OGH 13Os17/92-6

OGH13Os17/92-620.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Freilinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann T***** und Johann Werner D***** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann Werner D***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 10.September 1991, GZ 37 Vr 1947/91-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird - bezüglich des Mitangeklagten Johann T***** gemäß dem § 290 Abs. 1, zweiter Satz, StPO - aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Johann T***** und Johann Werner D***** des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie Ende 1988, Anfang 1989 in Innsbruck

1. Johann T***** mit dem Vorsatz, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der W***** Versicherungs AG durch die Vorspiegelung der Rückzahlungsfähigkeit zur Zuzählung eines Darlehens von 2,574.000 S verleitet, wobei zur Täuschung falsche Beweismittel, nämlich zwei inhaltlich unrichtige Lohnbestätigungen der Firma C***** GesmbH vom 25.November 1988 und 15.Dezember 1988 benützt wurden, wodurch die Anstalt einen 25.000 S, im Zweifel aber nicht 500.000 S übersteigenden Schaden erlitten hat;

2. Johann Werner D***** zu der unter 1. angeführten Tat dadurch beigetragen, daß er die Beweismittel, nämlich die inhaltlich falschen Bestätigungen vom 25.November 1988 über einen durchschnittlichen Monatsnettobezug von 32.000 S und vom 15. Dezember 1988 über ein zusätzliches monatliches Honorareinkommen von 10.800 S zur Vorlage bei der Darlehensgeberin übergab.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte D***** mit einer auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen verkaufte der Beschwerdeführer dem Johann T*****, der bei ihm als Fliesenleger beschäftigt war, am 16.März 1988 eine Eigentumswohnung im Hause Innsbruck, Jagdgasse 10, um den Betrag von 1,750.000 S. Da T***** praktisch keine Eigenmittel hatte, bewerkstelligte der Angeklagte D***** die Finanzierung. Für den Kauf wurde zunächst über Vermittlung des Beschwerdeführers von der H***** Bank Kredit gewährt. In der Folge wurde dem Johann T***** im Jänner 1989 im Zuge einer Umschuldung von der W***** ein Darlehen über 2,6 Mio S gewährt (1,8 Mio S war für die Umschuldung vorgesehen, der Betrag von 300.000 S als Kaufpreis für eine Garage, 400.000 S für Fertigstellungskosten, Rest für Nebenkosten des Vertrages, US 9) und dem Treuhänder Dr. T***** ein Betrag von 1,8 Mio S ausgezahlt und am 2.Februar 1989 ein weiterer Betrag von 717.611 S überwiesen. Im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung ließ der Beschwerdeführer von seiner Gattin zur Vorlage an die Darlehensgeberin am 25.November 1988 die im Spruche angeführte inhaltlich falsche Gehaltsbestätigung ausstellen und übergab diese dem Kreditvermittler Anton H***** (US 8). Da die W***** die finanzielle Situation des Kreditnehmers bedenklich fand, wurde vom Angeklagten am 15.Dezember 1988 eine weitere inhaltlich unrichtige Bestätigung ("Honorarbestätigung") ausgestellt. Durch diese und auch dadurch getäuscht, daß die Angeklagten vor Abschluß des Kreditvertrages nicht aufklärten, daß zwischen ihnen kein Dienstverhältnis mehr besteht (US 9 und 13), gewährte die W***** im Hinblick auf das in den erwähnten Bestätigungen angeführte Einkommen des T***** diesen Kredit; ohne diese unrichtigen Bestätigungen wäre der Kredit nicht bewilligt worden (US 12).

In einer für die Kreditgeberin erstellten Wertaufstellung (I S 185) wurde der Verkehrswert des Objekts, für welches das Darlehen gewährt werden sollte (siehe auch Antrag bei I/ON 5), mit 3,8 Mio S beziffert (US 9). Als in der Folge T***** keine Zahlungen leistete, blieb der Versuch der Kreditgeberin W*****, sich an der Pfandsache schadlos zu halten, erfolglos. Nach dem Bericht des Realitätenbüros Dr. S***** war nur mit Anboten in Höhe von 1,3 Mio S zu rechnen (US 10). Der Beschwerdeführer hat sodann diese Wohnung samt Garage um den Betrag von 1,9 Mio S zurückgekauft (US 11).

Nach den Urteilskonstatierungen lag eine Täuschung über den Wert der Liegenschaft im Hinblick auf den Schätzwert von 3,8 Mio S zur Zeit der Kreditgewährung nicht vor (US 11/12). Wohl aber sei die Kreditgeberin über die Kreditwürdigkeit des T***** getäuscht, und durch die Nichtleistung der Zinsen in Höhe von 674.000 S geschädigt worden. Weil der Beschwerdeführer und T***** von einem Pfandwert der Liegenschaft über 2 Mio S ausgehen konnten, habe ihr Vorsatz aber nur einen "deutlich über 25.000 S liegenden Schaden" umfaßt (US 13).

Rechtliche Beurteilung

Mit Recht behauptet der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Rechtsrüge der Sache nach eine unzureichende Begründung des Schädigungsvorsatzes iS des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO.

Beim Kreditbetrug hängt die Annahme einer Vermögensschädigung iS des § 146 StGB davon ab, ob der Getäuschte ein dem hingegebenen wirtschaftlichen Wert gemäßes Äquivalent erlangt, wobei die Wertverhältnisse objektiv, jedoch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen sind. Einem Schuldner, der gleich bei der Kreditaufnahme eine wertmäßig entsprechende Sache als Pfand beibringt und dann seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, kann tatbildliches Handeln iS des § 146 StGB nicht ohne weiteres angelastet werden. Denn ein Gläubiger, der eine derartige Absicherung seiner Forderung verlangt und erhält, zeigt, daß er sowohl die Zahlungsfähigkeit des Schuldners in Zweifel zieht als auch die mögliche Befriedigung durch das Pfand im allgemeinen von vornherein in Rechnung stellt (12 Os 44/77, EvBl. 1974/172). Da der Gläubiger, nachdem der Schuldner nicht geleistet hat, erst das Pfand verwerten muß, kann aber ein Verzögerungsschaden und in diesem Umfange eine Vermögensschädigung eintreten (SSt. 57/90, 59/19; Leukauf/Steininger, Komm.3, § 146 RN 47; Kienapfel BT2 § 146 RN 162 a, 222, 240, § 147 RN 96).

Im vorliegenden Falle nimmt das Gericht einerseits im Hinblick auf den geschätzten Verkehrswert von 3,8 Mio S eine Täuschung über den Wert der Liegenschaft nicht als erwiesen an, führt zur Begründung des vom Vorsatz umfaßten Schadens aber andererseits aus, daß der Angeklagte T***** davon ausgehen konnte, "daß der Pfandwert der Liegenschaft jedenfalls über 2 Mio S liegt" und daß der Beschwerdeführer "jedenfalls bereit (war), einen Wert von über 2 Mio S ... für die Liegenschaft (samt Garage) zu bezahlen" (US 13). Abgesehen davon, daß diese Formulierung nicht eindeutig erkennen läßt, ob der Beschwerdeführer und T***** einen solchen Wert der Pfandsache zum Zeitpunkt der Kreditgewährung und damit eine Schädigung der Kreditgeberin ernstlich für möglich gehalten und auch willensmäßig hingenommen haben, hätte es im Hinblick auf den bei der Kreditaufnahme angenommenen Verkehrswert des Pfandes von 3,8 Mill S (US 9), durch den ja auch der allfällige Verzögerungssschaden (Zinsen) abgedeckt gewesen wäre, für diese Annahme einer näheren Begründung bedurft.

Insoweit leidet das Urteil daher an der vom Beschwerdeführer geltend gemachten formellen Nichtigkeit, die gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO auch zugunsten des Mitangeklagten, der keine Nichtigkeitsbeschwerde erhob, von Amts wegen aufzugreifen war, zumal dieser Angeklagte in der Hauptverhandlung (I/S 398 ff) der Sache nach einen Betrugsvorsatz ebenfalls bestritten hat.

Da sich somit zeigt, daß in dem angegebenen Umfang die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war in diesbezüglicher Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde bzw. aus deren Anlaß mit teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils - wie aus dem Spruch ersichtlich - vorzugehen (§ 285 e StPO), ohne daß es noch des Eingehens auf die weiteren Beschwerdepunkte bedurfte.

Mit seiner hiedurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte D***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht hinsichtlich der inhaltlich falschen Bestätigungen vom 25.November und vom 25. Dezember 1988 zu beachten haben, daß entgegen der vereinzelt gebliebenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl. 1989, 189 ff, nach der sonst im wesentlichen einhelligen Rechtsprechung und Lehre (11 Os 71/91; Leukauf-Steininger, Komm.3, § 147 RN 8, Kienapfel, BT II2, RN 35 und 64 zu § 147) davon auszugehen ist, daß echte Urkunden unrichtigen (unwahren) Inhalts ("Lugurkunden") vom Anwendungsbereich der Qualifikation des § 147 Abs. 1 Z 1 StGB ausscheiden und im übrigen auch (als Absichtsurkunden) vom Beweismittelbegriff des § 293 StGB nicht erfaßt werden (vgl. die dafür von Leukauf-Steininger, Komm.3, § 147 RN 8 gegebene Begründung und die dort angeführte Judikatur und Literatur).

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