OGH 10ObS316/91

OGH10ObS316/917.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Roman Merth (Arbeitgeber) und Henrike Blatterer (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ingeborg F*****, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei VERSICHERUNGSANSTALT ÖFFENTLICH BEDIENSTETER (BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Behandlungskostenbeitrages infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. August 1991, GZ 12 Rs 78/91-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 25.März 1991, GZ 4 Cgs 229/90-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1, Aus Anlaß der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren, soweit sie das auf Rückerstattung des Behandlungsbeitrages bzw. Nichtvorschreibung eines weiteren Behandlungsbeitrages gerichtete Klagebegehren zu

II. betreffen, von Amts wegen als nichtig aufgehoben. Insoweit wird die Klage zurückgewiesen und werden die Kosten gegenseitig aufgehoben.

2. Im übrigen wird der Revision Folge gegeben. Soweit die Urteile der Vorinstanzen das auf Feststellung gerichtete Klagebegehren zu

I. betreffen, werden sie aufgehoben. Insoweit wird die Sozialrechtssache zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die diesbezüglichen Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 23.4.1990 verletzte sich die Klägerin durch einen Sturz auf der Treppe eines Hotels in Bad Ischl.

Mit Bescheid vom 4.12.1990 sprach die beklagte Partei aus, daß der Vorfall vom 23.4.1990 "gemäß § 90 B-KUVG nicht als Dienstunfall anerkannt" wird und "Leistungen gemäß §§ 88 ff B-KUVG nicht gewährt" werden. Die Klägerin habe sich zwar an diesem Tag als Seminarteilnehmerin dienstlich in Bad Ischl aufgehalten, der Unfall habe sich jedoch auf dem Weg von dem von der Dienstbehörde bereitgestellten Hotelzimmer in das Hotelrestaurant zum Abendessen ereignet. Der Weg von der Wohnstätte zum Abendessen stehe als eigenwirtschaftliche Tätigkeit auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn er im Rahmen einer sonst versicherten Veranstaltung zurückgelegt werde.

Die I. auf Feststellung, daß der knöcherne Abriß des Kreuzbandes im rechten Knie Folge des Dienstunfalles vom 23.4.1990 sei, und II. auf Rückerstattung des Behandlungsbeitrages bzw Nichtvorschreibung eines weiteren Behandlungsbeitrages für die Folgen dieses Dienstunfalles gerichtete Klage stützt sich im wesentlichen darauf, daß die Klägerin am Unfalltag, bei dem es sich um den ersten Seminartag gehandelt habe, nach "Seminarende" (17.30 Uhr) - gemeint: nach Ende der letzten Seminarveranstaltung dieses Tages - um eta 18.00 Uhr in das vom Dienstgeber zur Verfügung gestellte Hotel "Goldenes Schiff" in Bad Ischl gekommen sei. Dort sei den Seminarteilnehmerinnen von der Hotelleitung mitgeteilt worden, daß das vom Dienstgeber beigestellte gemeinsame Abendessen für 19.00 Uhr im Restaurant angesetzt sei. Die Klägerin sei zwecks Aufsuchens der Toilette in ihr Zimmer im

2. Stock gegangen und habe dieses gegen 18.50 Uhr verlassen, um zum Abendessen zu gehen. "Auf der sehr steilen, in kurzen Abständen der einzelnen Stufen versehenen Stiege" sei sie gestürzt, habe dadurch einen knöchernen Abriß des Kreuzbandes (des rechten Knies) erlitten und habe sich nach ärztlicher Erstversorgung am 24.4.1990 in stationäre Behandlung begeben müssen. Die Klägerin vertritt die Rechtsansicht, daß ihr Unfall ein Dienstunfall sei und begründete dies schon in der Klage ua damit, daß sie nicht von ihrer (ständigen) Wohnung oder Wohnstätte, sondern von einer von ihrem Dienstgeber zugewiesenen Unterkunft in einem Hotel zu einem vom Dienstgeber beigestellten Abendessen gegangen sei. Sie könne nicht dem Mieter einer Wohnung in einem Miethaus gleichgestellt werden, dessen privater Sphäre nicht nur die gemietete Wohnung, sondern auch die Gänge, Stiegenaufgänge etc zugerechnet würden, weil er auch auf deren Gestaltung Einfluß habe oder nehmen könne. Wenn sogar der Weg zur und von der Einnahme des Mittagessens versichert sei, werde dies doch auch für den Weg von der Toilette, in der zur Verfügung gestellten Unterkunft, zum Speisesaal gelten.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete ein, die Unterkunft, in der sowohl das Seminar als auch die Essenseinnahme stattgefunden hätten, könne nur insoweit als Dienstort bezeichnet werden, als die Räumlichkeiten dienstlichen Zwecken dienten. Das Abendessen sei jedoch als eigenwirtschaftliche Tätigkeit der privaten Sphäre zuzuordnen, weshalb auch der Weg zu dieser Mahlzeit nicht versichert gewesen sei.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Nach seinen Feststellungen wurde die Klägerin, die an der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe B***** Religion, Textverarbeitung und Stenotypie unterrichtet, mit einem Schreiben (des Pädagogischen Institutes des Bundes in Oberösterreich) vom 20.3.1990 zu dem Seminar "Computerunterstützte Textverarbeitung" nach Bad Ischl einberufen, das von Montag, 23.4.1990, 13.00 Uhr, bis Mittwoch, 25.4.1990, 11.45 Uhr dauerte (und dessen Veranstaltungen im Schulungszentrum des genannten Institutes HLF in Bad Ischl, Katrinstraße 2, durchgeführt wurden), wo auch das Mittagessen eingenommen wurde. Die Semniarteilnehmer wurden im Hotel "Goldenes Schiff" in Bad Ischl, Adalbert Stifter-Kai 3, in Doppelzimmern mit Frühstück und Abendessen untergebracht. Sie erhielten die Fahrtkosten nach der RGV vergütet. Unterkunft und Verpflegung wurden - in der schon erwähnten Form - zur Verfügung gestellt. Am 23.4.1990, dem ersten Seminartag, endete das Vortragsprogramm etwa um 17.30 Uhr. Danach begab sich die Klägerin in das genannte Hotel. Weil das gemeinsame Abendessen um 19.00 Uhr stattfinden sollte, ging sie auf ihr Zimmer im 2.Stock, um Toilette zu machen. Um etwa 18.50 Uhr stürzte sie auf dem Weg (vom Zimmer) in das (Hotel)Restaurant auf der Hoteltreppe und zog sich dabei einen knöchernen Ausriß des Zwischenknorrenvorsprunges im rechten Kniegelenk zu.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei die Dienstreise vom Betreten bis zum Verlassen des Hotels als unterbrochen anzusehen, so daß die der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse dienende Einnahme des Abendessens nicht unter Versicherungsschutz gestanden sei. § 90 Abs 2 Z 6 B-KUVG sei nicht anwendbar, weil das Abendessen nicht während der Dienstzeit eingenommen werden sollte.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes im Umfang des Punktes 2. des Klagebegehrens und Urteilsspruches 50.000 S nicht übersteige, die Revision aber zulässig sei.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, daß der Aufenthalt der Klägerin im Hotel in keinem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gestanden sei. Auch während einer Dienstreise gebe es zur privaten Sphäre des Reisenden gehörende Verrichtungen. Je mehr er sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr wesentlich beeinflußten Belangen widme, umso eher seien diese Verrichtungen dem nicht geschützten eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzuzählen, zu dem im allgemeinen ua auch das Essen gehöre, wenn es kein sog Arbeitsessen oder eine vom Dienstgeber organisierte, insbesondere der Betriebsverbundenheit dienende Gemeinschaftsveranstaltung sei, was jedoch im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet worden sei. Unfälle bei an sich eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten könnten auch dann geschützt sein, wenn sie unter einem erwerbstätigkeitsbedingten erhöhten Risiko verrichtet werden müßten. Der Aufenthalt im Hotel, also in fremder Umgebung, sei grundsätzlich noch nicht mit einer solchen höheren Gefahr verbunden, daß allein deswegen der Weg vom Hotelzimmer zum Abendessen unter Unfallschutz stünde. Besondere gefahrenerhöhende Umstände, die einem Versicherten unter normalen Verhältnissen am Wohn- oder Betriebsort nicht begegnen, habe die Klägerin bloß insoweit behauptet, als sie (in der Klage) vorgebracht habe, auf einer sehr steilen Stiege gestürzt zu sein. Gewerbliche Beherbergungsunternehmen müßten aber sowohl bau- als auch betriebsstättengenehmigt sein, wobei derartigen Gefahrenquellen besonderes Augenmerk geschenkt und durch Auflagen (Geländer etc) die erforderlichen Sicherungen vorgeschrieben würden. Nur wenn im vorliegenden Fall nicht einmal solche Sicherungsmaßnahmen getroffen gewesen wären, könnte von besonderen gefahrbringenden Umständen, die im Wohn- oder Betriebsbereich nicht gegeben wären, ausgegangen werden. Dazu ergebe sich jedoch weder aus dem Vorbringen noch aus dem Beweisverfahren irgend ein Hinweis. Die Gefahr, auf einer Hotelstiege beim Abwärtsgehen zu stürzen, sei noch nicht derart ungewöhnlich, daß allein daraus auf einen besonderen ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis geschlossen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist, soweit sie das Feststellungsbegehren betrifft, iS des Aufhebungsantrages berechtigt.

(Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des B-KUVG.)

Dienstunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis... ereignen (§ 90 Abs 1). Dienstunfälle sind nach § 90 Abs 2 auch Unfälle, die sich ereignen: 1. auf einem mit dem Dienstverhältnis (...) zusammenhängenden Weg zur oder von der Dienststätte; hat der Versicherte wegen der Entfernung seines ständigen Aufenthaltsortes von der Dienststätte auf dieser oder in ihrer Nähe eine Unterkunft, so wird die Versicherung des Weges von oder nach dem ständigen Aufenthaltsort nicht ausgeschlossen;

6. auf einem Weg von der Dienststätte, den der Versicherte zurücklegt, um während der Dienstzeit, einschließlich der in der Dienstzeit liegenden gesetzlichen sowie kollektivvertraglich oder betrieblich vereinbarten Arbeitspausen, in der Nähe der Dienststätte oder in seiner Wohnung lebenswichtige persönliche Bedürfnisse zu befriedigen, anschließend auf dem Weg zurück zur Dienststätte sowie bei dieser Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisses, sofern sie in der Nähe der Dienststätte, jedoch außerhalb der Wohnung des Versicherten erfolgt.

Den Dienstunfällen sind nach § 91 Abs 1 Unfälle gleichgestellt, die sich ereignen: 3. beim Besuch von Kursen, die der Vorbereitung zur Ablegung von Dienstprüfungen dienen, oder von dienstlichen Lehrveranstaltungen: 4. beim Besuch beruflicher Schulungs(Fortbildungs)kurse, soweit dieser Besuch geeignet ist, das berufliche Fortkommen des Versicherten zu fördern.

§ 90 Abs 2 Z 1 ist auf die Fälle des § 91 nach dessen Abs 3 entsprechend anzuwenden.

Die zit Bestimmungen des B-KUVG sind den entsprechenden Bestimmungen des ASVG nachgebildet und stimmen mit

ihnen - abgesehen davon, daß die Begriffe Arbeitsunfall, Beschäftigung, Arbeits- oder Ausbildungsstätte und Arbeitszeit durch die Begriffe Dienstunfall, Dienstverhältnis, Dienststätte und Dienstzeit ersetzt wurden, wörtlich überein. Es entspricht:

§ 90 Abs 1 B-KUVG

§ 175 Abs 1 ASVG,

§ 90 Abs 2 Z 1, 6 B-KUVG

§ 175 Abs 2 Z 1, 7 ASVG,

§ 91 Abs 1 Z 4 B-KUVG

§ 176 Abs 1 Z 5 ASVG,

§ 91 Abs 3 B-KUVG

§ 176 Abs 5 ASVG. Deshalb können Lehre und Rechtsprechung zu den

zit Bestimmungen des ASVG auch zur Auslegung der entsprechenden

Bestimmungen des B-KUVG herangezogen werden.

Nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) soll die dienstliche Ausbildung dem Beamten die für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten vermitteln, sie erweitern und vertiefen (§ 23 Abs 1). Arten der dienstlichen Ausbildung sind 1. die Grundausbildung, 2. die berufsbegleitende Fortbildung und 3. die Schulung von Führungskräften (Abs 2 leg cit). Der Beamte hat, wenn es die dienstlichen Interessen erfordern, an Lehrveranstaltungen teilzunehmen, in denen die für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, ergänzt und erweitert werden bzw in denen er die für seine Tätigkeit notwendige praktische Unterweisung erhält (§ 58 BDG).

Nach der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV), die gemäß § 92 Abs 1

Gehaltsgesetz 1956 als Bundesgesetz in Geltung steht, haben die

Bundesbeamten (§ 1 BDG) ... nach Maßgabe dieser Verordnung

Anspruch auf den Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen ua durch

eine Dienstreise oder eine Dienstzuteilung erwächst (§ 1 Abs 1).

Eine Dienstreise iS dieser Verordnung liegt vor, wenn sich ein

Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages ... an

einen außerhalb des Dienstortes ... gelegenen Ort begibt ... (§ 2

Abs 1 RGV). Eine Dienstzuteilung iS dieser Verordnung liegt vor,

wenn ein Beamter an einem anderen Ort als dem Dienstort einer

Dienststelle zur vorübergehenden Dienstleistung zugewiesen wird

und für die Dauer dieser Verwendung entweder der Dienstaufsicht

des Leiters dieser Dienststelle unterliegt oder mit der Leitung

der zugewiesenen Dienststelle betraut wird (Abs 3 der letztzit

Bestimmung). Bei Dienstreisen gebührt dem Beamten 1. die

Reisekostenvergütung; 2. die Reisezulage; sie dient der

Bestreitung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft

sowie zur Deckung der Reiseauslagen, für die in den folgenden

Bestimmungen keine besondere Vergütung festgesetzt ist, und

umfaßt die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr (§ 4 RGV). Die

Dauer einer Dienstreise wird vom Zeitpunkt des Verlassens bis zum

Zeitpunkt des Wiederbetretens der Dienststelle berechnet (§ 16

Abs 1 RGV). Bei einer Dienstzuteilung erhält der Beamte eine

Zuteilungsgebühr; sie umfaßt die Tagesgebühr und die

Nächtigungsgebühr. Der Anspruch auf die Zuteilungsgebühr beginnt

mit der Ankunft im Zuteilungsort und endet mit der Abreise vom

Zuteilungsort ... (§ 22 Abs 1 RGV). Der Anspruch auf

Nächtigungsgebühr ... entfällt, wenn dem Beamten aus Anlaß des

Kursbesuches von Amts wegen unentgeltlich eine Unterkunft angewiesen wird (§ 23 Abs 5 RGV). Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung begründet nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz (RGV), wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienstortes erfolgt. Wird dem Teilnehmer die Verpflegung unentgeltlich beigestellt, entfällt der Anspruch auf Tagesgebühr für den entsprechenden Kalendertag. Wird dem Teilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, entfällt der Anspruch auf Nächtigungsgebühr (§ 73 RGV).

Der Unfall der Klägerin vom 23.4.1990 ereignete sich während einer Dienstreise, allenfalls einer Dienstzuteilung, diese Unterscheidung ist hier allerdings nicht entscheidungswesentlich - wobei ihre Teilnahme an der dreitägigen Lehrveranstaltung (Kurs) "Computerunterstützte Textverarbeitung" zum Zwecke ihrer eigenen Fortbildung als Fachlehrerin ua für Textverarbeitung auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb ihres Dienstortes erfolgte.

Strittig ist, ob die Klägerin auch innerhalb des Hotels, in dem den Seminarteilnehmerinnen vom Dienstgeber Doppelzimmer mit Frühstück und Abendessen, also unentgeltliche Verpflegung und Nächtigungsmöglichkeit, zur Verfügung gestellt wurden, und zwar insbesondere auf dem Weg von ihrem Zimmer im 2.Stock über die Hotelstiege in das Hotelrestaurant zur Einnahme des Abendessens, unfallversichert war.

Der erkennende Senat hat bereits zu SSV-NF 4/65 unter Hinweis auf Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung II 72. Nachtrag 481 v, w ausgeführt, daß auch während einer Dienstreise zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen, und solchen Verrichtungen zu unterscheiden ist, die der privaten Sphäre des Dienstreisenden angehören. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist nämlich auf einer Dienstreise nicht schon deshalb ohne weiteres gegeben, weil sich der Versicherte im betrieblichen (dienstlichen) Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- bzw Wohnortes aufhalten und bewegen muß. Dieser Versicherungsschutz entfällt, wenn sich der Dienstreisende rein persönlichen, für die Betriebstätigkeit nicht mehr wesentlichen und von dieser nicht mehr wesentlich beeinflußten Belangen widmet.

Allerdings wird bei Unfällen während einer Dienstreise ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen (dienstlichen) Tätigkeit auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im allgemeinen eher anzunehmen sein als am Wohn- oder Betriebsort.

Ein solcher Zusammenhang ist im vorliegenden Fall bei entsprechender Auslegung des § 175 Abs 2 Z 7 ASVG entsprechenden § 90 Abs 2 Z 6 zu bejahen.

Vor der 32.ASVGNov BGBl 1976/704 (6.B-KUVGNov BGBl 1976/707) stand grundsätzlich weder der Weg von der Arbeitsstätte zur Einnahme einer Mahlzeit in der Nähe der Arbeitsstätte oder in der Wohnung und zurück, noch die Einnahme der Mahlzeit selbst unter Unfallversicherungsschutz. Durch die genannten Novellen wurden § 175 Abs 2 ASVG bzw § 90 Abs 2 die Z 7 bzw 6 mit folgendem Wortlaut angefügt: "auf einem Weg von der Arbeits- und Ausbildungsstätte (Dienststätte), den der Versicherte zurücklegt, um während der Mittagspause in der Nähe der Arbeits- und Ausbildungsstätte (Dienststätte) oder in seiner Wohnung eine Mahlzeit einzunehmen und anschließend auf dem Weg zurück zur Arbeits- und Ausbildungsstätte (Dienststätte)". Weil das OLG Wien als damals letzte Instanz in Leistungsstreitsachen mit Urteil vom 7.3.1979 SSV 19/28 entschieden hatte, daß die Einnahme des Mittagessens selbst nicht unter Unfallversicherungsschutz stehe, erhielten die genannten Gesetzesstellen durch die 34.ASVGNov BGBl 1979/530 bzw die 8.B-KUVGNov BGBl 1979/534 die noch heute geltende Fassung. In der RV zur 34.ASVGNov 92 BlgNR 15.GP wurde dazu ua ausgeführt, daß der Versicherungsschutz auch auf die Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse als solche (also zB die Einnahme der Mahlzeit selbst) erweitert werden solle. Ausgeschlossen vom Unfallversicherungschutz sollten Unfälle bei der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse im eigenen häuslichen Bereich sein, weil dies den immanenten Grenzen einer berufs- bzw betriebsbezogenen Unfallversicherung widersprechen würde.

Dienstreisen und Dienstzuteilungen haben gemeinsam, daß sich der Beamte zur Besorgung seiner dienstlichen Aufgaben an einen anderen Ort als den Dienstort begeben und dort in der Regel auch lebenswichtige persönliche Bedürfnisse befriedigen muß. Auf Dienstreisen, aber auch während Dienstzuteilungen während Aus- und Fortbildungskursen lassen sich Dienst- und Freizeit häufig nicht so leicht trennen wie im Dienstort, wo der Beamte in der Regel nur die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten hat. Insbesondere bei Kursen beginnen oder enden manche Programmpunkte oft erst nach der üblichen Dienstzeit. Es kann zwar nicht gesagt werden, daß der Beamte während der gesamten Dauer einer Dienstreise oder Dienstzuteilung Dienst (im engeren Sinn) versehen würde. Er muß sich jedoch wegen der Dienstreise oder Dienstzuteilung, also aus dienstlichen Gründen, außerhalb seines Dienstortes aufhalten und kann daher meist auch die nicht von den eigentlichen Dienstverrichtungen beanspruchte Zeit nicht unter den sonst gewohnten Umständen, insbesondere in der Regel nicht in seinem üblichen Wohnort oder in seiner üblichen Wohnung verbringen. Der Dienstreisende oder Dienstzugeteilte ist daher in der Regel genötigt, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse unter anderen Umständen zu befriedigen als bei einer Dienstverrichtung im Dienstort. Er wird häufig nicht nur zum Mittagessen, sondern auch zu anderen Mahlzeiten Gaststätten aufsuchen und in fremden Häusern übernachten müssen. Vor allem bei der Teilnahme an auswärtigen Aus- und Fortbildungkursen werden - wie auch im vorliegenden Fall - vom Dienstgeber oft unentgeltlich Verpflegung und Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt. Aber auch dann, wenn Verpflegung und Nächtigung von der Tages- und Nächtigungsgebühr bezahlt werden müssen, sind gemeinsame Mahlzeiten der Kursteilnehmer häufig in das Tagesprogramm von Aus- und Fortbildungskursen eingeplant. Selbst wenn die Kursbesucher nicht zur Teilnahme an diesen gemeinsamen Mahlzeiten verpflichtet sind, wird ihre Teilnahme vom Veranstalter üblicherweise gewünscht, weil dies nicht nur den Ablauf der Veranstaltung erleichtert, sondern ua wegen der dabei gegebenen Gesprächsmöglichkeiten zwischen Vortragenden und Kursteilnehmern, aber auch zwischen den Kursteilnehmern zu einem besseren Arbeitsklima und zu einem besseren Verarbeiten der Kursinhalte führt.

Daß bei Aus- und Fortbildungsveranstaltungen eine scharfe Trennung zwischen Dienstzeit, Arbeitspausen und Freizeit, aber auch zwischen Dienststätte und Wohnstätte sowie zwischen Dienst und privatwirtschaftlichen Tätigkeiten in der Regel schwierig ist, muß auch bei der Anwendung der Bestimmungen über den Dienstunfall entsprechend berücksichtigt werden.

Deshalb ist es erforderlich, die Bestimmung des § 90 Abs 2 Z 6, die ihrem Wortlaut nach (arg: Dienststätte, Dienstzeit, Arbeitspausen, Wohnung) auf einen Dienstunfall im Dienstort abgestellt ist, insbedsondere bei im Rahmen einer Dienstreise oder Dienstzuteilung durchgeführten Aus- oder Fortbildungsveranstaltungen im Hinblick auf die oben dargestellte Vermengung zwischen Dienstzeit, Arbeitspausen und Freizeit, Dienststätte und Unterkunft sowie eigentlicher Dienstleistung und Befriedigung persönlicher Bedürfnisse dahin auszulegen, daß ein Kursteilnehmer unter diesen Umständen auch auf dem Weg vom Kurslokal oder seinem Unterkunftsraum zur in der Nähe dieser Ausgangspunkte beabsichtigten Befriedigung lebenswichtiger persönlicher Bedürfnisse, insbesondere zur Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten der Kursteilnehmer, und anschließend auf dem Weg zurück unter Unfallversicherungsschutz steht.

Unter diesen Voraussetzungen ereignet sich der Unfall im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis.

Diese Voraussetzungen treffen auf den Unfall der Klägerin vom 23.4.1990 zu, der sich auf dem direkten Weg von dem ihr während der Fortbildungsveranstaltung zur Verfügung gestellten Hotelzimmer zur Einnahme des gemeinsamen Abendessens der Seminarteilnehmer im Hotelrestaurant ereignet hat.

Im vorliegenden Fall war der ursächliche Zusammenhang sogar besonders ausgesprägt, weil die Klägerin, um das vom Dienstgeber im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung unentgeltlich beigestellte Abendessen konsumieren zu können, von dem ihr ebenfalls unentgeltlich zur Verfügung gestellten Hotelzimmer in das Hotelrestaurant gehen mußte.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das gemeinsame Abendessen der Seminarteilnehmer am Unfalltag eine besondere, vom Dienstgeber organisierte Gemeinschaftsveranstaltung war, oder ob auf dem Weg vom Hotelzimmer zum Hotelrestaurant besondere Gefahrenmomente wirksam wurden, denen die Klägerin an ihrem Wohn- oder Dienstort nicht ausgesetzt gewesen wäre.

Obwohl der Unfall der Klägerin vom 23.4.1990 ein Dienstunfall ist, ist die Streitsache hinsichtlich des zu I. gestellten Feststellungsbegehrens noch nicht vollständig erörtert und noch nicht zur Entscheidung reif (§ 193 Abs 1 ZPO).

Das auf einen Dienstunfall gestützte Feststellungsbegehren richtet sich auf die Feststellung, daß der knöcherne Abriß des Kreuzbandes im rechten Knie Folge des Dienstunfalls vom 23.4.1990 ist. Nach den der im Anstaltsakt erliegenden Krankengeschichte folgenden - diesbezüglich mit der Begründung des angefochtenen Bescheides übereinstimmenden - erstgerichtlichen Feststellungen zog sich die Klägerin durch diesen Unfall einen knöchernen Ausriß des Zwischenknorrenvorsprunges im rechten Kniegelenk zu. Ob die festgestellte Unfallfolge mit der von der Klägerin behaupteten und nach ihrem Begehren fetzustellenden Unfallfolge übereinstimmt, kann mangels ausreichender medizinischer Sachkunde des erkennenden Senates nicht verläßlich beurteilt werden und wird daher im fortgesetzten Verfahren zu erörtern und zu klären sein.

Daher waren die Urteile der Vorinstanzen, soweit sie das Feststellungsbegehren betreffen, aufzuheben; die Sozialrechtssache war insoweit zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (§§ 496, 499, 503 Z 4, 510, 511 und 513 ZPO).

Der Vorbehalt der Entscheidung über die Verpflichtung zum Ersatz der Revisionskosten beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Soweit die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren das auf Rückerstattung des Behandlungsbeitrages bzw Nichtvorschreibung eines weiteren Behandlungsbeitrages gerichtete Klagebegehren zu II. betreffen, sind sie nichtig.

Zwar darf für die Unfallheilbehandlung nach § 96 Abs 3 B-KUVG ein Behandlungskostenbeitrag, eine Rezeptgebühr bzw ein Kostenanteil für Reise(Fahrt)- und Transportkosten nicht eingehoben werden. Ein Rechtsstreit über die Rückerstattung eines vom Versicherungsträger zu Unrecht eingehobenen Behandlungskostenbeitrages ist jedoch keine Sozialrechtssache iS des § 65 ASGG. Abs 1 Z 2 leg cit betrifft nur Rechtsstreitigkeiten über die Pflicht zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung, Z 3 nur Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe und Z 5 nur die Kostenersatzpflicht eines Versicherungsträgers bzw eines Versicherten in einem Verfahren in Leistungssachen. Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten - also auch deren Vorschreibung - ... gehören nach dem gemäß § 129 B-KUVG hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes geltenden § 355 Z 3 ASVG zu den Verwaltungssachen.

Aus Anlaß der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren, soweit sie das Klagebegehren zu II. betreffen, von Amts wegen als nichtig aufzuheben; insoweit war die Klage zurückzuweisen (§ 73 ASGG; §§ 477 Abs 1 Z 6, 478 Abs 1, 510 und 513 ZPO).

Die diesbezügliche Kostenentscheidung beruht auf § 51 Abs 2 ZPO.

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