OGH 9ObA66/92

OGH9ObA66/9227.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Göstl und Franz Murmann als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. H***** G*****, Arzt, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei ***** Vermögensverwaltungs-GmbH, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S 60.063,45 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Dezember 1991, GZ 33 Ra 81/91-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. Februar 1991, GZ 26 Cga 11/91-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.348,80 (darin S 724,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am Standort W*****, D*****gasse 35, gibt es sowohl die ***** Vermögensverwaltungs-GmbH (Beklagte) als auch die ***** Handels-GmbH. Für beide Gesellschaften fungierten S***** Z***** und W***** R***** E***** (Verpflichteter) vom 18. Februar 1988 bis 12. Juli 1989 als kollektiv zeichnungsberechtigte Geschäftsführer, wobei in der Zeit vom 13. Mai 1988 bis 12. Juli 1989 (zumindest formell) auch ein Dienstverhältnis des Verpflichteten zur Beklagten bestand. Der Verpflichtete bezog ein monatliches Gehalt von S 17.884,- netto zuzüglich Sonderzahlungen und erhielt einen von beiden Gesellschaften getragenen Mietkostenersatz in Höhe von S 18.000,- für eine von den Gesellschaften zur Verfügung gestellte Wohnung. Mit Beschluß vom 28. April 1988 bewilligte das Exekutionsgericht Wien dem Kläger die Gehaltsexekution über einen Betrag von DM 51.000,- sA sowie über die Kosten von S 10.063,45 auf die Bezüge des Verpflichteten. Das entsprechende Drittverbot wurde der beklagten Partei am 13. Mai 1988 zugestellt.

Mit der vorliegenden Drittschuldnerklage begehrt der Kläger einen Betrag von S 60.063,45 sA von der Beklagten. Die Beklagte habe trotz der Pfändung und des Überweisungsauftrages keinerlei Beträge an den Kläger überwiesen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie wandte - für das Revisionsverfahren noch wesentlich - ein, daß ein Gehaltsabzug wegen Vorexekutionen nicht möglich gewesen sei. Die Drittschuldnererklärung sei ausreichend und rechtzeitig erstattet worden. Der Exekutionsführung stehe auch eine mit dem Kläger getroffene Ratenvereinbarung des Verpflichteten entgegen. Im übrigen sei die Drittschuldnererklärung ohne Wissen des Mitgeschäftsführers und entgegen der bestehenden Kollektivvertretung vom Verpflichteten selbst ausgefüllt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Das Drittverbot wurde vom Verpflichteten übernommen. Er unterfertigte auch offensichtlich die Drittschuldnererklärung, die am 20. Juni 1988 beim Exekutionsgericht Wien einlangte. In dieser Erklärung bestätigte der Verpflichtete, das festgestellte Gehalt zu beziehen und führte aus, daß kein Grund bestehe, nicht das volle Entgelt an ihn auszuzahlen. Er verwies auf eine weitere Exekution, bezüglich derer die Beklagte am selben Tag ein weiteres Drittverbot zugestellt erhalten habe.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der - nicht mehr verfahrensgegenständliche - Einwand der mangelnden passiven Klagelegitimation durch die Feststellungen widerlegt sei, da für die fragliche Zeit - zumindest formell - ein Dienstverhältnis der Beklagten zum Verpflichteten bestanden habe. Die Zustellung des Drittverbotes an die Beklagte sei nach den Erfordernissen des Zustellgesetzes selbst dann wirksam erfolgt, wenn der Mitgeschäftsführer von der Gehaltspfändung keine Kenntnis erlangt hätte. Die Beklagte hafte daher für die ab 13. Mai 1988 abzuführenden Entgeltteile, wobei im Hinblick auf den anzurechnenden Naturalbezug und der Unterhaltspflichten des Verpflichteten jedenfalls ein pfändbarer Betrag von S 10.000,-

pro Monat gegeben gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte im wesentlichen die Ausführungen des Erstgerichts über die passive Klagelegitimation der Beklagten und führte ergänzend aus, daß es folglich nicht darauf ankomme, ob die offensichtlich vom Verpflichteten verfaßte Drittschuldnererklärung die Beklagte binden könne. Weiters komme es nicht darauf an, ob die von der Beklagten eingewendete Ratenvereinbarung infolge Terminverlustes hinfällig geworden sei. Soweit das Erstgericht einen Teil der Forderung als vorprozessuale Kosten zugesprochen habe, werde dessen Urteilsspruch mit der Maßgabe bestätigt, daß es sich dabei um einen weiteren offenen Betrag handle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem sinngemäßen Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, entsprach die Zustellung des Drittverbotes an die Beklagte als Gesellschaft mbH an sich den Vorschriften des § 13 Abs 3 ZustG iVm § 18 Abs 4 GmbHG (vgl Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 113; Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz7 I § 35 Erl 52; Rowedder ua, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung2 § 35 Erl 39). Dies wurde von der Beklagten bisher auch nicht bezweifelt. Der Drittschuldner ist nicht Partei des Exekutionsverfahrens. Eine Behauptung, es wäre zufolge dieser Zustellung zu einer Interessenkollision gekommen (vgl hinsichtlich einer allfälligen Prozeßgegnerschaft etwa Reich-Rohrwig aaO 116; Fasching, Kommentar II 594; aber § 7 ZustG; 9 Ob A 91, 92/91; Strasser in Rummel ABGB2 § 1009 Erl 22), wurde weder in erster noch in zweiter Instanz aufgestellt. Die Beklagte ist in erster Instanz vielmehr ausdrücklich davon ausgegangen, daß die Drittschuldnererklärung ausreichend und rechtzeitig erstattet worden sei. Daraus ist kein Hinweis auf eine allfällige Interessenkollision zu entnehmen. Da eine Erklärung gemäß § 301 EO weder ein Anerkenntnis im Sinne des § 395 ZPO noch ein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis noch ein Geständnis im Sinne des § 266 ZPO, sondern lediglich ein außergerichtliches Geständnis, im Ergebnis sohin eine bloße Wissenserklärung ist (vgl Heller-Berger-Stix, Kommentar zur EO4 III 2179), bewirkte diese Äußerung, zumal sie sich ohnehin mit den Feststellungen deckt, keine nachteilige Bindung der Beklagten. Die Entscheidung hätte nämlich nicht anders ausfallen können, wenn die Beklagte überhaupt keine Drittschuldneräußerung erstattet hätte.

Es entspricht weiters ständiger Rechtsprechung, daß der Drittschuldner dem Überweisungsgläubiger keine Einwendungen aus dem Verhältnis des Verpflichteten zum betreibenden Gläubiger entgegensetzen kann (EvBl. 1969/362; Arb 8087; 9 Ob A 19/88; 9 Ob A 264/89 ua). Die Höhe der zur Überweisung anstehenden Beträge ist nicht strittig; daß die Abzüge durch eine Vorexekution nicht beeinträchtigt worden wären, hat bereits das Erstgericht unbekämpft festgestellt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

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