OGH 14Os60/91

OGH14Os60/912.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Glatz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Elisabeth W***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 3 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 16.Jänner 1991, AZ 7 Bs 570/90, nach Anhörung des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, in öffentlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Strafverfahren zum AZ 26 Vr 2807/90 des Landesgerichtes Innsbruck ist durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 16.Jänner 1991, AZ 7 Bs 570/90 (= ON 15 des Vr-Aktes) das Gesetz in der Bestimmung des § 37 Abs. 1 StGB verletzt worden.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird die bezeichnete Rechtsmittelentscheidung aufgehoben, die Berufung der Anklagebehörde wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe zurückgewiesen und die Sache zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe an das Oberlandesgericht Innsbruck verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16. November 1990, GZ 26 Vr 2807/90-8, wurde Elisabeth W***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 3 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 129 StGB unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 30 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 120 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt. In den Urteilsgründen brachte das Landesgericht hiezu zum Ausdruck, daß die Voraussetzungen für die außerordentliche Strafmilderung nach § 41 StGB zwar nicht vorlägen, dennoch aber die zuvor bezeichnete - 360 Tagessätze und damit eine 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

unterschreitende - Geldstrafe verhängt werden konnte, weil die unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu verhängende Geldstrafe originär zu bemessen sei und nicht aus der Umwandlung einer bestimmten (allenfalls unter Anwendung des § 41 StGB herabgesetzten) Freiheitsstrafe resultiere.

Mit Urteil vom 16.Jänner 1991, AZ 7 Bs 570/90, hat das Oberlandesgericht Innsbruck der von der Staatsanwaltschaft dagegen erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit Folge gegeben, das angefochtene Urteil der Sache nach im Strafausspruch aufgehoben und (sachlich in Neubemessung der Strafe) über Elisabeth W***** eine (bedingt nachgesehene) Geldstrafe von 360 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt; die Höhe des Tagessatzes blieb unverändert. Mit ihrer auch wegen des Ausspruchs über die Strafe erhobenen Berufung wurde die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Das Oberlandesgericht Innsbruck folgte bei dieser Entscheidung seiner bereits wiederholt zum Ausdruck gebrachten - von der Staatsanwaltschaft in der Berufungsschrift gleichfalls vertretenen - Rechtsansicht (vgl Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr 45 zu § 37), wonach in Fällen, in denen die Untergrenze des Strafsatzes sechs Monate Freiheitsstrafe betrage, bei Bejahung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 StGB die Verhängung einer Geldstrafe von weniger als 360 Tagessätzen nur möglich sei, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB vorliegen.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Es trifft zwar zu, daß - wie das Oberlandesgericht insbesondere gestützt auf Pallin im WK Rz 7 und 8 zu § 37, Rz 7 zu § 41, ausführt - die Bestimmung des § 37 StGB in der Praxis zunächst häufig dahin verstanden wurde, daß die schuld- und tatangemessene (kurzfristige) Freiheitsstrafe unter den Voraussetzungen der bezeichneten Gesetzesstelle in eine entsprechende Geldstrafe "umzuwandeln" sei, wobei sich die Zahl der nach § 37 StGB festzusetzenden Tagessätze aus der Höhe jener Freiheitsstrafe ergebe, die andernfalls als schuldangemessen zu verhängen gewesen wäre (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 44; Pallin, Die Strafzumessung in rechtlicher Sicht, Rz 133; Foregger-Serini-Kodek StGB4 Erl IV; Leukauf-Steininger StGB2 RN 10 je zu § 37).

Nach der nunmehr ständigen - der Zielsetzung des § 37 StGB Rechnung tragenden - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes jedoch, von der abzugehen auch unter Berücksichtigung der vom Oberlandesgericht in der Berufungsentscheidung angeführten Erwägungen kein Anlaß besteht, handelt es sich bei der nach dieser Gesetzesstelle zu verhängenden Geldstrafe um eine originär und unmittelbar auf den Strafzweck hin zu bemessende Sanktion (vgl EBRV 1971, 131 = DokStGB, 91). Es wurde also bewußt davon abgesehen, zunächst eine konkrete (kurzfristige) Freiheitsstrafe sichtbar ausmessen zu lassen und diese sodann nach dem Umrechnungsschlüssel des § 19 Abs. 3 zweiter Satz StGB in eine Geldstrafe umzuwandeln. § 37 StGB ordnet nämlich keine Umwandlung der als schuld- und tatangemessen empfundenen kurzen Freiheitsstrafe in eine entsprechende Geldstrafe an. Eine derartige Auffassung, die vom Berufungsgericht unter anderem mit der Argumentation vertreten wird, der zu einer Geldstrafe nach § 37 StGB Verurteilte müßte andernfalls, wenn der Richter diese "Begünstigung" durch eine höhere Anzahl von Tagessätzen kompensiert, bei Zahlungsunfähigkeit eine längere Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen (Pallin WK aaO), bindet die Geldstrafe zu sehr an die Freiheitsstrafe; dies würde den Intentionen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, wonach in Fällen, in denen lediglich eine sechs Monate nicht übersteigende Freiheitsstrafe zu verhängen wäre, die Geldstrafe originär und unmittelbar auf den Strafzweck hin zu bemessen ist. Demzufolge bedarf es weder hinsichtlich der gedachten kurzfristigen Freiheitsstrafe einer (gleichfalls gedachten) Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB noch ist das Gericht bei der Festsetzung der gemäß § 37 StGB verhängten Geldstrafe - ausgenommen die Fälle des § 41 Abs. 2 StGB - an die Untergrenzen der außerordentlichen Strafmilderung gebunden (ÖJZ-LSK 1977/157; 9 Os 156/80, 10 Os 92/84, 12 Os 54/85, 13 Os 112/87; 13 Os 27/89 uva; Leukauf-Steininger aaO RN 9, 10 mwN; Foregger-Serini-Kodek aaO Erl IV, Mayerhofer-Rieder aaO ENr 43; Melnizky in Bezauer Tage 1979, S 187 f). Das Gericht hat sich bei der erforderlichen Vorprüfung auf den Ausspruch zu beschränken, daß jedenfalls keine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten zu verhängen ist.

Die Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes, wonach vorliegend mit Rücksicht auf die Strafdrohung des § 129 StGB bei Bejahung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 StGB die Verhängung einer Geldstrafe von weniger als 360 Tagessätzen nur bei Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB möglich sei, verletzt aus den dargelegten Gründen das Gesetz in der Bestimmung des § 37 Abs. 1 StGB, nicht aber, wie die Beschwerde vermeint, auch in jener des (gar nicht angewendeten) § 41 Abs. 1 Z 5 StGB.

Da sich die vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs. 2 StPO zu Recht aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat, war das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und spruchgemäß zu erkennen; über die noch unerledigte Strafberufung wird demzufolge das Oberlandesgericht Innsbruck zu befinden haben.

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