OGH 8Ob545/91

OGH8Ob545/916.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alois S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Ernst M*****, wider die beklagte Partei *****LEASING Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Anfechtung (Streitwert S 128.003,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 8. Februar 1991, GZ 4 R 285/90-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. Juni 1990, GZ 14 Cg 96/89-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben.

Dem Berufungsgericht wird eine neue Entscheidung aufgetragen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Aufgrund eines am 18. Mai 1988 eingebrachten Konkursantrages der *****KRANKENKASSE wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. Oktober 1988 der Konkurs über das Vermögen von Ernst M***** eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Mit Vertrag vom 11. Oktober 1985 hatte der Gemeinschuldner einen von der Beklagten um S 996.000,-- angeschafften LKW MAN "gemietet"; die Vertragsdauer betrug 60 Monate, der "Mietzins" monatlich S 26.334,--. Mit diesem Fahrzeug führte der Gemeinschuldner bis zur Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen über Auftrag der Firma I***** reg. GenmbH Milchtransporte durch, wofür er monatlich ca. S 70.000,-- bis S 90.000,-- erhielt.

Im Zeitraum von 60 Tagen vor Einlangen des Antrags auf Konkurseröffnung bzw sodann bis zur Konkurseröffnung sind der Beklagten für fällige "Mieten" folgende Zahlungen zugekommen:

23. März 1988 S 7.500,--

25. April 1988 S 22.000,--

08. Juni 1988 S 18.000,--

14. Juni 1988 S 8.335,--

01. Juli 1988 S 2.000,--

19. Juli 1988 S 15.000,--

26. Juli 1988 S 11.334,--

05. August 1988 S 30.000,--

16. September 1988

S 7.500,--

10. Oktober 1988

S 26.334,--

zusammen S 148.003,--.

Der Masserverwalter begehrte ursprünglich die Zahlung dieses Betrages mit der Begründung, der Gemeinschuldner habe die angeführten Zahlungen im Bewußtsein seiner Zahlungsunfähigkeit geleistet und dadurch die Beklagte bevorzugt befriedigt, um zu verhindern, daß ihm das Transportfahrzeug bei Nichterfüllung seiner monatlichen Zahlungspflichten abgenommen werde. Der Gemeinschuldner habe der Beklagten bevorzugte Befriedigung zukommen lassen, obwohl er wußte, daß seine Mittel nicht hinreichten, um seinen anderen zahlreichen Gläubigern auch nur Teilbeträge zahlen zu können. Mit der Androhung des Einzugs des Transportfahrzeuges habe die Beklagte den Gemeinschuldner zu unregelmäßigen Teilzahlungen bewegen können. Der Beklagten seien die zahlreichen Exekutionsverfahren gegen den Gemeinschuldner und das Zwangsversteigerungsverfahren über dessen Liegenschaft bekannt gewesen. Es sei ihr auch bewußt gewesen, daß der Gemeinschuldner zahlreiche Gläubiger unbefriedigt lassen mußte, um seinen Zahlungspflichten gegenüber der Beklagten auch nur teilweise nachkommen zu können. Durch die Zahlungen in den letzten 60 Tagen vor Stellung des Konkursantrages sei die Beklagte vor anderen Gläubigern begünstigt worden und werde die Konkursmasse zumindest um den Klagebetrag geschmälert; die Anfechtung dieser Zahlungen erfolge gemäß § 30 Abs 1 Z 3 KO.

Die Beklagte wendete ein, sie habe eine Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners weder gekannt noch kennen müssen. Von seinen Zahlungsschwierigkeiten habe sie zwar gewußt, nicht aber von einer Zahlungsunfähigkeit. Es sei ihr bekannt gewesen, daß durch die Verwendung des "geleasten" Fahrzeuges für Milchtransporte Einnahmen erzielt wurden, die die monatlichen Mietzinse bei weitem überstiegen. Es habe daher kein Grund bestanden, an der Zahlungsfähigkeit des Gemeinschuldners zu zweifeln. Im Hinblick darauf, daß dem Gemeinschuldner die Weiterverwendung des Fahrzeuges ermöglicht worden sei, habe die Zahlung der Mietzinsen keine Benachteiligung der Gläubiger bewirkt. Da der Beklagten aufgrund ihres Eigentums am Fahrzeug ein unanfechtbares Absonderungsrecht zustehe, liege eine Begünstigung durch die Zahlung der fälligen Mietzinse nicht vor. Überdies stammten die angefochtenen Zahlungen nicht aus dem Vermögen des Gemeinschuldners, sondern seien die Geldbeträge dem Gemeinschuldner von Dritten zu dem Zweck zur Verfügung gestellt worden, die Leasingraten an die Beklagte zu bezahlen. Ohne diese Zweckwidmung hätte der Gemeinschuldner das Geld nicht erhalten, sodaß eine Verschlechterung der Situation der übrigen Gläubiger nicht eingetreten sei.

In der Tagsatzung vom 24. April 1990 schränkte der Kläger das Klagebegehren um S 20.000,-- unter Hinweis auf die Aussage der Ehegattin des Gemeinschuldners, wonach diese ihrem Ehegatten aus ihrem Einkommen diesen Betrag für Zahlungen an die Beklagte zur Verfügung gestellt habe, ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Gemeinschuldner war Eigentümer verschiedener Liegenschaften, die während des gesamten letzten Jahres vor der Konkurseröffnung ständig mit ihren Wert weit übersteigenden Pfandrechten belastet waren. Aus deren landwirtschaftlicher Nutzung hat der Gemeinschuldner stets nur geringe Einnahmen erzielt. Neben der Landwirtschaft betrieb der Gemeinschuldner einen Gemischtwarenhandel. Zumindest während des letzten Jahres vor der Konkurseröffnung hat er aus dem Betrieb dieses Unternehmens keinen beachtenswerten Gewinn erwirtschaftet. Das Haus B***** Nr. 11, hat der Gemeinschuldner für Wohnzwecke für sich und seine Familienangehörigen verwendet. Seine Töchter wohnten auch nach ihrer Verehelichung in diesem Haus, wofür sie mit hoher Wahrscheinlichkeit kein regelmäßiges Entgelt bezahlten.

Die Haupteinnahmequelle des Gemeinschuldners bildete ein von seinem Vater übernommenes Unternehmen, das sich mit dem Transport von Milch befaßte. Der Gemeinschuldner sammelte über Auftrag der Firma I***** reg. GenmbH die bei verschiedenen Bauern produzierte Milch und transportierte sie zu einer bestimmten Molkerei. Für diese Tätigkeit erhielt er im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung monatlich durchschnittlich S 86.000,--. Während der Sommermonate erbrachte der Gemeinschuldner über Auftrag der Firma I***** reg. GenmbH zusätzliche Transportleistungen, wofür er in den letzten Jahren vor der Konkurseröffnung jährlich insgesamt rund S 150.000,-- erhielt.

Zur Durchführung der Milchtransporte mietete der Gemeinschuldner am 11. Oktober 1985 von der Beklagten einen LKW MAN. Vereinbarungsgemäß hatte er der Beklagten bis jeweils Fünften eines jeden Monats die monatliche Miete zu bezahlen, er übernahm die Kosten des laufenden Betriebes und der Erhaltung des Fahrzeuges und verpflichtete sich auch, die Kosten einer Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung allein zu tragen. Im Falle eines Zahlungsverzuges sollte die Beklagte vereinbarungsgemäß berechtigt sein, vom Mietvertrag nach Einräumung einer achttägigen Nachfrist zurückzutreten. Bei einer wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Leasingnehmers und bei allen Verstößen gegen den Mietvertrag war die Beklagte überdies berechtigt, den Vertrag mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Für den Fall einer vorzeitigen Auflösung des Mietvertrages wurde der Beklagten das Recht eingeräumt, den Mietgegenstand auch ohne Verständigung des Gemeinschuldners sofort einzuziehen.

Der Gemeinschuldner war schon mehrere Jahre vor der Konkurseröffnung hoch verschuldet. Im Jahre 1987 wurde die Zwangsversteigerung seiner beiden Liegenschaften bewilligt, das Versteigerungsverfahren blieb bis zur Konkurseröffnung anhängig und führte zu einer Versteigerung der Liegenschaften während des Konkursverfahrens. Mangels hinreichender finanzieller Mittel war der Gemeinschuldner zumindest während des gesamten letzten Halbjahres vor Konkurseröffnung ständig nicht mehr in der Lage, zumindest einen geringen Teil seiner hohen und längst überfälligen Geldschulden zu bezahlen. Zu Beginn des hier relevanten Anfechtungszeitraumes (23. März 1988) waren etwa 50 Exekutionsverfahren mit einer Gesamtsumme an betriebenen Forderungen von etwa 8 Mill. S anhängig, wobei nur teilweise Pfanddeckung vorhanden war.

Der Gemeinschuldner war auch gegenüber der Beklagten säumiger Zahler. Zum 1. Jänner 1988 schuldete er an fälligen Mieten rund S 180.000,--. Etwa zum Jahreswechsel 1987/1988 trafen die Beklagte und der Gemeinschuldner eine Vereinbarung, in der sich die Beklagte verpflichtete, von einer Einziehung des Mietfahrzeuges abzusehen, wenn der Gemeinschuldner die in Hinkunft fälligen Monatsmieten entsprechend den Bedingungen des Mietvertrages laufend bezahlt und darüber hinaus den bestehenden Rückstand in Teilbeträgen mittels mehrerer Wechselakzepte mit üblicher Fälligkeit abdeckt. Für den Fall eines weiteren Zahlungsverzuges drohte die Beklagte dem Gemeinschuldner die unverzügliche Einziehung des Fahrzeuges an.

Ab Anfang des Jahres 1988 war der Gemeinschuldner zur Fortführung seines Transportunternehmens auf das hier strittige Mietfahrzeug angewiesen, dieses bildete daher seine Existenzgrundlage. Dieser Umstand war der Beklagten bekannt. Die Beklagte war auch darüber informiert, daß der Gemeinschuldner unter Verwendung dieses Fahrzeuges regelmäßig einen die monatliche Miete erheblich übersteigenden Betrag erwirtschaftete. Einen verläßlichen Einblick in die Vermögens- und Einkommensverhältnisse hatte die Beklagte nicht, sie wußte ab Anfang des Jahres 1988 aber von ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten. Erst im Sommer 1988 erhielt die Beklagte Kenntnis von einer Fahrnisexekution gegen den Gemeinschuldner.

Die zur Jahreswende 1987/1988 mit der Beklagten abgeschlossene Zahlungsvereinbarung hielt der Gemeinschuldner nicht vollständig ein. In Anrechnung auf die Miete für März 1988 hat die Beklagte am 15. März 1988 eine Teilzahlung von S 15.000,-- und am 23. März 1988 eine solche von S 7.500,-- erlangt. In Anrechnung auf die laufend fällig werdenden Mieten hat sie am 25. April 1988 S 22.000,--, am 8. Juni 1988 S 18.000,--, am 14. Juni 1988 S 8.335,--, am 1. Juli 1988 S 2.000,--, am 26. Juli 1988 S 11.334,--, am 19. Juli 1988 S 15.000,-- und am 16. September 1988 S 7.500,-- vom Gemeinschuldner erhalten.

Diese Zahlungen stammten "mit hoher Wahrscheinlichkeit" nicht aus dem Vermögen oder Einkommen des Gemeinschuldners, sondern wurden diesem von verschiedenen Familienangehörigen übergeben, damit er die jeweils fälligen Mietzinse an die Beklagte bezahle und auf diese Weise den Fortbestand des Transportunternehmens ermögliche. Ab Anfang des Jahres 1988 hat der Gemeinschuldner nur mehr solche Zahlungen geleistet, die zur Fortführung des Transportunternehmens unbedingt erforderlich waren. Unter diesen zumindest noch teilweise befriedigten Gläubigern war hauptsächlich die Beklagte. Die Herkunft des Geldes war der Beklagten bei Erhalt der Zahlungen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" nicht bekannt.

Die Forderungen des Gemeinschuldners gegenüber der Firma I***** reg. GenmbH wurden ab Mitte Juli 1986 bis zur Konkurseröffnung - ausgenommen für die Zeit vom 18. November 1986 bis 28. November 1986 - von verschiedenen Gläubigern gepfändet und zur Einziehung überwiesen, so auch an das Finanzamt K*****. Über Ersuchen des Gemeinschuldners hat das Finanzamt K***** einen Teilbetrag von S 30.000,-- nicht selbst eingezogen, sondern dem Gemeinschuldner überlassen, damit dieser eine Zahlung an die Beklagte auf fällige Mieten leisten könne, um eine sonst drohende Einziehung des Fahrzeuges abzuwehren. Diesen Betrag hat der Gemeinschuldner am 5. August 1988 der Beklagten bezahlt.

Eine weitere Forderung gegenüber der Firma I***** reg. GenmbH wurde im Wege einer Forderungspfändung der A*****Bank überwiesen. Über Ersuchen des Gemeinschuldners hat diese einen Betrag von S 26.334,-- nicht selbst eingezogen, sondern ihm zur Zahlung an die Beklagte für die Miete Oktober 1988 überlassen. Am 10. Oktober 1988 wurde dieser Betrag vom Gemeinschuldner der Beklagten bezahlt.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, nach dem Inhalt der Klagserzählung werde sowohl eine Anfechtung wegen Begünstigung gemäß § 30 Abs 1 Z 3 KO als auch eine solche wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 31 Abs 1 Z 2 KO geltend gemacht. Die angefochtenen Zahlungen seien mit der Ausnahme jener vom 23. März 1988 innerhalb der Halbjahresfrist des § 31 Abs 4 KO erfolgt, sie seien in der Absicht geleistet worden, die Beklagte vor den anderen Gläubigern zu begünstigen. Ob der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners und seine Begünstigungsabsicht bekannt gewesen sei oder ob sie sich in fahrlässiger Unkenntnis dieser Umstände befunden habe, könne dahingestellt bleiben, da die Zahlungen nicht nachteilig für die übrigen Gläubiger gewesen seien. Es sei wohl der Gemeinschuldner gegenüber der Beklagten als Zahler aufgetreten, doch seien die Geldmittel von Familienangehörigen aufgebracht bzw. von betreibenden Gläubigern zur Zahlung an die Beklagte freigelassen worden.

Hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 56.334,-- (Zahlungen von S 30.000,-- und S 26.334,--) ist das Ersturteil als unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Im übrigen bestätigte das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu.

Das Berufungsgericht wies darauf hin, daß die Feststellungen des Erstgerichtes über die Herkunft der Mittel für die angefochtenen Zahlungen mit dem Zusatz "mit hoher Wahrscheinlichkeit" versehen wurden. Ob dies im Sinne einer Entkräftung eines Anscheinsbeweises zu verstehen sei oder ob der Erstrichter aus anderen Erwägungen eine solche Formulierung wählte, sei der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Da die Rechtssache aber aus anderen Gründen spruchreif sei, könne diese Frage dahingestellt bleiben. Alle Anfechtungstatbestände nach § 30 KO sowie jene des § 31 Abs 1 Z 1 und 2 jeweils erster Fall KO setzten eine bereits bestehende Gläubigerstellung voraus, sogenannte "Zug-um-Zug-Geschäfte" könnten keinen dieser Anfechtungstatbestände verwirklichen. Die Forderung der Anfechtungsgegners müsse daher zum Zeitpunkte der Sicherstellung oder Befriedigung bereits bestanden haben. Akte der Sicherstellung oder Befriedigung, die gleichzeitig mit der Begründung der Schuld gewährt wurden und sich daher als Teil des die Schuld begründenden Rechtsgeschäftes darstellten, könnten nicht angefochten werden. Maßgebend sei dabei nicht der Zeitpunkt, zu dem die Deckung oder Sicherstellung erlangt wurde, sondern jener, zu dem der Anspruch auf Deckung oder Sicherstellung erworben wurde. Im Zusammenhang mit einem Arbeitsvertrag habe der Oberste Gerichtshof darüber hinausgehend ausgeführt, auch die Abwicklung eines Arbeitsvertrages sei als Austausch von Geld und Arbeit nach dem Zum-um-Zug-Prinzip anzusehen. So wie dem Gemeinschuldner während der Krise nicht die Vornahme etwa von Barkäufen, Kreditkäufen mit gleichzeitiger Sicherstellung des Kaufpreises oder Kreditgeschäften gegen Einräumung von Sicherheiten verwehrt werden sollte, solle es ihm auch möglich sein, die für die Fortführung des Unternehmens erforderlichen Arbeitskräfte weiter zu beschäftigen und ihnen Zug um Zug gegen Erbringung der Arbeitsleistung auch das vereinbarte Arbeitsentgelt zu bezahlen. Die Zug-um-Zug-Abwicklung dürfe allerdings nicht bloß vereinbart sein, vielmehr müsse auch ein zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben sein; maßgeblich sei, ob es sich nach der Verkehrsauffassung um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang handle. Die Zahlung des Arbeitsentgeltes für einen bestimmten Verrechnungsabschnitt dürfe daher nicht so spät nach dem Eintritt der Fälligkeit geschehen, daß der notwendige zeitliche Zusammenhang mit den bereits erbrachten Arbeitsleistungen nach der Verkehrsauffassung nicht mehr als gegeben angesehen werden könne. Von einer Zug-um-Zug-Abwicklung könne nicht mehr gesprochen werden, wenn das auf einen bestimmten Verrechnungszeitraum entfallende Arbeitsentgelt erst nach Ablauf der nächstfolgenden Verrechnungsperionde bezahlt werde.

Diese Grundsätze seien auch auf die Abwicklung von anderen Dauerschuldverhältnissen anzuwenden, wenn es dadurch dem Gemeinschuldner überhaupt erst ermöglicht werde, die für die Fortführung des Unternehmens erforderlichen Räume, Grundflächen, Maschinen oder Geräte weiter zu benutzen. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben, weil nur durch die Aufrechterhaltung des Leasingvertrages mit der Beklagten dem Gemeinschuldner der für die Fortführung des Transportunternehmens unbedingt erforderliche LKW weiterhin zur Verfügung stand. Bei dem zwischen der Beklagten und dem Gemeinschuldner abgeschlossenen Vertrag handle es sich um ein mittelbares Finanzierungsleasing, sohin um ein Dauerschuldverhältnis. Die Abwicklung dieses Dauerschuldverhältnisses sei im entscheidungsrelevanten Zeitraum so erfolgt, daß sie der Zug-um-Zug-Abwicklung eines Zielschuldverhältnisses gleichgestellt werden könne.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung abzuändern und ihm einen Betrag von S 71.669,-- samt Zinsen zuzusprechen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Der Kläger wendet sich dagegen, Leasingverträge und Arbeitsverträge hinsichtlich der Frage der Zug-um-Zug-Abwicklung gleichzustellen. Während bei Abschluß des gegenständlichen Leasingvertrages eine Anzahlung von S 46.000,-- geleistet worden sei, seien derartige Anzahlungen Arbeitsverträgen fremd. Es sei auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung nicht gegeben, da der Gemeinschuldner in Verzug gewesen sei. Das Berufungsgericht hätte sich daher mit den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellung auseinandersetzen müssen bzw. wäre bereits aufgrund der rechtlichen Voraussetzungen dem Klagebegehren stattzugeben gewesen.

Die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die Anfechtungstatbestände nach § 30 Abs 1 KO und § 31 Abs 1 KO eine bereits bestehende Gläubigerstellung voraussetzen. Die Forderung des Anfechtungsgegners muß zur Zeit der Sicherstellung oder Befriedigung bereits - zumindest bedingt oder betagt - bestanden haben; es muß sich also bereits um einen "Gläubiger" handeln. Betreffen hingegen die bekämpften Rechtshandlungen gleichzeitig begründete Gläubigerrechte, dann kommt eine Anfechtung wegen dieser Tatbestände grundsätzlich nicht in Betracht (SZ 32/127;

SZ 50/57; SZ 52/147; SZ 57/87; SZ 61/101). Diese Auffassung wird

im wesentlichen damit begründet, daß durch die genannten

Anfechtungstatbestände nicht solche Geschäfte des

Gemeinschuldners in der Krise unterbunden werden sollen, bei

denen gleichwertige Leistungen ausgetauscht werden, dem

Gemeinschuldner also ein seiner Leistung entsprechender Gegenwert

zufließt; auch soll der infolge seiner Zahlungsunfähigkeit

kreditunwürdige Schuldner nicht völlig vom Abschluß zweiseitig

verbindlicher vermögensrechtlicher Geschäfte ausgeschlossen

werden. Die Zug-um-Zug-Abwicklung darf jedoch nicht bloß

vereinbart sein; es bedarf eines zeitlichen und ursächlichen

Zusammenhanges zwischen Leistung und Gegenleistung. Die

gleichzeitige Bewirkung von Leistung und Gegenleistung wird

allerdings nicht gefordert; maßgeblich ist vielmehr, ob es sich

nach der Verkehrsauffassung um einen einheitlichen

wirtschaftlichen Vorgang handelt (SZ 61/101 = WBl. 1988,

373 = EvBl. 1989/21 = ÖBA 1989, 78 mwN). Die Rechtsprechung

(SZ 61/101; WBl. 1989, 192 = ZAS 1989/23) hat - wenn auch von der

Lehre bekämpft (König, Ist die Zahlung der Kreditzinsen eine

Zug-um-Zug-Leistung? ÖBA 1989, 18 ff) - weiter ausgeführt, daß

auch die Erbringung von Arbeitsleistungen und die Zahlung des

Entgelts in regelmäßigen Abständen aufgrund eines auf unbestimmte

Dauer abgeschlossenen Dienstvertrages als Zug-um-Zug-Abwicklung

anzusehen sei. Ein Arbeitsvertrag begründe ein

Dauerschuldverhältnis, das grundsätzlich auf den Austausch von

Leistungen beider Seiten - durch die Arbeitspflicht auf

Arbeitnehmerseite und die Entgeltpflicht auf

Arbeitgeberseite - ausgerichtet sei, sodaß auch bei seiner

Abwicklung Geld und Arbeit nach dem Zug-um-Zug-Prinzip

ausgetauscht werden. Die Gleichstellung des fortgesetzten

Austausches von Arbeitsleistung und Entgelt mit der

Zug-um-Zug-Abwicklung eines Zielschuldverhältnisses sei auch

sachlich gerechtfertigt. So wie dem Gemeinschuldner während der

Krise nicht die Vornahme etwa von Barkäufen, Kreditkäufen mit gleichzeitiger Sicherstellung des Kaufpreises oder Kreditgeschäften gegen Einräumung von Sicherheiten verwehrt sein solle, solle es ihm auch möglich sein, die für die Fortführung des Unternehmens erforderlichen Arbeitskräfte weiter zu beschäftigen und ihnen Zug um Zug gegen Erbringung der Arbeitsleistung auch das vereinbarte Arbeitsentgelt zu zahlen, sofern die Befriedigung dieser Entgeltansprüche nicht anderen Anfechtungstatbeständen als denen der (vermuteten) Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Begünstigungsabsicht unterliege. Von einer Zug-um-Zug-Abwicklung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses könne aber dann nicht mehr gesprochen werden, wenn das auf einen bestimmten Verrechnungszeitraum entfallende Arbeitsentgelt erst nach Ablauf der nächstfolgenden Verrechnungsperiode bezahlt werde.

Die Anwendung dieser Grundsätze führt aber, entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht, nicht dazu, auch im vorliegenden Fall in den Zahlungen des Gemeinschuldners die Abwicklung eines Zug-um-Zug-Verhältnisses zu sehen. Ohne Zweifel ist der zwischen dem Gemeinschuldner und dem Beklagten abgeschlossene Vertrag als mittelbares Finanzierungsleasing zu qualifizieren. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, daß der Leasingnehmer, der für seinen Betrieb Maschinen oder ähnliche Gegenstände benötigt, den Leasinggeber, der dabei wirtschaftlich die Rolle eines Kreditgebers ähnlich dem Finanzierungsinstitut beim drittfinanzierten Kauf spielt, veranlaßt, den gewünschten Gegenstand vom Hersteller oder Händler käuflich zu erwerben und ihm "mietweise" zu überlassen, wobei die Dauer der überlassung überlicherweise so bemessen wird, daß sie hinter der erwarteten Gebrauchsdauer des Gegenstandes um einiges zurückbleibt. Von einem Mietvertrag unterscheidet sich das mittelbare Finanzierungsleasing in seiner typischen vertraglichen Ausgestaltung, insbesondere in der Regelung der Gefahrtragung. Dem Leasingnehmer steht während der vereinbarten Vertragsdauer kein Kündigungsrecht zu, er hat den Leasinggegenstand auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten und bleibt auch bei Einwirkungen Dritter auf den Leasinggegenstand zinszahlungspflichtig. Der Leasinggeber hat lediglich dafür zu sorgen, daß sich der Leasinggegenstand bei Beginn des Vertragsverhältnisses in vertragsgemäßem Zustand befindet, nicht aber dafür, daß dies auch während der gesamten Vertragsdauer der Fall ist. Den Leasingnehmer trifft wie einen Käufer das Verlustrisiko und das Risiko einer über die normale Abnützung hinausgehenden Verschlechterung oder Beschädigung des Leasinggegenstandes. Der Leasinggeber trägt lediglich das Kreditrisiko und ist durch sein Eigentum an der Sache gesichert (SZ 52/71; SZ 53/128; SZ 56/92; SZ 57/186; JBl. 1988, 719 jeweils mwN). Die Rechtsnatur des Finanzierungsleasing ist umstritten (siehe Würth in Rummel2, Rz 27 zu § 1090). Jedenfalls enthält ein Leasingvertrag in der Regel Elemente von Miete und Kauf (SZ 52/71; SZ 57/186), die in der Regel zu beobachtende Ausgestaltung rückt ihn in große Nähe des Kaufvertrages (Schwimann/Binder, ABGB, IV/2, Rz 95 zu § 1090). Dementsprechend enthält er sowohl Elemente eines Zielschuldverhältnisses als auch solche eines Dauerschuldverhältnisses (vgl. Krejci in Egger-Krejci, Leasinggeschäft, 48 ff).

Anders als die Zahlung des Lohnes bei Arbeitsverhältnissen stellt die Zahlung von Leasingraten aufgrund eines mittelbaren Finanzierungsleasing keine Abwicklung eines Zug-um-Zug-Verhältnisses dar. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß das mittelbare Finanzierungsleasing, wie schon oben ausgeführt, starke Elemente eines Kaufvertrages enthält (siehe SZ 52/71 = MietSlg. 31.164/27), zum anderen daraus, daß es nicht zum Austausch gleichwertiger Leistungen kommt. Während bei einem Arbeitsverhältnis der Lohn für die Arbeit einer bestimmten Periode bezahlt wird, stellt die Leasingrate keinesfalls das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung für die bestimmte Periode dar. Die Leasingraten ergeben sich vielmehr aus der Summe aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Leasinggutes samt Nebenkosten plus Gewinn dividiert durch die Zahl der in der Grundvertragszeit enthaltenen Abrechnungsperioden (Jud in Krejci, Handbuch zum KSchG, 517); es wird stets volle Amortisation des vom Leasinggeber eingesetzten Kapitals zuzüglich Finanzierungskosten und angemessenem Gewinn zu Lasten des Leasingnehmers angestrebt; es besteht auch kein Zusammenhang mit marktüblichen Mietzinszahlungen für ein gleichwertiges Objekt (Würth, aaO, Rz 27 zu § 1090). Der Leasingnehmer hat bei ganzer oder teilweiser Beschädigung, Gebrauchsunfähigkeit und Untergang bzw. Verlust des Mietobjektes das Entgelt während der gesamten Vertragslaufzeit voll zu bezahlen (Punkt IV.2. des Mietvertrages vom 11. Oktober 1985). Wenn auch das Leasingentgelt insgesamt die Gegenleistung des Leasingnehmers für den gewährten Gebrauch des Leasinggutes ist, stellt die einzelne Leasingrate nicht das Entgelt für den auf die entsprechende Periode entfallenden Gebrauch dar. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Leasinggeber aufgrund der ihn treffenden Verpflichtung, dem Leasingnehmer den ordnungsgemäßen Gebrauch der Sache zu verschaffen, vorleistungspflichtig ist. Damit ist er aber bis zu der im Leasingvertrag festgelegten Fälligkeit jeder einzelnen Leasingrate "Gläubiger" des Leasingnehmers und ist diese Voraussetzung der Anfechtungstatbestände nach § 30 Abs 1 und § 31 Abs 1 KO gegeben.

Die Rechtssache ist daher noch nicht entscheidungsreif, sodaß das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben war. Das Berufungsgericht wird sich im fortgesetzten Verfahren mit dem vom klagenden Masseverwalter geltend gemachten Verfahrensmangel und seiner Beweisrüge auseinanderzusetzen haben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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