OGH 5Ob1052/91

OGH5Ob1052/918.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1) Dr. Walter L*****, Pensionist, *****, 2) Dipl.Ing. Erika L*****, ohne Beruf, ***** 3) Mag. Ilse S*****, Pensionistin, *****, alle vertreten durch Dr. Peter Lambert, Rechtsanwalt in Wien, 4) Anna H*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Günther Langhammer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Wiener Gemeinnützige W*****genossenschaft, *****m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Grogger, Rechtsanwalt in Wien, und der weiteren Beteiligten 1) Verlassenschaft nach Karl M*****, vertreten durch Anna M*****, ohne Beruf, *****, 2) Maria M*****, 3) Hertha S*****, 4) Johann S*****, 5) Ludwig E*****, alle Angestellte, ***** 6) Leopoldine W***** *****, 7) Sylvia F*****, 8) Martha G*****, 9) Berta R*****, 10) Karolina Irma M*****, 11) Antonia D*****, 12) Augustine O*****, 13) Antonia W*****, 14) Elfriede T*****, 15) Gertraud V*****, 16) Gustav K*****, 17) Otto S*****,

  1. 18) Rosa S*****, 19) Leopolda K*****, 20) Robert G*****,
  2. 21) Margaretha M*****, 22) Henriette T*****, 23) Paula S*****,
  3. 24) Mag. Anna H*****, 25) Dkfm. Friedrich P*****, 26) Sylvia H*****, 27) Margarethe S*****, 28) Auguste F*****, 29) Rudolfine H*****, 30) Josef S*****, 31) Gisela S*****, 32) Sidone S*****,
  4. 33) Johann B*****, 34) Hermine N*****, 35) Elisabeth C*****,
  5. 36) Franz M*****, 37) Olga G*****, 38) Ingrid B*****, 39) Franz S*****, 40) Richard D*****, 41) Maria M*****, 43) Otto Z***** *****, 44) Christine Z*****, 45) Manfred M*****, 46) Wilhelm G*****, 47) Emilie G*****, 49) August B*****, 49) Leopoldine B*****, 50) Dr. Roswitha S*****, 51) Dipl.Ing. Franz S*****,

    52) Leo M*****, 53) Brigitte M*****, sämtliche Angestellte, wegen Abberufung des Verwalters (§ 26 Abs.1 Z 4 lit b WEG, § 18 Abs.1 Z 3 WEG) infolge ao. Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 12.März 1991, GZ 41 R 505/90-50, den Beschluß

    gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der Antragsgegnerin wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 und Z 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528 a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Auszugehen ist davon, daß immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden kann, ob eine Verletzung von Verwalterpflichten so schwerwiegend ist, daß sie gemäß § 18 Abs 1 Z 3 WEG die Abberufung des Verwalters durch einen oder mehrere Minderheitseigentümer rechtfertigt (vgl Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 8 zu § 18 WEG). Eine solche Einzelfallentscheidung wirft in der Regel keine erheblichen Rechtsfragen auf (vgl WoBl 1991/91). Um den Sachbeschluß des Rekursgerichtes gemäß § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 und 18 MRG und § 528 Abs 1 ZPO anfechten zu können, müßte er also auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage beruhen (vgl ÖA 1986,50 ua; zuletzt etwa 8 Ob 11/90), konkret auf einer auffallenden Fehleinschätzung der vorliegenden Auflösungsgründe (vgl 4 Ob 501/88; 8 Ob 519/91). Die hiefür maßgebliche Judikatur besagt, daß die Gründe für die Abberufung des WE-Verwalters Bedenken hinsichtlich der Treue- und Interessenwahrungspflicht des Verwalters wachrufen und nach allgemeiner Verkehrsauffassung so gewichtig sein müssen, daß die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümer nicht mehr gesichert ist (SZ 60/126; WoBl 1989/7; MietSlg 40/30).

Im hier zu beurteilenden Fall ist der Rechtsmittelwerberin zuzugestehen, daß ihre Rechtsansicht, für die Überwachung der Bauarbeiten in den Jahren 1982 und 1983 ein Sonderhonorar beanspruchen und damit die Instandhaltungsrücklage belasten zu können (Faktum 13), zumindest vertretbar erscheint. Die in Punkt I/5 der Zusatzvereinbarung (Beilage A) enthaltene Pauschalierung ihres Honorars läßt sich nämlich durchaus auf die gewöhnlich anfallende Verwaltertätigkeit beziehen (vgl nunmehr

§ 9 Abs 4 der Entgeltsrichtlinienverordnung idF seit dem BGBl 645/1983); andererseits hat die Verrechnung des Sonderhonorars zu Lasten der Instandhaltungsrücklage im neuen

§ 8a der Entgeltsrichtlinienverordnung 1986 idF des BGBl 292/1991 indirekt eine nachträgliche Rechtfertigung erfahren. Dennoch wird damit kein entscheidender Fehler des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses aufgezeigt. Er basiert letztlich auf der Judikatur des Obersten Gerichtshofes, daß mehrere Pflichtverletzungen des Wohnungseigentumsverwalters auch dann seine Abberufung rechtfertigen können, wenn sie zwar für sich allein betrachtet nicht besonders schwerwiegend sind, zusammengenommen aber doch das Gewicht einer groben Pflichtenvernachlässigung im Sinne des § 18 Abs 1 Z 3 WEG erreichen. Lediglich geringfügige und entschuldbare Fehlleistungen haben dabei unberücksichtigt zu bleiben (WoBl 1989/7; 5 Ob 100/89).

Unter diesem Gesichtspunkt sind insbesondere wiederholte Eigenmächtigkeiten des Verwalters (etwa beim Abschluß von Versicherungen: WoBl 1989/7) und verspätete, wegen ihrer Unzulänglichkeit oder Fehlerhaftigkeit praktisch unüberprüfbare Jahresabrechnungen beanstandet worden (5 Ob 100/89). Auch im konkreten Fall wurden Abrechnungs- und Buchhaltungsmängel festgestellt (fakten 2, 16, 18, 19, 20, 25), die zum Teil so schwerwiegend sind, daß sie sich nicht einmal im Zuge dieses Verfahrens haben klären lassen (siehe z.B. Faktum 16); dazu kamen wiederholte Eigenmächtigkeiten der Antragsgegnerin (Fakten 1, 5,11) und nicht zu billigende Belastungen der Instandhaltungsrücklage mit Rechtsverfolgungskosten (Fakten 4, 11). Schließlich ist auch das vom Rekursgericht möglicherweise unrichtig beurteilte Faktum 13 keineswegs zu vernachlässigen. Die durchaus vertretbare Auffassung, der Antragsgegnerin habe für ihre Bauüberwachung ein Sonderhonorar aus der Instandhaltungsrücklage gebührt, läßt nämlich den Vorwurf unberührt, daß gerade in dieser heiklen Frage der Informations- und Verrechnungspflicht zu wenig Augenmerk geschenkt wurde. Anstatt die Miteigentumsgemeinschaft von Anfang an mit ihrer Honorarforderung zu konfrontieren oder die Kosten ihrer Überwachungstätigkeit wenigstens in der betreffenden Jahresabrechnung klar auszuweisen, begnügte sich die Antragsgegnerin mit einer internen Anweisung an die Buchhaltung, das Honorar zu Lasten der Instandhaltungsrücklage zu verrechnen. In der Auflistung der "IK-Ausgaben" war die entsprechende Verrechnungspost nicht besonders bezeichnet (siehe beispielsweise die vorliegende Jahresabrechnung 1983); es bedurfte vielmehr einer genauen Überprüfung der Belege, um den Buchungsvorgang überhaupt nachvollziehen zu können und seine Bedeutung zu erfassen.

In der Entscheidung des Rekursgerichts, daß ein solches Verhalten den Tatbestand des § 18 Abs 1 Z 3 WEG erfüllt, liegt eine Wertung, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann, weil sie sich im Rahmen seiner Grundsatzjudikatur hält. Auch das im ao Revisionsrekurs vorgetragene Argument, es müsse der lange Zeitraum der Verfehlungen berücksichtigt werden, berührt nur die konkreten Umstände des Einzelfalls (es ließe sich genauso gut gegen die Rechtsmittelwerberin verwenden, da sie ihre mangelhafte Abrechnungspraxis jahrelang beibehalten hat). Sollte das Rekursgericht - was die Entscheidungsgründe

offenlassen - tatsächlich nur unter Berücksichtigung des Faktums 13 zur Annahme eines Abberufungsgrundes im Sinne des § 18 Abs 1 Z 3 WEG gelangt sein, weil alle sonst noch festgestellten Unzulänglichkeiten "für sich alleine nicht als gröblich zu bezeichnen sind" (ON 50, Seite 6), wäre das allenfalls nicht zu haltende Verdikt über das einbehaltene Sonderhonorar nicht entscheidungswesentlich, da ein gravierendes Versäumnis bei der Geltendmachung (Abrechnung) des Sonderhonorars bestehen bleibt. In der Beurteilung, daß diese Pflichtwidrigkeit der Antragsgegnerin zusammen mit allen anderen festgestellten Eigenmächtigkeiten und Abrechnungsfehlern geeignet war, das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und den Antragstellern zu zerstören, läßt sich jedenfalls kein Abweichen von den Leitlinien der Judikatur erkennen.

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