Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Andre Wilhelm S***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter SatzStGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 23.September 1991 in Linz dadurch, daß er Mathilde F***** mit einem Tuch den Mund zuhielt, ihr mehrere wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzte, sie zu Boden stieß, sodann aus zwei Geldtaschen insgesamt 280,60 S entnahm, demnach mit Gewalt gegen eine Person der Mathilde F***** eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei durch die ausgeübte Gewalt die Genannte in Form einer Schädelprellung mit leichter Benommenheit, mehreren Abschürfungen im Gesicht, Brillenhämatomen an beiden Augen, Schwellungen an der Ober- und Unterlippe, einer Nasenprellung, einer Augapfelprellung, verbunden mit einer Erosion der Hornhaut des rechten Auges, Brustkorbprellungen und Schmerzen im Rippenbereich schwer verletzt wurde (§ 84 Abs. 1 StGB).
Die Geschworenen hatten die ihnen (anklagekonform) gestellte Hauptfrage (1) in Richtung des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter SatzStGB (einstimmig) bejaht und demnach die der Verantwortung des Angeklagten, wonach er Mathilde F***** nicht der Sachwegnahme wegen, sondern nur deshalb den Mund zugehalten und ihr Faustschläge versetzt habe, um sie am Schreien zu hindern, Rechnung tragenden drei Eventualfragen in Richtung eines Einsteigdiebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (2), einer schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB (3) und einer Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB (4) unbeantwortet gelassen.
Rechtliche Beurteilung
Der den Schuldspruch bekämpfenden, ausschließlich auf § 345 Abs. 1 Z 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Eine unrichtige Rechtsbelehrung liegt nur dann vor, wenn ihr maßgebender Inhalt gesetzlichen Bestimmungen oder Grundsätzen des Strafrechtes oder des Strafverfahrensrechtes widerspricht. Ob dies zutrifft, ist an Hand der Rechtsbelehrung in ihrer Gesamtheit und nicht etwa nach einzelnen aus dem Zusammenhang gelösten Teilen derselben zu prüfen (13 Os 102/91; siehe weiters Mayerhofer-Rieder StPO3 § 345 Z 8 E 49 und 50). Indem der Beschwerdeführer lediglich einen Satz aus der Rechtsbelehrung herausgreift ("Dieser Bereicherungsvorsatz muß im Zeitpunkt der Sachwegnahme vorliegen") setzt er sich darüber hinweg, daß die Rechtsbelehrung insgesamt sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand des Raubes ausführlich erklärt: So wird rechtsrichtig dargelegt, daß es sich beim Raub um einen durch Nötigung ermöglichten Diebstahl handelt, sodaß das Delikt Elemente der Nötigung und des Diebstahls enthält (S. 2 der Rechtsbelehrung); entsprechend der Doppelnatur des Raubes sei daher auf der inneren Tatseite Bereicherungsvorsatz wie beim Diebstahl und Nötigungsvorsatz erforderlich (S. 5, 7; vgl. Leukauf-Steininger Komm.3 § 142 RN 1 und 15). Zum Bereicherungsvorsatz wird - ergänzend und nicht unrichtig - ausgeführt, daß dieser im Zeitpunkt der Sachwegnahme vorliegen müsse. Die behauptete Unrichtigkeit der Belehrung liegt demnach nicht vor.
Der Beschwerdeführer vermeint weiters, die Geschworenen seien darüber im unklaren gelassen worden, daß die Voraussetzungen des schweren Raubes nicht erfüllt seien, wenn dem Täter zum Zeitpunkt der Zufügung der schweren Verletzung der Bereicherungsvorsatz gefehlt habe. Auch diese Rüge geht fehl.
Bei Berücksichtigung der zur Hauptfrage 1 erteilten Rechtsbelehrung in ihrer Gesamtheit - somit auch der beiden einleitenden Absätze (S. 1 f), der Instruktion über die an die Verübung eines Raubes geknüpfte strengere Strafdrohung bei schwerer Körperverletzung (S. 8) und der Belehrung über eine mögliche Einschränkung bei Beantwortung dieser Hauptfrage (S. 10) - konnten bei den Geschworenen keine Zweifel darüber entstehen, daß eine Zurechnung der schweren Verletzung als Tatfolge des Raubes nur bei deliktsspezifischem Zusammenhang zwischen den als Mittel des Raubes eingesetzten Gewalthandlungen und der schweren Körperverletzung zulässig ist (vgl. ÖJZ-LSK 1982/58). Nach Lage des Falles bestand aber auch kein Anlaß dafür, sich in der Rechtsbelehrung mit den Folgen eines zeitlichen Auseinanderfallens des auf die Sachwegnahme gerichteten Nötigungsvorsatzes und des Bereicherungsvorsatzes in besonderer Weise auseinanderzusetzen.
Schließlich versagt auch die Rüge jener Ausführungen der Rechtsbelehrung, die erläutern, daß die Geschworenen die Hauptfrage mit der Einschränkung bejahen könnten, daß Mathilde F***** durch die ausgeübte Gewalt nicht schwer verletzt wurde, falls sie zur Ansicht gelangen sollten, daß der Angeklagte zwar das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB begangen habe, durch die Tat jedoch niemand schwer verletzt wurde (S. 10). Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurden die Geschworenen durch diese Ausführungen sehr wohl auf die Möglichkeit hingewiesen, damit einen - nicht qualifizierten - Raub bejahen zu können, wenn sie einen deliktsspezifischen Zusammenhang zwischen den betreffenden Gewalthandlungen und der schweren Körperverletzung verneinen sollten.
Nähere Ausführungen zum konkreten Fall, wie sie der Angeklagte in diesem Zusammenhang fordert, gehören nicht in die schriftliche Rechtsbelehrung, sondern in die im Anschluß daran mit dem Vorsitzenden abzuhaltende Besprechung (siehe Mayerhofer-Rieder StPO3 § 345 Z 8 E 18).
Im übrigen würde selbst die gänzliche Unterlassung der Belehrung über die Möglichkeit, eine Frage nur teilweise zu beantworten, eine Nichtigkeit nicht begründen (siehe Mayerhofer-Rieder aaO E 3).
Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Daß es durch die Art der Fragestellung den Geschworenen bei Vornahme der mehrfach erwähnten Einschränkung in der Beantwortung der Hauptfrage 1 verwehrt gewesen wäre, ein Verdikt dahin auszusprechen, daß der Angeklagte das Tatopfer in einem nicht deliktsspezifischen Zusammenhang mit dem Raub schwer verletzt habe - die Eventualfrage 3 wurde nur für den Fall der (gänzlichen) Verneinung der Hauptfrage 1 gestellt - muß auf sich beruhen, weil die Fragestellung nicht (mit einer Rüge nach § 345 Abs. 1 Z 6 StPO) in Beschwerde gezogen wurde (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 345 Z 6 E 2).
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechseinhalb Jahren.
Es wertete als erschwerend fünf einschlägige Vorstrafen des Angeklagten und seinen raschen Rückfall, als mildernd dagegen sein Geständnis, sein Alter unter 21 Jahren und die objektive Schadensgutmachung (durch Abnahme der Raubbeute).
Der eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebenden Berufung des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe - wie der Berufungswerber auch einräumt - richtig und vollständig angeführt. Es hat zutreffend erkannt, daß der äußerst rasche Rückfall des Angeklagten nach seiner bedingten Haftentlassung nicht nur Grundlage für den (allfälligen) Widerruf der bedingten Entlassung ist, sondern auch einen Erschwerungsumstand abgibt.
Der vom Berufungswerber ins Treffen geführte Umstand, daß seine Absicht zunächst keinesfalls auf die Begehung eines Raubes ausgerichtet war und erst eine Verkettung von Ereignissen zu einer "Eskalation" des Geschehens geführt hat, kommt in Bedeutung und Gewicht keinem der in § 34 StGB aufgezählten Milderungsgründe gleich; er vermag auch die persönliche Täterschuld nicht zu schmälern.
Das dem Angeklagten als mildernd zugutegehaltene Geständnis hat nicht alle subjektiven Merkmale seines strafbaren Verhaltens umfaßt (vgl. S. 169 f), wodurch es erheblich an Gewicht verliert; recht besehen liegt nicht ein reumütiges Geständnis (iS § 34 Z 17 1.Alternative StGB), sondern ein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung (iS § 34 Z 17 2.Alternative StGB) vor.
Ausgehend von den gegebenen Strafzumessungsgründen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung wird die über den Angeklagten in erster Instanz verhängte, ohnedies im unteren Bereich der gesetzlichen Strafdrohung (5 bis 15 Jahre) gelegene Freiheitsstrafe seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) gerecht, sodaß zu einer Strafherabsetzung kein Anlaß bestand.
Der Berufung konnte sohin kein Erfolg beschieden werden.
Zugleich mit dem Urteil faßte das Geschworenengericht auch den Beschluß auf Widerruf der dem Angeklagten mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 7.Juni 1991, GZ 23 BE 39/91-4, gewährten bedingten Entlassung aus mehreren unmittelbar nacheinander zu vollziehenden Freiheitsstrafen.
Die Beschwerde des Angeklagten zielt auf ein Absehen vom Widerruf. Auch sie ist nicht berechtigt.
In Anbetracht des äußerst raschen Rückfalls in eine gleichartige Kriminalität, der besonderen Schwere dieses Rückfalls und der Wirkungslosigkeit einer früher gewährten bedingten Strafnachsicht (Punkt 4 der Strafregisterauskunft) bedarf es jedenfalls der Vollziehung des Strafrestes zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB). Dieses spezialpräventive Erfordernis besteht im vorliegenden Fall auch angesichts der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechseinhalb Jahren.
Auch der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.
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