SZ 53/150; 4 Ob 560/91).

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes erzielten die Parteien hinsichtlich des gesamten der Aufteilung unterliegenden Vermögens eine gütliche Einigung. Gegenstand des Aufteilungsverfahrens ist, nachdem bereits in Teilbereichen Einigung erzielt wurde, zuletzt nur mehr der Erlös aus dem Verkauf der gemeinsamen Liegenschaft. Hinsichtlich dieser Liegenschaft vereinbarten die Parteien ("herrscht ausdrückliches Einverständnis", AS 20), daß die Liegenschaft mit dem Haus um den Mindestverkaufspreis von 7,5 Mill. S verkauft werden solle und der Verkaufserlös abzüglich der auf der Liegenschaft haftenden Lasten zwischen den Parteien je zur Hälfte geteilt werde. Das Aufteilungsverfahren sollte, falls bis 30.9.1986 der Verkauf nicht zustandekommt, auf Antrag einer der Parteien fortgesetzt werden. Die Vereinbarung sollte aber, wie sich aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt, nicht nur bis zum 30.6.1989 Geltung haben. Die Tatsachenfeststellung des Erstgerichtes, daß die Einigung bewußt nicht als Vergleich abgefaßt wurde, ist so zu verstehen, daß sie bewußt nicht als gerichtlicher Vergleich abgefaßt wurde (vgl die zu dieser Feststellung führende Aussage des Zeugen Hofrat Dr.Strobl AS 317). Die Parteien haben somit vereinbart, den einzigen der Aufteilung unterliegenden Gegenstand zu veräußern und den Verkaufserlös abzüglich der auf der Liegenschaft haftenden Lasten je zur Hälfte zu teilen. Sie haben somit eine zulässige, abschließende und daher rechtswirksame Vereinbarung im Sinne des § 97 Abs 2 EheG geschlossen. Es wurden sowohl der Gegenstand der Veräußerung als auch die grundsätzliche Aufteilung des Erlöses einverständlich festgelegt. Es ist zwar richtig, daß die Vereinbarung nicht sehr präzise ist und auch der Zeitpunkt der Bewertung der Lasten nicht festgelegt wurde; dieser Zeitpunkt sowie auch sonstige offene Vertragspunkte können aber im Wege einer (allenfalls ergänzenden) Vertragsauslegung geklärt werden.

Da somit über den Gegenstand des von der Frau eingeleiteten Aufteilungsverfahrens bereits ein Vergleich abgeschlossen wurde, war eine antragsabweisende Entscheidung zu fällen (EFSlg 54.618 ua).

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 234 AußStrG. Es wäre unbillig, der unterliegenden Antragstellerin eine Kostenersatzpflicht aufzuerlegen, hat sie ja versucht, nach dem Verkauf der Liegenschaft das außerstreitige Aufteilungsverfahren zu beenden, um den Anspruch im streitigen Rechtsweg geltend zu machen. Dies war ihr aber verwehrt, weil der Antragsgegner dazu seine Zustimmung nicht erklärte (EvBl 1983/172 = JBl 1984, 376 = MietSlg 35.680).

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