OGH 12Os78/91

OGH12Os78/917.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.November 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loub als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois S***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 29.April 1991, GZ 37 Vr 429/91-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Stöger, und des Verteidigers Dr. Zwerger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs. 2 StGB, Adhäsionserkenntnis, Ausspruch über die Kostenersatzpflicht) unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Alois S***** wird für das ihm nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch zur Last fallende Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs. 2 StGB nach der letztangeführten Gesetzesstelle unter Anwendung des § 41 Abs. 1 Z 5 StGB und gemäß § 31 StGB unter Bedachtnahme auf die Verurteilung des Bezirksgerichtes Saalfelden am Steinernen Meer vom 4.Juli 1991, AZ U 124/91, zu einer (Zusatz-) Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 (fünf) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird der Vollzug dieser Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der ***** 1968 geborene Alois S***** wurde (inhaltlich der mit erstgerichtlichen Beschlüssen vom 22. und 25.Juli 1991 an die mündliche Verkündung angeglichenen Urteilsfassung) des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 1.Oktober 1990 in S***** Anita F***** mit Gewalt, indem er sie mit der Hand festhielt, in seinen Personenkraftwagen zu zerren suchte und in der Folge zu Boden stieß, und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er "mit einem aufgeklappten Taschenmesser gegen sie aufzielte", zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes zu nötigen getrachtet.

In der Primärfassung der Urteilsurschrift war die Tat des Angeklagten im Spruch und in den Gründen jeweils dem ersten Absatz des § 201 StGB unterstellt und auch der Ausspruch der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten auf diese Gesetzesstelle gestützt worden (S 63, 69). Nach Zustellung einer Ausfertigung dieser Urteilsurschrift führte der Angeklagte das von ihm angemeldete Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde unter anderem dahin aus, daß die schriftliche Urteilsausfertigung in der Tatsubsumtion nach §§ 15, 201 Abs. 1 StGB von dem mündlich verkündeten Schuldspruch nach §§ 15, 201 Abs. 2 StGB abweiche. Die dem Erstgericht daraufhin mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 20.Juni 1991, GZ 12 Os 78/91-4, dazu aufgetragene tatsächliche Aufklärung (§ 285 f StPO) ergab die Richtigkeit der behaupteten Divergenz und hatte die entsprechende Angleichung der schriftlichen Ausfertigung des Urteils an den mündlich verkündeten Inhalt sowie die neuerliche Urteilszustellung zur Folge (§ 270 Abs. 4 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte nunmehr mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 3, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch überdies auch mit Berufung.

Soweit die Verfahrensrüge (Z 3) und die Subsumtionsrüge (Z 10) (in Wiederholung der Argumentation gegen die erste Fassung der Urteilsurschrift erneut) auf Abweichungen der schriftlichen Ausfertigung des Urteils vom Inhalt seiner mündlichen Verkündung abstellen, erweisen sie sich schon deshalb als gegenstandslos, weil die dem Erstgericht in den relevierten Punkten tatsächlich unterlaufenen Ausfertigungsdivergenzen inzwischen durch die entsprechenden Angleichungsbeschlüsse beseitigt wurden.

Auch der aus der Sicht des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes behauptete wesentliche Widerspruch zwischen Urteilstenor und Urteilsgründen liegt nicht vor, weil es für die entscheidende Frage einer nach § 201 Abs. 2 StGB deliktsspezifischen Drohung mit einem Taschenmesser keinen wesentlichen Unterschied macht, ob der Täter in der konkreten Fallkonstellation damit "aufzielte" oder es für das Opfer sichtbar "aufklappte". Dazu kommt, daß dem Angeklagten neben der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gleichermaßen tatbestandsbegründende versuchte Nötigung mit Gewalt zur Last fällt.

Hingegen erweist sich der Einwand, das Erstgericht sei bei der Strafbemessung nicht von dem in § 201 Abs. 2 StGB normierten Strafsatz von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, vielmehr von einem Strafsatz ausgegangen, der (wie der in § 201 Abs. 1 StGB vorgesehene) eine Mindestgrenze von einem Jahr aufweise, als im Ergebnis berechtigt. Unter den hier aktuellen Begleitumständen - die Primärfassung der Urschrift hatte ausdrücklich eine von der Anklagesubsumtion nach § 201 Abs. 2 StGB abweichende Tatbeurteilung nach § 201 Abs. 1 StGB hervorgehoben (S 69) - läßt sich nämlich die in der Beschwerdeargumentation aufgegriffene (unkorrigiert gebliebene) Begründung des erstinstanzlichen Strafausspruchs, daß bei der Strafbemessung "im Sinne des § 41 StGB die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe unterschritten" werden konnte, nicht zweifelsfrei ohne Nachteil für den Angeklagten auf die Bedeutung eines bloß überflüssigen Zitates einer gar nicht angewendeten gesetzlichen Bestimmung reduzieren. Nach Lage des Falles ist vielmehr nicht auszuschließen, daß dem erstgerichtlichen Strafausspruch tatsächlich die gesetzwidrige Anwendung eines Strafrahmens mit einem Jahr Untergrenze (und allenfalls der in § 201 Abs. 1 StGB vorgesehenen Obergrenze von zehn Jahren) zugrundelag. Da die (hier indizierte) Ausmessung der Strafe "im Sinne des § 41 StGB" nach einem unrichtigen Strafsatz auch dann mit Nichtigkeit behaftet ist, wenn das Gericht ohne Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes ebenfalls zu der selben Strafe hätte gelangen können (Mayerhofer-Rieder3 EGr 28 zu § 281 Z 11 StPO), war der erstgerichtliche Strafausspruch aufzuheben.

Bei der dadurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung nach § 201 Abs. 2 StGB waren neben den - schon vom Erstgericht zutreffend berücksichtigten - Milderungsgründen (umfassendes und reumütiges Geständnis, bisher ordentlicher Lebenswandel, bloßer Tatversuch) auch die im Gerichtstag nachgewiesenen (das Adhäsionserkenntnis der Höhe nach übersteigenden) Zahlungen zur Schadensgutmachung mildernd, erschwerend hingegen kein Umstand. Davon ausgehend lagen die Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung vor und erwies sich die (unter Bedachtnahme auf die zwischenzeitige Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 50 Tagessätzen zu je 30 S Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 25 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) ausgesprochene - wie schon in erster Instanz bedingt nachgesehene - (Zusatz-) Freiheitsstrafe als tat- und tätergerecht.

Mit seiner durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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