OGH 5Ob1051/91

OGH5Ob1051/915.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Maria Magdalena S*****, vertreten durch Elisabeth Herndl, Sekretärin der MVÖ, 1030 Wien, Erdbergerstraße 22, wider die Antragsgegnerin Bundeskammer der T*****, vertreten durch Dr. Peter Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge ao. Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 9.April 1991, GZ 41 R 608/90-11, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der Antragsgegnerin wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 und Z 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung sind die in der Entscheidung 5 Ob 30/89 (WoBl 1989, 138/77) angewendeten Rechtsgrundsätze sehr wohl auf den gegenständlichen Fall übertragbar, und sie decken auch das vom Rekursgericht erzielte Ergebnis. Demnach ist unter Beachtung der Grenzen des Normzwecks zu entscheiden, ob und inwieweit ein gesetzliches Verbot auch gegenüber Rechtsgeschäften gilt, die gegen das Verbot zwar nicht "dem Buchstaben des Gesetzes nach" verstoßen, im Ergebnis aber den Zweck des Gesetzesverbotes vereiteln (so auch ImmZ 1990, 370). Es genügt dabei eine objektive Gesetzesverletzung; auf eine spezielle Umgehungsabsicht der Parteien kommt es - zumindest dann, wenn der Zweck der umgangenen Norm präzise faßbar ist - nicht an (WoBl aaO; ImmZ aaO; 5 Ob 508/89; JBl 1991, 245; 1 Ob 605/90). Die von der Revisionsrekurswerberin herausgestrichenen Unterschiede im Sachverhalt des zu 5 Ob 30/89 behandelten und des jetzt zu beurteilenden Falles reduzieren sich in Wahrheit auf die An- bzw Abwesenheit des neuen Mieters beim Abschluß der Mietzinserhöhungsvereinbarung zwischen dem alten Mieter und dem Vermieter, doch ist darin nicht mehr als ein besonders deutliches Indiz für eine bewußte Gesetzesverletzung (in beiden Fällen einer Verletzung des § 16 Abs 2 MRG) zu sehen. Auch im gegenständlichen Fall, bei dem die neue Mieterin der Änderung des Mietvertrages zwischen Vermieter und Altmieter offenbar nicht beiwohnte, sind die Vorinstanzen zur Überzeugung gelangt, daß hinter der Mietzinserhöhungsvereinbarung die von den Beteiligten bereits absehbare Weitergabe der Wohnung stand. Es sei insoweit auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Sachbeschluß vom 28.6.1990, ON 6, verwiesen, wonach der Altmieter in der Hausverwaltung anfragte, ob er selbst einen Nachmieter für die Wohnung suchen dürfe, und der Hausverwalter seine Zustimmung vom Abschluß eines neuen Mietvertrages mit erhöhtem Hauptmietzins abhängig machte. Abschließend heißt es: "Die Vereinbarung des neuen Mietzinses wurde bewußt im Hinblick darauf abgeschlossen, daß (der alte Mieter) die Wohnung einem Nachmieter übergeben würde" (S 3 der ON 6). Damit war klar, daß die Vereinbarung objektiv den Zweck des § 16 Abs 2 MRG verletzen wird, die Parteien eines neuen Mietvertrages an die dort normierten Mietzinsobergrenzen zu binden.

Mit dem Versuch, ihr Wissen um die schon in naher Zukunft absehbare Weitergabe der Wohnung als "reine Vermutung" in Frage zu stellen, greift die Revisionsrekurswerberin in Wahrheit die Beweiswürdigung der Vorinstanzen an. Gleiches gilt für die Frage, ob auch der Verzicht auf die Geltendmachung bestimmter Kündigungsgründe ein Austauschobjekt für die Mietzinserhöhung war. Die Überzeugung des Rekursgerichtes, der Kündigungsverzicht habe bei der Vereinbarung gar keine Rolle gespielt, ist dem Tatsachenbereich zuzuordnen, der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann.

Als vermeintlich bedeutsames rechtliches Argument gegen die Annahme eines nichtigen Umgehungsgeschäftes erwähnt die Rekurswerberin schließlich noch, daß ihr keine spezielle Umgehungsabsicht nachgewiesen werden konnte. Eine solche wäre nach der bereits zitierten Judikatur, die sich wiederum auf die Lehre stützen kann (Krejci in Rummel I2, Rz 40 zu § 879 ABGB), nicht erforderlich, da der Verbotszweck des verletzten § 16 Abs 2 MRG, nämlich der Schutz des Neumieters vor überhöhten Hauptmietzinsen, völlig klar auf der Hand liegt und durch die streitgegenständliche Vertragskonstruktion ebenso eindeutig vereitelt wurde. Tatsächlich scheint jedoch auch die Revisionsrekurswerberin unter Umgehungsabsicht nur das Bewußtsein der Parteien zu verstehen, zum Nachteil eines Dritten zu handeln. Die Judikatur fordert in diesem Zusammenhang die Absicht (das Bewußtsein) der Parteien, die vom Gesetz gezogenen Schranken (hier die Mietzinsobergrenzen) zu umgehen (vgl WoBl aaO; 5 Ob 85/89). Ein solches Bewußtsein lag nach den maßgeblichen Feststellungen - auch bei der Vermieterin - vor, sodaß der geltend gemachte erhebliche Subsumtionsfehler in der Entscheidung des Rekursgerichtes nicht zu entdecken ist.

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