Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat ihre Revisionskosten selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Landesgericht Salzburg bewilligte der Klägerin am 5. Februar 1986 zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Teilforderung von DM 50.000 sA unter anderem die Exekution durch Pfändung des dem Verpflichteten Dieter K*** gegen die Beklagte angeblich zustehenden Arbeitseinkommens. Der diesbezügliche Exekutionsantrag nahm auf eine "Nachricht im Anhang" Bezug, welche die in Betracht kommenden Bestimmungen der §§ 3, 5, 7, 8 und 9 des Lohnpfändungsgesetzes wiedergab. Das als Exekutionsgericht einschreitende Bezirksgericht Salzburg gab am 7. Februar 1986 dem Antrag auf Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung statt und stellte der Beklagten am 9. Juni 1986 den die Exekution bewilligenden Beschluß und das Zahlungsverbot zu. In einer am 26. Juni 1986 beim Exekutionsgericht eingelangten Äußerung erklärte die Beklagte, daß der Verpflichtete ein monatliches Entgelt von DM 2.200 brutto beziehe, für eine 5-köpfige berufslose Familie sorgepflichtig sei und seine Bezüge daher nach deutschem Recht die pfändbare Grenze nicht erreichten.
Mit der vorliegenden Drittschuldnerklage begehrt die Klägerin von der Beklagten S 5.040 sA. Die Beklagte habe eine inhaltlich unrichtige Drittschuldnererklärung erstattet. Der Verpflichtete habe Unterhaltsleistungen lediglich an seine Ehefrau und zwei Kinder zu erbringen. Von seinem Einkommen seien monatlich S 1.680,-- pfändbar gewesen und in den Monaten Juni bis August 1986 zur Zahlung fällig geworden.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie sei nicht passiv legitimiert, weil nicht sie, sondern ihre Betriebsstätte in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitgeber des Verpflichteten Dieter K*** sei. Gegenüber der Beklagten habe der Verpflichtete keine wie immer gearteten Ansprüche. Der Verpflichtete beziehe in der Bundesrepublik Deutschland monatlich DM 2.100 brutto, was einem Nettoeinkommen von DM 1.413,81 entspreche. Abzüglich der nach deutschem Recht zu ermittelnden pfändungsfreien Beträge für die nicht berufstätige Gattin und drei Kinder liege dieses Entgelt unter der Pfändungsgrenze.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 2.374,20 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 2.665,80 sA ab. Es stellte im wesentlichen fest:
Der Verpflichtete Dieter K*** ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der am 31. Oktober 1973 beim Landes- als Handelsgericht Salzburg zu HRB 1692 eingetragenen Beklagten, die ihren Sitz in Salzburg hat. Die Beklagte war bis 1979 im Baukooperationsgeschäft tätig. In dieser Zeit hatte der Verpflichtete lediglich Organstellung; er bezog kein Entgelt. Von 1980 bis 1982 entfaltete die Beklagte keine geschäftlichen Tätigkeiten. Erst im Jahre 1983 änderte sich die Situation dadurch, daß die Beklagte eine Betriebsstätte in der Bundesrepublik Deutschland als Zweigniederlassung aufnahm. Seither besteht die Tätigkeit der Beklagten ausschließlich darin, in der Bundesrepublik Deutschland eine Zweigniederlassung zu führen.
Der Verpflichtete ist in dieser zwar nicht protokollierten, aber von den Steuerbehörden als Zweigniederlassung anerkannten Betriebsstätte, abgesehen von Aushilfskräften, als einziger Arbeitnehmer beschäftigt. Er bezieht von der Beklagten in Österreich kein Einkommen. Auf Grund seiner Anstellung bei der Zweigniederlassung erhält er für eine Teilzeitbeschäftigung von 30 Wochenstunden ein monatliches Entgelt von DM 2.100 brutto bzw. DM 1.413,81 netto. Sämtliche Steuern und Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer der deutschen Zweigniederlassung werden in der Bundesrepublik Deutschland abgeführt. Die Personalkosten sind in einem eigenen Rechnungswesen erfaßt und werden durch einen deutschen Steuerberater abgerechnet. Die Tätigkeit des österreichischen Steuerberaters der Beklagten beschränkt sich darauf, die Gewinn- und Verlustrechnung der Betriebsstätte mit den Aufwendungen der Beklagten für die Steuerberatung in Österreich und der österreichischen Vermögenssteuer zusammenzuführen und damit die Bilanz des Gesamtunternehmens zu erstellen.
Der Verpflichtete ist für seine nicht berufstätige Ehefrau und 3 Kinder, wovon eines eine Lehrlingsentschädigung von rund DM 400 bezieht, unterhaltspflichtig. Nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Pfändungsbeschränkungen liegt das Einkommen des Verpflichteten bei Berücksichtigung seiner Sorgepflichten unter der Pfändungsgrenze von DM 1.560.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß Haupt- und Zweigniederlassungen nur Organisationsformen eines einzigen Betriebes seien. Träger der Rechte und Verbindlichkeiten bleibe stets der Inhaber des Geschäftes, der mangels rechtlicher Eigenständigkeit einer Zweigniederlassung auch allein Prozeßpartei sei. Der Anspruch des Verpflichteten auf das Arbeitsentgelt richte sich daher, ungeachtet der Auszahlung durch die deutsche Zweigniederlassung, gegen die Beklagte, die dadurch als Drittschuldnerin passiv legitimiert sei.
Der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung der Beklagten sei in Salzburg. Gemäß § 10 IPRG sei daher österreichiches Recht anzuwenden und das Einkommen des Verpflichteten so zu behandeln, als ob es in Österreich erzielt worden wäre. Bei Anwendung der Bestimmungen des Lohnpfändungsgesetzes ergebe sich, daß davon ein Betrag von monatlich S 791,40 der Pfändung unterliege. Diesen Betrag hätte die Beklagte für den Zeitraum von drei Monaten der Klägerin überweisen müssen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten und führte ergänzend aus, daß als Arbeitgeber des Verpflichteten ausschließlich die Beklagte in Betracht komme. Soweit das Erstgericht festgestellt habe, der Verpflichtete sei bei der Betriebsstätte in der Bundesrepublik Deutschland "angestellt", habe es nur auf den Ort seiner Arbeitsleistung verwiesen. Sei aber die Beklagte Arbeitgeberin, könne nicht mit Erfolg eingewendet werden, es liege kein im Inland durchsetzbarer Anspruch des Verpflichteten gegen die Beklagte vor. Die Wirksamkeit der rechtskräftigen Pfändung und Überweisung des Arbeitseinkommens könne im Drittschuldnerprozeß nicht mehr überprüft werden. Für dieses Verfahren seien nur die Frage des Bestehens der Forderung des Verpflichteten gegen den Drittschuldner und sohin auch die Pfändungsschutzbestimmungen von Bedeutung.
Bei der Prüfung, welches Sachrecht zur Anwendung komme, sei davon auszugehen, daß eine Forderung gegen einen inländischen Drittschuldner gepfändet worden sei und die Pfändungsschutzbestimmungen öffentlich-rechtlicher Natur und daher zwingend seien. Es sei daher grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsgerichtes, sohin inländisches Verfahrensrecht anzuwenden. Schon der die Exekution bewilligende Beschluß habe die sich aus § 5 Lohnpfändungsgesetz ergebenden Beschränkungen der Pfändbarkeit von Dienst- und Lohnbezügen zu enthalten. Der Heranziehung ausländischer Pfändungsschutzbestimmungen bedürfe es schon im Hinblick auf § 8 LPfG nicht, da es diese Bestimmung ermögliche, auf allfällige höhere Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik Deutschland Rücksicht zu nehmen. Bei Prüfung des Exekutionsantrages sei in der Regel nicht zu erkennen, daß ausländisches Recht anzuwenden sei, so daß der Anwendbarkeit fremder Pfändungsschutzbestimmungen im Drittschuldnerprozeß schon die Bindungswirkung eines (allenfalls unrichtigen) aber rechtskräftigen Exekutionsbewilligungsbeschlusses entgegenstehe.
Auch nach Artikel 6 des Vollstreckungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. 1960/105, sei für die Bewilligung und Durchführung der Exekution das Recht des Staates maßgeblich, in dem vollstreckt werden soll. Da der Vollzug der Lohnpfändung durch Zustellung des Zahlungsverbotes an die Drittschuldnerin erfolgt sei, die ihren Sitz im Inland habe, komme österreichisches Sachrecht zur Anwendung. Im übrigen sei der Verpflichtete einziger Geschäftsführer der Beklagten; er habe diese zu vertreten und daher auch in Österreich gewichtige, schwerpunktmäßig gleichwertige Aufgaben zu erfüllen. Insoferne könne auch aus § 44 IPRG nicht gefolgert werden, auf das Arbeitsverhältnis des Verpflichteten zur Beklagten sei deutsches Arbeitsrecht anzuwenden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Für die Frage der Arbeitgebereigenschaft der Beklagten ist es ohne Belang, daß der Verpflichtete nur bei der deutschen Betriebsstätte der Beklagten beschäftigt ist und nur von dieser ein Gehalt bezieht (vgl. Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 36; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 109; Krejci in Rummel ABGB § 1151 Rz 144 und 147; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch § 17 Punkt 1, 2).
Auch in ihrer Rechtsrüge wiederholt die Beklagte im wesentlichen nur ihre bereits im Berufungsverfahren erhobenen Einwände, daß sie nicht passiv legitimiert sei, weil nur ihre Betriebsstätte in der Bundesrepublik Deutschland als gehaltsanweisende und gehaltsauszahlende Stelle Arbeitgeber des Verpflichteten sein könne. Überdies unterliege das Arbeitsverhältnis gemäß § 44 IPRG deutschem Sachrecht, so daß die materiellrechtlichen Pfändungsschutzbestimmungen der §§ 850 ff dZPO zur Anwendung kommen müßten.
Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausführten, haben Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht keine eigene Rechtspersönlichkeit. Rechtsträger ist vielmehr die Handelsgesellschaft selbst (Friedl-Schinko in Straube HGB, § 13 Rz 4; HS 9.014, 9.015, 9.016 je mwH; HS 10.029, 10.030; Arb. 10.021; Schmidt, Handelsrecht3 70 ua). Träger der Entgeltansprüche des Verpflichteten ist somit nicht die in der Bundesrepublik Deutschland gelegene Betriebsstätte, sondern die im Inland registrierte Beklagte. Diese ist Drittschuldnerin und zur Überweisung der einzubehaltenden Beträge verpflichtet. Gemäß Artikel 6 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen, BGBl. 1960/105, richten sich die Bewilligung der Exekution und die Durchführung der Zwangsvollstreckung nach dem Recht des Staates, in dem vollstreckt werden soll. Da eine Forderungspfändung mit der Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen ist (§ 294 Abs 3 EO) und die Beklagte, an welche das Zahlungsverbot zugestellt wurde, ihren Sitz im Inland hat, kommen in verfahrensrechtlicher Hinsicht ausschließlich die Bestimmungen des österreichischen Exekutionsverfahrens zur Anwendung (3 Ob 232/74, 3 Ob 30/75).
Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, inwieweit die Pfändungsschutzvorschriften materiellrechtlicher Natur sind (Heller-Berger-Stix, Die Lohnpfändung 12) und diesbezüglich das Arbeitsvertragsstatut des § 44 Abs 1 IPRG - der Verpflichtete ist als Geschäftsführer einziger "Arbeitnehmer" der Beklagten - berücksichtigt werde müßte (vgl. Schwimann, Neues Arbeitskollisionsrecht in Österreich, DRdA 1981, 283 ff;
Schwimann-Schlemmer, Österreichisches Arbeitskollisionsrecht, DRdA 1984, 206; Schwimann in Rummel, IPRG § 44 Rz 2; Arb. 10.502;
ZAS 1987/6), da im vorliegenden Fall lediglich das Rechtsverhältnis der Drittschuldnerin zur betreibenden Partei im Rahmen einer rechtskräftig gewordenen Exekutionsbewilligung zu prüfen ist. Der Drittschuldner ist nicht Partei des Exekutionsverfahrens; er kann dem Überweisungsgläubiger keine Einwendungen entgegensetzen, die das Verhältnis des Verpflichteten zum Überweisungsgläubiger betreffen. Er kann daher weder den Vollstreckungsanspruch des betreibenden Gläubigers bestreiten noch das Fehlen von Exekutionsvoraussetzungen geltend machen (EvBl 1964/477, 1969/362; Arb. 8.087 ua). Insbesondere ist die Gültigkeit der Pfändung im Drittschuldnerprozeß nicht mehr Gegenstand einer Überprüfung (Heller-Berger-Stix, Kommentar III 2231). Da andererseits die Einschränkung des Exekutionsvollzugs durch die Bestimmungen des Lohnpfändungsgesetzes nicht nur für die Verwertung, sondern auch schon für die Pfändung gilt, ist auf diese Bestimmungen bereits bei Bewilligung der Pfändung Bedacht zu nehmen (Heller-Berger-Stix, Die Lohnpfändung 82). Schon das Bewilligungsgericht, allenfalls später das Exekutionsgericht, hat sich demnach mit der Frage zu befassen, welches Recht anzuwenden ist (Heller-Berger-Stix aaO 11 und 12; SZ 19/185). Diesbezüglich kommt die Initiative dem Verpflichteten zu. Es erfordert schon der Schutz des Drittschuldners, daß ihm gegenüber eine klare und eindeutige vollstreckungsrechtliche Lage geschaffen und ihm nicht das Risiko der Überprüfung anzuwendender Pfändungsschutzbestimmungen aufgebürdet wird (9 Ob A 22/87). Ausgehend davon, daß die Pfändung und Überweisung - wenn auch nur abstrakt - dem Antrag entsprechend nach Maßgabe der Bestimmungen des Lohnpfändungsgesetzes bewilligt wurde
(vgl. Heller-Berger-Stix aaO 81), ergibt sich, daß die Beklagte so lange an diese Pfändungsbeschränkungen gebunden ist, als diese im Exekutionsverfahren nicht geändert werden. Die Prüfung der Höhe des Überweisungsbetrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung hat im Drittschuldnerprozeß im Rahmen der durch das Bewilligungs- und Exekutionsgericht vorgegebenen Pfändungsbeschränkungen zu erfolgen. Aus diesen Erwägungen kann die Beklagte als Drittschuldnerin mit dem Sitz im Inland nicht mit Erfolg einwenden, der Forderungsexekution seien nicht die österreichischen, sondern die deutschen Pfändungsbeschränkungen zugrundezulegen (vgl. SZ 19/185; EvBl 1964/477). Der Höhe nach blieb der Klagebetrag schon im Berufungsverfahren unbestritten. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 40 und 50 ZPO begründet. Der Klägerin wurde eine Gleichschrift der Revision am 21. Dezember 1987 zugestellt. Ihre am 19. Jänner 1988 überreichte Revisionsbeantwortung ist daher verspätet (§ 507 Abs 2 ZPO).
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