OGH Okt1/92

OGHOkt1/9227.4.1992

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch seinen Vorsitzenden HonProf. Dr. Petrasch sowie durch seine weiteren Mitglieder Kommerzialräte Dr. Bauer, Dr. Placek, Dr. Rauter, Dr. Reindl, Dr. Schwarz und Dkfm. Dr. Zeilinger in der Kartellrechtssache der Antragstellerin REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1,

Singerstraße 17-19, wider die Antragsgegner M***** Gesellschaft mbH *****, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, sowie weitere Mitglieder des behaupteten Wirkungskartells, wegen Aufforderung zum Antrag auf Genehmigung nach § 57 KartG, infolge Rekurses der Th. R***** Gesellschaft mbH & Co. KG *****, vertreten durch Dr. Herbert Felsberger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 5.April 1991, 5 Kt 350/90-23, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluß wurden auf Antrag der Amtspartei Republik Österreich die Mitglieder der Vertriebsbindung "M*****", nämlich 1. der Vertriebsbinder M***** GesmbH in Klagenfurt und

2. die gebundenen Mitglieder der Vertriebsbindung, darunter die Rekurswerberin, aufgefordert, als Mitglieder eines Wirkungskartells (§ 10 Abs.1 KartG) binnen einem Monat ab Zustellung des Beschlusses beim Kartellgericht die Genehmigung des Kartells zu beantragen, und iS des § 57 Abs.2 und 3 KartG belehrt.

Der dagegen nur von der Th. R***** Gesellschaft mbH & Co. KG erhobene Rekurs ist verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Die Zustellung des angefochtenen Beschlusses erfolgte entsprechend der Mitteilung des Kartellgerichts gemäß § 57 Abs.2 KartG nur an den Vertriebsbinder, die M***** Gesellschaft mbH in Klagenfurt zu Handen ihrer ausgewiesenen Rechtsanwälte, und zwar zufolge deren unbedenklicher Bekanntgabe über den Zustellvorgang (ON 167 vom 12.7.1991) am 29.4.1991. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 57 Abs.2 Satz 2 KartG genügt die Zustellung der Aufforderung zum Antrag auf Genehmigung eines (angeblichen) Wirkungskartells an ein einziges Kartellmitglied. Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat in dem in dieser Sache ergangenen Beschluß vom 5.7.1990, Okt 28/90, die Zustellung an alle bekannten Kartellmitglieder zwar empfohlen, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, daß die Zustellung der Aufforderung an ein einziges Kartellmitglied genügt und daß diese Bestimmung bei vermuteten Wirkungskartellen großen Umfangs und häufig wechselnder Teilnehmer ihren Sinn haben kann, wenngleich ein Kartellmitglied, dem kein Verschulden an einer weiteren Durchführung des Kartells vorgeworfen werden kann, sich nicht nach § 130 KartG strafbar macht. Gegen § 57 Abs 2 Satz 2 KartG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich um eine Art gesetzlicher Bestimmung eines Zustellbevollmächtigten. Diese Einrichtung erscheint bei einer (hier gegebenen) großen Zahl angeblicher Kartellmitglieder auch sachlich gerechtfertigt, zumal im vorliegenden Aufforderungsverfahren nach § 57 KartG noch keine Entscheidung in der Sache selbst (über das wirkliche Vorliegen eines Kartells) getroffen wird und daher auch Einwendungen zur Sache noch unbeachtlich sind (Okt.4/90 = ÖBl.1990, 234 ua).

Für das Rechtsmittelverfahren in Kartellrechtssachen gelten nach § 43 KartG die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes. Die Rechtsmittelfrist beträgt daher gemäß § 11 Abs.1 AußStrG 14 Tage. Der erst am 22.5.1991 zur Post gegebene Rekurs ist somit verspätet. Die gerichtliche Verfügung läßt sich auch nicht mehr ohne Nachteil eines Dritten abändern (§ 11 Abs.2 AußStrG), weil Schutzobjekt des Kartellgesetzes der redliche Wettbewerb schlechthin ist. Entgegen der Meinung der Rekurswerberin kann auch nicht im Verfahren über die Aufforderung zum Genehmigungsantrag nach § 57 KartG geprüft werden, ob der Rekurswerber tatsächlich Mitglied eines Wirkungskartells ist. Eine solche Prüfung würde dem Auftrag des § 57 Abs.2 des Gesetzes widersprechen, wonach die Aufforderung zum Genehmigungsantrag ohne Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen zu erlassen ist. Wenn überhaupt ein Kartell vorliegt, dann ist aber die M***** Gesellschaft mbH, an die die Zustellung erfolgte, jedenfalls ein Kartellmitglied, gleichgültig ob es die einzelnen angeblichen Kartellanten sind und ob es die Rekurswerberin ist.

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