Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.928,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die G***** Aktiengesellschaft (in der Folge kurz AG) wurde am 31.10.1990 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Nach dem Inhalt des Protokolls über die Versammlung der Gründer der AG vom 24.10.1990 traten als Gründer zwei vom Kläger verschiedene Personen, der Kläger hingegen als künftiges Vorstandsmitglied auf. Das Grundkapital von 1 Mio S sollte von den beiden Gründern durch Übernahme von Aktien im Nennbetrag von je S 500.000 aufgebracht werden. Bei der („konstituierenden“) Sitzung des ersten Aufsichtsrates vom 24.10.1990 wurde der Kläger einstimmig zum Vorstand der Gesellschaft bestellt; er nahm die Wahl an. Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 13.2.1991 wurde der Antrag der Gründer auf Eintragung der AG in das Firmenbuch abgewiesen; dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.
Am 28.11.1990 erstattete die Bundespolizeidirektion Salzburg beim Bezirksgericht Salzburg die Anzeige, es bestehe der Verdacht, dass der Kläger durch Eröffnung der Ersten Österreichischen Pokerschule die Zusammenkunft von Spielern fördere und sich durch die Einnahmen aus diesem Spiel ein fortlaufendes Einkommen verschaffe. Am 7. und am 14.12.1990 erließ das Bezirksgericht Salzburg Beschlagnahmebefehle in Bezug auf alle im Lokal dieser Pokerschule befindlichen, zur Durchführung von Glücksspielen im Sinne des § 168 StGB dienenden Geräte samt Inhalt (Platinen und eingespielte Geldbeträge) und Tresor. Die Beschlagnahmebefehle wurden von Organen der Bundespolizeidirektion Salzburg vollzogen. Über Aufsichtsbeschwerde des Klägers stellte das Oberlandesgericht Linz mit Beschluss vom 23.1.1991 fest, dass kein Anlaß zu aufsichtsbehördlicher Maßnahme bestehe. Das Landesgericht Salzburg gab mit Beschluss vom 27.2.1991 den Beschwerden des Klägers gegen die Beschlagnahmebefehle des Bezirksgerichtes Salzburg nicht Folge.
Der Kläger begehrt die Verurteilung des beklagten Rechtsträgers zum Ersatz seines mit S 460.000 bezifferten Schadens und ferner die Feststellung, dass ihm die beklagte Partei für alle Schäden zu haften habe, die ihm aus der Erstattung der Strafanzeige durch die Bundespolizeidirektion Salzburg bzw aus dem Beschlagnahmebefehl des Bezirksgerichtes Salzburg vom 7.12.1990 künftig entstehen werden. Er sei alleinvertretungsbefugter Vorstand der AG in Salzburg, zu deren Betriebsgegenstand unter anderem der Betrieb einer Schule zur Erlernung von Unterhaltungsspielen gehöre. In Verwirklichung des Gesellschafterzweckes habe er am 16.11.1990 in einem Lokal in Salzburg die „Erste Österreichische Pokerschule“ eröffnet. Bis zur Registrierung der AG habe der Kläger nach dem Willen der Gründer „für und auf Rechnung der Gesellschaft handeln und so auftreten sollen, dass alle Vorteile aus seiner Tätigkeit der Gesellschaft zukommen“. Infolge der Strafanzeige durch die Bundespolizeidirektion Salzburg und des Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehles des Bezirksgerichtes Salzburg seien alle im Lokal aufgestellten Geräte weggeschafft worden, ohne dass die Beschuldigten vorher vernommen worden wären. Diese offensichtlich rechtswidrige Vorgangsweise verpflichte die beklagte Partei zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens. Durch den Betrieb der Pokerschule hätte nach Abzug aller Kosten ein Reingewinn von täglich S 20.000 erzielt, infolge des Abtransports der Geräte habe aber der Betrieb nicht mehr fortgeführt werden können. Der Gewinnentgang für die Zeit vom 17.12.1990 bis 8.1.1991 errechne sich daher mit S 460.000. Das Feststellungsinteresse sei zu bejahen, weil nicht absehbar sei, welcher Schaden der klagenden Partei in Hinkunft noch erwachsen werde. Die Aktivlegitimation des Klägers sei aus seiner Organstellung abzuleiten; er müsse für deren Gründer handeln. Er habe nicht „im eigenen Kapitalinteresse“ gehandelt, sondern als vorgesehener Vorstand der in Gründung befindlichen AG und ohne eigene Kapitalbeteiligung.
Die beklagte Partei bestritt die Aktivlegitimation und wendete ferner ein, Poker sei ein verbotenes Glücksspiel.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es liege eine Vorgesellschaft vor, in der die Partner einander bereits gesellschaftsrechtlich verbunden seien, wenn zwar der Gründungsvertrag bereits errichtet, die AG aber noch nicht eingetragen wurde. Da das Eintragungsgesuch abgewiesen worden sei, sei diese eine „unechte Vorgesellschaft“, die als Personengesellschaft zu behandeln sei. Der Kläger habe nicht vorgebracht, weshalb der Gewinn ihm persönlich entgangen sei. Solche Ansprüche könnten nur namens der Vorgesellschaft geltend gemacht werden, sodass er der Aktivlegitimation ermangle. Überdies sei das Klagebegehren auch sonst nicht berechtigt, weil das beanstandete Organverhalten nicht rechtswidrig gewesen sei.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die im § 34 Abs 1 AktG verankerte persönliche Haftung des für die noch nicht eingetragene AG Handelnden sei bloß zusätzliche Sicherung der Gläubiger, weil nach herrschender Ansicht die Vorgesellschaft und damit die Gründer als deren Mitglieder wirksam berechtigt und verpflichtet werden, wenn im Namen der im Gründungsstadium befindlichen Gesellschaft gehandelt werde und sich das Handeln im Rahmen des statutarischen Zwecks der Vorgesellschaft oder einer dem Handelnden von allen Gründern erteilten Vollmacht bewege. Die Vorgesellschaft entstehe durch die Errichtung und bestehe bis zur Registrierung und sei in der Regel Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Nach § 2 Abs 1 AktG könnten Gründer nur Aktionäre sein, die die Satzung festgestellt haben. Der Kläger habe vorgebracht, dass er nicht im eigenen Kapitalinteresse, sondern als vorgesehener Vorstand der in Gründung befindlichen AG gehandelt habe. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen seien andere Personen als der Kläger Gründer der AG gewesen, der Kläger sei dagegen bloß zum Vorstand der Gesellschaft bestellt worden. Der Kläger habe daher seine geschäftliche Tätigkeit im Rahmen der Satzung der AG namens und auf Rechnung der Gründer entfaltet, denen allein die Vorteile aus dieser Tätigkeit zugekommen wären. Der Kläger könne daher keinesfalls für sich Leistungen verlangen, die ausschließlich der Vorgesellschaft bzw den Gründern als Gesamthandgläubigern aufgrund der vom Kläger für die Gesellschaft abgeschlossenen Verträge zustünden. Durch den Entfall solcher Einnahmen seien daher nur die Gründer und nicht der für sie handelnde Kläger geschädigt, sodass das Erstgericht die Aktivlegitimation des Klägers zutreffend verneint habe. Im Übrigen seien die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Salzburg nicht rechtswidrig gewesen, was auch durch den vom Kläger gar nicht beanstandeten Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 27.2.1991 bestätigt worden sei. Durch die zu Recht erlassenen Beschlagnahmebefehle sei auch klargestellt, dass ausreichende Verdachtsmomente bestanden hätten und die Polizei daher gemäß § 84 Abs 1 StPO zur Anzeige verpflichtet gewesen sei. Außerdem könne der vom Kläger geltend gemachte Schaden nicht durch die Anzeige, sondern erst durch die rechtmäßigen Beschlagnahmebefehle eingetreten sein.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Er brachte selbst vor, er habe nach dem Willen der Gründer bis zur Registrierung der AG für deren Rechnung so auftreten sollen, dass alle Vorteile aus seiner Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zukommen sollten. Er habe demgemäß nicht im eigenen „Kapitalinteresse“ gehandelt, sondern als der für die im Gründungsstadium befindlichen AG vorgesehene Vorstand. Seine Aktivlegitimation ergebe sich daraus, dass er Organ der Gesellschaft gewesen und deshalb für die hinter der Gesellschaft stehenden Aktionäre habe handeln müssen. Das Amtshaftungsbegehren des Klägers ist deshalb nicht schlüssig:
Es steht fest, dass Gründer der Gesellschaft, die das gesamte Grundkapital durch Übernahme von Aktien aufbringen sollten, zwei vom Kläger verschiedene Personen waren und dieser bloß zum Vorstand bestellt wurde. Die Aktiengesellschaft entsteht als solche erst mit der Eintragung im Firmenbuch (§ 34 Abs 1 erster Satz AktG). Ist die Satzung jedoch schon festgestellt (§ 2 Abs 1 AktG), der Gründungsvertrag also errichtet, sind die Gründer einander schon von diesem Zeitpunkt an gesellschaftsrechtlich verpflichtet; sie und die schon bestellten Gesellschaftsorgane haben alles zur Entstehung der AG Erforderliche zu tun. Dieses Gesellschaftsverhältnis wird allgemein als Vor-, Gründer- oder Gründungsgesellschaft bezeichnet (Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des Gesellschaftsrechts5, 29), im besonderen Fall der AG als „Voraktiengesellschaft“. Die Rechtsnatur der Voraktiengesellschaft ist umstritten. In der Bundesrepublik Deutschland herrscht - bei nahezu gleicher Rechtslage - nun die Ansicht vor, die im Entstehen begriffene AG sei nach ihrer Errichtung (also nach Feststellung der Satzung und Übernahme der Aktien durch die Gründer - § 29 d AktG; so auch § 22 Abs 1 AktG) weder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts noch eine offene Handelsgesellschaft noch ein - der österreichischen Rechtsordnung fremder - nichtrechtsfähiger Verein, sondern ein Gebilde eigener Art, gewissermaßen eine nicht rechtsfähige AG, auf die Aktienrecht anzuwenden sei, soweit das nicht die Rechtsfähigkeit voraussetze oder auf dieser beruhe (Kraft in KöllnerKomm AktG2 § 41 Rz 23). Diese Auffassung wird - entgegen der älteren Rechtsprechung - nun auch im österreichischen Schrifttum vertreten (Ostheim in GesRZ 1978, 337, 343 ff; Schiemer, Aktiengesetz § 21 1.1; Wünsch in GesRZ 1984, 1; Kastner-Doralt-Nowotny aaO 30). Dieser Auffassung ist schon deshalb besonderes argumentatives Gewicht zuzubilligen, weil die Gesellschaftstypen der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und der offenen Handelsgesellschaft als endgültige Rechtsformen konzipiert sind, wogegen die Vorgesellschaft durch ihre „Unfertigkeit“ gekennzeichnet ist: Die Gründer streben eine Kapitalgesellschaft an und wollen sich gerade nicht zum Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinsamer Firma oder zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zusammenschließen (Ostheim aaO 343 mwN). Diese Frage muss im vorliegenden Fall jedoch schon deshalb nicht abschließend geklärt werden, weil das Eintragungsbegehren rechtskräftig abgewiesen wurde und die dadurch zu einer „unechten“ Vorgesellschaft gewordene Voraktiengesellschaft angesichts des gesellschaftsrechtlichen numerus clausus als offene Handelsgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechtes angesehen werden muss (Ostheim aaO 343; Kastner - Doralt - Nowotny aaO 30; vgl auch Kraft aaO Rz 33).
Gleichviel, ob die Voraktiengesellschaft, für die oder für deren Gesellschafter im Geschäftsbereich der Gesellschaft der Kläger zufolge seiner Bestellung zum Vorstand vertretungsbefugt war, nun als offene Handelsgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechtes anzusehen ist, fällt der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch jedenfalls ins Gesellschaftsvermögen, weil der Kläger die Pokerschule nur namens und für Rechnung der Voraktiengesellschaft geführt hat und ein bei deren Betrieb erzielter Gewinn daher auch nur der Voraktiengesellschaft bzw deren Gesellschaftern (Gründern) entgangen sein kann. Zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen aus der Beschlagnahme des Betriebsvermögens der Pokerschule im Rahmen der Amtshaftung des beklagten Rechtsträgers sind somit nur die Voraktiengesellschaft als offene Handelsgesellschaft oder gemäß § 1203 ABGB deren Gesellschafter berechtigt, sollte die Voraktiengesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (oder sonst als besonderes gesellschaftsrechtliches Gebilde) anzusehen sein.
Soweit der Kläger zur Rechtfertigung seiner Aktivlegitimation die Handelndenhaftung des § 34 Abs 1 zweiter Satz AktG ins Treffen führt, übersieht er, dass ihn damit nicht auch die Rechtszuständigkeit für Forderungen, die zum Gesellschaftsvermögen gehören, zukommt; wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkte, wollte der Gesetzgeber mit dieser besonderen Haftungsnorm nur eine zusätzliche Sicherung der Gläubiger schaffen, ohne dass dem für die Vorgesellschaft Handelnden deshalb auch Rechte am schon vorhandenen Gesellschaftsvermögen eingeräumt würden.
Da die Vorinstanzen die Aktivlegitimation des Klägers zu Recht verneint haben, ist der Revision ein Erfolg zu versagen, ohne dass noch zu prüfen wäre, ob das beanstandete Organverhalten überhaupt rechtswidrig bzw schuldhaft war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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