OGH 12Os152/91

OGH12Os152/9119.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Dezember 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Westermayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martin Josef K***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9.Juli 1991, GZ 28 Vr 1038/90-102, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Tarnai, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Martin Josef K***** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ***** 1943 geborene Martin Josef K***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 2 StGB (1), des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB (2) und des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB (3) schuldig erkannt. Von weiteren Anklagepunkten wurde er rechtskräftig freigesprochen.

Inhaltlich des Schuldspruches liegt ihm zur Last, am 16. April 1990 in Rum im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Verfügungsberechtigten der Firma W***** Bargeld in der Höhe von 2.022 S durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude sowie durch Aufbrechen einer Registrierkasse weggenommen (1), in der Zeit zwischen 10. und 17. April 1990 in Innsbruck und an einem anderen Ort Sachen, die ein anderer durch ein Verbrechen oder Vergehen gegen fremdes Vermögen erlangt hat, nämlich die dem Max H***** in München gestohlenen (im Urteil einzeln aufgezählten) Sachen im Wert von ca. 26.000 S an sich gebracht (2) und am 16.April 1990 in Rum dadurch, daß er mit einem Personenkraftwagen auf einen Gendarmeriebeamten, der im Begriffe war, ihn anzuhalten, losfuhr, sodaß dieser zur Seite springen mußte, einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung gehindert zu haben (3).

Rechtliche Beurteilung

Nur die Schuldsprüche 2 und 3 ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 8 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.

Die allein zum Schuldspruch 2 ausgeführte Mängelrüge (Z 5) wendet sich gegen die erstrichterliche Feststellung des (bedingten) Vorsatzes des Angeklagten, gestohlene Sachen in Verwahrung genommen zu haben. Es handle sich um eine undeutliche und in sich widersprüchliche Begründung, wenn das Erstgericht dem Angeklagten einerseits nicht glaube, daß er diese Gegenstände von einem gewissen Heinz M***** (den er auch als Mittäter bei der Einbruchsfahrt laut Punkt 1. und als Täter der Nötigung laut Punkt 3. bezeichnet), übernommen hat, andererseits aber sein Geständnis verwerte, wonach er es bei Übernahme der Sachen für möglich gehalten habe, daß es sich um Diebsgut handle.

Diesem Vorbringen zuwider konnte das Erstgericht angesichts der objektiv feststehenden Tatsache, daß die dem Max H***** gestohlenen Sachen in der Wohnung des Angeklagten versteckt waren, wobei schon die Zusammensetzung des Inhalts der drei Behältnisse auf einen Diebstahl hindeutete und insbesondere die aus dem Rahmen genommenen Bilder auffällig waren, jedenfalls feststellen, daß sich aus der Persönlichkeit des Angeklagten ein zumindest bedingter Vorsatz in Ansehung der Herkunft der Sachen aus einem Diebstahl ableiten lasse. Die Tatrichter ließen auch nicht unerwähnt, daß sie trotz der Ablehnung der Verantwortung hinsichtlich des Tatbeitrages des Heinz M***** in den Einlassungen des Angeklagten zur subjektiven Tatseite ("ungutes Gefühl") eine Stütze für ihre beweiswürdigenden Erwägungen fanden (US 17). Ein formeller Begründungsmangel haftet diesen Ausführungen jedenfalls nicht an.

Die in der Tatsachenrüge (Z 5 a) gegen die den Schuldspruch 3 tragenden Feststellungen erhobenen Einwände, die Art der Identifikation des Angeklagten durch den Gendarmeriebeamten E*****, dessen Amtshandlung vereitelt wurde, sei an Hand eines ihm vorgelegten Lichtbildes des Beschwerdeführers (ohne Wahlkonfrontation mit anderen Lichtbildern) vorgenommen worden, dieser Zeuge habe mehrfach seine Aussage hinsichtlich des Tragens einer Brille durch den damaligen Täter geändert und es seien auch die Widersprüche, wonach dieser Zeuge keinen zweiten Mann im Auto gesehen habe, nicht geklärt worden, sind insgesamt nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen zu erwecken. Mit all den aufgezählten Umständen hat sich das Gericht befaßt und plausibel begründet, weshalb es aus der Gesamtheit der Beweisergebnisse zur Feststellung der Schuld des Angeklagten gelangt ist.

Ausgehend von der Tatsache, daß die Anklagebehörde auch den dem Schuldspruch 2 zugrundeliegenden Sachverhalt dem Angeklagten als Einbruchsdiebstahl angelastet hat, erblickt die Beschwerde im diesbezüglichen Schuldspruch wegen Hehlerei eine Überschreitung der Anklage, die Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 8 StPO bewirke.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt aber eine Überschreitung der Anklage nur dann vor, wenn die Urteilstat nicht in dem unter Anklage gestellten historischen Sachverhalt enthalten ist. Zu diesem Sachverhalt gehört hier, daß der Angeklagte den Gewahrsam an den gestohlenen Sachen erlangt hat; wenn das Erstgericht diese Erlangung durch ein verhehlendes Ansichbringen annimmt und nicht - wie die Anklagebehörde - durch den Gewahrsamsbruch selbst, so hat es die Anklage jedenfalls nicht überschritten (Mayerhofer-Rieder3 E 4 zu § 281 Z 8 StPO).

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch wegen Hehlerei mit der Begründung, daß nicht festgestellt wurde, von welchem Vortäter er die verhehlten Sachen erlangt hat, was aber tatbestandsessentiell sei.

Entgegen dieser Rechtsmeinung des Beschwerdeführers braucht der Hehler weder den Dieb noch den Geschädigten noch die genauen Umstände der Tat zu kennen, es genügt vielmehr, daß er in seinen (bedingten) Vorsatz die Vorstellung aufgenommen hat, eine gestohlene Sache an sich zu bringen (Mayerhofer-Rieder3 E 9 zu § 164 StGB). Der behauptete Feststellungsmangel liegt sohin nicht vor.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28 (Abs. 1) 129 StGB eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren; es wertete bei der Strafzumessung das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen sowie das Vorliegen zahlreicher einschlägiger gravierender Vorstrafen, die überdies den Rückfallsvoraussetzungen des § 39 StGB genügen, als erschwerend. Als mildernd wurde lediglich ein Teilgeständnis zum Schuldspruchfaktum 1 gewertet.

Mit seiner Berufung beantragt der Angeklagte die Strafe "tat- und schuldangemessen" herabzusetzen.

Dem einzigen Einwand der Berufung, das Erstgericht habe die Voraussetzungen der Strafschärfung des § 39 StGB unzulässigerweise neben dem Vorliegen von gravierenden einschlägigen Vorstrafen als Erschwerungsgrund gewertet, ist lediglich entgegenzuhalten, daß die verhängte Freiheitsstrafe nicht unter Anwendung des § 39 StGB, sondern vielmehr im Rahmen des § 129 StGB (Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren) ausgemessen wurde. Im Hinweis auf die Strafschärfungsmöglichkeit wird in Verbindung mit der Bezugnahme auf die Vorstrafenbelastung in Wahrheit der Sache nach nur der Erschwerungsgrund einer ausgesprochen kriminellen Laufbahn begründet (13 Os 41/87, 12 Os 110/91). Da der Strafrahmen in seiner wenn auch hier nicht aktuell gewordenen Erweiterung bis auf siebeneinhalb Jahre ausschöpfbar wäre, kann die jedenfalls unter der Hälfte der solcherart möglichen Höchstsanktion ausgemessene Freiheitsstrafe auch unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes, daß gemäß § 31 StGB auf eine Verurteilung durch das Amtsgericht Rosenheim (Geldstrafe von 150 Tagsätzen zu je 30 DM) Bedacht zu nehmen ist, nicht als überhöht erachtet werden.

Es war daher auch der Berufung der Erfolg zu versagen.

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