Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies den Antrag des Betroffenen und des Sachwalters auf Aufhebung der Sachwalterschaft ab. Nach seinen Festsellungen weist der Betroffene deutliche Allgemeinveränderungen im Rahmen einer vaskulären Encephalopathie auf. Es handelt sich um einen Zustand nach einem Schlaganfall, möglicherweise ist in den letzten Monaten neuerlich eine geringfügige Infarzierung eingetreten. Es besteht eine Parkinson-Symptomatik und eine motorische und amnestische Aphasie. Es liegt ein geringgradiges organisches Psychosyndrom mit einer Störung der Merkfähigkeit und der Gedächtnisleistungen vor, die durch die Aphasie verschlechtert erscheint. Betroffen ist vor allem die Kommunikation, aber auch das Rechnen, Schreiben und das Verständnis von Zusammenhängen. Der Betroffene kann zwar im ruhigen Gespräch durchaus seinen Willen zum Ausdruck bringen, wobei aber eine gewisse Suggestibilität zu berücksichtigen ist, er kann aber hinsichtlich der Verwaltung seiner Pensionseinkünfte keine kontrollierende Tätigkeit ausüben. Er kann keine Vollmacht erteilen und keine Honorarvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abschließen. Bei der mündlichen Verhandlung wußte der Betroffene zwar, daß er wieder verheiratet ist, konnte aber den Namen der Ehefrau nicht angeben. Er erkannte seinen Sachwalter und den für ihn einschreitenden Rechtsanwalt nicht und konnte über seine Verwandtschaftsverhältnisse keine Auskunft geben. Er konnte einen Kontoauszug nicht identifizieren und den Kontostand nicht ablesen und nicht einmal sagen, ob er eine Pension bezieht. Er wußte, daß sich Josef Haselböck um seine Geldangelegenheiten kümmert, seine Angaben über die Notwendigkeit der weiteren Vertretung durch einen Sachwalter waren widersprüchlich.
Nach der Auffassung des Erstgerichtes sei ein Betroffener nur dann in der Lage, mit anderer Hilfe, insbesondere im Rahmen seiner Familie, seine Angelegenheiten im erforderlichen Ausmaß zu besorgen (§ 273 Abs 2 ABGB), wenn er zu eigenem Handeln fähig sei, wenn ein bestimmtes Maß an Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorliege. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Wirkungskreis des bisher für alle Angelegenheiten bestellten Sachwalters auf bestimmte, näher bezeichnete Angelegenheiten beschränkte. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.
Nach der Auffassung des Rekursgerichtes sei für die meisten Geschäfte des täglichen Lebens, insbesondere im Hinblick auf die im Gesetz begründete Befugnis der Ehefrau, den Ehemann bei den Rechtsgeschäften des täglichen Lebens zu vertreten, eine Vertretung des Betroffenen durch einen Sachwalter nicht erforderlich. Auch die Personenfürsorge sei durch den Beistand der Ehefrau gewährleistet. Nur für umfangreiche Geschäfte sei weiterhin die Aufrechterhaltung der Sachwalterschaft erforderlich, weil es hiezu eines gewissen Überblicks bedürfe, der dem Betroffenen fehle.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehlt, ob nicht die Sachwalterschaft aufzuheben sei, wenn die Geschäfte des täglichen Lebens durch den Betroffenen mit Hilfe anderer Personen, wie etwa hier der Ehefrau, besorgt werden können, aber keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß darüber hinausgehende Angelegenheiten anstehen.
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Sachwalters ist unzulässig.
Nach § 14 Abs 1 AußStrG ist gegen den Beschluß des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, weil etwa das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. An den Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508 a ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß der Behinderte nur dann durch andere Hilfe im Sinne des § 273 Abs 2 ABGB in die Lage versetzt werden kann, seine Angelegenheiten im erforderlichen Ausmaß zu besorgen, wenn er noch zu einem eigenen, rechtlich ausreichenden und unbedenklichen Handeln etwa durch Vollmachtserteilung, Genehmigung einer Geschäftsführung udgl. fähig ist, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (SZ 58/61; 1 Ob 584/88; 1 Ob 542/86 ua; vgl auch Pichler in Rummel2 Rz 3 zu § 273). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Von der Frage, ob die Bestellung eines Sachwalters unzulässig ist, wenn die Geschäfte des täglichen Lebens durch die Ehefrau im Rahmen ihrer Vertretungsbefugnis nach § 96 ABGB vorgenommen werden und darüber hinausgehende Angelegenheiten nicht anstehen, hängt die Entscheidung hier nicht ab, weil die letztgenannte Voraussetzung nicht zutrifft. Der Betroffene verfügt über eine beträchtliche Pension, die trotz erhöhter Aufwendungen nicht unerhebliche Ersparnisse ermöglicht (vgl AS 19 und 131). Allfällige Dispositionen über die Ersparnisse und den Pensionsüberschuß gehören nicht zu den Geschäften des täglichen Lebens im Sinne des § 96 ABGB (vgl Pichler aaO Rz 3 zu § 96). Darüber hinaus ist der Betroffene Miteigentümer einer Liegenschaft, und es sind Divergenzen mit dem anderen Miteigentümer aufgetreten, die nach der Aktenlage offensichtlich noch nicht bereinigt wurden (AS 151, 193 und 203). Es kann daher keine Rede davon sein, daß über die Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehende Angelegenheiten nicht anstehen.
Demgemäß ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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