OGH 6Ob510/92

OGH6Ob510/9212.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Dr. Johann K*****, vertreten durch Dr. Franz Bixner jun., Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Konrad K*****, vertreten durch Dr. Georg Josef Reich, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 23. Dezember 1991, AZ 12 R 152/91 (ON 16), womit der Rekurs des Rechtsmittelwerbers gegen die Streitwertherabsetzung und Unzuständigkeitserklärung im Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. April 1991, GZ 18 Cg 177/90-7, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem gegen die rekursgerichtliche Rechtsmittelzurückweisung erhobenen Rekurs wird nicht stattgegeben.

Im übrigen wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen. Die Parteien haben ihre Kosten des Rekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem Sohn, daß dieser als Treuhänder in Erfüllung der zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Treuhandvereinbarung dem Verlangen auf (Rück-)Abtretung der Pachtrechte an einem gemeindeeigenen Badegrundstück nachkomme und der Verpächterin gegenüber eine näher formulierte Verzichtserklärung abgebe. Der Kläger bewertete sein auf Abgabe dieser Erklärung gerichtetes Begehren in der am 22. August 1990 beim Gerichtshof angebrachten Klage mit 300.000 S.

Der Beklagte bemängelte in seiner Klagebeantwortung diese Bewertung, forderte eine Herabsetzung des Streitwertes auf 30.000 S und beantragte demgemäß die Abtretung der Rechtssache an das zuständige Bezirksgericht.

Der Kläger beharrte auf seiner Bewertung des Streitgegenstandes. Er entsprach zwar der Aufforderung des Gerichtes zur Behauptung des auf die Pachtfläche entfallenden anteiligen steuerlichen Einheitswertes (rund 16.000 S), fügte dem aber seine Ansicht hinzu, daß dieser nach der Art des Begehrens nicht maßgeblich sei (keine Anwendbarkeit des § 60 Abs 2 JN). In der Folge behauptete der Kläger, der jährliche Pachtschilling für das Pachtobjekt, in Ansehung dessen die Verzichtserklärung urteilsmäßig begehrt werde, betrage 12.000 S, so daß unter Anwendung des § 58 JN der Streitwert 120.000 S ausmachte und damit über der bezirksgerichtlichen Wertgrenze läge.

Ausdrücklich beantragte der Kläger für den Fall, daß der Gerichtshof sich für unzuständig erklären sollte, die Überweisung der Rechtssache, und zwar bei Annahme einer Bestandsache an das im Sinne des § 83 Abs 1 JN als nicht offenbar unzuständig bezeichnete Bezirksgericht, ansonsten an das gemäß § 66 JN als zuständig genannte Bezirksgericht.

Der Gerichtshof erklärte sich nach seinem mündlich verkündeten Beschluß als sachlich unzuständig. In der schriftlichen Ausfertigung dieser Entscheidung sprach er aus, daß der Streitwert 15.880,92 S betrage (Punkt 1) und daß die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen werde (Punkt 2). In der Begründung dieser Entscheidung führte das Gericht aus, daß gemäß § 59 JN zwar bei Klagen auf Abgabe einer Willenserklärung die vom Kläger angegebene Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstandes anzusehen sei, die begehrte Verzichtserklärung sich aber auf das Pachtrecht an einem Grundstück beziehe, dessen (anteiliger) steuerlicher Einheitswert nur 15.880,92 S betrage und dieser gemäß § 60 Abs 2 JN für die Bewertung der unbeweglichen Pachtsache bestimmende Betrag auch die Höhe des Interesses des Klägers an der von ihm begehrten Erklärung nach oben hin begrenze. § 58 Abs 2 JN fände nur im Verhältnis der Bestandsvertragsparteien (nicht aber im Rechtsstreit zweier Parteien um die Bestandnehmereigenschaft) Anwendung. Der Unzuständigkeitseinrede des Beklagten sei deshalb stattzugeben gewesen. Zum Überweisungsantrag des Klägers nahm der Gerichtshof nicht Stellung.

Der Kläger erhob Rekurs. Er erklärte, die erstrichterliche Entscheidung ihrem gesamten Inhalt nach anzufechten und begehrte, daß der Streitwert mit 120.000 S festgesetzt und dem Gerichtshof erster Instanz die Verfahrensfortsetzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen werde; hilfsweise begehrte er die Prozeßüberweisung im Sinne seines Überweisungsantrages.

Das Rekursgericht erachtete den Rekurs des Klägers nur insoweit als berechtigt, als die sachliche Unzuständigkeit unter Verletzung der Regelung des § 60 Abs 3 JN und Übergehung des Überweisungsantrages zur Grundlage einer Klagszurückweisung genommen wurde, ersetzte diese durch die Prozeßüberweisung und erklärte den Rekurs im übrigen aus dem Grund des § 45 JN als unzulässig.

Das Rekursgericht formulierte seine Rechtsmittelentscheidung in folgender Weise:

"Der Rekurs gegen den Beschluß ON 7 wird, soweit er sich gegen dessen Punkt 1 und gegen den in Punkt 2 enthaltenen Ausspruch über die sachliche Unzuständigkeit des Erstgerichtes richtet, zurückgewiesen.

Im übrigen wird dem Rekurs Folge gegeben und der Beschluß ON 7 dahin abgeändert, daß sein Punkt 2) insgesamt zu lauten hat:

Das.... Gericht.... ist sachlich unzuständig.

Die Rechtssache wird an das nicht offenbar unzuständige

Bezirksgericht.... übertragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt S 50.000.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den den Rekurs zurückweisenden Teil dieses Beschlusses ist der Revisionsrekurs zulässig.

Im übrigen ist der Revisionsrekurs unzulässig."

Der Kläger ficht die Rekursentscheidung nach seiner Anfechtungserklärung insoweit an, als gemäß dem ersten Satz des Punktes I) sein Rekurs gegen den erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß zurückgewiesen wurde. Nach seinem Rechtsmittelantrag strebt der Rechtsmittelwerber aber die Abänderung des angefochtenen Beschlusses in dem Sinn an, "daß das Erstgericht als zuständig erklärt werde".

Der Beklagte erstattete eine Rekursbeantwortung.

Er strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Das Rechtsmittel des Klägers ist teils unzulässig, teils nicht berechtigt.

Grundlage der erstinstanzlichen Entscheidung war eine Überprüfung der Bewertung des Streitgegenstandes gemäß § 60 Abs 1 JN. Dabei bildete die Bezifferung der als angemessen befundenen Bewertung, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, nur einen (unselbständigen) Teil der Entscheidung aufgrund der Prüfung gemäß § 60 Abs 1 JN. (Der Bewertungsausspruch ist nicht mehr als ein in den Spruch aufgenommener Teil der Begründung.) Da das Prozeßgericht, wenn auch zur Begründung der Unanwendbarkeit des § 58 JN, klarstellte, daß keine Bestandstreitigkeit im Sinn des § 49 Abs 2 Z 5 JN vorläge, war damit implizit auch das Vorliegen des Gerichtsstandes nach § 83 Abs 1 JN verneint, so daß nach der erstinstanzlichen Entscheidung nur das gemäß § 66 JN örtlich zuständige Bezirksgericht für die Fortsetzung des Rechtsstreites in Betracht zu ziehen war. Dieses Bezirksgericht hat seinen Sitz in derselben Gemeinde wie der angerufene Gerichtshof.

Damit sind die Voraussetzungen für den Rekursausschluß nach dem zweiten Fall des § 45 JN erfüllt. Das hat das Rekursgericht ohne Rechtsirrtum ausgesprochen.

Ob die Erwägungen zur Unzuständigkeitsentscheidung zutreffen, ist nicht zu prüfen. Entscheidend ist allein die sich aus der Unzuständigkeitserklärung des Gerichtshofes erster Instanz ergebende Folgerung, daß die Rechtssache nach dieser Entscheidung vor einem Bezirksgericht abzuführen sei, das seinen Sitz in derselben Gemeinde hat wie der Gerichtshof, den Parteien daher keine Zureise zu einem anderen Gerichtssitz aufgenötigt werde.

Daran geht die Argumentation des Rechtsmittelwerbers gänzlich vorbei, der darzulegen versucht, daß zufolge Anwendbarkeit des § 58 JN die Voraussetzungen für eine Streitwertüberprüfung nach § 60 JN gar nicht vorgelegen wären.

Bei jedem Rechtsmittelausschluß nimmt der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung sachlich unzutreffender Entscheidungen, die sonst einer Abänderung oder Aufhebung im Rechtsmittelweg unterlägen, in Kauf, im Fall des § 45 JN deshalb, weil er aus prozeßökonomischen Gründen den mit dem Rechtsmittelzug verbundenen Verfahrensaufwand für die gerichtliche Anspruchsverfolgung typischerweise für nachteiliger erachtet als die mögliche Verweisung der Rechtssache vor ein bei richtiger Anwendung der Verfahrensnormen sachlich unzuständiges Gericht.

Die bekämpfte Rekurszurückweisung ist durch § 45 JN vollauf gedeckt.

Eine dem Rechtsmittelwerber der Sache nach vorschwebende einschränkende Auslegung dieses Rekursausschlusses, daß er für Unzuständigkeitsentscheidungen nicht gelten sollte, für die es an der verfahrensrechtlichen Grundlage gefehlt hätte (hier: wegen angeblicher Anwendbarkeit des § 58 JN hätte eine Streitwertüberprüfung gar nicht erfolgen dürfen), entspräche nicht dem erklärten Regelungszweck, als unfruchtbar befundene Streitigkeiten über Zuständigkeitsfragen tunlichst abzukürzen.

Soweit die Anfechtung nach dem Rechtsmittelantrag aber entgegen der Anfechtungserklärung auch die Streitbewertung und damit die darauf beruhende Prozeßüberweisung erfaßt, greift nach der vom Rekursgericht ausgesprochenen Prozeßüberweisung schon der Rekursausschluß nach § 261 Abs 6 ZPO.

Dem Rekurs gegen die teilweise Rekurszurückweisung war daher nicht stattzugeben; im übrigen war der Rekurs zurückzuweisen.

Dem Rechtsmittelwerber steht für sein teils erfolgloses und teils unzulässiges Rechtsmittel kein Kostenersatz zu. Aber auch dem Beklagten gebührt für seine Rekursbeantwortung kein Kostenersatz:

Das Rekursverfahren über die Zurückweisung des Rekurses war kein Anwendungsfall des § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO und daher nicht zweiseitig. In diesem Umfang kann die Rekursbeantwortung nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig erkannt werden. Auf die Unzulässigkeit des darüber hinausgehenden Rekurses hat der Rechtsmittelgegner in keiner Weise hingewiesen, so daß auch in diesem Umfang die Rekursbeantwortung nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig zu erkennen ist.

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