OGH 5Ob506/92

OGH5Ob506/9210.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache betreffend die minderjährigen 1.) Margit F*****, geboren am 6. September 1975, 2.) Heidelinde F*****, geboren am 28. Mai 1978, und 3.) Richard F*****, geboren am 3. Mai 1980, alle *****, alle vertreten durch ihre Mutter Brunhilde F*****, ebendort, infolge Revisionsrekurses des Vaters der genannten Minderjährigen, Leopold F*****, Gendarmeriebeamter, ***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. Dezember 1991, GZ 6 Nc 28/91-5, wegen Delegierung dieser Pflegschaftssache (P 262/92 des Bezirksgerichtes Zwettl) an das Bezirksgericht St. Pölten, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Rekurswerber ist der eheliche Vater der im Kopf dieser Entscheidung genannten Kinder. Seine Ehe mit der Mutter dieser Kinder wurde im Jahre 1982 geschieden. Das Pflegschaftsverfahren war seit dem Jahre 1980 beim Bezirksgericht Groß Gerungs anhängig und ist nunmehr gemäß Art I § 60 der Verordnung der Bundesregierung BGBl 1971/478 idF Art II Z 9 der Verordnung der Bundesregierung BGBl 1991/586 beim Bezirksgericht Zwettl anhängig.

Im Zuge des Pflegschaftsverfahrens stellte der Rekurswerber verschiedene Fristsetzungs- und Ablehnungsanträge gegen den zuständigen Pflegschaftsrichter, Ablehnungsanträge auch gegen die nach der Geschäftsverteilung des Kreisgerichtes Krems an der Donau zuständigen Senatsmitglieder des Rekursgerichtes.

Am 19. September 1991 (ON 438) stellte Leopold F***** den Antrag auf Delegierung der Pflegschaftssache an ein anderes im Sprengel des Kreisgerichtes Krems an der Donau gelegenes Bezirksgericht und begründete diesen Antrag damit, daß er am 9. September 1991 anläßlich der Behebung von Gerichtsstücken beim Postamt Senftenberg aufgefordert worden sei, einen "Rückschein ohne dazugehörigen Brief des Bezirksgerichtes Groß Gerungs" zu unterschreiben, weil er "diesen Brief vermutlich ohne meine Unterschrift erhalten habe". Dies sei eine Unterstellung. Mit dem Delegierungsantrag verband der Antragsteller einen neuerlichen Ablehnungsantrag gegen den Vorsteher des Bezirksgerichtes Groß Gerungs und die Rechtspflegerin Edeltraud A***** sowie eine Beschwerde zur Einleitung disziplinärer Maßnahmen.

Der zuständige Pflegschaftsrichter äußerte sich am 15. Oktober 1991 zum Delegierungsantrag gemäß § 31 Abs 3 JN dahin, daß kein Delegierungsgrund vorliege und daß eine Delegierung wegen des Wohnsitzes der Kinder im Sprengel des Bezirksgerichtes Groß Gerungs unzweckmäßig sei (ON 440).

Auch in der Verbesserung seines Delegierungsantrages vom 26. November 1991 (ON 456) verweist der Antragsteller auf den Vorfall beim Postamt Senftenberg und macht als weiteren Delegierungsgrund geltend, daß "vom Bezirksgericht Groß Gerungs seit März 1990 über keinen eingebrachten Antrag entschieden" worden sei. Gleichzeitig hielt der Rekurswerber seinen Ablehnungsantrag gegenüber Richtern des Kreisgerichtes Krems an der Donau aufrecht und stellte den Antrag auf Delegierung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht St. Pölten.

Das Oberlandesgericht Wien wies diesen Delegierungsantrag mit der Begründung ab, daß weder Unzukömmlichkeiten in der Verfahrensführung noch Ablehnungsgründe eine Delegierung rechtfertigen könnten. Im erstgenannten Fall stünden den Parteien die Rechtsbehelfe der Aufsichtsbeschwerde oder des Fristsetzungsantrages zur Verfügung, im letztgenannten Fall das Ablehnungsverfahren.

Zweckmäßigkeitsgründe, die eine Delegierung nach § 31 Abs 1 JN rechtfertigen könnten, seien nur dann gegeben, wenn durch die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht eine wesentliche Verkürzung des Verfahrens, eine Erleichterung des Gerichtszuganges oder eine Verbilligung des Verfahrens erreicht werden könnten. Solche unabhängig von den behaupteten Unzukömmlichkeiten in der Verfahrensführung und den behaupteten Ablehnungsgründen gegebene Umstände seien nicht einmal behauptet worden. Überdies spreche der Wohnsitz der Kinder im Sprengel des an sich zuständigen Gerichtes gegen die Zweckmäßigkeit einer Delegierung.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der zutreffend beim Oberlandesgericht Wien eingebrachte (JBl 1978, 268; AnwBl 1987, 672/2759; MietSlg 25.502) Rekurs des Antragstellers mit dem Begehren, seinem Delegierungsantrag stattzugeben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Zutreffend erachtete das Oberlandesgericht Wien die vom Rekurswerber in seinem Delegierungsantrag dargelegten Gründe nicht als solche der Zweckmäßigkeit, die eine Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht rechtfertigen könnten. Zweckmäßigkeitsgründe sind - legt man der Beurteilung die von der ständigen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Auslegung des § 31 Abs 1 JN zugrunde, wonach weder Personalschwierigkeiten bei Besetzung eines Gerichtes noch Ablehnungsgründe noch Verfahrensverzögerungen noch die Überlastung des Gerichtes noch eine behauptete mangelnde Sachkenntnis eines Richters (MGA JN-ZPO14 § 31 JN/13-17) eine Delegierung rechtfertigen können - nur solche Umstände, die - die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens bei jedem der beiden Gerichte vorausgesetzt - den Schluß zulassen, daß im Falle der Übertragung der Zuständigkeit an das andere Gericht eine Verkürzung des Prozesses, eine Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder eine wesentliche Verbilligung des Rechtsstreites eintreten kann (vgl. 4 Nd 509/90).

Die im Rekurs zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen des Antragstellers, er könne bei dienstlichen Kontakten (als Gendarmeriebeamter) mit dem Erstgericht oder dem Kreisgericht Krems an der Donau (z.B. in Waffengebrauchsfällen) wegen seines Verhaltens in dieser Pflegschaftssache Nachteilen ausgesetzt sein, vermögen eine Delegierung nicht zu rechtfertigen. Dabei handelt es sich nämlich um die Befürchtung zukünftiger, durch Befangenheit von Gerichtspersonen beeinträchtigter gerichtlicher Entscheidungen. Befangenheitsgründe könnten aber eine Delegierung nicht einmal dann rechtfertigen, wenn sie schon derzeit gegeben wären.

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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