Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dietmar Eduard H***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 8.Juni 1991 in Wilhering Maria N***** durch Versetzen mehrerer wuchtiger Schläge mit einem Handmixer auf den Kopf und durch mehrmaliges Stechen mit dem Küchenmesser in den Hals vorsätzlich getötet.
Die Geschworenen hatten die Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes im Stimmenverhältnis 8 : 0 bejaht und die Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit gleichfalls einstimmig verneint. Demgemäß blieb die Eventualfrage nach dem Vergehen nach § 287 StGB unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf § 345 Abs. 1 Z 5, 6 und 8 StPO gestützt wird.
In der Verfahrensrüge (Z 5) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die "Nichtstattgabe" seiner erheblichen Einwendungen gegen den medizinischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. JAROSCH, dessen Gutachten unvollständig und oberflächlich, nicht nachvollziehbar und rein spekulativ sowie undurchsichtig und vordergründig sei, bei dem erhebliche Zweifel an der vollen Unbefangenheit bestehen und der den an ihn herangetragenen gerichtlichen Auftrag überschritten habe.
Zu dieser Rüge ist der Nichtigkeitswerber formal nicht legitimiert; denn er hat in der Hauptverhandlung in bezug auf den genannten Sachverständigen weder Einwendungen erhoben noch sonst einen Antrag gestellt, durch dessen Ablehnung oder Nichterledigung Verteidigungsrechte verkürzt wurden (vgl. auch ON 50). Die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO steht aber voraus, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde; auf einen Antrag, der vor der Hauptverhandlung überreicht, in der Hauptverhandlung aber nicht wiederholt wurde, kann dieser Nichtigkeitsgrund nicht gestützt werden.
Aber auch durch die Abweisung seines Antrags auf Vernehmung des Zeugen Rudolf I***** kann sich der Rechtsmittelwerber in seinen Rechten nicht verletzt erachten.
Das Geschworenengericht hat versucht, diesen Zeugen zur Hauptverhandlung zu laden. Die Vorladung wurde, weil der Zeuge an seinem Wohnort nicht angetroffen wurde, postamtlich hinterlegt, aber nicht behoben. Die Polizei hat über gerichtlichen Auftrag erhoben, daß I***** in den letzten 14 Tagen vor der Hauptverhandlung nicht mehr in der Nähe seines Wohnortes gesehen wurde. Auch die Zuhörer (ersichtlich Bekannte des Angeklagten) im Gerichtssaal wußten nichts über den Aufenthaltsort dieses Zeugen. Daraufhin erklärte der Beschwerdeführer, seinen (schriftlich gestellten - vgl. ON 34 a) Antrag auf Einvernahme des erwähnten Zeugen, der zum Beweise dafür geführt worden war, daß der Nichtigkeitswerber vor der ihm zur Last gelegten Tat nicht nur große Mengen Alkohol konsumiert, sondern auch Haschisch geraucht hat, aufrecht zu erhalten (S 227).
Diesen Antrag wies der Schwurgerichtshof durch Zwischenerkenntnis mit der Begründung ab, daß die Verantwortung des Nichtigkeitswerbers, er hätte große Alkoholmengen konsumiert und Haschisch geraucht, glaubwürdig dargestellt und auch von einigen Zeugen teilweise bestätigt worden sei; darüber hinaus sei die Frage des Haschischrauchens für die Zurechnungsunfähigkeit ohne Einfluß. Hierauf erklärte sich der Rechtsmittelwerber mit der Verlesung der Aussage dieses Zeugen vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (S 171 f in ON 17) einverstanden, die in der Folge auch verlesen wurde.
Durch das nunmehr bekämpfte Zwischenerkenntnis wurden keine Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist.
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung des Mordes schuldig bekannt. Er hat vorgebracht, vor der Tat beträchtliche Mengen alkoholischer Getränke konsumiert und eine Haschischzigarette geraucht zu haben. Im gesamten Verlauf der Hauptverhandlung hat er aber nie behauptet, durch den Genuß von Alkohol und/oder Haschisch in den Zustand der Zurechnungsunfähigkeit gekommen zu sein. Auch der in Rede stehende Beweisantrag zielte nicht darauf ab, darzutun, daß der Angeklagte zur Tatzeit zurechnungsunfähig gewesen ist; dargetan werden sollte damit - liest man den in der Hauptverhandlung wiederholten Antrag auf Vernehmung des genannten Zeugen (ON 34 a/S 179 c/II iVm S 186/II) in seinem
Zusammenhang - vielmehr nur, daß der Angeklagte "in einem schweren, wenn auch die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand war". Davon ausgehend war demnach die begehrte Beweisaufnahme nicht geeignet, die Beweislage zugunsten des Nichtigkeitswerbers zu ändern und den Wahrspruch der Geschworenen zu beeinflussen (Mayerhofer-Rieder, StPO2, ENr. 8 zu § 345 Z 5), sodaß sich der Angeklagte durch die Unterlassung der Einvernahme des Zeugen I***** nicht für beschwert erachten kann.
Als Nichtigkeit gemäß § 345 Abs. 1 Z 6 StPO rügt der Rechtsmittelwerber die Unterlassung der Stellung einer Eventualfrage nach dem Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang "gemäß § 86 StGB". Zu einer solchen Fragestellung bestand jedoch kein Anlaß, weil er sich in der Hauptverhandlung des Mordes schuldig bekannt und auch sonst keine Tatsachen vorgebracht hat, wonach die ihm zur Last gelegte Tat als Verbrechen nach §§ 83 Abs. 1 oder Abs. 2, 86 StGB zu beurteilen wäre. Während beim Verbrechen des Mordes mit Tötungsvorsatz gehandelt wird, kommt das Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nur dann in Betracht, wenn in bezug auf die Todesfolge (bloß) Fahrlässigkeit vorliegt. Mit seiner in der Beschwerde wiedergegebenen Verantwortung: "Mir war nicht klar, daß die Frau sterben wird, wenn ich so auf sie einschlage", hat der Angeklagte keine Tatsachen vorgebracht, die eine bloß fahrlässige Tötung als Folge eines Handelns nur mit Verletzungsvorsatz indizieren würden. Im Zusammenhang mit seiner bisherigen Verantwortung wird damit der von ihm zugegebene Tötungsvorsatz nicht in Zweifel gezogen, womit es aber an einem entsprechenden Tatsachenvorbringen für die Stellung der reklamierten Eventualfrage fehlt.
Letztlich erweist sich auch die Instruktionsrüge (Z 8) als nicht begründet. Dieser ist zunächst zu erwidern, daß es nach herrschender Rechtsprechung genügt, wenn der bedingte Vorsatz mit dem Gesetzeswortlaut in der Rechtsbelehrung erklärt wird (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 31 a zu § 345 Z 8). Zu einer Erörterung des Unterschiedes zwischen bedingtem Vorsatz und bewußter Fahrlässigkeit bestand kein Anlaß, weil ersterer - wie eben erwähnt - keiner weiteren Erläuterung bedurfte und eine Frage nach fahrlässiger Herbeiführung des Todes der Maria N***** den Geschworenen nicht gestellt wurde. Auch die behauptete Unrichtigkeit und Widersprüchlichkeit der Rechtsbelehrung in bezug auf die Frage, ab welcher Höhe der Blutalkoholkonzentration Zurechnungsunfähigkeit anzunehmen ist, vermochte die Geschworenen nicht zu beirren, war doch dem Beschwerdeführer nach der Tat Blut zur Bestimmung seines Blutalkoholgehaltes nicht abgenommen worden, sodaß die bezughabenden Ausführungen in der Rechtsbelehrung überflüssig sind.
Da gleichartige, jeweils mehrere Fragen betreffende Rechtsausführungen in der Rechtsbelehrung trotz § 321 Abs. 2 StPO nicht bei jeder einzelnen Frage wiederholt werden müssen und durch ihre Zusammenfassung diese Bestimmung nicht verletzt wird (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 5 zu § 321), verstößt die Verweisung in der Rechtsbelehrung zum Begriff der vollen Berauschung auf die Ausführungen in der Rechtsbelehrung zur Eventualfrage 3 nicht gegen die genannte Bestimmung. Gerade diese Verweisung machte die Geschworenen darauf aufmerksam, die Rechtsbelehrung zur Eventualfrage - selbst wenn deren Beantwortung wie vorliegend nicht zu erfolgen hatte - zu beachten.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen unterscheidet die Rechtsbelehrung auch unmißverständlich zwischen Tötungs- und Verletzungsvorsatz; die Beschwerde gibt insoweit den Wortlaut der Belehrung unrichtig wieder, indem sie von "und" an Stelle von "oder" spricht (vgl. S 263/II).
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung
als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, die grausame und brutale Tatausführung, die zu Todesangst und, wenn auch nur kurzen, besonderen Qualen des Opfers führte, das besonders verwerfliche Motiv, nämlich die Verhinderung einer Anzeige durch das Opfer und die hohe physische Unterlegenheit des Opfers infolge Alters und Gebrechlichkeit,
als mildernd hingegen das Tatsachengeständnis und das Alter unter 21 Jahren.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe.
Mit Recht wurde dem Berufungswerber die Vorstrafe wegen § 83 Abs. 1 StGB als erschwerend angelastet. Nach § 33 Z 2 StGB ist es ein Erschwerungsgrund, wenn der Täter schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist. Gemäß § 71 StGB beruhen strafbare Handlungen auf der gleichen schädlichen Neigung, wenn sie ua gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind. Das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB sind Straftaten gegen Leib und Leben, sohin gegen das gleiche Rechtsgut gerichtet. Daß die Tat, die zur Vorverurteilung führte, in irgend einem Zusammenhang mit der nunmehr zu beurteilenden Tat steht, wird vom Gesetz nicht gefordert.
Nach dem Wahrspruch der Geschworenen hat der Angeklagte Maria N***** durch Versetzen mehrerer wuchtiger Schläge mit einem Handmixer auf den Kopf und durch mehrmaliges Stechen mit einem Küchenmesser in den Hals getötet. Vergleicht man das Alter des 20-jährigen Täters mit dem des im 77. Lebensjahr stehenden Opfers und berücksichtigt man die mehrfachen Schläge und Stichverletzungen der Maria N*****, die miteinander zum Todes des Opfers geführt haben, so ist den Tatrichtern darin beizupflichten, daß die Grausamkeit und Brutalität der Tatbegehung an einem altersbedingt physisch unterlegenen Opfer als erschwerend ins Gewicht fällt. Dabei ist der Vollständigkeit halber anzumerken, daß nach Lage des Falles die grausame und brutale Tatausführung sowie die durch Alter und Gebrechlichkeit bedingte hohe physische Unterlegenheit des Opfers der Sache nach eine Einheit bilden und demnach nur einen Erschwerungsgrund darstellen. Das Versetzen von mehreren tiefen Messerstichen gegen den Hals, die zu einer Eröffnung und Durchtrennung der Luftröhre führten, hat das Gericht aber mit Recht als für das Opfer qualvoll beurteilt.
Die verminderte Zurechnungsfähigkeit infolge Alkoholisierung kann dem Berufungswerber als Milderungsgrund nicht zugute gehalten werden. Zunächst ist dem Angeklagten anzulasten, daß er seit seiner Vorverurteilung weiß, daß er im Zustand der Alkoholisierung zur Gewalttätigkeit neigt. Dazu kommt, daß er von ca. 18,30 Uhr des Vortages bis etwa 14 Uhr des Tattages grundlos durchgezecht hat, sodaß ihm seine Alkoholisierung zur Tatzeit iS des § 35 StGB vorzuwerfen ist; er kann daher den Milderungsgrund des § 34 Z 11 StGB nicht für sich in Anspruch nehmen (Mayerhofer-Rieder, StGB3, E 8 zu § 35).
Daß der Berufungswerber den Mord nicht von langer Sicht geplant hat, wurde ihm als erschwerend nicht angerechnet. Allerdings ist in diesem Umstand auch ein Milderungsgrund nicht zu erkennen.
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung des Mordes schuldig bekannt. Er hat zwar nach der Tat ein reumütiges Verhalten nicht an den Tag gelegt, er hat aber nicht versucht, die subjektive und objektive Tatseite in Zweifel zu ziehen. Demnach kommt dem von den Tatrichtern angenommenen Milderungsgrund des wesentlichen Beitrages zur Wahrheitsfindung ähnliches Gewicht zu, wie einem reumütigen Geständnis.
Zu Unrecht allerdings wurde dem Berufungswerber als straferschwerend angerechnet, daß er die Tat aus einem besonders verwerflichen Motiv, nämlich weil er eine Anzeige durch das Opfer verhindern wollte, begangen hat. Ausgehend davon, daß die Begehung eines Mordes für sich allein schon äußerst verwerflich ist, kann - wie in der Berufung zutreffend ausgeführt wird - in dem genannten Motiv eine besondere Verwerflichkeit, die eigens als erschwerend zu werten wäre, nicht erblickt werden.
Unter Abwägung der solcherart nur geringfügig zum Vorteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründe erweist sich die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren seiner schweren Schuld und dem hohen Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Straftat angemessen. Das Strafherabsetzungsbegehren erweist sich daher als nicht gerechtfertigt, so daß auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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