OGH 5Ob51/92

OGH5Ob51/9226.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der antragstellenden Partei Dipl.Ing. Udo O***** S*****straße 20/21, ***** Wien, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Eintragungen in der EZ ***** des Grundbuches ***** L***** infolge Revisionsrekurses der Stadt Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Oktober 1991, GZ 46 R 2075/91, TZ 290/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 1. Oktober 1991, TZ 6740/91, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Verordnung der Wiener Landesregierung vom 29. April 1991, LGBl. Nr. 23, wurden Teile des zweiten Wiener Gemeindebezirkes zum Assanierungsgebiet erklärt. Gemäß § 2 dieser Verordnung gehört auch das Grundstück ***** der EZ ***** KG L***** zu diesem Assanierungsgebiet.

Die genannte Verordnung wurde noch am 29. April 1991 kundgemacht; sie ist daher gemäß § 5 Abs 1 des Gesetzes über das Gesetzblatt der Stadt Wien, LGBl. 1945/1, frühestens am 30. April 1991 in Kraft getreten.

Am 17. Dezember 1990 kaufte der Antragsteller von Mag. Walter S***** dessen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** L***** mit dem Grundstück *****. Die Echtheit der Unterschriften der Vertragsparteien auf der Vertragsurkunde, die bereits eine Aufsandungserklärung des Verkäufers enthält, wurde noch am 17. Dezember 1990 notariell bestätigt.

Am 26. September 1991 begehrte der Antragsteller die grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechts im Range des zu TZ 6623/90 angemerkten Rangordnungsbeschlusses vom 20. Dezember 1990. Diesem Einverleibungsgesuch waren der Kaufvertrag vom 17. Dezember 1990, die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien, der Rangordnungsbeschluß vom 20. Dezember 1990, der Staatsbürgerschaftsnachweis des Käufers und sein akademisches Diplom angeschlossen.

Das Erstgericht lehnte das Eintragungsgesuch ab, weil ihm kein rechtskräftiger Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde über die Genehmigung des Rechtsgeschäftes im Sinne des § 9 Abs 2 StadtErnG angeschlossen war. Die hiefür maßgebliche Vorschrift des § 31 Abs 3 StadtErnG sei gemäß § 93 GBG auf den Zeitpunkt zu beziehen, in dem das Ansuchen beim Grundbuchsgericht einlangte.

Das vom Antragsteller angerufene Rekursgericht bewilligte hingegen die begehrte Grundbuchseintragung. Es führte im wesentlichen aus:

§ 93 GBG beziehe sich nur auf den Buchstand, der - bezogen auf den Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuches - der begehrten Eintragung nicht entgegenstehen dürfe (NotZ 1963, 158), besage aber nicht, daß die Rechtswirksamkeit des zu verbüchernden Kaufvertrages nach diesem Zeitpunkt zu beurteilen sei. Ob der vorgelegte Kaufvertrag vom 17. Dezember 1990 einer Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde bedurfte, richte sich daher allein nach § 9 Abs 2 StadtErnG.

Diese Bestimmung spreche zwar von der Genehmigungsbedürftigkeit der "Übertragung des Eigentums", doch stelle schon die Überschrift des § 9 StadtErnG klar, daß es um die "Genehmigung von Rechtsgeschäften" gehe. Auch § 9 Abs 3 StadtErnG, der sich mit nicht genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften befaßt und dabei Schenkungen erwähnt, lasse darauf schließen, daß jeweils die obligatorischen Titelgeschäfte gemeint seien. Gleiches folge aus § 31 Abs 3 StadtErnG, der die Genehmigungspflicht auf das Rechtsgeschäft, also das Erwerbungsgeschäft, beziehe. Schließlich könnte der Verkäufer einer Liegenschaft im Assanierungsgebiet seiner ihm durch § 29 StadtErnG auferlegten Anbotsverpflichtung gegenüber der Gemeinde gar nicht nachkommen, wenn die Genehmigungspflicht nicht auf ein Titelgeschäft bezogen wird, das erst nach Inkrafttreten der betreffenden Assanierungsverordnung abgeschlossen wurde.

Diese Interpretation entspreche auch insofern der Absicht des Gesetzgebers, als die Genehmigungspflicht "vor allem als erster Schritt zur Unterbindung von spekulativen Eigentumsübertragungen" gedacht ist (1109 BlgNR 13.GP). § 9 Abs 2 StadtErnG richte sich daher nicht gegen spekulative Grundbuchseintragungen, sondern schon gegen spekulative obligatorische Titelgeschäfte. Das StadtErnG enthalte im übrigen keine besonderen Anordnungen über die Behandlung von Rechtsgeschäften, die im Zeitpunkt der Kundmachung des Gesetzes zwar bereits abgeschlossen, aber noch nicht verbüchert waren. Daher hätten die allgemeinen Regeln über die Rückwirkung von Gesetzen, insbesondere § 5 ABGB, zur Anwendung zu kommen. Dieser ordne ausdrücklich an, daß Handlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes gesetzt wurden, noch nach dem alten Gesetz beurteilt werden müssen (vgl. NotZ 1955, 125).

Schließlich sei zu beachten, daß es gemäß § 22 GBG zur Einverleibung des Eigentumsrechtes des letzten Übernehmers einer Liegenschaft, die außerbücherlich auf mehrere Personen übertragen wurde, des Nachweises des rechtswirksamen außerbücherlichen Zwischenerwerbs der Rechtsvorgänger bedarf. Dieser Nachweis könnte, würde § 9 StadtErnG das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft betreffen, nur dadurch erbracht werden, daß in Ansehung jedes einzelnen Zwischenerwerbs ein Anbotsverfahren im Sinne des § 29 Abs 1 StadtErnG durchgeführt und ein rechtskräftiger Bescheid über die Genehmigung des Rechtsgeschäfts im Sinne des § 31 StadtErnG vorgelegt werden müßte.

Aus allen diesen Gründen sei davon auszugehen, daß sich die in § 9 Abs 2 StadtErnG normierte Genehmigungspflicht auf das Titelgeschäft beziehe. Dieses sei vor dem Inkrafttreten der Assanierungsverordnung abgeschlossen worden, bedürfe also der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde nicht. Außerdem habe der Antragsteller die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes in der bis 19. Dezember 1991 angemerkten Rangordnung begehrt. Gemäß § 56 Abs 1 GBG komme somit der begehrten Eigentumseinverleibung ein Rang zu, der vor dem Inkrafttreten der Assanierungsverordnung liegt.

Damit stünden der begehrten Eigentumseinverleibung keinerlei Hindernisse entgegen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zu der über den Einzelfall hinausgehenden Entscheidung zu § 9 Abs 2 StadtErnG eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen diesen Beschluß hat die Stadt Wien Revisionsrekurs erhoben. Sie vertritt den Standpunkt, daß die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers nicht hätte bewilligt werden dürfen, weil der gemäß § 31 Abs 3 StadtErnG erforderliche rechtskräftige Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde über die Genehmigung des Kaufvertrags vom 17. Dezember 1990 fehlt. Zur "Übertragung des Eigentums", also zu jenem Tatbestand, der gemäß § 9 Abs 2 StadtErnG der Genehmigungspflicht unterliegt, gehöre auch die grundbücherliche Durchführung des Titelgeschäfts, weil § 431 ABGB für die Übertragung des Eigentums unbeweglicher Sachen die Verbücherung des Erwerbungsgeschäftes verlangt. In diesem Sinn hätten auch Instanzgerichte entschieden, als sie die Verbücherung von Kaufverträgen verweigerten, die zwar vor Inkrafttreten einzelner Ausländer-Grundverkehrsgesetze abgeschlossen worden waren, aber erst nachher - ohne entsprechende Genehmigung - dem Grundbuchsgericht vorgelegt wurden. Außerdem sei auffällig, daß im StadtErnG - anders als in einigen Grundverkehrsgesetzen - keine Übergangsbestimmungen über die Behandlung bereits abgeschlossener Rechtsgeschäfte enthalten sind. Das lasse den Schluß zu, daß der Gesetzgeber alle noch nicht verbücherten Rechtsgeschäfte der Genehmigungspflicht unterwerfen wollte. Schließlich sei zu bedenken, daß neues zwingendes Recht immer dem älteren Recht vorgehe; das aus § 5 ABGB abgeleitete Rückwirkungsverbot sei daher auf die in § 9 Abs 2 StadtErnG normierte Genehmigungspflicht nicht anzuwenden. Der Rechtsmittelantrag geht dahin, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt. Da im Grundbuchsverfahren grundsätzlich nur dem Antragsteller und denjenigen Personen die Rechtsmittellegitimation zuerkannt wird, deren grundbücherliche Rechte durch die bekämpfte Eintragung belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (ÖBA 1989/152; NotZ 1991, 321/222 u.v.a.), ist vorweg zu klären, ob auch der Revisionsrekurswerberin ein solches Rechtsschutzinteresse zuzubilligen ist. Eine Verletzung grundbücherlicher Rechte scheidet aus; § 9 AußStrG, der die Rechtsmittellegitimation an das Vorliegen einer Beschwer, also eines rechtlich geschützten Interesses, knüpft und mangels einer besonderen Regelung im GBG auch für den Rekurs im Grundbuchsverfahren gilt (SZ 42/17 u.v.a.), wird jedoch so verstanden, daß auch öffentliche Interessen die Rechtsmittellegitimation verschaffen können. Diese öffentlichen Interessen werden im Grundbuchsverfahren unter Berufung auf § 1 Abs 3 ProkG in der Regel von der Finanzprokuratur wahrgenommen (SZ 11/96; SZ 21/50; RPflSlgG 319; SZ 49/58; RPflSlgG 2.217 u.a.), und zwar insbesondere dann, wenn sie sich nicht einem bestimmten Rechtsträger zuordnen lassen. Der Schutz öffentlicher Interessen ist jedoch - auch im Grundbuchsverfahren - nicht allein der Finanzprokuratur vorbehalten (vgl. E 67 ff zu § 122 GBG, MGA4). So wurde etwa den Gemeinden die Rechtsmittellegitimation zuerkannt, wenn eine Angelegenheit ihres selbständigen Wirkungskreises grundbücherliche Vorkehrungen erforderte (vgl. SZ 27/30; RPflSlgG 1931).

Im gegenständlichen Fall sind von der Entscheidung, die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers zu bewilligen, obwohl die betreffende Liegenschaft im Assanierungsgebiet liegt und keine Genehmigung des Erwerbsgeschäftes im Sinne des § 9 Abs 2 StadtErnG beigebracht wurde, öffentliche Interessen betroffen, die die Stadt Wien wahrzunehmen hat. Die in § 9 Abs 2 StadtErnG festgelegte und gemäß § 31 Abs 3 StadtErnG für die grundbücherliche Durchführung erforderliche Genehmigung von Rechtsgeschäften zur Übertragung des Eigentums an Liegenschaften in Assanierungsgebieten soll nämlich nicht zuletzt sicherstellen, daß die betreffende Gemeinde von ihrem Recht Gebrauch machen kann, die Liegenschaft selbst zu erwerben (§§ 8, 29 StadtErnG). Dieses besondere gesetzliche Vorkaufsrecht setzt einen Bedarf der Gemeinde für die von ihr wahrzunehmenden öffentlichen Zwecke voraus (§ 8 Abs 1 StadtErnG), sodaß jede Umgehung der Genehmigungspflicht von Rechtsgeschäften unmittelbar in die öffentlichen Interessen der "vorkaufsberechtigten" Gemeinde eingreift. An ihrer Rekurslegitimation zur Abwehr von Grundbuchseintragungen, die unter Verletzung des § 31 Abs 3 StadtErnG bewilligt wurden, ist daher nicht zu zweifeln.

Auch die Bestimmungen des § 14 Abs 1 und Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG stehen einer inhaltlichen Erledigung des Revisionsrekurses nicht entgegen. Die Entscheidung hängt tatsächlich von der bereits vom Rekursgericht als erheblich im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG (§ 126 Abs 2 GBG) erkannten Rechtsfrage ab.

In der Sache selbst ist jedoch den Argumenten der Rechtsmittelwerberin nicht zu folgen.

Richtig ist, daß gemäß § 431 ABGB zur Übertragung des Eigentums einer Liegenschaft das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichten Bücher eingetragen werden muß. Daraus zu schließen, der Gesetzgeber habe die in § 9 Abs 2 StadtErnG normierte Genehmigungspflicht für die "Übertragung des Eigentums" an Liegenschaften im Assanierungsgebiet auch auf die grundbücherliche Durchführung des Titelgeschäftes bezogen, erscheint jedoch bei systematischer und teleologischer Interpretation dieser Gesetzesbestimmung unhaltbar. Schon das Rekursgericht hat darauf hingewiesen, daß eine nur am Wortlaut "Übertragung des Eigentums" orientierte Gesetzesauslegung zu zweifelhaften Ergebnissen führen muß, weil § 9 StadtErnG ausdrücklich (sowohl in der Überschrift als auch in Abs 2 selbst) auf die Genehmigung von Rechtsgeschäften Bezug nimmt und Abs 3 leg.cit. Schenkungen sowie Rechtsgeschäfte, die zwischen nahen Angehörigen abgeschlossen werden, also offensichtlich Verpflichtungsgeschäfte, von der Genehmigungspflicht ausnimmt. Gegen den Rechtsstandpunkt der Revisionsrekurswerberin, wonach sich die Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde auch auf die Verbücherung des Verpflichtungsgeschäftes erstrecken müsse, spricht jedoch vor allem, daß die Verbücherung nur mehr der gerichtliche Vollzug des Verfügungsgeschäftes ist. In diesen Akt kann eine Verwaltungsbehörde - sei es durch eine Genehmigung oder deren Versagung - gar nicht eingreifen. Folgerichtig verlangt § 31 Abs 3 StadtErnG, wonach Verträge über Rechtsgeschäfte gemäß § 9 leg.cit. grundbücherlich nur durchgeführt werden dürfen, wenn (von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen) ein rechtskräftiger Bescheid über die Genehmigung des Rechtsgeschäftes vorliegt, eine genehmigende Erklärung der Verwaltungsbehörde, die der Verbücherung zeitlich vorangeht und dem Verbücherungsansuchen bereits angeschlossen ist.

Demnach kann sich die im § 9 Abs 2 StadtErnG geforderte Genehmigung der Übereignung von Liegenschaften in Assanierungsgebieten nur auf die rechtsgeschäftliche Einigung der Vertragsparteien beziehen. Daß die "Übertragung des Eigentums" zu genehmigen ist, kann bei Würdigung des normativen Gehalts dieser besonderen Wortwahl nur bedeuten, daß der Gesetzgeber ein Rechtsgeschäft meint, das bereits in verbücherungsfähiger Form vorliegt. Es muß also - etwa bei einem Kaufvertrag - nicht nur die Willenseinigung der Vertragsparteien über die entgeltliche Veräußerung einer Liegenschaft dokumentiert sein, sondern auch eine beglaubigt unterfertigte Aufsandungserklärung des Verkäufers vorliegen, sodaß es nur mehr der in § 31 Abs 3 StadtErnG erwähnten grundbücherlichen Durchführung des Rechtsgeschäftes bedarf, um dem Käufer Eigentum zu verschaffen.

Ein solches Verständnis des § 9 Abs 2 StadtErnG wird durchaus den Intentionen des Gesetzgebers gerecht, Spekulationsgeschäfte mit Liegenschaften im Assanierungsgebiet zu verhindern, um angemessene Grundstückspreise sicherzustellen (1109 BlgNR 13.GP 2 und 4). Würde man nur das Verpflichtungsgeschäft, also die Willenseinigung der Vertragsparteien über die Veräußerung der Liegenschaft, die auch mündlich zustandekommen könnte, der Genehmigungspflicht unterwerfen, wäre das Ziel einer wirksamen Kontrolle des Liegenschaftsverkehrs in Assanierungsgebieten wohl kaum zu erreichen, weshalb der Wortwahl "Übertragung des Eigentums" durchaus der Sinn einer möglichst umfassenden Genehmigungspflicht unterstellt werden kann; ratio und Systematik des Gesetzes erlauben es jedoch nicht, den genehmigungspflichtigen Vorgang bis hin zur grundbücherlichen Durchführung des Rechtsgeschäftes zu erstrecken.

Daß damit die Genehmigungspflicht von Rechtsgeschäften über Liegenschaften in Assanierungsgebieten weniger streng gehandhabt würde als die vergleichbare Eintragungsvoraussetzung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, trifft nicht zu. Die diesbezüglichen Judikatur- und Lehrmeinungen bewegen sich im wesentlichen zwischen den Positionen, der Genehmigungspflicht entweder "nur" oder "jedenfalls auch" das Verpflichtungsgeschäft zu unterwerfen; selbst die Vertreter einer Genehmigungspflicht des Verfügungsgeschäftes gehen jedoch nicht so weit, die grundbücherliche Durchführung des Rechtsgeschäfts in den genehmigungspflichtigen Vorgang einzubeziehen (NotZ 1955, 125; Faistenberger, Vorkaufsrecht, 54 ff; Steiner, Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Bedingungslehre, JBl. 1974, 506 ff; Bydlinski, JBl. 1975, 652 ff; Rummel in Rummel I2, Rz 6 zu § 897 ABGB; Sandholzer, Grundverkehr und Ausländergrunderwerb im Bundesländervergleich 73 ff). Dieser Vorgang ist spätestens mit dem Abschluß eines dinglichen Rechtsgeschäftes, beendet, das alle inhaltlichen und formellen Voraussetzungen für eine Verbücherung erfüllt.

Im konkreten Fall ist die Genehmigungspflicht erst mit Inkrafttreten der Assanierungsverordnung, also frühestens am 30. April 1991 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt lag der Kaufvertrag über die im Assanierungsgebiet liegende Liegenschaft bereits in verbücherungsfähiger Form vor. Die Verbücherung hätte daher - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte - nur dann von der Vorlage eines Genehmigungsbescheides der Bezirksverwaltungsbehörde abhängig gemacht werden dürfen, wenn die Genehmigungspflicht von Gesetzes wegen auch bereits abgeschlossene Rechtsgeschäfte erfassen sollte.

Die Rückwirkung von Gesetzen ist an sich nicht ausgeschlossen, gemäß § 5 ABGB jedoch grundsätzlich nicht anzunehmen (Bydlinski in Rummel I2, Rz 2 zu § 5 ABGB). Sie bedürfte in der Regel einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (JBl. 1973, 374 ua), die - wie die Revisionsrekurswerberin selbst zugesteht - im gegenständlichen Fall fehlt. Die ihrer Meinung nach dennoch zu unterstellende Rückwirkung der Genehmigungspflicht für alle noch nicht verbücherten Rechtsgeschäfte über Liegenschaften im Assanierungsgebiet begründet die Revisionsrekurswerberin damit, daß zwingende, dem öffentlichen Recht angehörende Gesetzesbestimmungen die Rechtslage auch für die Vergangenheit verändern. Der zwingende Charakter einer Norm läßt jedoch für sich allein noch nicht den Schluß zu, daß sie der Gesetzgeber rückwirkend in Kraft setzen wollte. Er kann die Rückwirkung indizieren, doch bedarf es weiterer Anhaltspunkte im konkreten Inhalt und Zweck einer gesetzlichen Regelung, um die dem § 5 ABGB zu entnehmende gegenteilige Vermutung zu entkräften (vgl. JBl. 1947, 243; EvBl. 1977/67).

Hier gebietet der Gesetzeszweck, Spekulationsgeschäfte über Liegenschaften im Assanierungsgebiet zu unterbinden und den Erfolg der beabsichtigten Assanierungsmaßnahmen durch eine wirksame Kontrolle des Liegenschaftsverkehrs sicherzustellen, keine Rückwirkung. Er wird - wie bereits dargestellt - dadurch erreicht, daß man alle jene Rechtsgeschäfte der Genehmigungspflicht unterwirft, die bei Inkrafttreten der Assanierungsverordnung noch nicht bis zur Verbücherungsfähigkeit gediehen waren. Die Judikatur hat auch bisher bei vergleichbaren - ebenfalls

zwingenden - gesetzlichen Anordnungen keine Rückwirkung angenommen (NotZ 1955, 125; RPflSlgG 467).

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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