Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Soweit die beklagte Partei den Beschluß des Berufungsgerichtes bekämpft, mit dem ihre Berufung wegen Nichtigkeit verworfen wurde, wird ihr Rechtsmittel gleichfalls zurückgewiesen. Im übrigen wird der Revision der beklagten Partei nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 5.094,-- (darin enthalten S 849,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Gegen Ing. Wilhelm ***** ist beim Erstgericht ein Strafverfahren anhängig. Der Kläger ist sein Verteidiger. Am 12.3.1990 veranstaltete die FPÖ Villach zum Thema "Zellstoffskandal St. Magdalen" im Gasthaus Sternig einen Informationsabend. Bei dieser Veranstaltung behauptete Landtagsabgeordneter *****, es sei ein Geldbetrag von 36 Mill. sfr in die Schweiz geflossen, in einer Bankbestätigung werde festgestellt, daß nun Ing. Wilhelm ***** diesen Geldbetrag besitze. Darüber hinaus brachte ***** zum Ausdruck, daß Ing. Wilhelm ***** Geldbeträge kassiert, jedoch nichts eingezahlt habe. Nach Wortmeldung des Klägers, bei der er Grüße von Ing. Wilhelm ***** bestellte, kam es zu lautstarken emotionellen Reaktionen im Saal. Einer der Anwesenden rief, daß Ing. ***** erst die 100 Mill. S zurückzahlen solle, dann könne er grüßen. Daraufhin erklärte der Kläger, daß Ing. Wilhelm ***** jedenfalls mehr als 100 Mill. S in die Zellstoffabrik eingebracht habe. Wiederum erfolgten lautstarke und emotionelle Reaktionen. Der Kläger wiederholte, daß Ing. Wilhelm ***** jedenfalls aus eigener Tasche mehr als 100 Mill. S eingebracht hat und daß er (der Kläger) aus einem Aufsichtsratprotokoll der Hypobank ersehe, daß das Engagement des Ing. Wilhelm ***** beträchtlich gewesen sei. Unter dem Begriff "Einbringen von mehr als 100 Mill. S" verstand der Kläger nicht den formalrechtlichen Vorgang des Einbringens von Eigenmitteln oder Stammkapital als Gesellschafter, sondern die effektive Zurverfügungstellung der Mittel. Der Kläger fügte hinzu, daß auch die Information mit den 36 Millionen sfr nicht richtig sei und daß er im Besitz einer Korrespondenz mit der ***** Bankgesellschaft sei, aus der hervorgehe, daß Ing. Wilhelm ***** ca. 45.000 sfr auf dem Konto gehabt habe, nicht aber 36 Mill. sfr. Nachdem die deswegen entstandenen Emotionen längst abgeflaut waren, stand der Beklagte auf und erklärte laut, sodaß alle im Saal dies hören mußten:
"Das, was Dr. ***** soeben gesagt hat, sind bewußte Lügen. Sie werden von Ihrem Klienten bezahlt. Sie sprechen wider besseres Wissen, was die *****-Einzahlungen betrifft." Nachdem ein nicht unbeträchtlicher Teil der Klientel des Klägers im Raum versammelt war, führte dies zu einer schweren Rufschädigung. Der Vorfall hat in weiten Kreisen in Villach und ganz Kärnten zu Diskussionen Anlaß gegeben, die Vorfälle wurden auch in den Kärntner Medien kolportiert. Dem Beklagten war bewußt, daß bei dieser Informationsversammlung die Vertreter von Kärntner Medien anwesend waren. In der Ausgabe der Kleinen Zeitung vom 14.3.1990 S. 21 wurde kolportiert: "Dr. ***** bestritt - unter Unmutsäußerungen des Publikums - jegliche strafbare Handlung von Ing. *****, insbesondere die dubiosen Geschichten um die *****-Sparbücher in der Schweiz. BR ***** bezichtigte daraufhin Dr. ***** öffentlich der Lüge." In der Ausgabe der Kleinen Zeitung vom 23.3.1990 auf S. 8 wurde ein Interview des Beklagten mit der Kleinen Zeitung wiedergegeben. Darin führte der Beklagte aus: "*****-Anwalt Dr. ***** soll sich nicht hinter dem Wissen verstecken, daß ich immun bin und daher eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft nichts bringt. Dr. ***** soll ihn zivilrechtlich klagen, dann könne er beweisen, daß der Anwalt über Ing. Wilhelm ***** tatsächlich Lügen verbreitet. Bekanntlich hat der Politiker den Anwalt bei einer Bürgerversammlung öffentlich der Lüge bezichtigt."
Der Kläger begehrte die Fällung des Urteiles, der Beklagte sei schuldig, a) Äußerungen des Inhaltes, daß der Kläger bewußt lüge, wenn er behaupte, Ing. Wilhelm ***** hätte über S 100 Mill. in die ZV Magdalen aus eigener Tasche bezahlt und Ing. ***** hätte im Jahre 1985 auf einem Schweizer Bankkonto lediglich über ein Guthaben von sfr 45.000 verfügt und daß diese Darstellungen wider besseres Wissen des Klägers erfolgen, zu unterlassen; b) die getätigten Äußerungen "der Kläger Dr. Albin ***** verbreite bewußte Lügen, wenn er behaupte, Ing. Wilhelm ***** hätte über S 100 Mill. aus eigener Tasche in die ZV bezahlt und Ing. Wilhelm ***** hätte im Jahre 1985 auf einem Schweizer Bankkonto lediglich über ein Guthaben von sfr 45.000 verfügt und daß diese Darstellungen wider besseres Wissen des Klägers erfolgen", als unrichtig zu widerrufen; c) den Widerruf in einer der nächsten vier Freitagausgaben der Kleinen Zeitung auf einer der Seiten "Lokales" in einem Ausmaß von 8 x 8 cm mit fettgedrucktem Rand und der fettgedruckten Überschrift "Widerruf einer Äußerung" zu veröffentlichen. Die Ausführungen des Klägers in der Versammlung vom 12.3.1990 beruhten auf dem Inhalt des Strafaktes 7 Vr 1366/89 des Landesgerichtes Klagenfurt, den Berichten des Landesanwaltes Dr. *****, des Wirtschaftstreuhänders Dr. *****, dem "Vorbericht" der Wirtschaftstreuhänder, der im Teamwork von 12 Wirtschaftstreuhändern im Auftrag des Landes erstellt worden sei sowie auf dem Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses 1987 vom 19.5.1987; die Höhe des Bankguthabens ergebe sich aus dem Schreiben der ***** Bankgesellschaft vom 23.1.1990. Durch die wiederholten Äußerungen des Beklagten bestehe Wiederholungsgefahr. Die beleidigenden Äußerungen des Beklagten seien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Dies sei schon durch die Art und den Umfang der Veranstaltung vom 12.3.1990 gegeben gewesen. Dazu sei gekommen, daß die Veranstaltung in Kenntnis des Beklagten von Pressevertretern mit der Absicht besucht worden sei, darüber zu berichten. Weiters komme hinzu, daß der Beklagte der Kleinen Zeitung ein Interview gegeben habe, in dem er die beleidigenden Äußerungen wiederholt habe. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Widerruf und dessen Veröffentlichung nach § 1330 ABGB.
Der Beklagte wendete ein, nach allen Informationen, die bisher vorlägen, sei die vom Kläger aufgestellte Behauptung einer Zurverfügungstellung von Eigenmitteln im Betrag von S 100 Mill. durch Ing. Wilhelm ***** nicht verifizierbar, es sei daher nicht vorstellbar, daß sie richtig sein könne. Wenn der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses "Zellstoff-Magdalen", Landtagsabgeordneter ***** bei dieser Veranstaltung ausgeführt habe, Ing. Wilhelm ***** hätte im Jahr 1985 bei einer Schweizer Bank über ein Depotguthaben in der Höhe von sfr 36 Mill. verfügt, so habe der Beklagte diese Ausführungen des Untersuchungsausschußvorsitzenden, der ein hochrangiger Bankbeamter sei, für kompetenter und richtiger halten müssen als die Behauptung, Ing. Wilhelm ***** habe zu dem erwähnten Stichtag lediglich ein Guthaben in der Höhe von rund sfr 45.000 gehabt. Dem Beklagten liege eine objektive Sorgfaltsverletzung nicht zur Last. Die Äußerung könne ihm angesichts des Wissensstandes subjektiv nicht vorgeworfen werden. Er habe angesichts eines Gutachtens und eines Rechnungshofberichtes ausreichend Anhaltspunkte für die Wahrheit seiner Äußerungen gehabt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Es stellte fest, der Kläger habe in seiner Eigenschaft als Verteidiger des Ing. Wilhelm ***** im Strafverfahren 7 Vr 1366/89 des Landesgerichtes Klagenfurt in die Gerichtsakten, die Akten eines Schiedsgerichtsverfahrens aus dem Jahr 1988 und in die Akten des Untersuchungsausschusses des Landes Kärnten aus dem Jahre 1987 Einsicht genommen. Der Kläger, der von der Veranstaltung der FPÖ Villach durch ein Flugblatt Kenntnis erlangt habe, habe sich verpflichtet gefühlt, Ing. Wilhelm ***** davon in Kenntnis zu setzen. Ing. Wilhelm ***** habe den Kläger beauftragt, als sein Vertreter an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Im Verlaufe des Vortrages des Landtagsabgeordneten ***** seien verschiedene Behauptungen über die Verhaltensweise des Ing. Wilhelm ***** aufgestellt worden, deren Unrichtigkeit der Kläger aus der Aktenlage und seinem Informationsstand als gegeben angenommen habe. Der Kläger habe sein Wissen aus der Aktenlage und den ihm erteilten Informationen bezogen. Er habe sich darauf verlassen, daß die Auskünfte des Steuerberaters und des Landesanwaltes ***** zutreffend seien. Ein Nachvollzug über den Akteninhalt hinaus sei ihm nicht möglich gewesen, weil die Bankinstitute mehrfach schriftliche Anfragen im Hinblick auf die gerichtliche Intervention unbeantwortet gelassen haben. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung führte das Erstgericht aus, der Kläger habe über eingehendes und wiederholtes Befragen seine subjektive und - wie er durch entsprechende Hinweise auf Informationen, durch Zitate und für ihn als Maßstab geltende Unterlagen untermauerte - für ihn unabdingbare Überzeugung von der Richtigkeit des Wahrheitsgehaltes seiner Äußerungen darzutun vermocht. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der den Kläger treffende Vorwurf der bewußten Lüge als objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptung Gegenstand des Klagebegehrens sei. Beweisthema sei allein der Nachweis der bewußten Lüge. Entsprechend den allgemeinen Regeln treffe die Behauptungs- und Beweislast über die Tatsachenverbreitung, deren Ursächlichkeit sowie die Unrichtigkeit der Behauptung den Geschädigten, also den Kläger. Nach Gelingen dieses Beweises und des Nachweises der objektiven Sorgfaltsverletzung, der objektiven Vorwerfbarkeit, obliege dem Täter der Beweis des Fehlens subjektiver Vorwerfbarkeit, somit der Beweis von Anhaltspunkten für die Wahrheit. Für den vorliegenden Fall sei hervorzuheben, daß der Kläger der Verteidiger des Ing. Wilhelm ***** sei; die vornehmste Berufspflicht eines Rechtsanwaltes sei die Treue zur Partei. Interessen des Anwaltes und Rücksichten auf Kollegialität hätten im Widerstreit zurückzutreten. Der Kläger habe sich im Rahmen seines Verteidigungsmandates zweifellos mit größter Akribie mit allen den Problemkreis Zellstoff Villach betreffenden Unterlagen, soweit sie ihm zur Verfügung gestanden seien, auseinandergesetzt. Er habe sich, basierend auf den ihm zur Verfügung gestandenen Informationen, Akten und sonstigen Unterlagen eine eigene Vorstellung geschaffen und den subjektiven Eindruck gehabt, daß die von ihm abgegebene Erklärung absolut richtig sei. Der Beklagte wiederum habe nicht auf Informationen und Aktenmaterial, die dem Kläger zur Verfügung gestanden seien, verweisen können. Er habe ohne weitere Abwägungen zu treffen und ohne sich in ebenso eingehender Weise wie der Kläger mit der Materie zu befassen, den Kläger der bewußten Lüge geziehen; dem Beklagten wäre zwar nicht anzulasten, wenn er im Rahmen eines Streitgespräches dem Kläger vorgeworfen hätte, über bestimmte Gutachten oder Berichte widersprechende Aussagen zu machen, der Vorwurf der bewußten Lüge entbehre jedoch jeglicher Grundlage, stelle eine Rufschädigung des Klägers dar und sei auch bei Vorliegen stichhaltiger Argumente seitens des Beklagten von diesem zu unterlassen. Diese Äußerung sei daher dem Beklagten in objektiver und subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, im übrigen gab sie seiner Berufung teilweise Folge. Es bestätigte lit. a) des Urteilsspruches, gab aber den Abschnitten lit. b) und lit. c) die Fassung, daß der Beklagte schuldig sei, die getätigten Äußerungen "Dr. Albin ***** verbreite bewußt Lügen, wenn er behauptet, Ing. Wilhelm ***** hätte über S 100 Mill. aus eigener Tasche in die Zellstoff Villach-Magdalen bezahlt und Ing. Wilhelm ***** hätte im Jahre 1985 auf seinem Schweizer Bankkonto lediglich über ein Guthaben von sfr 45.000 verfügt und daß diese Darstellungen wider besseres Wissen erfolgen", als unrichtig durch Veröffentlichung in einer der nächsten vier Freitagausgaben der "Kleinen Zeitung" auf einer der Seiten "Lokales" in einem Ausmaß von 8 x 8 cm mit fettgedrucktem Rand und der fettgedruckten Überschrift "Widerruf einer Äußerung" zu widerrufen. Das darüber hinausgehende Widerrufsbegehren wies es ab. Es sprach aus, daß der Streitwert, über den es entschieden habe, sowohl unter Zusammenrechnung der gestellten Begehren als auch hinsichtlich der einzeln geltend gemachten Ansprüche jeweils S 50.000 übersteige. Die ordentliche Revision erklärte es für zulässig. Es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer zutreffenden Beweiswürdigung. Rechtlich führte es aus, Ehrenbeleidigung sei jedes der Ehre nahetretende Verhalten. Wenn der Vorwurf der Lüge und der Tatsachenbehauptung wider besseres Wissen vorliege, stehe ihre Tatbildmäßigkeit im Sinn des § 111 Abs.2 ABGB außer Zweifel. Der Beklagte habe damit ein Werturteil über die sittliche Qualität des Klägers gefällt. Wenn der Tatbestand des § 1330 Abs.1 ABGB gleichzeitig auch jenen nach Abs.2 erfülle, könne der Beeinträchtigte auch die aus § 1330 Abs.2 ABGB erfließenden Rechte geltend machen. Nicht nur der Eingriff in die Ehre, sondern auch der durch § 1330 Abs.2 ABGB geschützte wirtschaftliche Ruf einer Person könne absoluten Schutz beanspruchen. In dem Falle, in dem der wirtschaftliche Ruf einer Person durch einen Eingriff in ihre Ehre verletzt werde, erschöpften sich die Nachteile nicht in den wirtschaftlichen Auswirkungen. Nicht nur gegen den in Geld ausgleichbaren Vermögensschaden, sondern auch gegen die persönlichen Eingriffe stehe ein Abwehranspruch zu. Der den Kläger treffende Vorwurf der bewußten Lüge stelle die objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptung dar, die Gegenstand des Klagebegehrens sei. Die Verpflichtung des § 1330 Abs.2 ABGB entstehe allerdings nur dann, wenn diese Tatsachenbehauptung unrichtig sei und der Täter die Unwahrheit gekannt habe oder hätte kennen müssen. Beweisthema sei allein die bewußte Lüge und damit, ob diese Behauptung des Beklagten unrichtig sei und ob der Beklagte die ihn treffende Sorgfaltspflicht verletzt habe, nicht aber der Inhalt der als Lüge bezeichneten Sachverhaltsbehauptungen des Klägers. Der Kläger habe die Verbreitung der Behauptung, daß er lüge, und die Ursächlichkeit der durch diese Behauptung bewirkten Gefährdung oder Verletzung zu beweisen. Sei eine Rufschädigung gleichzeitig eine Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs.1 ABGB, so habe die Richtigkeit der Tatsache (Lüge) auch bei Geltendmachung der Ansprüche nach § 1330 Abs.2 ABGB der Täter, also der Beklagte, zu beweisen, ebenso wie das Fehlen der objektiven und subjektiven Vorwerfbarkeit der unrichtigen Verbreitung. Ausgehend vom Grundwert der Würde der Person dürften Vorwürfe der Art, wie sie vom Beklagten erhoben worden seien, nicht dazu führen, daß der Bezichtigte mit dem Beweis der Unwahrheit und Schuldhaftigkeit belastet werde. Der Beklagte hätte daher den Beweis der Richtigkeit seiner Behauptung, daß der Kläger lüge, antreten müssen. Einen Beweisantrag in diese Richtung habe der Beklagte aber nicht gestellt. Er habe sich vielmehr darauf beschränkt, die Sachverhaltsdarstellung des Klägers als objektiv unrichtig darzustellen. Beweisanträge in der Richtung, daß die dem Kläger erteilte Information und die ihm von seinem Klienten zur Verfügung gestellten Unterlagen seiner Sachverhaltsdarstellung widersprächen, er somit keinerlei Beweismittel für die Version seines Klienten in Händen habe, habe der Beklagte nicht aufgestellt. Auch ein Vorbringen für eine mangelnde Vorwerfbarkeit seiner Behauptungen habe der Beklagte nicht erstattet, sondern wiederum nur Beweismittel für die objektive Wahrheit des zugrundeliegenden Sachverhaltes angeboten. Nicht der Kläger sei gehalten gewesen, die objektive Wahrheit seiner Behauptungen zu beweisen, es wäre vielmehr Sache des Beklagten gewesen, die behauptete Lüge des Klägers zu beweisen, nachdem der Vorwurf des Beklagten schon bewiesen bzw. zugestanden gewesen sei. Auch der Beweis der allfälligen Unrichtigkeit dieser Informationen des Klägers könne den Beklagten nicht exkulpieren, sondern nur der Beweis, daß die Darstellung des Klägers bewußt wahrheitswidrig gewesen sei. Zu Recht habe das Erstgericht daher die Prüfung der objektiven Wahrheit der Aussage des Klägers unterlassen, da der Vorwurf der Lüge im Gegensatz zur bloßen Konfrontation mit anderen Beweisergebnissen nicht deren Inhalt, sondern die subjektive Tatseite des Lügners zum Gegenstand habe. Zutreffend habe daher das Erstgericht den Beklagten zur Unterlassung aber auch zum Widerruf der Äußerung durch Veröffentlichung in der Kleinen Zeitung verpflichtet. Die Wiederholungsgefahr, die das Unterlassungsbegehren rechtfertige, sei nicht nur in der Wiederholung der inkriminierten Äußerung im Zeitungsartikel, sondern auch darin zu erblicken, daß der Beklagte auch jetzt noch den Kläger in der Berufung der Lüge zeihe. Dem Beklagten müsse aber zugegeben werden, daß das Widerrufsbegehren des Klägers, soweit es nicht erkennbar diesen Widerruf durch Veröffentlichung in der Kleinen Zeitung anstrebe, zu unbestimmt und zu weit gefaßt sei. Der Widerruf könne in der gleich wirksamen Form begehrt werden wie die Tatsachenverbreitung erfolgt sei. Der Beklagte habe seine Behauptung, daß der Kläger lüge, in einem veröffentlichten Interview mit der Kleinen Zeitung wiederholt. Der Kläger habe daher gemäß § 1330 Abs.2 Satz 2 ABGB auch die Veröffentlichung der Widerrufserklärung begehren können. Der Anspruch auf Widerruf einer rechtswidrig geäußerten Erklärung sei aber nur insoweit anzuerkennen, als die inhaltliche Rücknahme der abgegebenen Erklärung geeignet sei, dieser sinnvoll entgegenzuwirken. Es müsse daher auch im Urteilsbegehren nicht nur der Inhalt der zu widerrufenden Äußerung, sondern auch die individuelle Person bzw. konkrete Personengruppe genannt werden, der die Widerrufserklärung zuzugehen habe. Seien diese in der Klage nicht ausdrücklich genannt, sei das Klagebegehren nicht hinreichend bestimmt. Schon das Prozeßerfordernis der Bestimmtheit des Klagebegehrens gemäß § 226 Abs.1 ZPO, das amtswegig auch im Rechtsmittelverfahren zu prüfen und wahrzunehmen sei, und die Bindung des Gerichtes an das gestellte Begehren gemäß § 405 ZPO verlange beim Begehren auf Widerruf einer bereits geäußerten Erklärung darauf zu bestehen, daß die Personen, denen gegenüber der Widerruf zu erklären sei, genau bezeichnet werden. Es könne nicht dem obsiegenden Kläger im Exekutionsverfahren blankettartig überlassen bleiben, diesen Personenkreis erst dann zu bestimmen. Dem Gericht stehe es aber zu, den zu weit gefaßten Spruch des klägerischen Begehrens zu verdeutlichen und ihm auch eine vom Begehren abweichende Fassung zu geben, falls sich diese im Wesen mit dem Begehren des Klägers decke. In diesem Sinn sei das Widerrufsbegehren auch zu berichtigen, in der allgemein gehaltenen darüber hinausgehenden Fassung aber abzuweisen, da der durch die Tatsachenverbreitung Beeinträchtigte, wie der Beklagte richtig ausführte, anzugeben habe, wem der Widerruf zu erklären sei.
Rechtliche Beurteilung
Diese Entscheidung wird von beiden Seiten mit Revisionen bekämpft.
Soweit der Beklagte inhaltlich den Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem seine Berufung wegen Nichtigkeit verworfen wurde, bekämpft, ist der darin zu erblickende Rekurs gemäß § 519 Abs.1 ZPO unzulässig (SZ 24/115 uva; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1979).
Die gerügten Aktenwidrigkeiten, die sich sämtlich auf die objektive Unrichtigkeit des Diskussionsbeitrages des Klägers beziehen und die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs.3 ZPO), nicht vor.
Auch die Rechsrüge des Beklagten versagt.
Der Beklagte hat den Kläger in der Öffentlichkeit der bewußten Lüge geziehen. Er hat ihm damit unterstellt, wider besseres Wissen Tatsachen behauptet zu haben, und dies noch dazu im Zusammenhang damit gebracht, daß der Kläger von seinem Klienten bezahlt werde. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen nahm der Kläger auf Grund der ihm zugänglich gewesenen Aktenlage und den ihm von Ing. Wilhelm ***** und anderen Personen erteilten Informationen an, daß die vom Landtagsabgeordneten ***** aufgestellten Behauptungen über das Verhalten des Ing. Wilhelm ***** unrichtig seien. Er habe sich auch darauf verlassen, daß die Auskünfte des Steuerberaters und des Landesanwaltes zutreffend seien, er sei somit subjektiv von der unabdingbaren Richtigkeit des Wahrheitsgehaltes seiner Äußerungen überzeugt gewesen. Auf Grund dieser Feststellungen spielt aber die Frage, ob der Beklagte die Richtigkeit seines Vorwurfes oder der Kläger die Unrichtigkeit der Äußerungen des Beklagten hätte beweisen müssen, keine entscheidungswesentliche Rolle. Ob daher der Beklagte, der sich bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einer üblen Nachrede nach § 111 Abs.2 StGB schuldig gemacht hätte, auch für ein auf § 1330 Abs.2 ABGB gestütztes Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren die Richtigkeit der Behauptungen und das Fehlen der Vorwerfbarkeit zu beweisen gehabt hätte, kann daher dahingestellt bleiben. Ob die in einem Provisorialverfahren, in dem es nur um die mittels einstweiliger Verfügung aufgetragene Unterlassung weiterer Äußerungen, die gefährdete Partei habe gelogen, ging, angestellten Erwägungen der
vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 7 Ob 607/90 = MuR
1991, 81 = EvBl. 1991/24 = ecolex 1991, 312 mit zustimmendem
Aufsatz von Kletecka aaO 310 f auch für Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren volle Gültigkeit haben, ist daher gleichfalls nicht zu prüfen (vgl. dazu aber bei ähnlicher Rechtslage die deutsche Lehre und Rechtsprechung, wonach, weil niemand gezwungen werden kann, etwas zu widerrufen, was möglicherweise wahr sei, bei Unerweislichkeit der Richtigkeit der ehrverletzenden Behauptungen des Beklagten nur ein eingeschränkter Widerruf möglich ist: BGHZ 69, 181 ff, in Ergänzung zu BGHZ 65, 325, 337 und BGHZ 37, 187; Thomas in Palandt50 912, 950, Karl Schäfer in Staudinger12 Rz 280 zu § 823 BGB; Soergel-Zeuner11 Rz 33 zu § 824 BGB).
Der Revisionswerber verkennt noch immer, daß es im vorliegenden Verfahren nicht darum geht, ob die vom Kläger aufgestellten Behauptungen objektiv (sachlich) richtig waren oder nicht und ob der Kläger auf Grund des vorhandenen Materials und der ihm erteilten Informationen auch vom Gegenteil des von ihm Behaupteten hätte überzeugt sein können oder müssen. Der Beklagte warf dem Kläger nämlich vor, daß er gelogen, d.h. bewußt die Unwahrheit gesagt hat. Daß der Kläger aber nicht log, stellten die Tatsacheninstanzen fest. Ebensowenig hatte der Beklagte dem Kläger vorgeworfen, daß dieser in der Versammlung seinen vollen Informationsstand bewußt wahrheitswidrig nicht dargestellt habe, d. h. den Teilnehmern an dieser Versammlung nicht alle Mitteilungen darüber gemacht hat, aus der allenfalls in tatsächlicher Hinsicht andere Schlüsse hätten gezogen werden können. Eine solche Darlegung wäre im übrigen schon deshalb entbehrlich gewesen, weil die Äußerungen des Klägers nur eine Replik auf die Ausführungen des Vorsitzenden der Versammlung waren. Der Revision ist gewiß zuzugeben, daß in einer politisch geführten Diskussion jeder Diskussionsteilnehmer sich darauf berufen darf, daß seinen Informationen nach die Ausführungen des Vorredners objektiv unrichtig waren. Etwas anderes ist es aber, den Vorredner öffentlich den Vorwurf der bewußten Unwahrheit, d. i. einer Lüge, auszusetzen.
Den Vorinstanzen kann aber auch darin gefolgt werden, daß dem Beklagten ein Verschulden an dieser kreditschädigenden Äußerung traf. Es trifft keineswegs zu, daß der Beklagte, der selbst angibt, den zur Debatte stehenden Rechnungshofbericht nur "quergelesen" zu haben (S. 54 d.A.) mehr als ausreichend Anhaltspunkte gehabt hätte, die Behauptung des Klägers als bewußte Unwahrheit einstufen zu müssen. Es mangelt in dieser Richtung nicht nur an jeder Behauptung, sondern auch an jedem Beweisergebnis, daß der Kläger die ihm zur Verfügung gestandenen Informationen bewußt unrichtig wiedergegeben habe. Daß der Beklagte seiner Meinung nach die objektive Wahrheit zum Ausdruck gebracht hat, berechtigte ihn noch nicht, den Kläger öffentlich mehrmals als Lügner hinzustellen.
Was die Frage der Bestimmtheit des vom Kläger gestellten Begehrens angeht, trifft es zwar zu, daß der Beeinträchtigte auch im Fall des § 1330 Abs.2 ABGB anzugeben hat, wem gegenüber der Widerruf zu erfolgen hat (ÖBl. 1986, 70 mwN, in welchem Fall nur Widerruf, nicht aber Veröffentlichung des Widerrufes bgehrt war; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 22 zu § 1330; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 28 zu § 1330). Der Kläger beantragte aber ohnedies einen öffentlichen Widerruf in der Publikation, in der der Bericht über die Versammlung mit den inkriminierten Äußerungen des Beklagten und ein Interview des Beklagten, in dem er die Vorwürfe wiederholt hatte, enthalten war. Er gab damit genügend deutlich an, daß der Widerruf den Lesern dieses Publikationsorganes gegenüber zu erfolgen hat. Wenn das Berufungsgericht den Urteilsspruch, wie es selbst ausführt (bloß) verdeutlichte, indem es Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren gerade in dem Sinn, wie sie auch vom Kläger verstanden wurden, zusammenfaßte, hat es in Wahrheit ein darüber hinausgehendes Begehren nicht abgewiesen. Der Kläger hat die einmalige Veröffentlichung des Widerrufes in einem Publikationsorgan begehrt. Dies wurde ihm auch zuerkannt. In der vom Berufungsgericht gewählten Formulierung, der Beklagte habe seine Behauptungen durch Veröffentlichung zu widerrufen, kann somit ein sachlicher Unterschied zu den vom Kläger gestellten Begehren, die Äußerung zu widerrufen und den Widerruf zu veröffentlichen, nicht erblickt werden. Dem Kläger wird damit weder etwas anderes noch weniger zugesprochen, als er ursprünglich begehrt hatte. Dies ist im übrigen auch die Meinung des Klägers selbst, da er in seiner Revision ausführt, es sei ohnehin fraglich "welcher Anspruch Gegenstand der Klagsabweisung" war, weil das Berufungsgericht das Veröffentlichungsbegehren vollinhaltlich in die Neufassung eingebunden habe. Daraus folgt aber, daß der Kläger durch die Entscheidung des Berufungsgerichtes in der Hauptsache selbst nicht beschwert sein kann.
Der Revision des Beklagten ist demnach nicht Folge zu geben, die Revision des Klägers ist zurückzuweisen. Soweit die als Beschluß zu wertende (Fasching aaO Rz 470) Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes vom Kläger bekämpft wird, ist diese Entscheidung gemäß § 528 Abs.2 Z 3 ZPO unanfechtbar. Diese Bestimmung schließt die selbständige oder die in einer Revision enthaltene ausdrückliche Anfechtung der Kostenentscheidung des Gerichtes zweiter Instanz grundsätzlich und ausnahmslos aus (Arb. 10.560; SZ 51/152 uva, Fasching aaO 471).
Da der Beklagte nicht auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hinwies, ist ihm ein Abwehrerfolg nicht zu ersetzen; im übrigen gründet sich die Kostenentscheidung auf §§ 41, 50 ZPO.
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