OGH 5Ob97/92

OGH5Ob97/925.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. Viktor U***** und

2. Radmilla U*****, beide Angestellte, beide ***** Wien, D*****gasse 32/3-4, beide vertreten durch Dr. Wolfgang

A. Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner IMMOBILIENVERWALTUNG KR Hans B*****, ***** Wien, G*****straße 16, vertreten durch Dr. Saskia Leinschitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 26 Abs.1 Z 4 lit a WEG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. Dezember 1991, GZ 48 R 718/91-16, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 19. Juli 1991, GZ 7 Msch 31/90-12, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes in Ansehung der Abrechnung für das Kalenderjahr 1988 wiederhergestellt wird; im übrigen wird die angefochtene Entscheidung bestätigt.

Text

Begründung

Einem Begehren der Antragsteller stattgebend, hat das Erstgericht dem Antragsgegner mit Sachbeschluß vom 19. Juli 1991 aufgetragen, den Antragstellern binnen 14 Tagen gemäß § 17 Abs.2 Z 1 WEG 1975 in Ansehung ihres Mit- und Wohnungseigentums an der Liegenschaft EZ ***** der KG F***** (Haus D*****gasse 32) für die Kalenderjahre 1986 bis 1989 Rechnung zu legen und ihnen in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren. Dieser Auftrag ist mittlerweile in Rechtskraft erwachsen, soweit er das Kalenderjahr 1989 betrifft. Die diesbezüglich festgestellten Abrechnungsmängel haften allerdings auch den Jahresabrechnungen 1986 bis 1988 an (S. 5 f des erstgerichtlichen Sachbeschlusses ON 12). Ob der Antragsgegner auch für diese Jahre eine dem § 17 Abs.2 Z 1 WEG 1975 entsprechende Rechnungslegung schuldet, ist nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen nur von der Rechtsfrage abhängig, ab wann der Wohnungseigentumsbewerber bei gemischtem Miteigentum Rechnungslegung im Sinne des § 26 Abs.1 Z 4 lit.a WEG verlangen kann.

Die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes lassen erkennen, daß das Wohnungseigentum der Antragsteller an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft (mit ausschließlichem Nutzungsrecht an den Werkstätten A, B und C sowie an den Wohnungen top. 3 und 4) erst im Jahr 1989 auf Grund eines am 16. September 1988 abgeschlossenen Vertrages verbüchert wurde. Schlichtes Miteigentum an der Liegenschaft hatten sie allerdings schon vorher auf Grund eines Kaufvertrages vom 24. Oktober 1986 erworben. Im vorliegenden Grundbuchsauszug ist der Verbücherung dieses Kaufvertrages eine TZ aus dem Jahr 1988 zugewiesen, sodaß letztlich davon auszugehen ist, daß die Antragsteller im Jahr 1988 Miteigentümer und im Jahr 1989 Wohnungseigentümer geworden sind, mögen sie auch die ihnen überlassenen Wohn- und Geschäftsräume schon seit dem Jahr 1986 benützen.

Zwischen der Verbücherung des Kaufvertrages vom 24. Oktober 1986 und der Begründung ihres Wohnungseigentums waren die Antragsteller die einzigen schlichten Miteigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Hinsichtlich aller übrigen Miteigentumsanteile bestand bereits seit dem Jahr 1952 Wohnungseigentum (S. 3 des erstgerichtlichen Sachbeschlusses ON 12).

Das Erstgericht begründete nicht näher, warum es die dem § 17 Abs.2 Z 1 WEG 1975 entnommene Rechnungslegungspflicht des Antragsgegners auch auf jene Jahre erstreckte, in denen die Antragsteller Wohnungseigentumsbewerber waren. Es traf insoweit keine Unterscheidung zum Rechnungslegungsanspruch der Antragsteller für das Jahr 1989.

Das Rekursgericht wies jedoch das Rechnungslegungsbegehren hinsichtlich der Jahre 1986 bis 1988 ab und begründete dies wie folgt:

Für jene Zeiträume, in denen die Antragsteller bloß Wohnungseigentumsbewerber waren, kämen die Bestimmungen der §§ 13 bis 18 WEG (siehe zu der hier nicht weiter aufzugreifenden Erwähnung des § 13 WEG Call in WoBl 1991, 66 und 179 sowie in WoBl 1992, 40 f) nicht zur Anwendung. Auch die analoge Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften des WEG scheide aus, da es sich bei der Regel des § 17 Abs.2 Z 1 WEG um ausführendes Spezialrecht zu §§ 830, 837 und 1012 ABGB handle (MietSlg 30.571/29; Faistenberger-Barta-Call 455). Ein Anspruch auf Abrechnung im Sinne des § 17 Abs.2 WEG entstehe grundsätzlich erst mit Verbücherung des Wohnungseigentumsrechtes. Nur ausnahmsweise habe die Rechtsprechung einen Rechnungslegungsanspruch im Umfang des § 17 Abs.2 Z 1 WEG auch für Zeiträume bejaht, in denen der spätere Wohnungseigentümer noch Wohnungseigentumsbewerber war, wenn zum Verständnis einer Abrechnung für die Zeit nach Verbücherung des Wohnungseigentums vorherige Rechnungslegungsperioden aufgerollt werden mußten (MietSlg 34/8; MietSlg 39/8 u.a.). Das bedeute aber nicht, daß der Wohnungseigentumsbewerber grundsätzlich einen Anspruch auf Rechnungslegung gemäß § 17 Abs.2 Z 1 WEG habe. Anhaltspunkte für die dafür vorausgesetzte inhaltliche Verquickung mehrerer Abrechnungsperioden hätten sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben. Die vom Obersten Gerichtshof in MietSlg 40.653 geforderte jährliche Saldierung der Abrechnungen diene dazu, unnötige und kostspielige Streitigkeiten zwischen Verwalter und anspruchsberechtigten Wohnungseigentümern zu vermeiden. Die Übernahme des Vorjahressaldos in die laufende Abrechnung genüge nicht, um die Notwendigkeit der Aufrollung von Vorperioden zu begründen.

Der zwischen den Antragstellern und den Antragsgegnern seit Jahren andauernden Rechtsstreit über die Nachforderung von Betriebskosten und Rücklagen sei ebenfalls kein Grund, den Antragstellern einen im außerstreitigen Verfahren nach § 26 WEG zu verfolgenden Rechnungslegungsanspruch für die Zeit vor Verbücherung ihres Wohnungseigentums zuzuerkennen. Die damit zusammenhängenden Probleme seien durch eine Vorfragenentscheidung im Prozeß zu lösen. Das außerstreitige Verfahren eigne sich ohnehin nicht dafür, die Richtigkeit einer Verwaltungsabrechnung zu überprüfen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß zu den behandelten Rechtsfragen (auch der hier erörterten) bereits eine einhellige Judikatur vorliege.

Gegen den Sachbeschluß der zweiten Instanz haben die Antragsteller fristgerecht außerordentlichen Revisionsrekurs erhoben. Sie verweisen auf jene Judikatur, die auch dem Wohnungseigentumsbewerber den Rechnungslegungsanspruch nach § 17 Abs.2 Z 1 WEG zugesteht, wenn zumindest ein Teilhaber der Miteigentumsgemeinschaft bereits als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen ist (MietSlg 34/8 u.a.). Das Rekursgericht habe übersehen, daß gerade dieser Fall vorliege. Dem Antragsgegner sei eine solche Rechnungslegung auch durchaus zumutbar, weil er ohnehin den anderen Mit- und Wohnungseigentümern der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gemäß § 17 Abs.2 Z 1 WEG rechnungslegungspflichtig sei. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die Entscheidung des Rekursgerichtes entweder im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses abzuändern oder aber aufzuheben und dem Rekursgericht eine dem Rechnungslegungsbegehren zur Gänze stattgebende Entscheidung aufzutragen.

Dem Antragsgegner wurde die Revisionsrekursbeantwortung freigestellt. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bestätigung des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses beantragt.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Recht weisen die Revisionsrekurswerber darauf hin, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes (in einem Teilbereich) von der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes abweicht (§ 37 Abs.3 Z 16 bis 18 MRG iVm § 528 Abs.1 ZPO). Demnach haben Wohnungseigentümer den Anspruch auf Rechnungslegung nach § 17 Abs.2 Z 1 WEG auch für jene Abrechnungszeiträume im außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs.1 Z 4 lit.a WEG zu verfolgen, in denen sie noch Wohnungseigentumsbewerber waren, wenn die Abrechnung für die Zeit nach der Verbücherung des Wohnungseigentums auch nur eines Teilhabers - der nicht der Antragsteller sein muß - begehrt wird (MietSlg 34/8; NotZ 1984, 9; 5 Ob 88/88). Freilich setzt dieser Rechnungslegungsanspruch voraus, daß der betreffende Wohnungseigentumsbewerber bereits über schlichtes Miteigentum an der Liegenschaft verfügt. Verwaltungsrechte an der Liegenschaft stehen nämlich dem bloßen Wohnungseigentumsbewerber nicht zu (MietSlg 32.500; WoBl 1989, 101/51; vgl. auch MietSlg 30/36; MietSlg 32.502; NotZ 1984, 9). Die Pflicht des Wohnungseigentumsverwalters, über jedes Jahr seiner Tätigkeit ordentliche Rechnung zu legen und in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren, ist gemäß § 17 Abs.2 Z 1 WEG sogar ausdrücklich gegenüber den Miteigentümern der Liegenschaft zu erfüllen, also jenen Personen, deren Eigentumsrecht gemäß § 431 ABGB im Grundbuch einverleibt ist. Auch die Parteistellung im außerstreitigen Verfahren zur Durchsetzung des Rechnungslegungsanspruches hängt gemäß § 26 Abs.2 Z 3 WEG von dieser rechtlichen Eigenschaft ab. Ein anderes Gesetzesverständnis scheidet nach dem strikten Intabulationsprinzip (vgl. E 1 zu § 431 ABGB, MGA33) aus (vgl auch WoBl 1989, 101/51 mit Anm von Eccher und Call, wonach mangels anderweitiger vertraglicher Regelung im Verhältnis der Mit- und Wohnungseigentümer untereinander und gegenüber dem Hausverwalter grundsätzlich der grundbücherliche Miteigentümer für die auf seinen Anteil entfallenden Betriebskosten haftet, mag er diesen Anteil auch schon weiterveräußert haben). Dementsprechend war es zwar richtig, das Rechnungslegungsbegehren der Antragsteller hinsichtlich der Jahre 1986 und 1987 abzuweisen, weil sie damals noch nicht einmal schlichte Miteigentümer der Liegenschaft waren; es hätte aber ihrem Rechnungslegungsbegehren für das Jahr 1988 Folge gegeben werden müssen.

An der Judikatur, wonach bei gemischtem Miteigentum sowohl den Wohnungseigentümern als auch den schlichten Miteigentümern der im außerstreitigen Verfahren geltend zu machende Rechnungslegungsanspruch nach § 17 Abs.2 Z 1 WEG zusteht, hat der Oberste Gerichtshof - entgegen der offensichtlichen Annahme des Rekursgerichtes - immer festgehalten. Dem Gesetzgeber kann nämlich nicht unterstellt werden, daß er einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern, die bereits schlichtes Miteigentum an der Liegenschaft erworben haben, den Rechnungslegungsanspruch vorenthalten wollte, den andere Teilhaber der Miteigentumsgemeinschaft auf Grund der Verbücherung ihres Wohnungseigentums bereits haben. Eine derartige Differenzierung wäre nicht sachgerecht und dazu noch unökonomisch, da sie dem Wohnungseigentumsverwalter wegen der gegenüber den Wohnungseigentümern ohnehin zu erfüllenden Rechnungslegungspflicht keinerlei Vorteile bringt. Abgegangen wurde in der Entscheidung 5 Ob 7/91 (WoBl 1992, 39) lediglich von der Meinung, daß Wohnungseigentümer den Rechnungslegungsanspruch nach § 17 Abs.2 Z 1 WEG jeweils schon dann für Zeiträume vor der Verbücherung des Wohnungseigentums eines Teilhabers (also für Zeiträume, in denen ausschließlich schlichtes Miteigentum bestand) verlangen können, wenn wegen der dem WEG unterliegenden Rechnungslegung auch die Abrechnung vorangegangener Zeiträume aufgerollt werden muß (MietSlg 34/8; MietSlg 39/8). Insoweit sind die Argumente des Rekursgerichtes, das eine derart unlösbare Wechselbeziehung aufeinander folgender Abrechnungen (zumindest im gegenständlichen Fall) zu Recht angezweifelt hat, durchaus zutreffend. An der Grundaussage über den Rechnungslegungsanspruch des schlichten Miteigentümers bei gemischtem Miteigentum hat sich jedoch nichts geändert.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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