OGH 6Ob576/91

OGH6Ob576/9112.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Redl, Dr. Kellner, Dr. Schiemer und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Leo R*****, Facharzt, ***** vertreten durch Dr. Peter Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 7.März 1991, GZ 41 R 36/91-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19.November 1990, GZ 41 C 336/90z-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.264 (darin S 544 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Mieter von Geschäftsräumlichkeiten, die er als Ordination benützt, sowie einer Garage im Palais A***** auf Grund der mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgeschlossenen Mietverträge vom 1.10.1986 (Ordinationsräume) und 16.3.1987 (Garage).

In Punkt III lit d des Mietvertrages vom 1.10.1986 über die Geschäftsräumlichkeiten - die ausschließlich für eine ärztliche Ordination und als Büro Verwendung finden sollten - wurde vereinbart, daß die Vermieterin zu einer vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist berechtigt sei, wenn sie das Palais A***** verkaufe und dem Mieter für die von ihm aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse zusage, die unter Annahme einer Amortisation in 10 Jahren der noch abgelaufenen Amortisationszeit entspreche, zuzüglich eines Betrages von S 200.000 wertgesichert, zur Abgeltung einer Ersatzordination, Übersiedlungskosten, Kosten der Bekanntmachung des neuen Standortes udgl. Dieser Auflösungsgrund wurde von den Vertragsteilen auch als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart. Eine analoge Bestimmung findet sich in dem über die im Palais gelegene Garage abgeschlossenen Mietvertrag vom 16.3.1987 nicht.

Mit Vertrag vom 21.6.1989 erwarb die Klägerin das Palais A*****. Ihr Eigentumsrecht ist seit 11.9.1989 verbüchert.

Die Klägerin kündigte dem Beklagten das Bestandrecht an den Geschäftsräumlichkeiten sowie an der Garage zum 31.1.1991 unter Berufung auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 13 MRG auf. Schon zum Zeitpunkt des Abschlusses der beiden Mietverträge habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin konkrete Verkaufsgespräche geführt. Da der Verkauf sich nicht einfach gestaltet habe, sei diese gezwungen gewesen, für die Dauer der Vertragsverhandlungen zur geschäftlichen Nutzung des Objektes Vermietungen vorzunehmen. Die geschäftliche Verwertung habe sich schwierig gestaltet, weil das Palais A***** zu einem großen Teil aus Prunkräumen bestehe, die einer Vermietung für Büro- und Wohnzwecke nicht zugänglich seien. Den Mietern, mit denen Mietverträge abgeschlossen worden seien und der Verkauf als wichtiger Kündigungsgrund vereinbart worden sei, habe bekannt sein müssen, daß konkrete Verkaufsgespräche schon zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geführt worden seien. Wenn eine Kündigungsmöglichkeit im Falle eines Verkaufes des Palais ausgeschlossen gewesen wäre, hätten sich die ohnedies schwierigen Verkaufsverhandlungen nicht zu einem Abschluß bringen lassen. Die Möglichkeit der Freimachung der vermieteten Bestandobjekte anläßlich des Verkaufes sei für die Verwertung und Preisbildung von ausschlaggebender Bedeutung gewesen. Das Palais stehe unter Denkmalschutz. Nur wenn der vereinbarte Kündigungsgrund auch durchgesetzt werden könne, sei eine dem Gebäude entsprechende Verwertung, wie die Nutzung als Ausstellungs- oder Veranstaltungsort, Museum oder dgl möglich.

Der Beklagte beantragte in seinen Einwendungen die Aufhebung der Kündigung. Die nicht näher bestimmte Vereinbarung, daß der Verkauf des Palais A***** ein Kündigungsgrund sein solle, sei ungültig, weil dieser Verkauf den in § 30 Abs 2 MRG genannten Kündigungsgründen weder gleich stehe noch nahe komme. Hinsichtlich des Mietvertrages über die Garage, welche der Benützung der Arztordination diene, fehle es überhaupt an einem vereinbarten Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 1 MRG.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Beide Vorinstanzen kamen rechtlich zu dem Ergebnis, daß der Verkauf des Bestandobjektes nicht wirksam als Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart werden könne. Hinsichtlich der aufgekündigten Garage fehle es überhaupt an jeder Grundlage sowie an der Einhaltung des vertraglich vereinbarten Kündigungstermins.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG kann der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter.... oder für das Unternehmen, für das er allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist. Dieser schon in § 19 Abs 6 Satz 2 MG normierte Kündigungsgrund setzt voraus, daß die Vereinbarung schriftlich und schon im Mietvertrag getroffen wird und daß die Tatsachen, deren Eintritt den Kündigungsgrund darstellen sollen, bestimmt bezeichnet werden. Es kommen nur solche Umstände als Kündigungsgründe in Betracht, die den im § 30 Abs 2 ausdrücklich genannten Gründen nahekommen (Würth in Rummel ABGB Rz 45 zu § 30 MRG; MietSlg. 33.396 ua). Der Oberste Gerichtshof hat zwar den Verkauf eines Ein- bzw. Zweifamilienhauses (unkritisch, vgl Würth aaO) als wichtigen und bedeutsamen Umstand im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG angesehen (ImmZ 1989, 153; MietSlg 35.382/36). Hiezu ist jedoch hervorzuheben, daß es sich in diesen Fällen um Objekte handelte, die gar nicht zur Vermietung, sondern zur persönlichen Nutzung durch den Eigentümer bestimmt waren und nur vorübergehend durch Vermietung genutzt werden sollten. Ähnlich verhielt es sich auch im Falle der Entscheidung SZ 61/52. Diese Merkmale sind aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Außerhalb dieses Bereiches ist aber wegen der Bedeutung, die das Gesetz den Kündigungsbeschränkungen beimißt (vgl § 30 Abs 3 MRG) und aus der Erwägung, daß ein nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG als Kündigungsgrund anzuerkennender Umstand den im Gesetz ausdrücklich genannten Gründen nahekommen muß, davon auszugehen, daß die Veräußerung des Bestandobjektes allein nicht als wichtiger Umstand für die Kündigung angesehen werden kann. Die Frage, ob eine einem kulturell oder historisch bedeutsamen Bestandobjekt adäquate konkret bezeichnete Verwendung durch den Eigentümer als Kündigungsgrund vereinbart werden kann, muß hier nicht erörtert werden, weil es an einer entsprechend konkretisierten schriftlichen Vereinbarung im Mietvertrag fehlt. Alle Argumente der Rechtsmittelwerberin, die in diese Richtung gehen, lassen die Grundvoraussetzung des Kündigungstatbestandes nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG außer Betracht (ähnlich auch 7 Ob 576/91; 7 Ob 570/91; 3 Ob 542/91).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Stichworte