OGH 11Os30/92-6

OGH11Os30/92-624.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.März 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer, in der Strafsache gegen Martin F***** wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den auf § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO gestützten Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 5.Juni 1991, GZ 9 U 413/91-3, nach Anhörung des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Wasserbauer, in öffentlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Martin F***** wegen § 125 StGB, AZ 9 U 413/91 des Bezirksgerichtes Hernals, verletzt der in der Strafverfügung vom 5.Juni 1991 enthaltene Ausspruch, daß gemäß § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO (auch) vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.Oktober 1989, GZ 9 c E Vr 5.885/89-8, verhängten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert werde, das Gesetz in den Bestimmungen des § 53 Abs. 1 und 2 StGB iVm § 494 a Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StPO. Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieser Ausspruch aufgehoben.

Rechtliche Beurteilung

Gründe:

Der am 11.Dezember 1965 geborene Martin F***** wurde mit dem in gekürzter Form (§ 488 Z 7 StPO iVm § 458 Abs. 3 StPO) ausgefertigten Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.Oktober 1989, GZ 9 c E Vr 5.885/89-8, des Vergehens (richtig: Verbrechens) der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall (gemeint: erster Fall, höherer Strafsatz - ua EvBl. 1989/177) StGB schuldig erkannt und zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, die (mit der Weisung, einer Beschäftigung nachzugehen - §§ 50, 51 StGB) für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Die bedingte Strafnachsicht wurde mit dem (unangefochten) in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Landesgerichtes für Strafachen Wien vom 18.Februar 1991 (ON 21) gemäß § 53 Abs. 3 StGB widerrufen. Daraufhin wurde ab dem 19.April 1991 ein Teil der Strafe von vier Monaten vollzogen und der Verurteilte mit Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 14. Juni 1991, AZ 21 BE 81/91, am 19.August 1991 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen (ON 24, 26, 28 des Aktes 9 c E Vr 5.885/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien).

Über Martin F***** wurde ferner mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals vom 5.Juni 1991, GZ 9 U 413/91-3, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Tatzeit: 18. November 1990) eine Geldstrafe verhängt. Diese Strafverfügung enthält unter anderem den Ausspruch, daß nach § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO (ua) vom Widerruf der mit der oben bezeichneten Vorverurteilung ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht abgesehen und gemäß Abs. 7 leg. cit. die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert werde.

Diese mit der am 8.Oktober 1991 in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals angeordnete Verlängerung der Probezeit steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Im Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung und der darin angeordneten Verlängerung der Probezeit war nämlich die im Verfahren AZ 9 c E Vr 5.885/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährte bedingte Strafnachsicht bereits (rechtskräftig) widerrufen, weshalb eine Verlängerung der Probezeit nicht mehr in Betracht kam. Gemäß § 494 a Abs. 3 StPO hat das Gericht vor einer Entscheidung nach dem Abs. 1 dieser Gesetzesstelle (also auch bei einem Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und einer allfälligen Verlängerung der Probezeit) ua in die Akten über die frühere Verurteilung Einsicht zu nehmen. Diese Vorschrift hat das Bezirksgericht Hernals bei seiner auf § 494 a Abs. 1 Z 2 und Abs. 7 StPO gestützten Entscheidung - wie aus der Aktenlage ersichtlich - nicht beachtet.

Die mit dem Widerrufsbeschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18.Februar 1991, GZ 9 c E Vr 5.885/89-21, verbundene Sperrwirkung ließ keinen Freiraum für die inhaltlich damit unvereinbare Verlängerung der (im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr aktuellen) Probezeit mit dem angeführten Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals offen. Obwohl diesem Beschluß mangels aufrechter bedingter Strafnachsicht vorweg keine Rechtswirkung zukommen konnte, sind im Zusammenhang mit der (kurz danach) ergangenen Entscheidung über die bedingte Entlassung allfällige (auf potentiellem Versehen beruhende) nachteilige Auswirkungen für den Verurteilten nicht auszuschließen, weshalb gemäß § 292 letzter Satz StPO vorzugehen war.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher spruchgemäß zu erkennen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte